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“Anuk und Shakely” 06
 

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Die Puma hatten sich nach einer Weile allesamt versammelt. Anuk war auch bereit, es fehlte nur noch Shakhely. Der Schamane lächelte einen Moment, dann sah er genau dorthin, wo sich ihr Gast verborgen hielt, und kam etwas auf ihn zu. "Du musst dich nicht verbergen, um uns zu beobachten."

Nur ein kurzes Schimmern der Luft zeigte, daß der Mischling sich bewegte - dann schaltete er seine Tarnung aus und sprang von dem Ast, landete lautlos vor dem Schamanen und knurrte leise, verengte die Augen und nickte schließlich. Er sprach nur ein kurzes, raues "Jagd.", knurrte noch einmal und musterte unverholen die anderen Pumakrieger und Jäger, die sich versammelt hatten. Viele trugen noch Wunden, die nicht ganz verheilt waren und es war mehr als nur deutlich, daß die Bären die stärksten ihrer Krieger getötet hatten, da sie nun bei der Jagd fehlten. Doch Shakhely war mehr als nur sicher, daß sie die Mammuts erlegen würden - denn er wollte einen der Stoßzähne und alleine schon deshalb würde er solch ein Tier töten, das Fleisch und Fell war nur noch eine willkommene Dreingabe zu der Trophäe.

"Gut." wisperte der Schamane und nickte. ##Anuk, du wirst bei ihm bleiben.## legte er fest. Anuk würde damit sicher keine Probleme haben. Der Anführer der Sippe knurrte etwas leiser. Eigentlich passte es ihm nicht, daß der Fremde bei ihnen war, aber er hatte geholfen und der Schamane schien überzeugt, daß er ihnen nichts mehr tun würde. So fauchte er nur laut und rief somit zum Aufbruch. Die Jagdgruppe setzte sich sofort in Bewegung und fiel in einen schnellen, aber kraftsparenden Lauf. Sie wandelten sich auch in ihre Halbformen. Anuk tat es auch und lief neben Shakhely her.

Daß ihm die anderen Krieger nicht vertrauten, sah der junge Mischling, doch er ließ sich nicht davon beeindrucken - er wußte, daß er sie sofort töten konnte, wenn sie versuchten, ihn anzugreifen. Doch er wußte auch, daß sie es nicht tun würden, denn sie waren auf ihn angewiesen, um diese Beutetiere zu jagen. Und nicht nur das - sie brauchten auch einen weiteren, starken Krieger, denn im Winter würden andere Stämme die Gelegenheit nutzen wollen, sich die guten Höhlen der geschwächten Pumas unter den Nagel zu reißen.

So wäre es wohl, doch es hatte sich schon herumgesprochen, daß ein Wesen bei den Puma war, das die Bären getötet hatte. Die listigen Füchse hatten es ziemlich schnell verbreitet. Doch den Pumas sollte es recht sein. Bis zum großen Pass würde es ein langer Weg werden. Zurück würde es etwas länger dauern, sie hatten dann Beute bei sich. Jedenfalls wenn sie Glück hatten. Erst, als es dämmerte, stoppte die Gruppe zum Rasten. Die Meisten waren noch angeschlagen und mussten daher etwas früher ausruhen.

Shakhely war noch nicht einmal müde - doch er verstand, daß die Pumas ruhen mußten und blieb bei Anuk, als dieser sein Lager aufschlug. Er selbst stieß nur seinen Speer in die Erde und knurrte dunkel, als einer der anderen Jäger ihm zu nahe kam - ging neben Anuk in die Knie und sendete ihm die Frage, ob er hierbleiben oder sich einen anderen Platz suchen sollte, da sie sicherlich Wachen aufstellen würden und er selbst noch nicht müde war.

Anuk sendete ihm, daß er tun könne, was er wolle, und lächelte etwas. Dann bot er Shakhely etwas Fleisch an, das sie mitgenommen hatten, und lächelte erneut, bevor er sich selber ein Stück nahm und hungrig auffraß.

