Balken01a


“In den Dschungel, aus dem Dschungel,
und wieder zurück”   01

 

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"Verdammt ! Verdammt, verdammt, verdammt !" Marcel fluchte vor sich hin, als er schon wieder stolperte und mit seinem langen Mantel in den Ästen des Unterholzes hängenblieb. Er wußte, daß er so laut war wie eine Herde Rhinozerosse, doch er stolperte schon seit Stunden durch diesen Wald und es wurde langsam dunkel. Diese Welt war wie ein Fluch für den jungen Konzernchef, der nicht mehr als das gepflegte und wohlgeordnete Grün eines Parks kannte. Überall standen Bäume, die größer und älter waren, als er es jemals erwartet hätte – und überall hingen Lianen und Ranken, lag glitschiges Moos auf alten, verrottenden Stämmen und das weiche, verrottende Laub vergangener Jahre. Mit einem weiteren Fluch rutschte der junge Blonde ein weiteres Mal aus und fing sich gerade noch mit seinen Händen, dankte insgeheim seiner Weitsicht, die dünnen Lederhandschuhe mitgenommen zu haben und fluchte, als er seinen Metallaktenkoffer wieder aufhob. "So ein verdammter Mist – und ich habe nicht einmal ein Feuerzeug dabei, damit ich mir ein Feuer machen kann. Auch wenn das verdammt nochmal eh nicht brennen würde, hier ist alles NASS !!" Mit einem lauten Knurren schlug der sportlich schlanke Konzernchef die Faust in einen der verrottenden Stämme und fletschte die Zähne, ehe er sich wieder aufrappelte und entschlossen weiterstolperte. Irgendwo in diesem verfluchten Wald mußte es doch etwas geben, das er als Unterschlupf nutzen konnte – oder vielleicht kam er auch raus und fand eine Hütte oder eine Straße. Seit er diesen Morgen in seinem Büro von einem seltsamen Lichtriß verschlungen wurde und hier in diesen Wald fiel, versuchte er herauszukommen ... denn sein Handy bekam kein Signal und sogar das GPS seines PDA war scheinbar ausgefallen.

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Weiter weg streifte ein Tiger durch das Unterholz. Er bewegte sich sicher in seiner gewohnten Umgebung, aber irgendwie war Unruhe im Wald, die er sich nicht erklären konnte. Asuma grollte leise, dann zog er weiter und suchte sich eine Beute, die Heute sicher nicht so leicht zu finden war.

Der Grund dieser Unruhe war der nurmehr leise vor sich hingrummelnde CEO, dem mittlerweile einfach die Kraft fehlte, noch lauthals zu schimpfen. Es dunkelte nun immer schneller; er war laut seiner zum Glück noch immer funktionierenden Uhr schon seit sieben Stunden auf den Beinen und auch wenn er seinen Körper durch Kampfsport und Schwimmen fit hielt, dies hier hatte ihn an den Rand seiner Kraft gebracht. Doch dann sah er ein wenig weiter entfernt eine Lichtung und seufzte vor Erleichterung, schlug den Weg dorthin ein und hoffte, daß er einigermaßen unbeschadet dort ankommen würde.

Von der Lichtung kam leises Schmatzen und das Knacken von Knochen. Asuma hatte wirklich noch Beute gemacht und verschlang hungrig das Fleisch des dicken Wildpferdes. Das Tier war total kopflos durch die Gegend gelaufen und daher doch zu einer einfachen Beute geworden, an der sich der schwarze Tiger jetzt sättigte.

Ein ziemlich blutiger Anblick – und gerade auf diese Lichtung stolperte Marcel und erstarrte, als er den riesigen, schwarzbefellten Mann sah, der große Brocken blutigen Fleisches aus dem Kadaver auf der Lichtung riß. Für einen Moment wußte der Blonde nicht, was das für ein Tier sein konnte – doch dann kam ihm langsam, daß das ein Mensch war, oder zumindest etwas menschenähnliches. Denn trotz des schwarzen, mit orangen Tigerstreifen übersähten Fells und der langen Haare besaß dieses Wesen einen Menschenkörper und einen Katzenkopf, und verschlang gerade eben einen weiteren, großen Bissen Fleisch. Und genau dieser Anblick war der letzte Tropfen, den es gebraucht hatte und Marcel ließ den Koffer fallen, schrie entsetzt auf und trat instinktiv den Rückzug an.

