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”Die weiße Rose des Ostens” 09
 

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Diesmal war es eher ein später Morgen, als Tahir seine Augen öffnete. Er hatte seit langen zum ersten Mal richtig tief geschlafen. Er hatte es aber auch gebraucht, damit sein Körper sich erholte. Ein ruhiges Lächeln umspielte seine Lippen, denn Amalric schlief noch an ihn gekuschelt. Dessen Kopf lag auf seiner Brust und die starken Arme waren besitzergreifend um ihn geschlungen. So hatte der Hellhaarige einen guten Blick auf das Gesicht seines Liebsten. Es war ein sehr friedlicher Anblick, denn Amalric war sehr entspannt. Bald würde er in dessen Heimat leben und er hoffte, daß es dort besser verlief und er nicht so herablassend behandelt wurde. Es würde ein Leben sein, das auf einer Lüge aufgebaut war, und das machte ihm doch ein wenig Sorgen.

Und als ob er es gespürt hätte, rührte sich der junge Spanier und hob langsam seinen Kopf – ein Lächeln erwachte auf seinen Lippen, als er in die schönen Züge seines Liebsten sah und er neigte sich zu ihm, schmuste mit der Wange über dessen und wisperte ein leises "Guten Morgen, meine Rose ... denkst du noch immer über diese Ritter nach ?" an das zarte Ohr, in dem deutlich mitklang, daß er sich um ihn sorgte und wollte, daß Tahir dieses Erlebnis so schnell wie möglich vergaß.

"Nein ... ich denke an das, was kommen wird. Ein Leben, das auf einer Lüge aufgebaut ist. Daß ich an euren Gott glaube, wird eine Lüge sein, genau wie der Titel ... daß ich adlig bin. Ich bin es vom Blute meines Vaters her, aber anders." Mit Beidem hatte er Probleme, mit dem Glauben und mit dem Titel, den er bekommen sollte. "Ich hab Angst, Gott wird mich nicht mehr anhören, wenn ich ihn vor den Christen verleugne."

Leise seufzend, sah Amalric auf ihn herab und wurde nachdenklich ... dann koste er mit den Fingerspitzen sanft über die Wange seines Liebsten und antwortete ihm nach einer Weile leise. "Wenn es einen Gott gibt, dann hat er uns zusammengeführt ... ungeachtet dessen, wie wir ihn nennen. Seit ich dich kenne, beginne ich daran zu zweifeln, ob es wirklich einen Unterschied gibt zwischen deinem und meinem Gott – es gibt so vieles, das sich im Glauben gleicht, und wenn dein Gott sich wirklich von dir abwendet, nur weil du ihm einen anderen Namen gibst und andere Gebete benutzt, wenn du an ihn glaubst, dann verdient er es nicht, daß du ihn verehrst. Doch ich glaube nicht, daß es so ist – ich denke, daß sowohl dein Gott wie auch der Meine wissen, daß wir ihn meinen, egal, was wir sagen ... denn wenn es Götter sind, so können sie in unser Herz sehen und überhören die unwichtigen Worte, die wir laut sagen." Das mit dem Titel schien für den jungen Spanier jedoch etwas einfacher zu erklären, denn es war gewohntes Terrain. "Mach dir auch keine Sorgen wegen deinem Titel ... in meiner Heimat gab es so viele Kriege, Kreuzzüge und wankelmütige Könige, daß nurmehr wenige Adelsgeschlechter ihren Besitz behalten haben. Gerade die Kreuzzüge verhalfen vielen dazu, adelig zu werden, denn die, welche überleben, bekommen oft von den Königen Land geschenkt. Was spricht dagegen, daß du der Abkömmling eines Ritters bist, der hier Land erhalten hat, so wie dieser Raubritter, der dich gefangengenommen hatte ? Niemand wird es nachprüfen, wenn du ein entsprechendes Dokument bei dir trägst. Es ist auch ganz natürlich für die Ritter, die hier Land erhalten, daß sie es verkaufen und mit dem Geld und dem Titel wieder in ihre Heimat zurückkehren, sich dort mit dem Gold Land kaufen und dort leben. Das Einzige, um das du dir Gedanken machen kannst, ist die Tatsache, daß viele es nicht gerne sehen werden, daß wir Kampfgefährten sind, die sich einen Treue- und Bluteid schworen, immerzu zusammen sind und auch zusammen in dem Schloß wohnen, das ich erben werde." Nachdem er geendet hatte, küßte Amalric den Schlankeren sanft und knurrte weich an dessen Lippen, zog ihn wieder nahe an sich und genoß die Wärme des Hellhaarigen, der nun sein ganzes Leben bei ihm bleiben würde.