Mit einem kurzen Nicken nahm der junge Mischling das Fleisch und aß es zügig und hungrig auf, ehe er sich die scharfen Krallen ableckte und sich ein wenig umsah. Die Blicke des Häuptlings und einiger anderer Krieger wie Kakamu waren deutlich feindselig, auch wenn sie genau wußten, daß sie ihn zumindest diesen Winter noch brauchten. Leise aufknurrend, verengte Shakhely seine Augen und blickte wieder zu Anuk, packte ihn mit der Linken im Genick und neigte den Kopf, so daß er ihn kurz in den Hals beißen konnte. Dabei sendete er ihm ein leises, doch deutliches ##Ich halte Wache.##, dem er noch besitzergreifend nachsetzte, daß er nach der Wache wieder zu ihm kommen würde. Dann stand er auf und mit einem kurzen Knopfdruck wurde er wieder unsichtbar, nahm seinen Speer und lief in das dunkle Unterholz, in dem er mit seiner Wärmesicht perfekt sehen konnte, um auf einem starken Ast Wache zu halten. Auch er hatte noch einige Wunden - doch sie heilten schon sichtbar und würden in wenigen Tagen vernarbt sein, anders, als es bei den meisten der Pumamenschen der Fall war.

Bei Anuk heilten die Wunden schneller, als bei den anderen Pumamenschen. Sein Vater war ein Schamane gewesen und er hätte dessen Nachfolge angetreten, wäre da nicht der Erdrutsch gewesen, der seinen ganzen Clan verschüttet und ausgerottet hatte. Er überlebte, es war reines Glück gewesen. Um ihn herum hatte sich wegen größerer Steine eine Kammer gebildet. Daß er kein Schamane wurde, lag daran, daß der alte Schamane dieses Clans bereits einen Nachfolger hatte. Auch eine andere schamanische Fähigkeit hatte er: Anuk konnte sich in eine reine Tierform bringen. Jetzt aber seufzte er leise. Shakhely hatte eben allen klargemacht, daß er ihm gehörte. Dabei wollte er sein eigener Herr sein.

Das war jedoch ein Konzept, das für den jungen Mischling nur in einer ganz speziellen Weise galt: Wie er es im Volk seines Vaters gelernt hatte, gehörten die Gefährten den Kriegern ... doch innerhalb dieses Bandes waren sie frei und konnten viel entscheiden, solange sie ihrem Krieger nicht öffentlich widersprachen. Gerade seine Mutter war dafür das beste Beispiel: In Gegenwart anderer Krieger zeigte sie ihrem Mann den Respekt, der ihm als Krieger gebührte - doch sie durfte sich selbst verteidigen, wenn sie angegriffen wurde, und in ihrem Heim war es oft so, daß sie die Initiative ergriff und seinen Vater gerade im Sex mehr als nur gern dominierte. Im Gegenzug für die unerschütterliche Liebe und Loyalität gewährte sein Vater ihr sehr viele Freiheiten - und zeigte den anderen Kriegern, daß er außer ihr keine Andere wollte, indem sie seine einzige Gefährtin blieb, auch wenn er als hochrangiger Krieger das Recht auf Mehrere gehabt hätte. Auch Anuk würde dies akzeptieren müssen - und gerade, weil der junge Pumamensch sich nicht sofort völlig fügte, stieg er noch ein wenig in der Achtung Shakhelys. Der junge Mischling lächelte hart, als er daran dachte, daß er ihm in einiger Zeit sagen würde, daß er ihn mit sich nehmen wollte, wenn sein Volk ihn im nächsten Herbst wieder holte. Doch dann verwarf er diese Gedanken wieder und konzentrierte sich auf seine Wache, lauschte den leisen Gesprächen der Pumamenschen und lernte dabei ein wenig mehr über deren Sprache.