So vertieft, wie Asuma gefressen hatte, bemerkte er den Menschen anfangs nicht. Erst, als Marcel wie am Spieß schrie, erschreckte sich der große Kater so sehr, daß er sich an einem Fleischbrocken verschluckte und ihn hustend aus seinen Rachen würgte. Im nächsten Moment schoss er herum und sah nur, wie der Fremde rücklings wegtaumelte, dann über einen Ast stolperte, auf den Rücken fiel und in einem Laubberg verschwand. Aber noch bevor der Fremde sich wieder aufrappeln konnte, war Asuma schon bei ihm und pinnte ihn an den Boden. Jedoch schrie der Kerl schon wieder so laut, daß dem Tiger fast die Ohren klingelten. "Hör auf zu schreien." schrie er zurück und drückte seine Pranke auf den Mund, weil der Blonde schon wieder schreien wollte.

Marcel blickte vor Angst völlig starr auf dieses Wesen, das ihn nun mit seinem Gewicht in das Moos und alten Blätter pinnte und die blutverschmierte Pranke auf seinen Mund drückte. Doch er war nur für einen Moment still, denn als ein Tropfen Blut von den Reißzähnen dieses Katzenmenschen auf seine Wange tropfte, schrie Marcel wieder gellend auf, auch wenn man durch die Pranke nicht mehr viel hören konnte.

‚Verdammt, was ist das nur für ein Tier ?' Asuma grollte erneut, dann wandelte er sich in seinem menschliche Gestalt und grollte den Menschen an. "Wenn du still bist, lass ich los. Ich hab genug zu fressen, ich fresse dich also nicht auf."

Als dieses Wesen sich wandelte, hörte der Blonde auf zu schreien und blickte mit großen Augen in die Orangegoldenen des Anderen. Vor seinen Augen hatte dieser Katzenmensch sich in einen normalen Menschen verwandelt – auch wenn die Haut bronzegebräunt war und fast die gleichen Streifen als Tattoos besaß. Doch noch immer hatte dieser Gestaltwandler lange Reißzähne und Krallen an den Fingern, und auch das Blut an dessem Kinn, Hals, Brust und Fingern war nicht gerade vertrauenerweckend.

Da dieses seltsame Tier aufgehört hatte zu schreien, nickte Asuma und nahm die Hand weg, aber dann schrie es schon wieder und er legte seine Hand sofort wieder auf den Mund des Blonden. "Ich hab gesagt, ich tue dir nichts ... verstehst du mich nicht ?" Dieses Tier war wirklich seltsam. Das blonde Haar war nicht unnormal, aber es roch nach nichts, was er kannte. Kein Fuchs, kein Puma oder sonstiges. Marcel roch einfach nur nach Angst. Dann aber krachte das Unterholz und Asumas Blick richtete sich auf einen Bären, der angelockt von den Schreien zu ihnen gefunden hatte, weil er dachte, da starb gerade ein Tier. Der Blutgeruch des Pferdes hatte dann sein Übriges getan. "Das ist MEINE Beute !" schrie Asuma und wandelte sich gleich wieder in seine Halbform. Der Mensch war vergessen und der Bär hatte seine Aufmerksamkeit.

Als der Bär laut aufbrüllend auf die Lichtung brach, erstarrte der junge Mensch und verstummte – auch wenn er nicht wußte, was dieser komische Gestaltwandler war, so kannte er doch nur zu gut diese riesigen Grizzlybären und wußte auch, daß dieses Vieh ihn mit Leichtigkeit töten konnte. Doch was nun passierte, hätte er niemals gedacht: Dieser Gestaltwandler wurde wieder zu einem Katzenmenschen, stritt sich mit dem Bären - der sich ebenfalls in einen Halbmenschen verwandelte - über das erlegte Pferd und griff den Bären schließlich an, als sie sich nicht einig werden konnten. Der Kampf war mehr als nur blutig, doch schließlich verjagte er den Bärenmenschen nach einem langen und schweren Kampf und stand schwer keuchend und mit tiefen, blutigen Kratzern auf seinem befellten Körper über dem Kadaver des Pferdes. "Das gibts doch nicht ... er ... er hat den Bären verjagt." Noch ehe Marcel es verhindern konnte, entkamen ihm diese leisen Worte – denn beide Gestaltwandler waren mehr als nur kräftig und gefährlich gewesen.

