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”Bleeding October” 07
 

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Als der nächste Morgen anbrach, regte sich Col langsam und aus verschlafenen Augen konnte er Sha'kafir immer noch am Schreibtisch sitzen sehen. Er hatte immer noch genau die selbe Position wie gestern Nacht, als er die Augen geschlossen hatte. Einzig hatte sich der Aschenbecher neben dem Vampir mehr als nur gefüllt. Kippenstummel lagen schon neben dem dunkelblauem Glasbehälter, überall war Asche verteilt, sicher auch auf Col's Unterlagen und Laptop. Was Sha'kafir da genau machte, konnte er nicht erkennen. Nur hin und wieder murmelte er etwas in verschiedenen Sprachen, einmal auf lateinisch fluchend, dann italienisch mit dazu nehmend, schließlich auf japanisch dem Ding den Tod wünschend und so weiter. Die Sprachpalette des Vampir schien kein Ende zu nehmen. Eine Sprache kam ihm völlig unbekannt vor, die klang nach einer Mischung aus altägyptisch, latein, hebräisch und rumänisch. Aber sie klang auch nur danach. Keine ihm bekannten Merkmale prägten diese Sprache.

Völlig verwirrt, stand Col langsam auf ... dann gähnte er ausgiebig und fuhr sich durch die Haare, kam einfach zu dem Vampir und schlang von hinten seine Arme um dessen Mitte, während er sich an den breiten Rücken schmiegte. "Was hast du denn ? Seit gestern Abend guckst du dir die Statue an ... und fluchst wie sonstwas ? Es sind erst zwei Steine drin ... und mit dem Dritten wird es noch ein wenig dauern, ich hänge gerade etwas fest ..." Der junge Forscher seufzte – so früh am Morgen, ohne einen starken Kaffee, war er noch nicht so ganz denkfest oder gar wach.

Als sich Col um ihn schlang, hatte er automatisch mit einer Hand dessen Hand vor seiner Brust ergriffen. Doch dann "Du hängst fest ? Hast du denn keinen Anhaltspunkt für den nächsten Ort ?" Der Vampir wurde sichtlich nervös und drehte sich zu Col herum. Wieso sah der eigentlich so furchtbar zerschlagen aus ? Dem müßte es doch blendend gehen. Er schüttelte den Kopf und wartete auf eine Antwort.

Jener nutzte die Gelegenheit, um sich wieder an ihn zu schmiegen – es tat einfach gut, ein wenig Halt zu finden, solange er noch nicht gefrühstückt hatte. "Ja, ich hänge ein wenig – aber wenn ich erst einmal eine Kanne Kaffee hatte, wirds schon gehen. Um diese Zeit und ohne Kaffee kann ich noch nicht denken, Shak ... Sorry. Warte, ich bestelle schnell beim Zimmerservice ..." Entgegen seiner Worte, brauchte Col noch einige Herzschläge, ehe er sich wieder löste – einen kurzen Kuß auf die Hand hauchte, die seine hielt und dann zu dem Zimmertelefon ging, um dort für sich Frühstück zu ordern. Dann murmelte er noch ein "Moment noch...." – ging ins Bad und erledigte dort seine Morgentoilette, kam nach zehn Minuten schon um ein ziemliches Stück wacher wieder raus und nickte nur erfreut, als es klopfte. Er murmelte nur ein leises "Is nur der Zimmerservice." zu dem Vampir, ehe der wieder gewalttätige Anwandlungen bekam – ging zur Tür, gab dem Boy ein Trinkgeld und nahm ihm das Tablett ab, um es ins Zimmer zu tragen, während die Türe zurück ins Schloß fiel. "Kaffee ....." Mit dem leise geseufzten Wort setzte der junge Forscher sich an den Tisch und begann mit einem tiefen Schluck des belebenden Getränkes.

Ungeduldig klopfte Sha'kafir mit den Finger auf der Tischplatte und sah den Forscher eindringlich an. Er wollte nicht in seinem Vorlauf zurückfallen. Er hatte doch seinem Vater erst gerade davon berichtet, wie gut sie vorankamen. Er wollte jetzt keinen Rückschlag. Klar konnte ihm normalerweise Zeit sowas von egal sein, und dem Menschen da war das augenscheinlich auch egal. Aber irgendwas beunruhigte ihn und trieb ihn zu schnellem Handeln.