Die Rast dauerte gut eine Stunde, dann nahmen die Pumamenschen ihre Sachen wieder auf und machten sich bereit, um weiterzugehen. Anuk sah sich kurz um, dann sah er zu dem Ast und grinste etwas. Die schamanischen Kräfte, die in ihm schlummerten, waren recht hilfreich. Er hatte sich bisher nur selten die Mühe gemacht, sie zu nutzen, weil er sich da mehr konzentrieren musste. ##Kommst du ?##

Mit einem weichen Knurren sprang Shakhely lautlos von dem Ast und kam ungesehen zu dem jungen Pumajäger, enttarnte sich erst, als er neben ihm war und knurrte ein wenig dunkler, als einige der anderen Pumajäger erschrocken auffauchten. Es war immer wieder erstaunlich, wie gut sie zu erschrecken waren - und wie wenig sie darauf achteten, daß ein Feind nicht immer deutlich sicht- oder riechbar war. Doch dann achtete Shakhely nicht mehr auf sie und ging weiterhin neben Anuk, wartete eine Weile und sendete schließlich zu ihm. ##Wie lange noch gehen ? Ihr müde.## Es war eine einfache Frage, in der lediglich sachte Neugier schwang - er wußte, daß die Krieger nicht mehr lange laufen konnten, denn den Meisten sah man ihre Erschöpfung deutlich an, da die Wunden viel ihrer Kraft verbrauchten, die sie seit dem Angriff nur schwerlich wieder aufholen konnten.

##Ein wenig noch.## erwiderte Anuk leise und sah Shakhely wieder an. ##Du hältst unser Volk für schwach, nicht wahr ? Wir sind aber nicht solche Krieger, wie du es bist. Wir kämpfen, um unser Revier zu verteidigen, und jagen ansonsten nur. Wir ziehen nicht los, um große Kämpfe zu gewinnen, wir und fast alle auf dieser Welt leben mit dem Einklang der Natur. Nicht viele sind so wie die Bären, die unnötig die Beute schlagen.## Er hatte bemerkt wie geringschätzig Shakhely hin und wieder die Anderen musterte und wollte ihm dies sagen und ein wenig erklären. Es gab nun mal Unterschiede, die nicht zu verachten waren zwischen seiner Rasse und der von Shakhely.

Das wußte der junge Mischling, doch er konnte seine instinktive Reaktion auf die Verachtung der Pumakrieger nicht zurückhalten. Und genau dies sendete er Anuk - ebenso wie seine Akzeptanz, daß die Pumamenschen friedlicher waren und ihre Kultur nicht auf den Krieg aufbauten wie das Volk Shakhelys. Und gerade, wenn es Anuk betraf, wurden die Gedanken Shakhelys ein wenig sanfter - er sendete dem jungen Pumajäger, daß er ihn achtete, da er sich trotz seiner Unerfahrenheit und Jugend nicht unterkriegen ließ und auch gegen ihn gekämpft hatte. Und ein wenig ließ er wieder die besitzergreifenden Gefühle durchklingen, auch wenn sie weicher und fast schon zärtlich waren.

Das Weiche und Zärtliche half aber nicht darüber hinweg, daß Anuk nur sich selber gehören wollte. Naka hätte er beinahe gehört, doch er starb. ##Ich gehöre nur mir selbst.. ich teilte die Felle mit dir, weil ich es wollte. Ich kann auch zu Anderen gehen, damit musst du dich abfinden. Ich merke, wie eifersüchtig du bist, wenn Andere mich ansehen.## Dies war etwas, das er aussprechen und besprechen musste. ##Ich will nicht, daß du Jemanden verletzt, und das nur aus Eifersucht.##

