”Blind Date” 04
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Nach dem Tattoo waren drei Tage vergangen und Ryu ging es immer noch mehr als beschissen. Er hatte immer noch leichte Schmerzen und Fieber, aber mit einigen Medikamenten ging es ihm so gut, daß er den Auftritt machen konnte. Wie es ihm ging, ließ er sich nicht anmerken - aber am Blick seines Vaters, der ihm gegenüber saß, wusste er, daß der sich doch ein wenig sorgte. "Ich schaffe das schon."
"Aber nur, weil du die Medikamente genommen hast. Ich mache mir Sorgen um dich, Ryu ... komm her, solange wir im Wagen sind, kannst du dich entspannen und noch ein wenig ruhen." Yusuke machte sich wirklich Sorgen um den Jüngeren und fackelte nicht lange, zog ihn zu sich und seufzte, als er selbst durch dessen Outfit fühlen konnte, wie heiß er durch das noch immer leichte Fieber war.
Ryu lehnte sich an den breiten Körper seines Vaters, und schloss kurz seine Augen ... bei ihm hatte er sich immer geborgen gefühlt. Auch damals als Kind, wo er den Mann, der nun sein Vater war, zum ersten Mal gesehen hatte. Sein leiblicher Vater hatte ihn an Yusuke verkaufen wollen, da war er gerade acht und schon damals ein sehr hübscher, zierlicher Junge.
Auch der ältere Yakuza erinnerte sich an diese Zeit ... und an den Zorn, der bei diesem Angebot in ihm erwachte. Sicherlich war es üblich, daß man hübsche Töchter oder Söhne an das Gewerbe verkaufte, um seine Schulden zu begleichen ... doch der leibliche Vater Ryus hatte keine Ehren-, sondern Spielschulden und so tat Yusuke etwas, an das er vorher noch nicht einmal gedacht hatte. Er erließ dem Mann die Schulden, um den Sohn nicht zu belasten - doch sobald der Junge weggebracht worden war, forderte er von dem Vater, daß dieser ihm das Kind zur Adoption gab und dann den ehrenvollen Selbstmord beging. Und wie er es gefordert hatte, so geschah es auch - und Yusuke erinnerte sich noch gut an den darauffolgenden Abend, als er in sein Schlafzimmer ging und Ryu ihn dort demütig und nackt erwartete. Wie es aussah, hatte man ihn schon schon darauf vorbereitet, daß er ihm zu Diensten sein mußte - doch der große Yakuzaboß wollte das nicht und hüllte ihn in seine Jacke, zog ihn auf seinen Schoß und erklärte ihm, daß er ihn adoptieren und als seinen eigenen Sohn aufziehen wollte, damit er niemals anderen Männern sexuell dienen mußte.
Und seither fühlte Ryu sich ein jedes Mal geborgen, wenn Yusuke ihn so zärtlich an sich hielt. Das Erlebnis hatte ihn sehr verändert, und irgendwie ahnte er, daß sein leiblicher Vater damals gestorben war. Aber es war ihm egal, Yusuke war sein Vater, mehr, als es je ein Anderer hätte sein können. "Wir sind gleich da, Sir." wisperte der Fahrer und Ryuichi setzte sich wieder auf die andere Seite, um dort tief durchzuatmen und um sich etwas zu straffen.
"Denk daran, daß du dich nicht überanstrengst, Junge - diesmal bleibst du beim Singen stehen und läßt die Anderen tanzen, und sobald du fertig bist, kommst du in meine Loge. Von dort hast du einen guten Blick auf die Kämpfer, aber Niemand sonst sieht dich, so daß du dich wieder bei mir ausruhen kannst." Dann verstummte der große Yakuza-Boß, als sie anhielten und in die ehemalige Lagerhalle fuhren, die nun einem völlig anderem Zweck diente.
Nämlich Zwecken wie Handel, Zusammenkünften und Kämpfen. "Ich verspreche, daß ich nicht tanzen werde." Das musste Ryu noch loswerden, dann hielten sie auch schon und die Tür öffnete sich. Zuerst stieg natürlich sein Vater aus, und Ryu folgte mit respektvollem Abstand.
Dann wurde er jedoch auch schon von einem der Männer Yusukes weg- und zu den Umkleiden geführt, in denen schon die anderen Bandmitglieder warteten. Der Yakuza-Boß hingegen ging zu den Aufzügen und fuhr ein Stockwerk weiter nach oben, damit er sich dort mit den anderen Bossen und auch ihren geladenen Gästen treffen konnte. Treffen wie diese waren nicht nur zur Unterhaltung gedacht ... hier knüpfte man neue Beziehungen, erneute alte und machte Geschäfte, bis der Unterhaltungsteil stattfand.