Leise schmunzelnd, sah Col auf den Größeren und dessen unübersehbare Ungeduld – dann nickte er und trank noch einen weiteren Schluck, ehe er sich daran machte, eines der Brötchen zu belegen. "Nicht so ungeduldig, Shak ... ich bin noch immer ein Mensch und brauche ein wenig was zu essen, damit die grauen Zellen da oben besser funktionieren." Bei den Worten tippte er sich kurz gegen die Stirn, biß ab und aß hungrig ein wenig. "Weißt du, das Problem ist – bei dem Ritter in den Katakomben sollte der Hinweis auf weitere Steine liegen. Ich weiß zwar einige Namen der Ritter, doch das allein genügt nicht ganz. Nunja – bei dem Toten war tatsächlich etwas, in dieser Schatulle. Ein Stück Pergament – aber ich kann es nicht lesen und genau daran hakt es. Ich weiß nicht, ob es weitere Hinweise sind oder eben nur irgendwelche Psalmen oder sonstwas. Deshalb muß ich erst versuchen, diese komische Schrift zu entziffern, ehe ich mich mit den hoffentlich drinstehenden Daten wieder auf die Suche nach historischen Infos machen kann, die mich zu dem nächsten Stein bringen."

Sha'kafir fuhr sich raufend durch die Haare. "Kann doch nicht wahr sein..." Er verzog den Mund und kramte auf dem Schreibtisch nach der Schatulle. Irgednwo fand er das Ding dann auch und öffnete es. Vorsichtig, trotz seiner Ungeduld, nahm er das Pergament hervor und begann es zu überfliegen. Seine dunkelblauen Augen mit bernsteinfarbenem Rand wurden groß und der Vampir wurde sehr still.

Das war etwas, das auch Col sofort auffiel – mit gerunzelter Stirn stellte er die Tasse hin und kam zu dem Großen, sah auf das Pergament und dann wieder zu Shak. "Was ... was ist ? Wenn ichs nicht besser wüßte, würde ich sagen, daß du bleich wie der Tod bist." Seine Worten waren kein Scherz – Col lief bei dem Anblick ein unangenehmer Schauer über die Haut und er fragte sich, was an diesem Pergament den Vampir zu so einer Reaktion bringen könnte.

"Das... das ist meine... meine Muttersprache..." Er las sich die wenigen Zeilen durch "Der Hinweis auf den nächsten Stein steht hier..." Er grübelte, fieberhaft rotierten seine Gedanken. Wieso waren diese Zeilen hier in seiner Muttersprache. Kein Mensch konnte sie und die 9 Kreuzritter waren doch Menschen. Was war an der Sache faul. Knurrend, weil er zu keinem Schluß kam, sah er Col an "Warum meine Sprache ?" fragte er den kurz.

Der jedoch sah ihn an wie ein Auto mit Fernlicht – brauchte einen Moment lang, um sich zu fangen, ehe er schwer schluckte, sich auf den Stuhl beim Tisch setzte und mechanisch die Asche von seinem Laptop pustete. Dann schluckte er ein weiteres Mal – strich sich über das Gesicht und nickte, ehe er den Laptop anschaltete und schließlich in den Bildern wühlte, bis er fündig wurde und eines der Fotos aufrief, die er von den alten Pergamenten hatte. "Du hältst mich vielleicht für verrückt, aber dann würde es Sinn ergeben. Hier, siehst du ? In den Aufzeichnungen steht, daß einer der Kreuzritter einstmals im Dienst des Bösen stand und dann abtrünnig wurde. Er kehrte der Finsternis den Rücken und wandte sich dem Licht zu, kämpfte mit den Anderen gegen diese Bedrohung, über die da dauernd geschrieben steht – verflixte Mönche und ihre Apokalypsenliebhaberei – und es wird auch erzählt, daß er als Belohnung für seine Dienste nicht alterte. Das war übrigens der Ritter, dessen Katakomben uns fast erschlagen hätten – nun würden auch die Legenden über diese Burg und auch die ganzen Statuen da einen Sinn bekommen." Leise seufzend wies Col auf das Foto – lehnte sich dann zurück und ließ dem Vampir Platz, damit auch dieser es sich ansehen konnte.