Asuma hörte die leisen Worte und sein Blick richtete sich wieder auf den Menschen, der ihn mit großen Augen anstarrte. Der Kampf mit dem Bär hatte ihn sehr geschwächt, aber es war nötig gewesen, weil er noch nicht genug gefressen hatte, um richtig satt zu sein ... und er hatte auch nicht vor, die Reste an Aasfresser zu verlieren. "Du kannst ja doch sprechen." knurrte Asuma und sackte erstmal auf den Boden der Lichtung, um zu verschnaufen und um seine Wunden zu lecken.

Für einen Moment war Marcel zu verdutzt, um zu antworten – doch dann faßte er sich ein Herz und riß sich zusammen, als er nun doch sprach. "Klar kann ich sprechen ... mich wundert, daß du es kannst, Katzen können nicht sprechen. Aber Katzen sind auch nicht menschlich und Bären auch nicht, also was zum Geier geht hier vor ?! Bist du ein Werwolf oder was ?" Man merkte, daß der Blonde völlig durch den Wind war und knapp vor einem Zusammenbruch stand – und die Tatsache, daß dieser seltsame Katzenmensch sich das Blut von dem schwarzen Fell leckte und man immer wieder die langen, scharfen Reißzähne sah, machte es nicht unbedingt besser.

"Wolf ? Ich bin kein Wolf, das siehst du doch !" knurrte Asuma eingeschnappt und fletschte kurz die Fänge. Das war ja wohl noch schöner, er und ein Wolf ? "Pfff ! Und was bist du für ein Tier ? Du riechst nach nichts, außer nach Angst."

Für einen Moment wußte der junge Konzernchef nicht, was er sagen sollte – doch dann schnaubte er und nahm seinen Aktenkoffer auf, ehe er ihm antwortete. "Ich bin ein Mensch und kein Tier. Und ich kenne sowas wie dich eben nur aus Legenden und da wird auch nur von Wölfen erzählt, die sich in Menschen verwandeln können. Was weiß ich, was du bist – deshalb frage ich dich doch ! Und natürlich habe ich Angst, du hast verdammt nochmal einen Katzenkopf und Krallen ! Woher soll ich wissen, daß du mich nicht als Nachspeise verdrückst ?"

Asuma verengte die Augen bei der Antwort und fing letztlich an, zu lachen. Da tat der Kerl so cool, aber er hatte die Hosen gestrichen voll. "Mensch, Hm ? Das kenne ich nur aus Legenden, Menschen fallen durch Lichter und sterben schnell, weil sie keine Krallen und Fänge haben." Unter Schamanen wurde davon berichtet, aber diese Menschen kamen so selten, dass es nie wirklich bewiesen war.

"Was ?! Du kennst dieses verdammte Licht ? Sag mir sofort, was du darüber weißt, ich will hier weg !" Dieses seltsame Monster wußte scheinbar, wie man hierherkam und auch wieder wegkam – und so rappelte Marcel sich auf und kam zu diesem seltsamen Kerl, pfiff sämtliche Vorsicht in den Wind und packte den Sitzenden an den Schultern.

Na, das wurde ja immer schöner. Erst machte sich der Mensch vor Angst in die Hosen und jetzt das. "Finger weg, sonst beiß ich sie ab !" Asuma verpasste Marcel einen Schubs mit der Pranke und stieß ihn so einige Meter von sich. "Die Schamanen erzählen über solche Lichter, und daß Menschen oder so durchfallen. Aber mehr weiß ich selber nicht." Als wäre nichts passiert, schleckte der Tiger wieder seine Wunden und versorgte so die tiefen Kratzer in seinem Fell.

Marcel konnte sich nur dank seines jahrelangen Kampfsporttrainings auffangen und keuchte trotzdem, denn der Katzenmensch hatte sehr viel Kraft. "Verdammt." Die Stimme des Blonden war sehr leise und man konnte nicht nur sehen, sondern auch hören, wie resigniert er war. All das wurde langsam zuviel und schließlich fluchte er noch einmal leise, zog die Beine an und verschränkte die Arme, legte den Kopf darauf und verhinderte nur mit Mühe, daß ihm Tränen in die Augen stiegen. Denn langsam wurde ihm klar, daß er scheinbar nicht mehr auf seiner Welt war und daß deshalb weder das Handy noch die GPS-Funktion funktionierten.

