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 Shoga und Bianco Nero  01
 

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Amerika, nun hatte Shoga die Chance, sich auch hier zu etablieren. Er war hier schon bekannt durch die Firmen der Asato-Familie, die Jadedrachen wurden sie genannt. Er war gekommen, um eine kleine, an der Pleite nagende Softwarefirma zu kaufen. Perfekt für seinen kleinen Bruder. Haku war ein Computergenie, er studierte mit seinen sechzehn Jahren schon länger und würde seinen Abschluss wohl mit Auszeichnung machen, wie es aussah. Als Geschenk sollte er die kleine Firma bekommen. Noch seinen Gedanken nachhängend, löste er sich davon, als die Limousine vor dem kleineren Hotel hielt. Es hatte zwar fünf Sterne, war aber billig im Gegensatz zu mach Anderem. Die Softwarefirma konnte sich nicht soviel leisten, doch Shoga war zufrieden. Einer seiner Bodyguards öffnete die Tür und er stieg aus. Er wurde dann in die Mitte genommen und sogleich von dem Hotelmanager Willkommen geheißen und dann hinauf in das rechte, kleine Penthouse geführt. Seine Koffer waren schon da, sie waren vom Flughafen vorgeschickt worden. Als die Bediensteten weg waren, hatte er seine Ruhe, am Abend würde das kleine Bankett stattfinden, Morgen war die Sitzung mit den Verkaufsgespräch und danach noch ein gemeinsames Essen. "Wie öde...Aber was soll’s." wisperte er leise und entledigte sich seines Jacketts. Er setzte sich dann und erledigte noch einige Arbeiten an seinem Laptop, telefonierte hier und da und nach einer guten Stunde klappte er das Notebook wieder zu und seufzte leise. Shoga brauchte jetzt frische Luft und ein wenig Bewegung und so ging er in sein Schlafzimmer und zog sich um. Er brauchte nicht lang, dann kam er mit einer weiten Kimonohose wieder heraus und hatte ein Katana in den Händen, sein Haar war locker mit einem Band versehen Ein paar Trockenübungen taten jetzt gut und so konzentrierte er sich und fing an, das Schwert langsam durch die Luft zu ziehen, um sich aufzuwärmen. Sein ganzer Körper war dabei angespannt, das Haar wehte leicht im warmen Wind, er fühlte sich wohl so. Die Muskeln unter der bleichen Haut bewegten sich bei jeder seiner Bewegungen und es schien, daß sein Drachentattoo sich ebenso hin und wieder ein wenig auf seinem Rücken und der Hüfte bewegte.