Der Vampir verstand nicht, wollte nicht verstehen. "Wieso .. was soll das denn beweisen ?" Dieser eine Kreuzritter sollte also ein Vampir sein ? Im Dienste des Guten ? Warum sollte ein Vampir der Familie den Rücken kehren, gegen sie kämpfen ? Wo war da die Logik ? Die Statue bedeutete Stärke für alle Vampire, wie kann dann einer, der das weiß, sich dazu entschließen, die Statue unbrauchbar zu machen ? "Das ergibt doch keinen Sinn !" Auch das Bild wollte ihn nicht überzeugen. "Niemals war das ein Vampir !" fauchte er Col an, während er auf das Bild des Kreuzritters zeigte. "Niemals !"

Dieser zuckte nur die Schultern – seufzte leise und lehnte sich nach hinten, während er wieder in seine Routine als Forscher fiel. "Ehrlich ? So ganz glauben kann ich das auch nicht, aber die Aufzeichnungen sind ziemlich in diese Richtung zu verstehen. Auch die Statuen – einige davon waren uralt, konnten eigentlich gar nicht in diesem Schloß sein. Was mir allerdings am Meisten Kopfzerbrechen bereitet, ist, wie gut erhalten der Leichnahm war. Du hast es doch selbst gesehen ... und selbst wenn all das Mumpitz ist – irgendeiner von deinen Leuten hat jedenfalls dieses Pergament geschrieben und muß was mit den Rittern zu tun gehabt haben. Wieso sollte er sonst ausgerechnet diese Infos da hinschreiben ? Ist doch jetzt auch egal ... bitte gib mir die Informationen, damit ich weitermachen kann, Bitte, Shak. Ich kann den Mist doch nicht lesen ....?" Nach seinen letzten Worten lächelte er ein wenig ... es war noch immer ungewohnt für ihn, den Großen um etwas zu bitten, doch es schien ihm einfach richtig.

Sha'kafirs Blick verdunkelte sich, tief zog er die Augenbrauen herab und sah auf das Pergament und dann auf die Statue. Er schüttelte den Kopf "Es sind Koordinaten." Die Zahlen waren als Wörter aufgeschrieben und die gab er jetzt Col. Sollte der sie in seinen schlauen Computer einhacken, dann hatte er die nächste Station. Er selbst blieb in Gedanken, achtete auf nichts Anderes mehr. Es mußte mehr hinter alledem stecken. Viel mehr. Aber was ? Und warum wußte er nichts von einem vampirischem Kreuzritter ?

Der junge Forscher tat dies auch augenblicklich und begann nun mit den neuen Daten zu suchen ... völlig in seiner gewohnten Arbeit versunken, bemerkte er eigentlich nicht, wie nachdenklich Shak geworden war, nur unterbewußt fühlte er dessen Zorn und Verwirrung. Jedoch ließ sich Col nicht beirren – er wußte, daß das beste Mittel, den Großen wieder ein wenig zu beruhigen, war, einen Hinweis auf das Grab des nächsten Ritters zu finden. Mit Hilfe einer weiteren Tasse Kaffees begann sich auch das Rätsel ein wenig zu lüften ... und nach zwei weiteren Stunden huschte ein Lächeln über die Züge Cols, als er sich wieder aus dem Internet ausklinkte und die Karten ausdruckte, die er sich in den Archiven und bei diversen Kartenfirmen geholt hatte. Leise vor sich hinsummend, nahm er einen Stift und begann, die Karten zu vergleichen – tippte sich hin und wieder an die Lippen, ehe er nickte und ein kleines Dorf in der Nähe von Trier anstrich. "Shak ? Ich glaube, hier könnten wir fündig werden ... es scheint jedenfalls zu passen. Weißt du was ? Irgendwie ist das eine einzige, große Schnitzeljagd, die Drehbuchautoren würden sich freuen, das ist besser, als jeder Indiana Jones."