Der Mensch resignierte und das sah Asuma ihm deutlich an. Es war ein Anblick, der dem Tiger irgendwie ans Herz ging und so wandelte er sich wieder zum Menschen, nahm etwas Fleisch und kam zu Marcel. "Hier iss erstmal, danach geht's dir besser. Und nochwas. Es sind auch Wesen von unserer Welt durch Lichter verschwunden, aber das passiert ganz, ganz, gaaaaaaaaanz selten." Wahrscheinlich, weil die Bevölkerungsdichte nicht so stark war wie bei den Menschen, aber das wusste Asuma ja nicht.

"Was ?" Wenn das stimmte, dann wären die alten Legenden über die Werwesen vielleicht doch keine Märchen, sondern hätten einen wahren Grund ... und es bestünde vielleicht eine Möglichkeit, wieder zurückzukommen. Doch dann bemerkte der Blonde das rohe, bluttriefende Fleisch in der Hand des Tigers und er schluckte schwer, da er nur zu gut erkannte, daß dies ein Friedensangebot war. "Ich ... danke, aber ich kann das nicht roh essen. Ich habe keine Reißzähne wie du, das krieg ich nicht klein."

Asuma kuckte das Fleisch an, überlegte einen Moment und zog das Feuersteinmesser aus der kleinen Scheide. Er trug es an einem Band um den Hals und fing an, das Fleisch kleinzuschneiden. "So geht es besser."

Erneut ein Friedensangebot – und Marcel war klug genug, es nicht auszuschlagen, denn er merkte langsam, daß seine einzige Überlebensmöglichkeit darin bestand, sich mit diesem Tigermenschen anzufreunden. "Äh ... ja ... ich bin es nur nicht gewöhnt, Fleisch roh zu essen. Es gibt keine Möglichkeit, es vorher zu braten, oder ? Und ist das Feuerstein ? Kennt ihr kein Metall ?" Langsam kam seine Neugier heraus, denn Marcel war nicht nur sehr klug, sondern auch durch seinen Beruf dazu gezwungen gewesen, sich in weiten Bereichen zu bilden.

"Metall ? Nein ... und ja, Feuerstein, und ich weiß auch, wie man Feuer macht. Aber das Fleisch braten ? Fleisch ins Feuer tun oder wie ?" Asuma verstand nicht ganz und kuckte entsprechend dumm aus der Wäsche.

Für einen Moment guckte auch Marcel dumm aus der Wäsche, doch dann seufzte er leise und nickte. "Ja, das Fleisch auf einen Ast oder so etwas stecken und über dem Feuer garen lassen. Das Fleisch ist weicher und schmeckt besser – zumindest Menschen schmeckt es besser. Und Metall ist ... Moment." Mit diesen Worten stand Marcel auf und holte seinen Koffer, kam wieder zurück und stellte ihn vor dem Tigermenschen ab, als er sich setzte. "Der Koffer hier ist aus Metall – so wie auch die Schnallen meines Mantels und meiner Stiefel. Sag nur, du kennst das nicht ?"

"Metall ? Nein, so etwas habe ich noch nie gesehen." murmelte Asuma und nahm den Koffer in seine Hände, um ihn anzusehen. Er kratzte kurz mit einer Kralle über das Material und fuhr erschrocken zusammen, als es quietschte. Unbewusst ließ er den Koffer auch gleich fallen und sprang zurück.

Bei dem Quietschen zuckte auch der Blonde zusammen und seufzte, nahm seinen Koffer und stellte ihn neben sich auf die Seite, um ein wenig verstimmt auf den Tigermenschen zu blicken. "Du hast doch nicht alle Tassen im Schrank, da mit der Kralle drüberzukratzen ! Das quietscht doch und ich habe jetzt einen Kratzer im Koffer, verdammt ..."

"Tassen im was ?" Asuma verstand nichts mehr und schmollte. "Woher soll ich denn wissen, daß dieses Metall so schnell kaputtgeht ? Komisches Zeug." Was der Mensch daran fand, verstand Asuma nicht so ganz. "Ich mach ein Feuer, dann kannst du auch essen." legte er fest, denn er war doch irgendwie unsicher, was er mit dem Menschen anfangen sollte, und so verbarg er die Unsicherheit. Er könnte auch einfach weggehen, aber Asuma wollte irgendwie nicht.