Mit einem leisen Seufzer legte Bianco die Anzugjacke beiseite und schickte die Bodyguards seiner Familie vor die Türe ... nickte unmerklich, als diese sich respektvoll verabschiedeten, die Türe seines Penthouses schlossen und er endlich allein war. Allein ... dieses Wort brannte sich in sein Inneres und für einen Augenblick schmolz die Kälte seines Gesichtes einer seltenen Wärme, als er an seine Frau dachte, doch diese Wärme wich tiefem Schmerz. Er schloß seine Augen und setzte sich auf einen der Sessel und seufzte leise, als ihn die Erinnerungen einholten. Zeit seines Lebens war er schwul gewesen ... als er mit Mitte Zwanzig von seinem Vater den Befehl bekam, eine Tochter einer befreundeten Familie zu heiraten, um sowohl die Verbindung zu sichern als auch die Geschäfte, dachte er, daß die Welt für ihn untergänge. Doch es war anders gekommen .... so viel anders. Schon, als er Rosa das erste Mal sah, wußte er, daß dies nicht der Untergang war. Zum allerersten Mal erkannte er, warum die meisten Männer sich eine Frau nahmen – er hätte es niemals für möglich gehalten, daß dies passieren konnte, doch bei ihnen war es Liebe auf den ersten Blick gewesen, eine Liebe, die in den 22 Jahren ihrer Ehe niemals erloschen war. Sie war die einzige Frau, die er jemals gehabt hatte – und sie hatte ihm sogar erlaubt, manchmal zu einem Mann zu gehen, da sie wußte, daß er es brauchte. Doch es war immer nur körperlich gewesen, denn er liebte nur sie – nur sie, seine wunderbare Rosenblüte, die ihm drei Kinder geschenkt hatte. Doch vor zwei Monaten war sie friedlich im Schlaf an Herzversagen gestorben, noch im Tod lächelnd an seinem Körper geborgen – der Schmerz, sie verloren zu haben, saß noch immer tief und wenn sein Schwager Angelo ihn nicht inständig gebeten hätte, wäre er für diese Verhandlung überhaupt nicht angereist. Mit einem leisen Seufzer stand Bianco wieder auf und ging ins Bad, um sich völlig auszuziehen ... erledigte zuerst seine Abendtoillette, doch dann entschied er sich um und nahm ein Handtuch, band es um seine schmalen Hüften und ging zum Balkon, denn er wollte anstatt des Bades lieber den Whirlpool genießen, den es hier in den Penthäusern auf den Balkonterrassen gab. Dieses Hotel war zwar klein und so günstig, daß die Softwarefirma es sich noch leisten konnte - doch es gab noch genug Komfort für die Gäste und daß er als einer der Hauptanbieter das linke Penthouse bekam, war schon ein Zeichen dafür, wen der Eigentümer als engere Käuferwahl ansah. Er wußte, daß das andere Penthouse für die Asato-Familie gebucht worden war – seine Informationsquellen waren nicht nur äußerst genau, sondern auch mehr als nur zuverlässig. Doch er kümmerte sich nicht weiter darum, denn sowohl seine Familie, die Azzone, als auch die seines Schwagers, die Mermanos, kamen sehr gut mit der Asato-Familie aus ... sie arbeiteten mittlerweile schon seit zwei Generationen zusammen und es hatte niemals eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen gegeben. Auch das war ein Grund, weshalb Bianco eigentlich froh darum war, daß das andere Penthouse den Asatos gegeben worden war – so war es für Beide wesentlich sicherer, da ihre Bodyguards sich nicht gegenseitig, sondern zusammen die Umgebung bewachen konnten. Doch dann versiegten seine Gedanken wieder, als er den Whirlpool anschaltete und darauf wartete, daß dieser angeheizt war – strich in der Zwischenzeit die Haare nach hinten und kurz schimmerte die einzige, schwarze Strähne seiner ansonsten elfenbeinweißen Haare auf, der er seinen Namen verdankte. Bianco Nero ... weiß und schwarz, eine sehr seltene Färbung. Er war nur ein Teilalbino, denn seine Haut zeigte den dunklen Teint seiner italienischen Abstammung und seine Augen leuchteten in dem warmen Cognac, das er von seiner Mutter geerbt hatte – doch all seine Körperhaare, mit Ausnahme dieser Strähne, waren elfenbeinweiß und unterstützten die Kühle seiner geschäftlichen Maske mehr als nur gut. Doch dann seufzte er wieder und strich sich müde über das Gesicht – fühlte kurz mit der Hand nach der Wassertemperatur und nickte, nahm das Handtuch ab und legte es an die Seite, um noch die wenigen Minuten zu warten, bis das Wasser angenehm heiß geworden war.

Shoga bekam nicht mit, daß Jemand auf der benachbarten Terasse war, er war sehr konzentriert und dachte im Moment nicht an Geschäfte oder Andere, nur an sich und sein Wohlbefunden. Er tat seinem Geist und seinem Körper gut, wenn er trainierte und entspannte ihn ungemein gut, auch wenn es anstrengend war. Er ließ sich dann aber doch ablenken, als er etwas Helles durch die Hecke schimmern sah und das leise Summen des Whirlpools hörte. Er versuchte es erst, zu ignorieren, doch da schimmerte nicht nur das Haar durch die dünne Stelle der Hecke, sondern auch dunkle Haut. ‚Dunkle Haut ?...Ob das Farfalla ist ?' Er wusste, daß die Italiener auch bei den Verhandlungen da sein sollten und so stoppte er seine Übungen und trat an die Hecke heran. Es gehörte sich ja eigentlich nicht, zu spannen, jedoch war es seiner Meinung nach gut, wenn er einen Blick riskierte, um zu wissen, ob er Farfalla als Konkurrenten hatte oder nicht. Lautlos trat er an die dünne Stelle in der Hecke und sah hindurch. Was er sah, raubte ihm fast den Atem. Es war nicht Farfalla, jedoch ähnelte der Mann ihm sehr stark, er war nackt. Der Japaner zog sich rasch zurück, weit kam er jedoch nicht, denn das Bändchen, das seine Kimonohose seitlich verschlossen hielt, verfing sich in den störrischen Ästen der Hecke und so ging sie auf. Innerlich fluchte er leise und versuchte, das Band aus den Ästen zu befreien. ‚Das ist die Strafe.' dachte er.