Sha'kafir beschloß in den wenigen Stunden für sich, diesen Umstand des Pergaments erst einmal ruhen zu lassen. Ihm fiel auch nicht ein, seinen Vater wegen so etwas zu belangen. Es war unwichtig, bestimmt. Und eine Rüge wollte er sicher nicht. Er mußte andere Quellen anzapfen. Vielleicht seine Mutter ? Er schüttelte den Kopf. Das hatte sicher Zeit, bis er wieder in Rom war.

Als der nächste Zielort genannt wurde von Col, nickte der Vampir "Wir brechen sofort auf !" Über die Andeutung dieser Abenteuerfilme mußte er kurz schmunzeln, tippte sich an die immaginäre Hutkrempe und grinste fies "Also, eine Peitsche kann ich besorgen, sogar vortrefflich nutzen..." Daß dieser Ausspruch eindeutig zweideutig zu verstehen war, zeigte die ganze Mimik des Vampirs.

Es dauerte einen Moment, bis das zu Col durchgesickert war und seine Augen weiteten sich allein schon bei der Vorstellung – dann hustete er leise und lächelte verlegen, wisperte ein "Äh ... Danke, nicht nötig....", klappte den Laptop zusammen, schluckte dabei schwer und ging nicht weiter darauf ein. Er beeilte sich, alles zusammenzupacken – zum Glück hatte er auch nicht viel ausgepackt und so verging auch nur wenig Zeit, bis er reisefertig war. Ein kurzer Blick zu dem Vampir ließ ihn allerdings wieder leise aufseufzen. "Äh ... ich glaube, es ist besser, wenn ich alleine runtergehe und auschecke, Okay ? Sie haben dich nicht gesehen und ist vielleicht auch besser so ? Wir können uns ja draußen wieder treffen ?" In seinen Worten klang ein wenig Hoffnung mit und Col lächelte verlegen ... wie schnell es doch gehen konnte, daß man seine Prinzipien und Ängste über Bord warf und sich nach dem Menschen – oder wie in diesem Fall hier eben dem Vampir – sehnte, in den man verschossen war.

"Mist !" und Sha'kafir schnippte mit den Fingern, als Zeichen seiner gespielten Enttäuschung. Er sah Col beim Zusammenpacken zu und bevor dieser das letzte Wort ausgesprochen hatte, war er auch schon nicht mehr im Zimmer. Nichts zeugte mehr von der Anwesenheit des Vampirs. Sha'kafir war über den Balkon und über die Feuerleiter in den Hinterhof geklettert. Jetzt am hellichten Tag die Flügel auszubreiten, war dann doch etwas zu auffällig. Er wollte gerade um das Gebäude herumgehen, um Col am Eingang abzufangen. Doch er blieb plötzlich stehen und duckte sich dann ruckhaft in eine Position, als wäre er eine lauernde Katze, die bereit war, auf ihre Beute zu springen. Ein verräterischer Duft war dem Vampir in die Nase gestiegen. Hier stimmte etwas nicht. Bei näherer Betrachtung fand er Spuren, die dem menschlichem Auge verborgen geblieben wären. Aber sie waren alt. Mehrere Stunden. So entspannte er sich wieder etwas, eilte jetzt aber erst recht nach vorne. Es war nicht auszuschließen, daß hier noch irgend Jemand auf sie lauerte.