Den eigenen Willen in einer Beziehung gelten zu lassen, war eine Sache - doch das, was Anuk ihm sendete, war eine völlig andere. Noch ehe der letzte Gedanke verklang, erwachten Zorn und Wildheit in Shakhely und sein Knurren wurde nicht nur dunkler und härter, sondern sein gesamter Körper zeigte die Wut, die er nur schwerlich zurückhielt. Noch verstand der junge Mischling nicht sehr viele Worte dieser seltsamen Sprache, doch er verstand genug, um die Worte Anuks, dessen Gefühle und auch die Bilder, die in dem Senden kamen, zu verstehen. Und seine Antwort geriet so heftig, wie seine Gefühle brodelten: Er warf Anuk vor, daß es scheinbar in Ordnung wäre, wenn ein anderer Pumakrieger ihn ebensosehr besitzen wollte und dafür Shakhely töten würde - gerade Kakamu zeigte unverhohlen, wie eifersüchtig er war und daß er Anuk für sich behalten wollte. Der junge Mischling hatte sich bisher zurückgehalten und keinen Pumakrieger mehr verletzt, trotz ihrer eindeutigen Herausforderungen - doch das würde er nun nicht mehr tun und genau das sendete er Anuk auch, ehe er sich wieder tarnte und einen anderen Weg einschlug. Er mußte weg von den Pumamenschen, ehe er seiner Wut nachgeben konnte und tötete - er blieb noch immer in der Nähe des Jagdtrupps, jedoch so weit entfernt, daß diese ihn nicht mehr riechen oder fühlen konnten, währenddessen er sie perfekt mit seiner Wärmesicht sah.

Anuk hatte nichts erwidern können, geschweige denn, ihm nachlaufen. Sein Kopf dröhnte so, daß ihm schwindlig geworden war. Kakamu nutzte die Chance. Er hätte nie gedacht, daß er wirklich einmal die Chance bekam, an Anuk heranzukommen. Aber jetzt, wo Naka tot war, stiegen seine Chancen drastisch an. Vorher hatte das Herz Anuks dem kleinen Fischer gehört, er wusste, daß sie beinahe ein Paar geworden wären. Jetzt kam er langsam zu dem Jungen und kniete sich zu ihm. ##Hat er dir wehgetan ?## Anuk überraschte es, daß der Krieger sich so sorgte, obwohl er schon vor Shakhelys Auftauchen gemerkt hatte, daß Kakamu etwas von ihm wollte. Allerdings hatte sich der Krieger immer zurückgehalten wegen Naka. ##Mir geht es gut.## erwiderte er leise auf die Frage und seufzte innerlich. Vielleicht hätte er nichts sagen sollen, er machte sich Sorgen, daß Shakhely nun nicht mehr bei der Jagd helfen würde. Der Anführer nutzte den Zwischenfall und rief zur Rast. Er rief aber auch Kakamu wieder zu sich. Der Krieger sollte Wache halten.

Doch nicht nur er wachte über den kleinen Jagdtrupp - Shakhely kniete auf einem der Baumäste und beobachtete sie aus sicherer Entfernung, und gerade diesen Krieger beobachtete er nun mit besonderer Aufmerksamkeit, denn ihm war nicht entgangen, daß dieser mit Anuk geredet hatte. Doch noch reagierte Shakhely nicht darauf - er brauchte die Pumas, damit sie bei der Jagd halfen, denn mit einer ganzen Herde konnte auch er es nicht aufnehmen. Leise, fast nicht hörbar knurrend, entspannte der Mischling seinen Körper und ruhte - denn er würde seine Kraft noch brauchen, daran bestand kein Zweifel.

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Wenige Stunden später erwachten alle. Kakamu beobachtete Anuk ein wenig und lächelte, als der sich räkelte. Schon oft hatte er ihn dabei beobachtet, es gefiel ihm, wie sich dessen flachen Muskeln dehnten. Anuk sah gleich danach in die Richtung, in der er Shakhely vermutete. ##Kommst du noch mit ?## fragte er hoffnungsvoll. Man merkte die leise Furcht, daß es nicht so sein könnte.