Doch der junge Konzernchef bemerkte das wohl – denn eine der Fähigkeiten, die ihm schon früh geholfen und auch seine Macht gesichert hatten war es, in der Körpersprache der Menschen lesen zu können. Auch wenn er nicht so ganz schlau aus dem wurde, was dieser Tigermensch sagte, so bemerkte er auch, daß dieser scheinbar so neugierig war wie die Katzen aus Marcels Heimat. "Ein Feuer ist gut ... dann wird mir vielleicht auch ein wenig wärmer. Wieso ist es hier so kalt ? Das ist einfach nur abartig."

"Der Jahreszyklus geht dem Ende zu, die Blätter werden bald Gelb werden, deswegen ist es so kühl." erklärte Asuma, während er etwas Holz auf einen Haufen schichtete, dann etwas Reisig, das er aus einer trockenen Ecke geholt hatte, und klopfte mit dem Knauf des Steinmessers an einen Feuerstein, um das Feuer zu entzünden. "Ich merke die Kühle noch nicht, aber wenn der Winter kommt, dann wird mein Fell sehr dick werden."

Als das Feuer zu brennen begann, kam Marcel ein wenig näher und wärmte als Erstes seine Hände, ehe er einen der Äste nahm und das Fleischstück aufspießte, um es über die Flammen zu halten. "Na perfekt – das kann doch nicht wahr sein. Nicht nur, daß ich in einer Welt lande, die keine Technik kennt ... sondern auch noch voller Tiermenschen ist und es wird bald Winter. Argh. Ich bin Geschäftsmann und kein Tarzan, verdammt ..."

"Was ist ein Tarzan ?" hakte Asuma sogleich nach und riss einen Moment später ein Stück Fleisch aus der Pferdekeule, die er ans Feuer geholt hatte. "Mit einem warmen Fell, das du dir umhängst, wird es dir wärmer werden." murmelte der Tiger auch noch und knabberte weiter, bis das Fleisch abgekaut war und wandelte sich wieder, um den Knochen mit seinem Maul zu zerknacken, damit er an das leckere Knochenmark kam.

Marcel wollte gerade antworten, als der Größere sich wandelte und den Knochen mit einem hörbaren Knacken zerbiß. Doch das war nicht einmal so schlimm, das, was folgte, warf ihn völlig über den Haufen. "Ihhhhh – das ... wie kannst du nur ? Das ist doch ekelhaft !" Noch während er sprach, wich der Blonde entsetzt zurück und nahm auch den Ast mit seinem Fleisch vom Feuer, würgte leicht und mußte sich sichtbar beherrschen, um sich nicht übergeben zu müssen. "Tarzan ist ein Mensch aus einer Legende - er wuchs im Dschungel auf und lebte bei Affen, die ihn aufzogen. Ich habe es gesagt, weil ich mich in der gleichen Lage fühle ... und ja, ein Fellmantel wäre perfekt, aber ich glaube nicht, daß ich hier in ein Geschäft gehen und einen kaufen kann. Ihr kennt kein Geld, oder ? All das hier ist wie in der Steinzeit. Und wird dir nicht schlecht von dem Zeug ?"

Asuma war noch mitten beim Schlecken, als Marcel fragte, und knurrte leise. "Warum sollte mir schlecht werden ? Das ist gutes Fressen und ich werde sicher nichts davon verschwenden. Wenn du so denkst, überlebst du auf dieser Welt nicht lange und wirst Futter für die Geier." Nach dem Sprechen saugte Asuma an dem Knochen und holte so noch die letzten Reste heraus, bevor er ihn beiseitewarf und laut aufstieß. "Und ein Fell muss man sich jagen."

"Jagen ?" So gefaßt, ruhig und kühl Marcel in einer Verhandlung auch sein konnte, dies war etwas, das ihn völlig an seine Grenzen brachte ... und das sah man ihm auch an. "Okay, dann bin ich Krähenfutter. Ich kann weder jagen noch sonst etwas, das mir hier helfen würde – denn in meiner Welt ist das alles anders. Scheiße."

"Wie denn anders ? Erzähl doch mal." Da kam die Neugier der Katze wieder durch, aber jetzt bemerkte Asuma erst, wie verzweifelt der Mensch war. Er hatte sich aufgegeben, und das sah man mehr als nur deutlich. Irgendwie hatte Asuma Mitleid mit dem Menschen, er war zwar ein Tigerkrieger und Jäger, aber er hatte ein weiches Herz. "Ich kann dir ein Bisschen helfen."