Kurz mit den Schultern zuckend, nahm der junge Forscher sein Gepäck auf, um das Zimmer zu verlassen ... glücklicherweise ging das Aus-Checken recht schnell und mit einem erleichterten Lächeln verließ Col das Hotel, um draußen in der Sonne ein wenig die Wärme zu genießen, während er auf den Vampir wartete. Daß dieser gerade anderweitig beschäftigt war, ahnte Col nicht – stattdessen setzte er sich auf eine der Ruhebänke und legte das Gepäck daneben, überlegte einen Moment lang und nahm dann eines der Schmuckstücke heraus, die er aus den Katakomben hatte retten können. Eine Rarität – und mehr als nur wertvoll, denn es war nicht nur die antike Fertigungsweise, sondern auch das Gold und vor allem die großen Rubine, die den Wert steigerten. Col hielt das Schmuckstück ein wenig verdeckt, so daß es nicht auffiel, auch wenn um die Zeit nur wenige Passanten unterwegs waren – er haderte mit sich, doch dann gab er sich einen innerlichen Ruck und zog sein Taschenmesser aus der Hosentasche. Schnell und durch die Übung im Museum hatte er einen der geschliffenen Rubine aus den winzigen Goldkrabben gelöst, die ihn hielten – klappte das Messer dann wieder zusammen und steckte es ein, barg das restliche Geschmeide wieder in dem Samtbeutel und diesen in seiner Tasche. Erst dann nahm er den Geldbeutel heraus und legte den Rubin in das Seitenfach – steckte ihn wieder ein und stand auf, da es scheinbar noch länger dauern würde, bis Shak nachkam. Also machte er sich zielstrebig in eine der kleineren Gassen auf, bis er ein Geschäft entdeckte, das perfekt war – eine kleine Pfandleihe, doch ein Blick in die Auslage sagte dem jungen Forscher, daß der Inhaber mehr als nur vermögend war. Also betrat er die Pfandleihe und erledigte diese Aufgabe schnell und für beide Seiten höchst zufriedenstellend – kam keine zehn Minuten später wieder raus und nickte zu sich selbst, da er durch den Verkauf des Rubins genug Geld über hatte, um nicht mehr auf die Spesen des Museums angewiesen zu sein. Es war einfach zu gefährlich und zu schnell nachvollziehbar.

Sha'kafir kam um die Ecke gehetzt und erstarrte, als er nirgends Col entdeckte. Stirnrunzelnd sah er auf den Ausgang. Der hätte doch schon längst hier draußen stehen müssen ! Leise fauchend, bewegte er sich auf den Ausgang zu, dann besann er sich und konzentrierte sich auf das Blutband. Auf den Absätzen wirbelte er herum und setzte dem Forscher nach. Verdammt noch mal, wieso konnte der nicht das machen, was man ihm sagte ? Innerlich fluchend, rannte er keinen Herzschlag später fast in Col rein. "Das kann doch nicht wahr sein !" Er griff sich den Forscher wütend am Kragen und zog ihn direkt vor sein Gesicht. Drohend fauchte er "Wenn ich was sage, dann mach das auch so wie ich es sage !" Seine Überreaktion mochte mehrere Gründe haben. Einmal war es so, daß Col die Statue mit sich führte. Wenn er die verlor, würde eine enorme Strafe auf ihn warten. Wenn der Fremde, der ihnen wohl folgte, ihn in die Finger bekam, war er die Statue und Col los und irgendwie war er es eben gewohnt, daß seine Anweisungen genau befolgt wurden.

Langsam die Brauen senkend bei dieser scharfen Reaktion, zeigte sich für einen Moment lang der alte Widerwille gegen den Vampir – dann schnaubte Col nur leise und beruhigte sich, legte die Hand auf die, welche ihn gepackt hielt und sprach nun wieder ruhiger werdend zu ihm. "Erstens – wir fallen auf. Zweitens: Du hast überhaupt nichts gesagt ? Du warst schon weg, als ich dich noch fragte, ob wir uns hier unten treffen ? Und zu guter Letzt noch Drittens – sonst warst du auch nie bei mir, ich habe bisher immer allein arbeiten müssen. Du warst so schnell weg, daß ich dachte, daß du sonstwas tust und ich wieder mal alleine reisen muß. Was erwartest du ? Ich kann keine Gedanken lesen, falls dus vergessen hast – ich bin ein Mensch ?" Als er endete, seufzte der junge Forscher nur leise ... dann senkte er den Kopf, schüttelte ihn kurz und setzte noch ein "Jetzt mach schon, ich hab keine Lust zu warten und noch mehr Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen." nach. Col rechnete damit, daß ihm der Vampir eine reinschlug – wütend genug schien er, auch wenn sich Col nicht erklären konnte, weshalb dieser schon wieder am Ausflippen war.