Das war zum Glück recht bald - die Band wurde eine gute halbe Stunde nach Beginn der Veranstaltung angesagt, und trat unten in der Halle im Kampfring auf, denn von da konnte jeder die Sänger und Musiker sehen. Wie versprochen, tanzte Ryuichi nicht, auch wenn es er es eigentlich immer tat. In anderen Umkleiden schmulte ein noch junger Kämpfer durch einen Türspalt und grinste leicht. "Mann, sind die heiß ... die Japsen lassen sich echt was einfallen." Von da aus konnte man durch einen Gang in die Halle blicken, und Ricky fand langsam Gefallen an dieser japanischen Musik.
Viele der anderen Kämpfer nickten, während sie sich umzogen und ihre Waffen aufnahmen. Erlaubt waren nur kleinere Waffen wie Dolche, Schlagringe oder mit Krallen bewehrte Handschuhe - doch ein jeder der Kämpfer hatte mindestens eine dieser Waffen und zog sie nun an, ehe sie sich beim Ringrichter meldeten und ihre Kämpfernamen nannten. Daß sie auch die Männer waren, für die sie sich ausgaben, hatte man schon am Eingang geklärt - denn nur die ausgewählten Kämpfer hatten eine schriftliche Einladung für diesen Kampf erhalten und waren durchgelassen worden. Dem Sieger winkte viel Geld - diesmal ging es um eine halbe Million Dollar, da der Kampf mit Waffen geführt wurde und die Einzelkämpfe erst gewonnen waren, wenn einer der Kämpfer lebensgefährlich verletzt war oder aufgab. Schließlich ließ der Lärm der Zuschauer nach, die bis jetzt mit diversen Gesprächen oder Geschäften beschäftigt waren ... keiner der Kämpfer gab sich der Illusion hin, daß sie mehr als nur Unterhaltung und Entspannung waren, denn die Geschäfte, die vor und nach dem Kampf passierten, sicherten den Kämpfern auch die hohen Preisgelder.
Im Moment wurden keine Gespräche geführt, denn die Männer und Frauen hörten dem Sänger zu, der aber wie abgemacht nur drei Songs zum Besten gab und sich dann verneigte. Einige klatschten munter und einige Momente später wurde die Arena geräumt. Ryu war doch sehr erschöpft und ging, nachdem er sich kurz abgeschminkt und umgezogen hatte, in die Loge seines Vaters. Dort angekommen, setzte er sich und nahm dankend das Glas mit dem kalten Wasser an, das man ihm reichte. "Ich fühle mich wie bei einer Grippe ... schrecklich."
"Ich weiß, mein Junge - und es wird noch einige Tage anhalten, schließlich war es viel Streß für deinen Körper. Aber nun hast du es hinter dir und kannst dich erholen, während die Kämpfer um die Siegprämie streiten." Während er sprach, zog Yusuke seinen schlankeren Sohn wieder auf den Schoß, schloß die Arme um ihn und gab ihm einen sanften Kuß auf die Stirn, ehe er einem seiner Männer das Zeichen gab, daß die Kämpfe beginnen konnten. Es war schon im Vorfeld ausgelost worden, wer gegen wen kämpfte - und das KO-System entschied, wer den Preis gewann.
Da sie hier keiner sah, konnte Yusuke seinen Sohn so zärtlich halten, ohne daß man gleich ins reden kam ... obwohl auch bekannt war, daß er seinen Sohn liebte und alles für ihn tat. Die Männer veranlassten sofort, daß die Kämpfe beginnen konnten - und schon nach wenigen Minuten traten die ersten Kämpfer in die Arena, verneigten sich vor der Loge des Bosses und ein Gong erklang, so daß die erste Kampfrunde begann. Ryuichi wurde jetzt etwas munterer, denn er sah doch recht gern bei den Kämpfen zu, auch wenn er die Kämpfe ohne Waffen deutlich bevorzugte.