Es dauerte einen Moment, bis der junge Mischling sich fing, da er den Blick Kakamus sehr wohl gesehen hatte und Anuk nicht wieder mit seiner Wut verletzen wollte. Doch dann sendete er ihm, daß sein Volk ein gegebenes Wort immer hielt - und auch, daß er es nur tat, um das Fleisch, Fell und den Stoßzahn zu bekommen. Dann endete das Senden abrupt - die Wut, die bisher schwach geflammt hatte, brannte höher, da Kakamu zu dem jungen Pumajäger kam, und Shakhely knurrte dunkel und definitiv gefährlich, als er sie beobachtete.

Anuk merkte rasch, daß er wieder einen Fehler gemacht hatte, indem er fragte. Seufzend drehte er sich herum und prallte fast gegen Kakamu. "Huch." Er hatte ihm nicht bemerkt und sah zu ihm auf. Er sah ihn lächeln, etwas, das selten war. "Du solltest deine Gedanken etwas sammeln, nicht, daß dich noch ein Mammut übern Haufen rennt, wenn du herumträumst." Dann wurde der Krieger erneut vom Anführer gerufen und er fauchte nur leise. Anuk kam sich etwas blöd vor. Irgendwie lief alles nicht mehr wie gewohnt, seit Shakhely gekommen war, lief alles nicht mehr wie gewohnt. Und seit Naka nicht mehr da war. Sein Herz krampfte sich noch immer etwas zusammen, wenn er an ihn dachte, er vermisste ihn. Aber er musste sich fangen. Der Jagdtrupp setzte sich wieder in Bewegung und er folgte zügig. Der Pass würde bald in Sicht kommen. Dort war die Route in den Süden, die die Mammuts jeden Frühherbst einschlugen.

Der junge Mischling war indes schon seit einiger Zeit am Paß angelangt und wartete ein wenig oberhalb auf einem leichten Vorsprung auf die Pumakrieger ... immer wieder fiel Shakhelys Blick auf Kakamu, der auffällig nahe bei Anuk lief und ihn immer wieder leicht berührte, sobald sich die Gelegenheit bot. Shakhely fühlte das leichte Stechen von Eifersucht und knurrte leise ... doch noch konnte er nichts tun, da die Jagd momentan wichtiger war. Erst, als die Pumamenschen direkt unter ihm waren, enttarnte er sich und sprang herab - kam keine Handbreit vor Kakamu geschmeidig auf dem Felsweg auf und knurrte herablassend zu dem kleineren Krieger, der es wagte, mit ihm zu konkurieren. Doch noch ehe dieser auf die Herausforderung eingehen konnte, sendete Shakhely zu Anuk, daß die Mammutherde nicht mehr weit entfernt war - er hatte sie schon sehen können, als er sich eine passende, höhergelegene Stelle zum Warten ausgesucht hatte.

Anuk kam sich zwischendurch vor, als wäre er ein Weibchen in der Hitze, so sehr wurde er von Shakhely und Kakamu umworben. Die Puma hatten die Mammut schon mit ihren feinen Nasen riechen können und nun erklang von weitem das Trompeten eines alten Bullen. ##Wir suchen ein schwaches und verletztes Tier für uns heraus und trennen es von der Herde.## erklärte Anuk ihr Vorgehen und so wurde es dann auch gemacht. Der Anführer teilte die Gruppe gut auf.

Erst bei dem Senden des schlankeren Pumajägers nahm Shakhely den Blick von seinem Konkurrenten, ehe er kurz nickte und Anuk antwortete. ##Ich jage anderes Tier.## Mit seinen Gedanken sendete er ein Bild des großen, alten Bullen, der die Herde begleitete - er würde trotz seines Alters ein gefährlicher Gegner sein und gerade deshalb hatte ihn sich der junge Mischling ausgesucht. Daß der Bulle dazu noch die größten Stoßzähne und das längste Fell hatte, war eine willkommene Dreingabe, die Shakhely gewiß nicht ausschlagen würde. In seinem Senden klang auch mit, daß er sich nicht umstimmen ließ - und ebenso, daß er keinerlei Hilfe oder Störung dulden würde.