Der Vampir bleckte die Zähne und ließ Col ruppig los. Düster sah er ihn an und trat auf die Straße, wo er ein Taxi herbeipfiff. Sie mußten sich beeilen, er wollte nicht mehr hierbleiben beim Hotel und irgendwie am Besten vor dem Bahnhof noch einen anderen Weg einschlagen. Als sie dann endlich im Taxi auf der Rückbank saßen, fragte der Fahrer nach dem Ziel und Sha'kafir knurrte nur "Rundfahrt." und warf ihm einige Scheine auf den Beifahrersitz. "Wir werden verfolgt..." flüsterte er Col zu und es war ersichtlich, daß ihm das nicht schmeckte und er noch keine genaueren Anhaltspunkte hatte.

Erst jetzt keimte Verstehen in den Augen des jungen Forschers – dann nickte er und seufzte leise, ehe er ihm ebenso leise antwortete, da der Fahrer losfuhr und das Geräusch die leisen Worte übertönte. "Shit – ist Okay, ich renn nicht mehr rum. Ich habe mir nur ein wenig Geld besorgt, damit ich nicht immer mit den Spesen des Museums zahlen muß, das ist zu auffällig." Dann lehnte er sich ein wenig an den Größeren, während er seine Tasche auf den Schoß legte – dachte ein wenig nach und sah nach einer Weile wieder zu Shak hoch. "Zug ? Ist gemütlicher und besser zum Arbeiten ....."

Sha'kafir biss sich auf die Unterlippe, eher unbewußt legte er einen Arm um Col, während er nachdachte "Wir fahren erst heut Abend und bis dahin brauchen wir einen anderen Aufenthaltsort. Café ?" schlug er vor.

"Hmmm....." Fast sofort hatte sich der Schlankere nähergekuschelt, ohne auf den leicht entsetzten Blick des Taxlers zu achten - langsam begann Col, ihre Umgebung zu beobachten, bis er schließlich aufmerkte und zu dem Fahrer vorrief. "Halten sie bitte die nächste Querstraße rechts – Hausnummer vierzehn." Ohne auf eine Antwort zu warten, richtete Col sich wieder auf und grinste – wisperte ein leises "Das ist besser als ein Cafe – wirst sehen.", ehe er seinen Geldbeutel rausnahm und dem Fahrer, der inzwischen angekommen war, die Fahrt bezahlte. Das Trinkgeld war großzügig genug, daß der Fahrer zufrieden war – schnell stieg der junge Forscher aus, nahm seinen Koffer aus dem Kofferraum und wartete gerade, bis Shak ausgestiegen war, ehe er das Gartentor aufhielt und ihn reinwinkte. "Nur keine Scheu ....."

Sha'kafir stand vor dem Grundstück und ihm entglitten fast die Gesichtszüge. Was war denn das ? Ein absolut verspielt wirkender Eisenzaun, ein perfekt gepflegter Rasen, penibel genau angelegte Blumenbeete. War er hier in Disneyland gelandet ? Er sah Col an, als würde er von ihm verlangen, sich selbst einen Pflok durchs Herz zu treiben. Er zeigte auf das Haus und verzog das Gesicht "Das ist nicht dein Ernst...."

Doch jener achtete schon nicht mehr auf ihn, denn genau in diesem Moment öffnete sich die Vordertüre und ein leises "Col ?" erklang. Leise lachend, fing der junge Forscher die ältere, schlanke Frau auf, die sich ihm an den Hals warf, umarmte sie sanft und nickte freudig. "Ja, Mama ... ich bin dienstlich hier gewesen und dachte, ich gucke noch etwas vorbei, mein Zug geht erst am Abend. Außerdem wollte ich dir noch meinen Kollegen vorstellen – Mama, das ist Shak, er ist Feldforscher und hilft mir bei den Nachforschungen, da er sehr viel praktische Erfahrung besitzt. Shak, das ist meine Mutter." Die ältere Frau sah nun mit großen Augen zu dem Vampir auf – errötete ein wenig und hielt ihm ihre Hand hin, ein freundliches "Ich freue mich, sie kennenzulernen, Monsieur Shak – möchten sie auf eine Tasse Kaffee mit reinkommen ?" zu ihm sprechend.