Ein wenig verwundert sah Bianco bei dem Rascheln auf und hob eine seiner hellen Brauen – dann löste er sich von dem Pool und ging lautlos zu der Hecke, welche die beiden Balkone trennte und bleib vor der leicht zitternden Stelle stehen. Langsam senkten sich beide Brauen und er bemerkte, daß es so war, als ob Jemand daran ... zog ? Dann hörte er das unterdrückte Fluchen und ein leises Schmunzeln stahl sich auf seine Züge, denn die Schimpfworte waren sowohl japanisch wie auch englisch und ziemlich heftig. Er konnte sich denken, daß sein Gegenüber mit etwas an den Zweigen hängengeblieben war – doch für den alten Naofumi klang die Stimme nun doch ein wenig zu jung und so kam der Hellhaarige noch ein wenig näher und sprach schließlich leise und ein wenig neugierig. "Ist etwas ? Kann ich ihnen helfen ?"

Shoga erstarrte regelrecht und hielt still. Das war mehr als nur peinlich, gerade für einen Mann, wie er es war. So räusperte er sich verlegen und antwortete leise. "Verzeihen sie, wenn ich sie gestört habe, ich bin nur mit einem Bändchen meiner Kleidung hängengeblieben." erklärte er leise und fingerte dann wieder an dem Band herum. Was war das für eine verdammte Hecke ?

Bei der Antwort mußte sich Bianco unwillkürlich ein Schmunzeln verkneifen und nickte unmerklich - dann ging er in die Hocke, spähte durch die Zweige und nickte erneut, als er das Bändchen entdeckte, das sich in einem abgebrochenen Ast verfangen hatte. Nur für einen Augenblick wurde er abgelenkt, als er bei einer Drehung des Anderen sah, wozu dieses Bändchen gehörte. Diesen einen Moment lang konnte er direkt durch die seitlich offene Trainingshose auf die mit einem Tattoo geschmückte Lende eines Mannes blicken und er schluckte schwer - beherrschte sich wieder und streckte seine schlanke Hand durch die Zweige, um das Bändchen zu lösen. "Halten sie still - ich werde es abnehmen, es ist an einem Ast verfangen und läßt sich von ihrer Seite nicht lösen. Moment - ich habe es gleich."

Der Japaner errötete fast ein wenig, mein Gott, war das peinlich. Er hielt jedoch still und ließ sich helfen. Als das Bändchen durch Biancos Hilfe gelöst war, verschloss er seine Hose an der Seite wieder und sah durch die Hecke, um seinen Retter auszumachen. Der erhob sich gerade aus der Hocke und Shoga erbleichte ein wenig. Bianco dürfte wohl einen guten Blick auf seine Hüfte gehabt haben. "Ich danke ihnen... Sie sind Herr Azzone Senior, nicht wahr ? Ihr Sohn sieht ihnen sehr ähnlich, ich hätte sie fast verwechselt."

Erneut huschte ein Schmunzeln über die Züge Biancos und sein Gesicht wurde wieder weicher, als er antwortete und dabei seine rippenlangen Haare nach hinten strich. "Gern geschehen. Und ja, er ist der Einzige meiner Söhne, der diese Eigenheit geerbt hat. Wie ich an ihrer Stimme höre, sind auch sie nicht der, den ich erwartet hätte ... darf ich fragen, welcher der Söhne der Asato-Familie sie sind ?"

"Der Älteste....Shoga Asato." antwortete der Japaner und lächelte höflich. "So hab ich mir ein erstes Aufeinandertreffen etwas anders vorgestellt, ich hoffe, ich hab sie nicht allzusehr gestört ? Sie wollten sicher auch noch ein wenig entspannen vor dem Begrüßungsbankett ?"

"Das Bankett, ja ..." Ein wenig abwesend wiederholte Bianco die Worte und seufzte leise – doch dann fing er sich wieder und nickte unmerklich, auch wenn es sein Gegenüber nicht sehen konnte, durch die Zweige und Blätter erkannte man nur Fragmente des Gegenübers. "Ja, ich dachte, ich entspanne mich etwas in dem Whirlpool, es bot sich an. Der Flug hierher war ein wenig mit Streß verbunden, da mein Schwager kurzfristig diesen Termin absagte und mich bat, für ihn einzuspringen. Es ist mir eine Ehre, sie kennenzulernen, Herr Asato – ich bin sicher, auf dem Bankett oder danach können wir etwas Zeit miteinander verbringen und uns ein wenig näher kennenlernen, da wir uns ja bisher noch nicht begegneten. Ich möchte sie aber nicht mehr länger von ihren Übungen abhalten, Herr Asato – ich freue mich, sie nachher wiederzusehen." Mit diesen Worten verabschiedete sich der Italiener und lächelte – drehte sich dann um und ging zu dem Pool, stieg hinein und seufzte unwillkürlich auf, da das heiße, blubbernde Wasser mehr als nur angenehm war und seine verspannten Muskeln völlig lockerte.