Wie erwartet, gaben die beiden Kämpfer alles und schon bald floß das erste Blut - jedoch nicht sehr viel, da die Kämpfer allesamt erfahren und mehr als nur gut waren. Yusuke hatte für dieses Turnier nur die wirklich besten Kämpfer eingeladen ... und natürlich auch einige hoffnungsvolle junge Kämpfer, die sich einen Namen machen wollten und diese Ehre auch verdienten. Daß Ryu seine Neigung, diesen Kämpfen gern zuzusehen, teilte, freute den älteren Japaner sehr - und er lächelte, als er sah, daß der junge Kämpfer dem Älteren eine tiefe Wunde mit seinem Messer schlug. Der Ältere fluchte so laut, daß man es bis nach oben in die Zuschauerränge hören konnte, da die Wunde ihn mehr als nur behinderte - und schließlich gab der Ältere auf, so daß der Neuling als Sieger erklärt und die Kampffläche kurz gereinigt wurde. "Er ist gut ... aber es sind noch viele Kämpfer da, die besser sind, mal sehen, wie sich dieser Neuling schlägt."
"Laut Liste heißt er Ricky Jones ... er hat sich schnell hoch gekämpft, ein junges Talent." Ryuichi hatte sich die Liste genommen und nachgeschaut, und blickte nun wieder interessiert hinab, weil die nächsten Kämpfer eintraten. Die Kämpfer wurden etwas gestaffelt und so steigerte sich die Intensität von den Frischlingen bis hin zu den alten Hasen.
Yusuke nickte nur zu den Worten seines Sohnes, ehe er wieder den Kämpfen zusah, die nun folgten. Zwei der Neulinge wurden schnell besiegt, nur einer schaffte es weiter, so daß nun die wirklich interessanten Kämpfe folgten. Natürlich bekamen die Verletzten in den Umkleidekabinen sofort ärztliche Hilfe und auch die Kämpfer hatten Zeit, ihre Wunden zu versorgen, während die anderen Kämpfe entschieden wurden. Dann jedoch ging ein erwartungsvolles Raunen durch die Zuschauer, als der nächste Kampf angesagt wurde - einer der erfahrenen, doch noch immer jungen Elitekämpfer würde gegen einen ebenso erfahrenen Elitekämpfer antreten, so daß die Entscheidung wirklich nicht vorherzusagen war. Wie erwartet, wetteten die Gäste fieberhaft und der große Yakuza-Boß lächelte, da auch er eine Wette abgegeben hatte.
Als die Kämpfer herauskamen, neigte Ryu sich leicht vor, um besser sehen zu können. Der Maskierte "il pantera" kam in die Arena, und den musste der junge Japaner kurz etwas genauer mustern, denn irgendwie war da etwas Bekanntes. Als der Maskierte sich umdrehte, sah Ryu etwas - es war das Tattoo, das er von Vittorio kannte, und das gab es nur ein einziges Mal auf der Welt, das war 100% sicher. Aber dann ging der Kampf auch schon los und Ryuichi fieberte besonders mit, zuckte zusammen, wenn Vittorio eine Wunde einsteckte, und schnaufte mehr als nur erleichtert, als der Italiener als Sieger hervorging. Jetzt wusste er, warum er diese Narben hatte.
Auch Yusuke beobachtete den Kampf interessiert - schließlich war dieser Kämpfer einer seiner Favoriten. Doch er bemerkte, daß Ryu scheinbar besonderes Interesse an dem Italiener hatte, denn jener folgte jeder Bewegung des Kämpfers mit den Augen und fieberte sichtbar mit. Erst, als der Kampf vorbei war, wurde der Jüngere wieder ruhiger und Yusuke schmunzelte leise, als er ihn wieder nahe an sich zog und leise an dessen Ohr wisperte. "Gefällt er dir, mein Junge ? Er ist einer der Besten und ich lade ihn immer wieder gerne zu meinen Turnieren ein."
"Ja, er ist wunderbar. Und wird seinem Namen mehr als nur gerecht, obwohl ich denke, er kann auch ein Hengst sein." Ryu grinste wissend und lachte schließlich leise. "Das ist der Mann, von dem ich dir erzählte. Der Mann, den ich in Amerika kennengelernt hatte."
"Was ?" Der Ältere hätte nicht gedacht, daß ihn noch etwas überraschen konnte - und doch war es so, als er die Worte seines Sohnes hörte. Wie immer, hatte Ryu ihm alles erzählt und dabei keine Kleinigkeit ausgelassen ... so war es schon immer zwischen ihnen gewesen, denn Yusuke genoß es immer sehr, von den Bekanntschaften seines Sohnes zu hören. Doch daß dieser wirklich mit einem der härtesten Kämpfer zusammengewesen war, die es gab, war etwas neues und er schmunzelte, als er sich wieder näherneigte und einen sanften Kuß auf Ryus Stirn gab. "Soll ich ihn nach dem Kampf zu uns nach Hause einladen, mein Junge ?"