Nun doch überrascht, blickte der junge Blonde auf und runzelte einen Moment mißtrauisch die Stirn – doch dann seufzte er leise und sah den Anderen an, als er antwortete. "Das würdest du ? Und was möchtest du dafür ? Du weißt, daß ich auf dich angewiesen bin und daß du verlangen kannst, was du willst ... und ich muß zusehen, daß ich es dir bezahle." Es war Marcel völlig klar, daß er ohne diesen seltsamen Tigermenschen verloren war – und daß dieser die Situation schamlos ausnutzen konnte, etwas, das der durch harte Geschäftsgegner abgehärtete Konzernchef auch erwartete.

"Öhm ?" stammelte Asuma und kuckte etwas verblüfft. Daß Marcel ihm so etwas zutraute, war etwas seltsam, der Mensch hatte sicher viele schlechte Erfahrungen gemacht. "Ich denke drüber nach." Das musste er sich überlegen, so spontan konnte Asuma nichts sagen. "Erstmal einigen wir uns so, Okay ?"

"Gut. Achja, ich heiße Marcel – und bis ich nicht eine Möglichkeit habe, dich zu bezahlen, müssen wir uns eben so einigen, daß ich in deiner Schuld stehe. Dieser Bär, der wollte nicht nur den Kadaver oder ? Der wollte auch mich, nicht wahr ?" Wenn er so darüber nachdachte, dann wurde es klarer, daß es so gewesen sein mußte. Und noch eines wurde ihm plötzlich unmißverständlich klar: Die Pistole, die er als einzige Waffe in seinem Koffer hatte, würde ihm hier nicht viel nutzen – denn er bezweifelte, daß diese Gestaltwandler mit einer Kugel zu töten waren, denn er würde bestimmt nicht die Zeit haben, den Kopf zu treffen. Und das hieß, daß er hier einen Leibwächter brauchte ... und wenn der Tigermensch sich dafür anbot, dann wäre er schön blöd, wenn er es ausschlagen würde.

"Ich bin Asuma. Und ja, er wollte dich auch, Bären sind gierig und haben großen Hunger. Obwohl ich denke, er wollte dich erst nehmen und dann fressen." Asuma grinste sacht. Der Blonde war kräftig, aber hübsch und irgendwie ja auch verlockend. "Du solltest jetzt wieder dein Fleisch rösten und essen. Ich will nicht so lange hier auf der Lichtung verweilen. Eine Höhle ist besser."

"Er wollte ... was ?" Einen Moment lang dachte Marcel, er hätte sich verhört – und dann schauderte er sichtbar, denn selbst in seiner Angst und aus der Entfernung hatte er gesehen, daß dieser Bärenmensch einen sichtbar dicken und behaarten Penis hatte. Und er stank ... dieser Bärenmensch hatte so sehr gestunken, daß sogar Marcel es gerochen hatte und er hatte beileibe keinen guten Geruchssinn. "Dann danke ich dir auch deshalb, Asuma – denn dieser stinkende Kerl hätte mich garantiert zerrissen, so ein Teil ist wirklich abartig."

"Teil ? Ach so, jap, die Bären sind nicht gerade hübsch. Meiner ist hübscher." Asuma grinste und setzte sich so hin, daß er seine Beine leicht spreizte und Marcel so einen Blick auf sein Prachtstück werfen konnte. "Zwar nicht so groß wie der vom Bär, aber die Weibchen waren immer sehr zufrieden ... und auch andere Männchen."

Marcel blickte sichtbar entsetzt auf den Schritt des Tigermenschen, der nicht mehr als einen Lendenschurz trug und den gerade zur Seite zog. Er war nicht nur prächtig, sondern überaus prächtig bestückt und der Blonde schluckte schwer, wurde zuerst blaß und dann hochrot, als er wieder wegblickte. "Du bist ... sehr freizügig und offen. Seit ihr hier alle so ?"

"Ja, sind wir ... warum auch nicht ?" Asuma blickte fragend zu dem Menschen und schnupperte, als er die ganz leichte Erregung riechen konnte, die durch den Körper von Marcel rieselte. Lächelnd krabbelte er auf ihn zu und zupfte an der feuchten Kleidung des Blonden. "Wir verstecken uns nicht."