"Es würde mich freuen, Herr Azzone." erwiderte Shoga noch und nickte dann. Es war gut, daß sie sich nicht länger durch die Hecke unterhielten. Bianco war schließlich nackt und er selber hatte auch kaum etwas am Leib. Er verstand daher sehr wohl die knappe und rasche Verabschiedung des Italieners und widmete sich dann weiter seinen Übungen. Eine halbe Stunde verging, danach stellte er sein Training ein und ging ins Badezimmer, um sich für den Abend vorzubereiten. Die westlichen Badezimmer waren etwas gewöhnungsbedürftig für ihn, er mochte es eigentlich traditionell, doch das konnte man in Amerika nicht verlangen und schon gar nicht in einem Hotel. So ließ er sich ausreichend Zeit beim Baden und dann beim Anziehen. Sein Haar band er wieder in einen festen Zopf und so wirkte er gleich wieder kalt, streng und einschüchternd. Eben genau so, wie er aussehen wollte, um seine Gegner einzuschüchtern. Es war notwendig und er hatte sich daran gewöhnt, er war so erzogen worden. Jedoch vermutete er, daß sich Herr Azzone nicht einschüchtern lassen würde, es würde sicher nicht leicht werden. Nun strich er über seinen schwarzen Anzug und steckte noch den kleinen Drachenkopf an sein Revier, dann war er fertig, zu gehen. Kaum, daß er aus der Tür trat, standen seine Bodyguards bereit. Ein Blick zur Tür des Nachbarpenthouses verriet, daß Azzone noch nicht hinabgegangen war, denn dessen Männer standen noch immer vor dessen Tür. Schon im Aufzug bemerkte er die Furcht der anderen Geschäftsmänner. Sie warteten lieber auf einen anderen Aufzug, als daß sie mit ihm in einem hinabfahren würden. Ebenso verhielt es sich, als er in den eher kleinen Bankettsaal trat, die Gespräche wurden etwas leiser und doch kam der Besitzer der kleinen Firma, die verkauft wurde, auf ihn zu und begrüßte ihn höflich, bevor er sich einem anderen Kunden widmen musste und Shoga sich in Ruhe an einen der Tische setzte, um einen Schluck zu trinken. Nebenher sondierte er erfahren die Lage, lauschte den Gesprächen und bekam so Einiges heraus, was er verwenden konnte bei den Verhandlungen. Daß ihn die Anderen mieden, als hätte er die Pest, erstaunte ihn jedoch schon ein wenig, doch das war Amerika, es war anders hier.

Gerade, als Bianco sich für das Bankett fertigmachte, klingelte sein Handy und ein wichtiges Gespräch mit einem seiner Untergebenen hielt ihn eine Weile auf, so daß er erst eine Viertelstunde nach Beginn des Banketts in den Saal trat. Wie er es erwartet hatte, verstummten die Gespräche um ihn herum, als die anderen Interessenten ihn musterten und dann sofort wieder ihre Blicke abwandten, als sie es bemerkten. Mit seinem pechschwarzen Anzug und den streng im Nacken zusammenbebundenen, elfenbeinweißen Haaren und den dunkelgoldenen Augen, die in ihrer jetzigen Kälte an einen Raubvogel erinnerten, war er sich seiner einschüchternden Wirkung sehr wohl bewußt und nutzte diese Wirkung auch, als er durch die Tische und nach einem kurzen Blick zu dem einzigen Tisch ging, an dem noch ein Platz frei war. Bianco wußte auch, daß dies kein Zufall war – die Anderen fürchteten Shoga ebenso wie sie ihn fürchteten, denn Beide standen für zwei mehr als nur mächige Familien. "Einen guten Abend, Herr Asato – wie es der Zufall will, ist nur noch dieser Platz hier frei und so möchte ich sie fragen, ob ich mich zu ihnen setzen darf ?" Einen kurzen Moment huschte ein nurmehr kühles Lächeln über seine kalten Züge und erwärmte es ein wenig, während er auf eine Antwort wartete.