Das Gesicht von Ryuichi sprach Bände, denn er hatte Vittorio schon lange nicht mehr gesehen, und ihr letztes Gespräch lag schon einige Zeit zurück, da sie beide beschäftigt gewesen waren. Aber daß er ihn hier wiedersah, in der Arena, war fast nicht zu glauben. "Ich hätte nicht gedacht, daß er ein so guter Kämpfer ist. Würdest du ihn wirklich einladen ?"
"Aber natürlich, Ryu. Alleine schon deshalb, weil ich mir sicher bin, daß er sich das Preisgeld holt ... auch wenn es schwer für ihn wird, da ich wirklich gute Kämpfer hierhergeholt habe. Doch deine Hoffnung wiegt für mich mehr, du strahlst regelrecht und das ist etwas, das ich ein wenig an dir vermißt habe." Das Letztere begleitete Yusuke mit einem sanften Lächeln, das zeigte, daß er eigentlich nur scherzte und ihm diesen Gefallen tat, weil Ryu ihn eigentlich selten um etwas bat. "Und ja - er ist wirklich gut. Er erlernte es auf die harte Weise, da er damit seinen Lebensunterhalt bestritt, seit er sich von seiner Familie trennte. Er ist feurig, hart, rücksichtslos, geschmeidig und genießt es, wenn seine Klingen die Haut öffnen - ein idealer Elitekämpfer."
"Er hat aber auch andere Seiten ... ich habe ihn kennengelernt, ohne zu wissen, was er tut. Aber ich bewundere, daß er so gut ist und ich hoffe, an unserer Freundschaft ändert sich nichts, wenn er weiß, wer ich bin." Das bereitete ihn nun doch ein wenig Sorgen - doch denen konnte er nicht nachhängen, da die nächsten Kämpfe anfingen, die langsam zum Finale führten.
Der Ältere nickte nur und nahm einen Schluck Tee, während er seinem Sohn sacht durch das lange Haar kraulte und weiterhin den Kämpfen folgte. Allmählich kristallisierten sich die Finalisten heraus - und wie erwartet, war einer von ihnen Vittorio. Er hatte während der Kämpfe immer wieder Schnitte kassiert, die mittlerweile aber verkrustet waren ... sie störten ihn nicht, da er es gewohnt war und mit den anderen Kämpfern redete, während er auf seinen letzten Kampf wartete. Es war für ihn immer wieder schön, nach den Kämpfen die Freundschaften zu pflegen, die er hatte - sie waren alle Profis und hielten sich bei den Kämpfen nicht zurück, doch danach änderte sich das und sie genossen die Zeit, die sie zusammen hatten. Daß oben in den Logen der Mann war, an den er immer wieder denken mußte, wenn er Nachts alleine war, wußte er jedoch nicht - und er interessierte sich eigentlich auch nicht sehr für die Veranstalter, außer, wenn es um sein Preisgeld ging.
Dann traten die Letzten nach ihrem Kampf in die Umkleide, und Ricky strahlte nur so, denn er hatte überraschend gewonnen und sich bis ins Finale vorgekämpft. Etwas, das Roger, der gegen ihn gekämpft hatte, fast nicht fassen konnte. "Mann, der Kleine hat’s echt faustdick hinter den Ohren." Er schrubbelte dem jungen Mann durch die blonde Mähne und lachte leise, als Ricki knurrend versuchte, sie wieder zu glätten.
"Glückwunsch, Kleiner - aber freu dich nicht zu früh, jetzt trittst du gegen mich an." Vittorio lächelte hart, als er den erschrockenen Gesichtsausdruck Rickys sah, doch dann stand er auf und klopfte ihm kurz auf die Schulter. "Laß dir die Schnitte versorgen, und dann erhol dich ein wenig, Kleiner - gegen mich wirst du alle Kraft brauchen." Sie hatten dafür auch genug Zeit, denn vor dem Finalkampf gab es ein Buffet für die Zuschauer und die Kämpfer hatten eine Stunde, um wieder zu Kräften zu kommen und sich um ihre Wunden zu kümmern.