##Eine gute Beute.## Mehr sagte Anuk nicht. Er merkte rasch, daß er Shakhely nicht umstimmen konnte, geschweige denn davon abhalten, dieses gefährliche Wagnis zu begehen. So wurde die Herde wenigstens etwas abgelenkt und sie konnten die verletzte Kuh absondern. Erspäht war sie schon, sie mussten sie nur von der Herde wegbekommen. Die Gruppe verstreute sich und die Jagd konnte beginnen. Sie hatten die Kuh immer im Blick und würden sie nicht aufgeben. Sie trat nicht richtig auf, wahrscheinlich hatte sie sich etwas in die Sohle getreten.

Doch die Herde interessierte Shakhely nur am Rande, da er seine Aufmerksamkeit auf den großen Bullen richtete, den er jagen wollte. Er merkte schnell, daß die Tiere mehr als nur gut rochen und hörten - und so näherte er sich ihm von vorne und ließ dabei den Metallspeer zu seiner vollen Länge ausfahren, knurrte laut und zog so die Aufmerksamkeit des Bullen auf sich. Jener fühlte und roch, daß Shakhely eine Gefahr für ihn war und trompetete ebenso wütend auf, schwang drohend seine langen und scharfen Stoßzähne und versuchte, den jungen Krieger mit ihnen zu treffen. Für einen Moment zeigte sich auf den Zügen des jungen Mischlings ein hartes Lächeln, als er das Adrenalin in seinen Adern fühlte - doch dann verging es wieder, als er einem Stoß auswich und nach einem Punkt suchte, an dem er seinen Speer am Wirksamsten einsetzen konnte. Shakhely merkte schnell, daß es nicht möglich war, unter den Bullen zu tauchen und ihm den Speer in den Leib zu rammen - auch seitwärts gab es keine Möglichkeit, da das Tier ihm immer den Kopf zuwandte. Doch es gab noch eine weitere Möglichkeit und so wich er dem nächsten Stoß der riesigen Hörner nicht aus, sondern ließ sich treffen und hielt sich fest, nutzte die Aufwärtsbewegung als Hebel und sprang auf den Rücken des Bullen, um ihm nun den Speer direkt in den ungeschützten Nacken zu rammen. Das Tier trompetete noch einmal wütend auf, da es seinen Tod fühlte - doch dann sackte es zur Seite und der Laut erstarb, als der Bulle mit einem lauten Krachen auf den Boden aufschlug. Der junge Mischling war schon zuvor abgesprungen und kam geschmeidig auf dem Boden auf, ging nun zu dem Kadaver und zog den Speer wieder raus, stieß ihn an der Seite in die Erde und ließ die Krallenklingen an seiner Rechten hervorschnellen, um nun damit zu beginnen, sich zuerst seine Trophäe zu sichern.

Derweil hatten die Puma sich um die Kuh gekümmert. Sie hatten sie von der Herde getrennt und dann umzingelt. Kakamu und der Anführer erlegten sie schließlich und die Anderen passten noch auf, daß nicht doch einige Tiere aus der Herde zu Hilfe kommen wollten. Dies geschah zum Glück nicht. Die Puma hatten ihre Beute sicher und fingen an, sie gemeinsam zu zerlegen. Anuk baute mit einigen anderen jüngeren Jägern Tragen aus jungen Baumschösslingen. Nur so würden sie es schaffen, das Fleisch wegzuschaffen. In der Ferne konnte Anuk sehen, wie Shakhely die Stoßzähne aus dem Kiefer des Bullen schnitt, er schien zufrieden mit seiner Beute.