Tahir wusste, daß Amalric in jeder Hinsicht Recht hatte. Auch mit Gott, es dämmerte dem Hellhaarigen ein wenig. Es gab wirklich viel, das sich ähnelte. Doch seine Gedanken lenkten sich auf seinen Liebsten, als der leise knurrte. "Ich bin jetzt viel beruhigter, mein schwarzer Hengst." wisperte er und koste mit seinen Fingern durch dessen dunkles Haar. "Dein Feuer schwelt schon wieder, Hm ?"

"Immerzu, wenn ich dich bei mir habe. Aber es reicht, wenn wir so beieinander liegen und ich dich eng an mir habe, dich fühlen und riechen kann, mein Herz – wir müssen bald weiter, damit wir aus der Reichweite von Don Forza kommen und du wieder reiten kannst." Es nagte noch immer ein wenig an dem jungen Spanier, daß sie noch eine Weile so tun mußten, als ob Tahir sein Sklave war und er seufzte leise, hauchte einen sanften Kuß auf die Stirn des Hellhaarigen und streichelte zärtlich durch die weiche, helle Fülle.

"Ja, aber erst essen wir, ich habe noch Hunger. Und mach dir keine Gedanken wegen dem Laufen, ich bin es gewöhnt." Tahir versuchte Amalric etwas zu beruhigen, was das anging. "Ich komme aus einem Nomadenvolk, ich kann auch weite Wege laufen."

Doch der junge Spanier ließ sich nicht beruhigen, er machte sich Sorgen und zeigte es auch, als er sich wieder ein wenig aufrichtete und auf seinen Liebsten herabsah. "Noch nicht ... du solltest dich noch erholen, du bist noch nicht stark genug, meine Rose. Wir bleiben noch ein wenig hier und du ruhst dich aus, erzählst mir ein wenig mehr von dir und wenn es wieder kühler wird, reisen wir weiter, ja ?" Tahir war auch ein wenig neugierig, denn er wußte immer noch nicht sehr viel über ihn.

"So viel gibt es über mich nicht zu erzählen. Und lass uns was essen, ja ?" Tahirs Magen knurrte zu seinen Worten und verlangte nach etwas zu essen. "Wir können ja auch hier essen und beisammenliegen, Hm ? Und dann erzähle ich, was du wissen willst."

Ein leises "Gern." wispend, nickte Amalric und lächelte, als er aufstand, zu ihrem Gepäck ging und ihnen getrocknetes Fleisch, Datteln, Aprikosen und den Wasserschlauch holte. Natürlich dachte er auch an ihre Schüsseln, brachte sie zu seinem Liebsten und setzte sich neben ihn, froh darum, daß die Höhle ihnen einen solch guten Schutz bot. "Hier, meine Rose ... iß dich satt, du brauchst es. Wenn du gegessen hast, kümmere ich mich noch um deine Wunden – ich denke, wir sollten erst Morgen weiterreisen, wenn du dich ein wenig erholt hast."

"Ich hoffe nur, die Ritter kommen nicht nachsehen, aber du warst so dominant, daß sie es sicher nicht tun werden." Tahir nahm etwas von dem Fleisch und kaute es genüsslich, nebenher nahm er aber auch noch eine Dattel und schob sie Amalric in den Mund. "Du musst auch gut essen." Es war wichtig, daß sie Beide bei Kräften blieben, sie mussten sich auf Einander verlassen können.

Die Sorge des jungen Arabers ließ Amalric sacht auflächeln und er aß die Dattel, die ihm dieser gegeben hatte ... noch ein wenig zögerlich, da es noch immer ungewohnt war, gab auch er ihm eine der Früchte zu essen, während er ihm leise antwortete. "Mach dir da keine Sorgen – sie werden uns nicht nachkommen. Ich habe ihnen genau das gezeigt, das sie sehen wollten und es gibt lohnendere Beute als uns. Don Forza weiß, wie wertvoll eine Raubkatze ist und vor allem, wenn dazu noch ein ausgebildeter Sklave gehört ... er denkt, daß ich alles Geld, das ich hatte, für dich und deinen Geparden rausgeworfen habe und amüsiert sich bestimmt königlich darüber, weil er nun annimmt, daß ich kein Geld mehr für die Überfahrt habe. Für ihn bin ich nur ein Grünschnabel, der die Arbeit nicht wert ist – auch mein Siegelring hat für ihn keinen Wert, denn er kann ihn hier nicht verkaufen. Das bedeutet, daß wir ein wenig hierbleiben können – und du dich erholen kannst."