Gleich nach dem Kampf war Ryu wieder nach unten verschwunden, schminkte sich nun wieder und legte die Maske an, die er für gewöhnlich bei seinen Auftritten trug und auch dann, wenn er sich als Sänger in der Öffentlichkeit zeigte. Da er Phantom hieß, war es ein Markenzeichen geworden, und er wurde der Rolle ein jedes Mal gerecht. Nachher sollte er noch das Preisgeld übergeben.
Darauf war Yusuke schon ein wenig gespannt, denn als er diese Aufgabe Ryu übertragen hatte, wußte er noch nicht, daß dieser Vittorio kannte. Und daß dieser gewinnen würde, daran bestand für den Yakuza-Boß keinerlei Zweifel - der Neuling war zwar gut, sehr gut sogar ... doch trotzdem nicht gut genug, um einen so erfahrenen Kämpfer zu schlagen. Das Buffet war wie immer ausgezeichnet und die Gäste bedienten sich reichlich, so wie auch reichlich Sake floß ... Yusuke trank wie immer nur Tee, da er sich solch eine Nachlässigkeit nicht leisten konnte, doch er gönnte es seinen Gästen, daß sie sich amüsierten. Nach etwa einer Stunde erklang wieder der Gong, der anzeigte, daß der Hauptkampf des Abends gleich beginnen würde - und Vittorio nickte nur und stand auf, wünschte Ricky noch viel Glück und wartete darauf, daß der zweite Gong sie wieder in den Ring rufen würde.
Und der erklang auch wenige Minuten später, und Ricky war innerlich gut auf den Kampf vorbereitet. Vielleicht gewann er nicht, aber er wollte dem Panther die ganze Sache nicht zu leicht machen, und so ging er entschlossen in die Arena. Es war jetzt sehr still, denn im Moment war der Kampf das Grundlegende, da auch um viel Geld gewettet wurde. Ryuichi saß wieder bei seinem Vater und kaute fast an den Nägeln, als der Kampf anfing ... und wie erwartet hart, schnell und erbarmungslos geführt wurde.
Das mußte Vittorio dem ein wenig jüngeren Blonden lassen: Er war wirklich gut und mit ein wenig mehr Training und Erfahrung würde er ein wirklich starker Gegner werden. Doch jetzt war er noch frisch und machte Fehler - etwas, das in einem solchen Kampf fatal sein konnte. Trotzdem mußte Vittorio viel seiner berühmten Geschmeidigkeit und Schnelligkeit einsetzen, um nicht von den beiden Messern Rickys erwischt zu werden - aber er hieß nicht umsonst 'il pantera', 'der Panther', und tauchte immer wieder geschmeidig unter den Bowiemessern des Jüngeren durch, um seinerseits die Klingen an seinem Handschoner einzusetzen. Letztlich entschied jedoch ein Umstand den Kampf, der nicht zu vermeiden war: Der junge, blonde Kämpfer hatte die größeren Wunden und war durch den Blutverlust geschwächt, so daß Vittorio ihn mit einem Ellbogenschlag zu Boden schicken konnte und die Messer an dessen Kehle hielt. Ein Ende, das Yusuke erwartet hatte und so stand er auf und klatschte, als der Ringrichter den schwarzmaskierten Italiener zum Sieger erklärte.
Auch Ryuichi stand auf und klatsche, aber innerlich schlug ihm jetzt schon das Herz bis zum Hals, da er seinem Freund das Preisgeld übergeben durfte. Allerdings wurden erstmal die Wunden der Kämpfer versorgt, und sie durften sich duschen und frisch machen. Hinten in den Umkleiden lag Ricky auf einer Liege und schnaufte erschöpft. Er hatte doch einiges an Blut verloren, aber dafür den Respekt der älteren Kämpfer gewonnen. "Du bist echt gut Kleiner, ein Bisschen noch, und du kannst dem Panther richtig Konkurrenz machen." lachte ein Afrikaner, und auch die Anderen nickten leicht. Der Junge hatte wirklich Potential, wenn er sich jetzt schon so gut hatte schlagen können.
Vittorio schmunzelte nur und nickte, ehe er Ricky kurz durch die Haare wuschelte. "Amabe hat Recht, Kleiner - du solltest weitermachen und deine Techniken noch verbessern, ich bin schon seit Jahren im Geschäft und tue es immer noch. Vielleicht solltest du dir einen Sponsor suchen, der dich unterstützt - das ist leichter, als wenn du es alleine machen mußt. Aber jetzt erhol dich erstmal, der Veranstalter bezahlt euch noch eine Woche Erholungsurlaub in einem wirklich guten Hotel." Das war einer der Gründe, weshalb Vittorio so gerne auf die Turniere ging, die die Japaner veranstalteten: Sie ließen sich niemals lumpen, wenn es darum ging, für die Kämpfer zu sorgen.