Das war er, auch wenn man es ihm nicht ansah. Nachdem er sich den Größeren der Stoßzähne zur Seite gelegt hatte, fing Shakhely damit an, dem Bullen das Fell abzuziehen, eine Arbeit, die mit seinen scharfen Klingen zügig voranging. Dann legte er das Fell mit der blutigen Lederseite nach oben auf den Boden und schnitt große Stücke des Fleisches heraus, legte sie auf das Fell und erst, als es zur Hälfte gefüllt war, hörte er auf und band es um das Fleisch mit einer seiner Drahtschlingen zusammen. Das fleischgefüllte Fell war schwer und auch ein wenig sperrig - doch der junge Mischling wuchtete es auf seinen breiten Rücken und nahm auch noch den Stoßzahn auf, tarnte sich und damit auch die Beute und lief auf diese Weise ungesehen den Weg zurück ins Lager, um dort seine Last abzulegen. Er kam schnell voran, da er diesmal seine volle Geschwindigkeit ausspielen konnte, und so erreichte er auch bald seine Höhle, ließ Stoßzahn und Fell am Eingang fallen und lief wieder zurück, um sich noch mehr von dem Kadaver zu holen. Daß es höchste Zeit für die Jagd geworden war, sah er an dem wolkenverhangenen Himmel ... es zog sich immer weiter zu und der eisige Wind brachte den Geruch von Schnee mit sich, auch wenn es noch einige Zeit dauern würde, bis es anfing, zu schneien.

Daß Shakhely die erste Ladung schon weggebracht hatte, bemerkte Anuk erst, als er wieder auftauchte. Die Puma hatten derweil die Tragen beladen, auch sie spürten den nahenden Schnee und beeilten sich. Das Fell wurde zuletzt verschnürt und beladen, dann konnte es heimwärts gehen. Immer Zwei zogen eine der schwer beladenen Tragen und zu Anuks Erstaunen half ihm Kakamu, die Trage zu ziehen.

Mittlerweile hatte sich Shakhely das restliche gute Fleisch und Fell des Bullen geholt und genauso verschnürt wie beim ersten Mal. Daß Kakamu sich schon wieder bei Anuk hielt, entging dem jungen Mischling nicht - doch er sagte nichts und nahm neben dem fleischgefüllten Fell auch den anderen Stoßzahn auf, tarnte sich wieder und lief ihnen erneut voraus. Nach einiger Zeit war er auch wieder an seiner Höhle angelangt und legte Fleisch und Elfenbein ab - dann lief er wieder zurück und nickte innerlich, denn wie erwartet, hatten die Pumamenschen in den vergangenen Stunden mit den schweren Traggestellen, die sie schleppen mußten, gerade einmal die Strecke bis zum Lager der vergangenen Nacht zurückgelegt. Mit einem dunklen Knurren enttarnte sich Shakhely und kam zu Anuk - nahm ihm den Zugriemen aus den Händen und knurrte ein wenig bedrohlicher zu Kakamu, damit ihm auch dieser seine Zugriemen gab.

Kakamu gab sie noch nicht her, erst, als der Anführer ihm zunickte, gab er sie mit einem eher mürrischen Gesichtsaudruck dem Fremden und half dann wie Anuk bei den Anderen mitzuziehen. Diejenigen, die noch am schwächsten waren, wurden so abgelöst und die Gruppe kam deutlich schneller voran als zuvor. ##Danke für deine Hilfe.## sendete Anuk Shakhely und lächelte zu ihm.

Jener nickte nur hart und zog das Traggestell weiter voran, während er zu Anuk sendete. Er ließ durchklingen, daß es ihm einfach zu langsam ging, da der Schnee bald kommen würde - und er ließ auch ein wenig durchklingen, daß er es nicht mochte, wenn sich Kakamu so an ihn heranwarf. Doch Shakhely beendete das Senden, noch ehe seine Eifersucht zu sehr fühlbar war - stemmte sich noch mehr gegen den Boden und setzte sich so an die Spitze der Gruppe, da er selbst mit dieser Last noch immer schneller war als die Anderen. Der junge Mischling tat dies allerdings nicht, um anzugeben; er spielte nur die Stärke seines Körpers und auch seine Kondition aus, da er zurück in seiner Höhle sein wollte, ehe das Schneetreiben anfing.