"Nun, wenn du meinst, dann glaube ich dir." wisperte Tahir und ließ sich nur zu gern weiterhin so verwöhnen. Er war gleich beruhigter und konnte sich gut vorstellen, wie der Mann sich amüsierte. "Also, was möchtest du über mich wissen, was ich dir noch nicht erzählt habe ?" Er kam zu eigentlichen Thema zurück, denn Amalric wollte ja noch mehr über ihn erfahren, auch wenn der Blonde nicht wusste, was er noch erzählen sollte.

Ein leises "Alles von dir, meine Rose ... von Anfang an und erzähle ruhig auch das, was dir eigentlich unwichtig erscheint. Ich möchte dich kennenlernen, Tahir ... alles an dir, auch die winzigste Kleinigkeit." wispernd, kam der junge Spanier ein wenig näher, küßte ihn und lächelte, als er ihm ein Stückchen getrocknete Aprikose fütterte und wartete. Es stimmte – er wollte so viel über seinen Liebsten wissen, wie es ging; nicht nur deshalb, um mehr über ihn zu wissen, sondern auch, um besser reagieren zu können und ihn nicht unwissentlich zu verletzen.

"Alles ? Dann fange ich am Besten mit meiner Mutter an." wisperte Tahir, nahm sich noch eine Dattel und kaute sie, während er kurz überlegte. "Sie kam aus eurem Reich, sie war Blond wie ich, wie genau sie den Weg hierher fand, weiß ich nicht, aber sie war eine begehrte Ware und als Sklavin sehr wertvoll wegen ihrer hellen Haut und dem hellen Haar. Mein Vater hat sehr viel für sie bezahlt, obwohl sie Feuer hatte und ihm viele Probleme machte. Ich weiß nicht, wie oft sie versucht hat, zu entkommen. Sie hieß Lucrezia."

Amalric hatte sich währenddessen so gesetzt, daß er Tahir in seine Arme nehmen konnte und an den Decken, die sie hatten, anlehnte. So war es einfacher und er konnte ihm immer wieder etwas zu Essen füttern, wie er es auch jetzt tat, als er laut nachdachte. "Lucrezia ... ein italienischer Name. Ich kann mir vorstellen, daß sie sehr begehrt war – solch helles Haar, wie du hast, meine Rose, ist äußerst selten. Frauen mit solchem Haar sind auch in meiner Heimat und den anderen Ländern sehr begehrt – und wenn sie dazu noch helle Haut hatte, noch mehr. Erzähl mir doch mehr von ihr ? Du sprichst in der Vergangenheit ... sie ist tot, oder ?" Es war nur eine Ahnung – und der junge Spanier hoffte, daß es nicht zu schmerzhaft für Tahir war, darüber zu reden.

"Ja, das ist sie. Sie starb bei der Geburt meines Bruders und er mit ihr." Er war damals zwei Jahre alt gewesen und hatte es nicht wirklich mitbekommen, und doch hatte er damals gemerkt, daß sich etwas veränderte. "Es war eine Dürre, einige Oasen lagen trocken, sie verlor damals viel Kraft, weil wir umherzogen, um neues Wasser zu finden."

Das hatte Amalric nicht erwartet ... er wußte von den Sitten, sich Sklavinnen als Nebenfrauen zu nehmen, doch daß solche Konsequenzen in Kauf genommen wurden, schockierte ihn bis ins Innerste. "Ich ... bitte verzeih, mein Herz, aber das ist grausam. Unmenschlich und grausam ! Man kann doch einer hochschwangeren Frau nicht zumuten, so lange herumzugehen, daß sie eine Totgeburt hat und selbst stirbt ? Dein Vater ist ein rücksichtsloser, gefühlloser Abschaum ... er hätte sogar dich verkauft, auch wenn du sein Sohn bist. Ich verstehe das nicht – ich verstehe das einfach nicht."