Sha'kafir kriegte sich nicht mehr ein. Col's Eltern lebten hier ? Das gab es doch gar nicht. Und Col überfuhr ihn regelrecht damit. Er stellte ihn auch noch als Arbeitskollegen vor. Mit den Klamotten ? Sha'kafir sah Col gequält an. Als er an ihm vorbeiging zu dessen Mutter, zischte er ihm zu "Warnen könnteste mich das nächste Mal schon." Dann setzte er sein Sonntagslächeln auf und ergriff die Hand der älteren Dame "Ich freu mich ebenfalls. Natürlich, wer könnte ihnen denn etwas abschlagen ?" Kurz darauf gingen sie schon durch die Tür und Sha'kafir ließ es sich nicht nehmen, Col giftige Blicke zu zu werfen, sofern es niemand Anderes mitbekam.

Leise schmunzelnd, folgte ihnen dieser, stellte den Koffer samt seiner Tasche im Gang ab und schloß die Türe, während seine Mutter sichtlich angetan von dem großen Gast ins Wohnzimmer vorging und ihm einen Platz anbot. Dann entschuldigte sie sich und ging in die Küche, um Kaffee und Kuchen zu holen – Col nutzte die Chance und setzte sich zu dem Vampir, neigte den Kopf zu ihm und wisperte leise, so daß seine Mutter es nicht hören konnte. "Bitte verzeih ... aber es bot sich an, da wir eh in der Nähe waren. Und sie wird bestimmt Keinem was sagen – meine Mama ist keine Klatschtante, sie wird annehmen, daß du mein Freund bist, es aber noch nichts Festes ist, weil ich dich noch nicht offiziell vorgestellt habe. Spiel einfach ein wenig mit – hier vermutet uns bestimmt Keiner."

Na, wenn das nicht anstrengend werden wird. Sha'kafir mußte noch nie längere Zeit den lieben Jungen vom College oder so etwas in der Art spielen. Er wußte nicht, wie lange er gute Miene zum bösen Spiel machen konnte. Inständig hoffte er, daß das alles nicht sehr lange dauern würde. Wenn es nur ein einfacher Besuch gewesen wäre, würde das möglicherweise etwas Anderes sein. Aber er hatte im Hinterkopf den Verfolger, über den er noch nichts wußte. Er hatte die Spuren nicht genügend deuten können, nicht herausfinden können, wann er dort gewesen war und vor allem, was für ein Wesen das war. Ein Vampirjäger ? Eine Werkatze ? Er zermartete sich das Hirn, während er mit einem aufgesetztem Lächeln der Konversation am Tisch folgte.

Diese hielt sich verhältnismäßig leicht, denn Col konnte die Unruhe des Anderen nur zu gut fühlen. Der junge Forscher aß seinen Kuchen in Ruhe und trank auch zwei Tassen Kaffee, während er mit seiner Mutter plauderte und es vermied, daß sie zuviele Fragen an den Vampir richtete – erst, als es langsam dunkler wurde und der Abend hereinbrach, sah der junge Forscher auf die Uhr und nickte. "Bitte verzeih, aber wir müssen wieder los – der Zug geht bald und wir müssen ihn erwischen. Zu schade, daß wir nicht mehr die Zeit haben, auf Papa zu warten, aber du weißt ja ...." Die ältere Frau nickte verständnisvoll und umarmte ihren Sohn, nachdem sie aufgestanden waren – schüttelte Shak noch die Hand und lächelte sanft zu ihm, ehe sie auch ihn verabschiedete. "Es war mir eine Freude, sie kennenzulernen – ich hoffe, sie und mein Sohn haben keine Differenzen und arbeiten gut zusammen." Das leicht genervte "Maaaaaaaaaaaaaaaam ...." ignorierend, nickte sie noch einmal bekräftigend – ging ihnen dann zu der Haustür vor und hielt sie ihnen auf, während Col sein Gepäck aufnahm und zur Türe kam. "Auf Wiedersehen, Mama ... ich melde mich wieder, Okay ?" Auf das Nicken seiner Mutter nickte Col nur ebenso und küßte sie sanft auf die Wange – löste sich dann und ging hinaus, zog Shak hinter sich her und bis auf den Gehsteig, an dem er das Handy rauszog und ihnen ein Taxi rief. "Alles in Ordnung ? Du siehst ziemlich ... fertig ?.... aus ?"