"Vielleicht bekommt er hier einen Sponsor, er hat echt Eindruck gemacht." Amabe war da doch recht sicher und lachte leise. "Die Japaner sind wirklich gute Sponsoren. Sie fordern zwar sehr viel Disziplin, aber das muss man als Kämpfer ja auch haben." Aber jetzt ließen sie den Jungen erstmal in Ruhe, denn er schlief fast schon ein und brauchte doch einiges an Ruhe. "Und du kassierst jetzt ... dieser Sänger von vorhin übergibt wohl das Preisgeld."
"Was ? Dio mio, das auch noch. Ich hoffe nur, daß es nicht einer dieser seltsamen, verrückten Japaner ist und er irgendetwas Dummes tut." Vittorio hatte schon einiges von diesen Sängern gehört, die sich nicht nur in die schillerndsten Kostüme warfen, sondern oft Allüren an den Tag legten, die eine Operndiva normal aussehen ließen. Doch dann grummelte er nur leise und zog sich eine einfache, schwarze Lederbikerjacke über seinen nackten Oberkörper, stopfte die Klingenarmschoner in seine Reisetasche und folgte dem Ringrichter, der ihn wieder in die hastig gesäuberte Arena führte.
Dort erwarteten ihn Yusuke als Veranstalter, und neben ihm stand Ryuichi in seinem Wildlederkostüm, das schwarz gehalten war. Das Gesicht war unter der Halbmaske verborgen und dessen Herz schlug aufgeregt bis hin zum Hals. Sie hatten sich seit Wochen nicht gesehen, und ihm jetzt so nahe zu sein, war wie ein Traum.
Vittorio betrachtete den schlanken, maskierten Japaner und dessen Mantel, der wie eine Mischung aus Matrix und japanischem Stil aussah. Durch die langen Seitenschlitze konnte man die kniehohen Stiefel sehen und auch, daß dieser junge Mann sehr gut gebaut war - auch wenn er durch die große, kräftige Gestalt des Veranstalters in den Hintergrund gedrängt wurde. Erst, als Yusuke ihm gedankt und die Hand geschüttelt hatte, kam der Sänger vor und überreichte Vittorio einen geöffneten Aktenkoffer voller Geld, den dieser einfach nur schloß und an die Seite stellte. Irgendetwas kam ihm an diesem leicht gesenktem Gesicht bekannt vor - und als der Sänger endlich den Blick hob und ihn ansah, wußte Vittorio auch, was und stutzte sichtbar, ehe er erneut die kühle Maske des Kämpfers auf seinen Zügen erwachen ließ.
Aber das kurze Stutzen zeigte Ryu, daß Vittorio ihn erkannt hatte. Er ließ es sich aber nicht anmerken, sondern gratulierte nur höflich und verneigte sich kurz, bevor er auf die Seite trat, damit sein Vater ihm ebenso noch einmal gratulieren und für den heutigen Abend einladen konnte.
Das tat Yusuke dann auch - und Vittorio sagte zu, auch wenn er es kaum erwarten konnte, Ryu nachher anzurufen und mit ihm zu reden ... denn um ihn zu sehen, reichte die Zeit bis zu dem Essen mit dem Veranstalter nicht mehr. Der ein wenig Größere Yakuza-Boß bemerkte sehr wohl, daß der italienische Kämpfer etwas ungeduldig darauf wartete, daß er endlich gehen konnte ... die Anzeichen waren zwar so minimal, daß man sie eigentlich nicht sah, doch Yusuke wußte, worauf er achten mußte. Und er bemerkte ebenso die Nervosität seines Sohnes und schmunzelte innerlich, auch wenn man es nicht an seinen strengen Gesichtszügen merken konnte.
Beide hatten sich länger nicht gesprochen und noch viel länger nicht gesehen, daher war es verständlich, daß sie etwas unruhig waren und innerlich schnauften, als Yusuke die Veranstaltung für beendet ausrief. Es waren viele Geschäfte gemacht worden, Beziehungen geknüpft und alte Bande vertieft worden ... dieser Kampf hatte seinen Zweck mehr als nur erfüllt.
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