"Ja, das hätte er, aber ich bin weniger wert als der Bruder, der jetzt geboren wurde. Als Sklave hätte ich viel Geld gebracht. Und meine Mutter war nicht gelaufen, sie war einfach zu schwach, es war zu heiß und sie war sehr zart." Er schlug sich nicht auf die Seite seines Vater und nahm auch seine Mutter nicht in Schutz, er sah es nicht ganz so wie Amalric, es war Schicksal.

Den überraschte die Gleichgültigkeit des Hellhaarigen ein wenig, doch er nickte innerlich zu sich selbst ... er hatte inzwischen schon mitbekommen, wie die Araber ihre Sklaven und vor allem auch deren Nachkommen behandelten. "Das ist der Unterschied zwischen unseren Kulturen, mein Herz ... deine Mutter wäre in meinem Land die Frau eines Adeligen geworden, selbst wenn sie aus ärmlichsten Verhältnissen käme ... und du wärst niemals so niedrig behandelt worden. Doch nun können wir das ändern und richtigstellen – können dir das geben, das du von Anfang an verdient hast. Bitte erzähle mir mehr, mein Herz ... ich möchte es hören, damit ich dir nicht das gleiche antue."

"Bei uns ist es halt anders." wisperte Tahir und lächelte kurz, bevor er weitererzählte. "Ich wuchs also ohne meine Mutter auf und wurde von den anderen Sklavinnen aufgezogen. Bis ich Fünf war, ab da fing meine Ausbildung an. Ich bin zwar Sklave, aber ich bin auch ein Krieger, ein guter Schwertkämpfer und ich hatte Talent. Und durch dieses Talent habe ich mich hochgearbeitet, ich hatte für einen Sklaven einen sehr hohen Rang. Als ich Zehn war, bekam ich die Narben." Er strich mit den Fingern über seine Brust und die Narben. "Zum Einen zeichnen sie mich aus für Stärke, zum Anderen aber auch als Sklaven."

Noch während Tahir sprach, koste der junge Schwarzhaarige schon über die feinen, an Flammen erinnernden Narben auf den Schultern des Hellhaarigen ... er wußte, daß sie sich über den Rücken fortsetzten, doch er hatte noch nie länger über sie nachgedacht. "Sie sind sehr schön und ungewöhnlich ... und mir gefallen sie an dir. Sie unterstützen deine Schönheit noch, mein Herz. Wie wurden sie dir gemacht ? Und vor allem, weshalb haben sie dir diese Narben gegeben ?"

"Weil ich ein Dämon bin, ein böser Geist, es soll diesen Anschein noch unterstützen und mich als einen kennzeichnen." Er kam damit zurecht, so hatte er großteils seine Ruhe gehabt, denn wer gab sich schon gern mit einem Dämon ab ? "Als ich Zehn war, bekam ich sie, ich war ebenso feurig wie meine Mutter und sehr wild. Die Muster wurden mit einem Messer in die Haut geritzt und dann mit einer Paste beschmiert. Die Wunden entzündeten sich und bildeten dann diese starken Narben. Ich weiß noch, ich fieberte einige Tage." Die Zeit war eine Qual gewesen, aber er hatte nie aufgegeben. "So wurden die Narben gleich ein Zeichen meiner Stärke."

Amalric nickte – er konnte sich schon denken, wie qualvoll dies gewesen sein mußte. Und er ahnte auch, wie schmerzhaft die Peitschennarben sein mußten, die darunter lagen und auch darüber geschlagen wurden. "Und sie haben dir immer wieder mit Peitschen dein Feuer ausgetrieben ... oder es zumindest versucht, Hm ? Wie ging es denn weiter ? Wenn du ein Sklavenjunge warst, wie konntest du eine Kriegerausbildung bekommen ? Ich dachte, das würde nur den Söhnen eurer Hauptfrauen gestattet ? Ich verstehe das nicht ganz, meine Rose."

Tahir lachte leise und grinste Amalric an. "Weil es die einzige Art war, mich zu zähmen. Die Ausbildung war so anstrengend, daß ich ruhiger wurde. Und ich glaube, sie brauchten mich, um anderen Stämmen das Fürchten zu lehren. Wer kann schon einen Dschinn sein eigen nennen ?"