Die Abneigung, die Shakhely gegen den Schnee zu haben schien, hatte Anuk deutlich herausfühlen können, und so grinste er kurz und zog weiter. Wie es schien, hatte er wirklich zwei Männer, die um ihn buhlten. Aber das wäre vergebens, er war noch nicht soweit, sich fest zu binden. Dafür war die Wunde in seinem Herzen noch zu frisch. Als Shakhely wieder zurückkam, blieben alle kurz irritiert stehen, und kuckten etwas verblüfft. So langsam wurde ihnen das Tempo, das der Krieger zurücklegte, doch ziemlich suspekt.

Jener reagierte darauf nur mit einem deutlich ungeduldigen und wütenden Knurren, ging zu der nächsten Trage und nahm den Jägern einfach die Zugriemen aus den Händen. Auch wenn es mittlerweile schon später Nachmittag war und die stundenlange Arbeit an seiner Kraft zehrte - Shakhely hatte definitiv keine Lust, auf die langsameren Pumas zu warten und womöglich noch in den Schneesturm zu kommen, der sich mittlwerweile deutlich zusammenbraute. Die Wolken hatten sich in den letzten Stunden sichtbar verdichtet und wurden dunkler - auch der Wind wurde kälter, wehte stärker und brachte den unmißverständlichen Geruch von Schnee mit, etwas, auf das Shakhely den noch immer verwundert dreinblickenden Anführer mit einem harten, deutlichen Senden hinwies. Doch er unterbrach das Senden sogleich wieder und legte sich in die Riemen - zog das Tragegestell erneut schneller als die Pumas und brachte es zum Lager, damit es schneller ging.

Daß Schnee kam, wusste der Anführer selber. Aber sie hatten es nicht ganz so eilig wie Shakhely. Sie hatten nämlich nicht wirklich was gegen Schnee, aber nun sollte ihnen die Eile des Kriegers recht sein, jetzt waren sie zu Acht und zwei Tragen waren übrig. So konnten sie die Gestelle tragen. Jeder nahm einen der überstehenden Baumteile und sie hoben die Tragen an. Es ging gleich zügiger voran und sie kamen auch recht bald am Lager an. Es war genau die richtige Zeit, denn der Wind trieb die ersten Schneeflocken zu ihnen herab.

Mittlerweile hatte Shakhely die Trage, die er gezogen hatte, bei der anderen an den Höhlen der Pumas gelassen und war in seine eigene Höhle gegangen, um dort das Feuer neu zu entfachen. Als er hörte, daß die anderen Pumas ankamen, nahm er den kleineren Stoßzahn und brachte ihn ebenso zu den Höhlen, drückte ihn wortlos dem Schamanen in die Hände und ging wieder zurück zu seiner Höhle. Der vordere Eingang war kühl genug, daß das Fleisch ein wenig halten würde - und sobald genug Schnee gefallen war, erledigte sich das Problem von selbst, da man das Fleisch nur in den Schnee stecken brauchte, damit es nicht verdarb. Die Felle hingegen bereiteten dem jungen Mischling mehr Probleme, und so sendete er kurz zu Anuk das Bild der Felle, unterbrach das Senden sofort wieder und hoffte, daß dieser verstanden hatte, daß Shakhely erwartete, daß dieser sein Versprechen einlösen würde und kam, um ihm das Gerben zu zeigen.

Anuk lächelte nur und sagte Bescheid, daß er noch ein Versprechen einlösen musste. Die Felle sollten ja nicht verderben, nur weil sie nicht gegerbt worden waren. Außerdem waren sie deutlich bequemer, als wenn man auf dem ungegerbten Leder lag. So eilte er den Berg hinauf. Kakamu sah ihm leise fauchend nach. Dieser fremde Krieger würde Anuk nicht bekommen, er wollte ihn, denn Anuk war ihm würdig. Er würde weiter um ihn buhlen, und wenn es sein musste, würde er ihn mit Gewalt zu sich holen.

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