Sha'kafir hatte alles über sich ergehen lassen. Er hatte sich sogar nach einigem Drängen von Col's Mutter dazu überzeugen lassen, doch noch ihren Kuchen zu probieren samt Kaffee. Ungewohnt und auch nicht seinen Geschmacksnerven entsprechend war es. Die Tischgespräche waren ruhig von seiner Seite aus verlaufen. Wenn er was sagen mußte, setzte er nur an und Col übernahm den Rest. Er hatte sich lieber auf die Außenwelt konzentriert und Mutter und Sohn ungestört plaudern lassen.

Er hatte auch die kurze Verabschiedung wohlwollend registriert, nickte der Mutter als Antwort nur zu und war schon längst mit seinen Sinnen woanders. Mit einem Abwinken antwortete Sha'kafir auf die Frage des Forschers "Es ist nichts...." Er überlegte, während sie auf ein Taxi warteten. Er überlegte, während sie schon mit dem Taxi zum Bahnhof unterweg waren. Bis er irgendwann sich haareraufend den Kopf schüttelte. Er saß in einer Zwickmühle. Er wäre gern dem Verfolger auf die Schliche gekommen, dazu hätte er seine Familie aufsuchen müssen. Dorthin konnte er aber Col nicht mitnehmen. Er konnte nur per Telefon Unterstützung anfordern. Doch sein Vater hatte ihm eingebleut, nicht zu viele einzuweihen. Und wenn er es auf eigene Faust machen würde, mußte er Col auch allein lassen. Doch wenn grad Col das Ziel war ? Unbewußt knurrte er Col an, als sie aus dem Taxi stiegen. Er war zu sehr an das Leben, Nein, Überleben, des Forschers gebunden. Und ihm mißfiel das und auch bereitete es ihm Magenschmerzen, einmal nicht der Jäger, sondern der Gejagte zu sein.

Dem jungen Forscher war das Verhalten des Anderen nicht entgangen – auch wenn er sich nicht erklären konnte, was dem Vampir wieder über die Leber gelaufen war. Leise seufzend, zahlte Col am Bahnhof das Taxi und nahm sein Gepäck – ging zum Schalter und bezahlte für sie Beide Karten, ehe er einfach den Weg zu den Zügen einschlug und in den Zug stieg, den sie zu ihrem nächsten Ziel nehmen mußten. Daß ihm Shak folgte, bekam Col eigentlich nur nebenbei mit – in ihrem Zugabteil hob der Schlankere schließlich den Koffer in die Ablage, ehe er sich auf den Fensterplatz setzte, die Tasche auf seinen Schoß legte und mit einem kurzen "Kommst du ?" auf den Platz neben sich nickte.

Gezwungenermaßen mußte Sha'kafir seine Gedanken vorerst verbannen. Wenn er wieder auf Spuren traf, konnte er sich darum kümmern. Mehr als jetzt Augen und Ohren offenzuhalten, konnte er eh nicht machen. Er setzte sich zu Col und sah aus dem Fenster, als der Zug losfuhr "Wie lange brauchen wir bis nach Trier ?" Ihr nächstes Reiseziel in Deutschland war auch der nächste Fundort für einen Stein. Ungeduldig spielte er mit einer Haarsträhne.

"Ein paar Stunden ... ich werde mich ein wenig ausruhen, ich bin hundemüde. Bitte weck mich, bevor wir ankommen, ja ? Danke." Col konnte die Ungeduld des Größeren fühlen – doch er zuckte innerlich mit der Schulter, denn er konnte es auch nicht beschleunigen, ein Zug brauchte nunmal länger, als es mit einem Flugzeug gehen würde. Also machte er es sich ein wenig gemütlich und schloß die Augen – lehnte den Kopf an den Polster und fiel fast sofort in einen leichten Schlaf, da er wirklich müde gewesen war.

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