Das brachte auch den jungen Spanier dazu, zu schmunzeln und er nickte, neigte sich zu ihm und genoß das Gefühl der weichen, duftenden Haut. "Ich mag es, wenn du ein wenig wilder bist, meine Rose ... nun kannst du auch deine Dornen zeigen, ohne daß dich Jemand dafür straft. Sobald du deinen Titel hast, wird Niemand es mehr wagen, dich auszupeitschen ... das schwöre ich dir, Tahir." Alleine schon der Gedanke, daß Jemand seinen Liebsten verletzen könnte, ließ seinen Beschützerinstinkt erwachen ... auch wenn er nur zu gut wußte, daß Tahir ein mehr als nur guter Kämpfer war und sich jederzeit gegen Jeden wehren konnte.

Jetzt, wo er frei war, konnte Tahir es auch tun und er küsste Amalric nun ebenso. "Ich weiß noch, wo ich dich fand ... die erste Nacht, du hattest versucht, mich im Schlaf zu überraschen." Er hatte es damals ziemlich lustig gefunden, wie langsam der Spanier war. "Wenn wir Ruhe haben, können wir ja mal gegeneinander zum Training kämpfen."

"Das ist eine sehr gute Idee, mein Herz ... ich möchte auch so schnell werden wie du, ich habe es schon damals an dir bewundert. Auch wenn ich damals noch nicht wußte, wieviel du mir einmal bedeuten würdest ..." Das Angebot freute Amalric, denn er wußte um das Können seines Gefährten – ein Können, das er sich ebenso aneignen wollte, auch wenn er schon jetzt ahnte, daß es noch lange dauern würde. Doch dann nahm er eine der Aprikosen auf und gab sie dem Hellhaarigen zu essen, lächelte und küßte ihn danach, da er es sichtlich genoß.

Der kaute die Frucht genüsslich und lächelte, nachdem er sie heruntergeschluckt hatte. "Ihr verlasst euch zu sehr auf eure Rüstungen, das macht euch langsam. Und sie schützen nicht gegen einen schnellen Gegner, der dann mit einem Dolch in den Spalt an der Seite sticht." Er hatte mit seinem Stamm schon gegen solche Männer gekämpft und sie waren mit den großen Schwertern und den schweren Rüstungen viel zu langsam gewesen.

"Ich weiß – die Rüstungen sind völlig ungeeignet. Ich überlege schon länger, ob man sie nicht verbessern kann ... aber dazu ist noch Zeit, wenn wir in Spanien sind. Wenn du dich erholt hast, kannst du mir vielleicht ein wenig zeigen ? Ohne die Rüstung, nur das Schwert – damit ich lerne, mich gegen Jemand wie dich wehren zu können." Dies war Amalric sehr wichtig, auch wenn er damit noch warten konnte, bis sie in sicherer Entfernung waren.

"Sehr gern, ich zeige es dir gern." Tahir freute sich darüber sehr und so konnte er etwas zurückgeben, denn sein Liebster hatte ihm die Sprache und auch das Benehmen von Europäern gut beigebracht. "Unterwegs bei den Pausen können wir immer ein klein wenig üben."

Leicht nickend, lächelte der junge Spanier und neigte sich wieder näher, küßte Tahir und hielt ihn zärtlich, während er ihm jetzt einige Stückchen Trockenfleisch fütterte. Sie würden noch eine Weile hierbleiben und Kraft tanken, und daß dies auf so angenehme Art passierte, sorgte dafür, daß das Lächeln Amalrics noch ein wenig liebevoller wurde.

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Schon seit einiger Zeit konnte man ein Rauschen in weiter Ferne hören. Amalric hatte erzählt, daß es das Meer war und jetzt, als sie auf eine Düne ritten, konnte Tahir das Meer auch sehen. Auf der Düne stoppte er mit seinem Pferd und lächelte, als er weit hinten das große Wasser erblickte, das er nur vom Hörensagen kannte. Das Salz konnte man aber schon jetzt riechen und die Stadt konnte man auch schon sehen, da die Wüste hier langsam endete und keine großen Dünen mehr vor ihnen lagen. "Das ist wundervoll, ich habe es mir nie vorstellen können ... ich dachte, es wäre kleiner." Und bald würde er in einem Schiff über dieses Wasser reisen.