"Wie bitte ?" Irgendwie wurde Marcel ein wenig flau im Magen, als dieser Tigermensch ihm so nahe kam und als er ihn anfaßte, zuckte der Blonde etwas zurück und schluckte schwer. "Das ... das sehe ich ? Aber ... was ... wieso bist du so nahe ?"

Asuma knurrte weich und wandelte sich in seine Menschform zurück. "Weil ich Lust habe und du riechst gut." Er schnupperte offensichtlicher und lächelte. "Gefalle ich dir ?"

"Wie ?!" Die Direktheit des Anderen war etwas, das Marcel definitiv nicht gewohnt war – in seiner Welt wagte es Niemand, auch nur annähernd so offensichtlich zu sein und dazu noch ein eindeutiges Angebot zu machen. Und das Schlimmste war, daß der Blonde nicht bestreiten konnte, daß ihm dieser seltsame Gestaltwandler irgendwie gefiel, denn er war nicht nur sehr maskulin, sondern auch irgendwie sehr ansehnlich und kräftig. Doch das war etwas, das Marcel irgendwie verwirrte – denn bisher hatte er eigentlich kein Interesse an Männern gezeigt.

"Sag schon ... gefalle ich dir ?" Asuma rückte noch näher und war schließlich mit seinem Gesicht direkt vor Marcels. "Du riechst, als wenn ich dir gefalle." Er wollte es aus dem Mund des Blonden hören und wartete ungeduldig auf die Antwort.

Dieser zierte sich sichtbar – es wäre ein Eingeständnis von Schwäche, doch als der Tigermensch noch ein wenig näherkam und schnupperte, wußte er, daß er verloren hatte. Also schloß Marcel die Augen und nickte, zog dabei die Brauen tiefer und zeigte damit sichtbar, daß es für ihn sehr schwer war, dies zuzugeben.

"Hab's doch gewusst. Warum schämst du dich dafür ? Ihr Menschen seit seltsam." Asuma blieb so dicht bei dem Menschen und schnupperte wieder, aber weil er merkte, wie unangenehm es Marcel war, zog er sich wieder zurück. "Nimm dein Zeug, wir suchen einen Platz für die Nacht, wo es bequemer ist."

Der junge Blonde antwortete erst, als der Größere sich wieder ein wenig von ihm entfernte. "In meiner Welt sind wir nicht so offen – und ich bin sehr wichtiger Mann, deshalb muß ich immer aufpassen, mit wem ich Sex habe, damit man es nicht gegen mich verwenden kann. Und darum habe ich bisher nicht viel Sex gehabt und noch nie mit einem Mann. Zufrieden ? Jetzt kennst du eines meiner größten Geheimnisse." Dann kam ihm aber das, was Asuma zuletzt gesagt hatte und er blinzelte kurz. "Bequemer ? Ein Haus oder Bett ?"

Gerade wollte Asuma auf die Worte des Menschen eingehen, als ihn dessen Fragen wieder aus der Bahn warfen. "Haus ? Bett ? Was ist das ?" Marcel sagte so viele seltsame Wörter, die der Tiger nicht kannte.

"Äh ... na ein Haus ? Darin wohnt man ? Und in einem Bett schläft man, mit Kissen und Decke. Sag mir bitte nicht, daß du auf dem Boden oder auf einem Baum schläfst – oder ?" Das wäre das Letzte, das noch fehlte, um Marcel wirklich an den Rand eines Zusammenbruchs zu bringen – denn er hatte Wälder noch nie gemocht und alleine schon der Gedanke, in einem Wald mit all seinen Gefahren übernachten zu müssen, sickerte erst jetzt in sein Bewußtsein, da er ihn bisher erfolgreich verdrängt hatte.

"Ach so, so etwas wie eine Hütte ? Nein, so was habe ich nicht, aber ich hab eine Höhle, da drin sind Felle, wo man drauf schlafen kann und man kann darin auch ein Feuer machen. Komm einfach mit." Asuma machte das Feuer aus ging vor, packte sich noch die eine Keule von dem Pferd und ging ihnen voran. Allerdings langsam, weil er ahnte, daß Marcel schlecht folgen konnte.

Und das war noch untertrieben – auch wenn Marcel stabile Stiefel anhatte, hatte er keine Erfahrung darin, auf Waldboden und nassen, verrrottenden Baumstämmen zu laufen. Und so stolperte er mehr schlecht als recht hinterher, doch er hatte keine andere Wahl, wenn er einigermaßen geschützt und warm schlafen wollte.

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