"Glaub mir – es ist riesig, viel mehr, als du hier sehen kannst. Aber es ist der schnellste Weg in meine Heimat, über Land würden wir ewig brauchen, mindestens ein halbes Jahr. Ich denke, ich werde mir meine Rüstung anziehen – diese Stadt ist in der Hand der Kreuzritter, siehst du ? Das Banner mit dem Kreuz weht von den Zinnen der Mauertürme. Es wäre auch für dich gut, wenn du das Kreuz, das ich dir geschenkt habe, nun offen trägst – es untermauert unsere Geschichte." Noch während er sprach, stieg Amalric ab und löste das Tuch, das seine Rüstung auf dem Rücken des knienden Kamels hielt, nahm sie ab und fing damit an, sich die Rüstung anzuziehen.

Tahir stieg auch ab und holte das Kreuz aus seinem Hemd hervor, so daß es gut zu sehen war. "Soll ich Adan an die Kette legen ?" Er war etwas unsicher, er wusste nicht, wie man auf die Katze reagieren würde und er wollte nicht, daß sein schöner Kater irgendwie verletzt wurde, nur weil er frei lief.

"Ja, leg ihn besser an die Leine – so sieht Jeder, daß er zu dir gehört und Niemand kann dir was anhaben, weil er eine Gefahr wäre. Außerdem zeigt es deinen Rang, meine Rose – eine solche Raubkatze ist sehr viel wert. Und vielleicht solltest du den Turban abnehmen, mein Herz ... es ist besser, deine hellen Haare zu zeigen und nicht zuviel deiner arabischen Herkunft." Während er sprach, kam Amalric zu seinem Gefährten und legte seine Hand an dessen Wange ... es war ihm sehr ernst, denn er wollte nicht, daß die Kreuzritter ihn für einen Araber hielten und gefangennahmen.

"Das werde ich tun." wisperte Tahir und schmiegte sich kurz in die Hand, dann trat er einen Schritt zurück und wickelte den Turban ab. Den Stoffschal legte er ordentlich zusammen und dann band er seine Haare im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammen. Auch seine Kleidung richtete er ein wenig anders her, so wirkte es nicht ganz so arabisch. Erst, als er damit fertig war, kniete er sich zu Adan und legte ihm die lange Leine an. "Bleib schön dicht bei mir, mein Freund." Dann erhob er sich wieder und überlegte. "Vielleicht sollte ich eines der großen Pferde reiten ? Dein Volk verpönt unsere Pferde, weil sie so klein sind."

Amalric überlegte einen Moment, doch dann nickte er und lächelte ein wenig schief. "Das wird das Beste sein – du hast Recht, dein Pferd ist nur als Beute wertvoll, aber es wäre nicht gut, es zu reiten. Deine Haare sehen gut aus ... sehr gut sogar. Wenn du dazu noch deine Kälte zeigst, wirst du sie beeindrucken. Und sobald wir ein Gasthaus gefunden haben, in dem wir übernachten können, suchen wir einen Schriftgelehrten, der uns einen Titel für dich fertigt.

Die Kälte stellte sich gleich ein, Tahir nickte und nahm den schlichten, aber doch schönen Sattel vom Rücken seines Hengstes, um ihn auf dem Kamel zu verstauen. Ihr Proviant war zum Glück soweit geschrumpft, daß eines der großen Pferde frei war und so mussten sie nicht groß umpacken. Sein Pferd hatte er an das Kamel gebunden und so in die Karawane integriert, dann stieg er mit Leichtigkeit auf das schwarze Schlachtross und lachte leise. "Fast so hoch wie ein Kamel." stellte er fest.

"Das sind sie – und sie sind äußerst zuverlässig. Für dich noch ungewohnt, nicht wahr ? Er ist breiter und höher als dein Pferd ... es ist ja auch nur, solange wir in der Stadt sind. Vielleicht finden wir auch einen edleren, spanischen Hengst für dich – hier gibt es fast alles, das man mit Gold kaufen kann." Inzwischen hatte Amalric seine Rüstung angelegt und nickte, stieg nun selbst auf und ritt neben seinen Liebsten, damit sie noch den letzten Weg zu der Hafenstadt reiten konnten.

"Wir müssen nicht noch ein Pferd kaufen, die hier reichen und mein Hengst kommt ja mit." Noch ein Pferd zu kaufen war wirklich nicht nötig. Tahir blickte kurz zu Adan und nickte zufrieden, weil er ruhig war und auch das Pferd ruhig war.

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