Höflicherweise stand Shoga auf und neigte kurz seinen Blick, wie es sich in Japan gehörte, erst dann reichte er Bianco kurz seine Hand und wies dann auf den freien Platz. "Es ist mir eine Ehre, Herr Azzone." Er blieb ebenso kühl wie Bianco, sie nahmen sich dabei Beide nicht viel und dann setzte er sich wieder. "Ich wollte mich noch einmal für die Unannehmlichkeiten auf der Terrasse entschuldigen. ... Es schickt sich nicht gerade, sich durch eine Hecke vorzustellen."

Mit einem kurzen, kalten Nicken bedankte Bianco sich bei dem Kellner, der ihm das Essen brachte und den Wein einschenkte - nahm dann sein Glas und ließ den Wein etwas schwenken, ehe er dem Asiaten antwortete, da der Kellner nun wieder gegangen war und ihre Bodyguards sie vor den anderen Kunden etwas abschirmten. "Das war auch der Grund, warum ich das Gespräch so kurz hielt, bitte verzeihen sie mir meine Unhöflichkeit. Es ist mir eine Ehre und Freude, sie kennenzulernen, Herr Asato - wir sind uns bisher noch nicht begegnet, bisher hatte ich immer nur die Ehre, ihren Herrn Vater kennenzulernen." Bei den letzten Worten sah Bianco in die smaragdgrünen Augen seines Gegenübers und lächelte wieder ein wenig, doch nur für geübte Augen erkennbar weniger kühl - dann unterbrach er den Blickkontakt, als er einen Schluck des Rotweins nahm und sich innerlich zur Ruhe mahnte. Der alte Asato war ein eher streng wirkender Mann, der zwar eine gewisse Anziehung hatte, doch es war kein Vergleich zu der weicheren Schönheit seines jetzigen Gegenübers, die er sehr wohl durch die ihm gut von sich selbst bekannten Kühle sehen konnte.

Dieses wenig Kühle in dem Lächeln erkannte Shoga und erwiderte es ebenso gekonnt versteckt. "Ich werde wohl öfter in Amerika anzutreffen sein, mein Vater möchte sich etwas zurückziehen und sich eher wieder den heimatlichen Geschäften widmen. Daher bin ich auch hergekommen und ich bin erfreut, gleich sie hier zu treffen, Herr Azzone....Ich denke, es dürfte interessant werden, diese Verhandlungen."

"Ja, das denke ich auch, Herr Asato - die anderen Mitbewerber werden sich ziemlich bald zurückziehen, sehen sie ? Sie würden am Liebsten schon jetzt gehen, da sie wissen, daß sie weder gegen sie noch gegen mich eine Chance haben. Ich denke, daß die Verhandlungen zwischen uns stattfinden werden - um ehrlich zu sein, eine Sitation, die ich sehr begrüße, da es angenehmer ist." Während er sprach, begann Bianco damit, zu essen - ebenso ruhig und ohne eine überflüssige Bewegung, wie auch seine ganze Art, wenn er in geschäftlichen Dingen unterwegs war.

"Da kann ich ihnen nur zustimmen und doch können sie sich sicher denken, daß ich mir diese kleine Firma nicht so schnell durch die Lappen gehen lasse....Ebenso wie sie, vermute ich, auch das dürfte interessant werden." Shoga lächelte erneut kühl und aß dann seine letzten Bissen. Ihm kam dann jedoch etwas in den Sinn, was seine Höflichkeit gebot und er wurde ernst. "Verzeihen sie.. Ich vergaß noch, ihnen mein Beileid auszusprechen....wie unhöflich von mir."

Zum ersten Mal, seit er hier unten saß, zeigte sich ein wenig Regung in seinem Gesicht – einen winzigen Moment lang sah man den Schmerz, der durch diese Worte wieder aufgedeckt wurde, in seinen Augen und Bianco legte die Gabel beiseite, nickte dann und sammelte sich, um zu seinem kühlen Lächeln zurückzufinden. "Ich ... danke ihnen, ich weiß, daß es die Höflichkeit ihrer Sitten gebietet, auch wenn ich es lieber nicht mehr angesprochen hätte. Doch ich weiß auch, daß sie es ehrlich meinen und das erleichtert es mir – viele der Menschen, die das selbe sagten, meinten es nicht im Entferntesten, da tut es gut, wenn man sich dieser Sache wenigstens sicher sein kann." Erst jetzt nahm er die Gabel wieder auf und aß weiter – legte, als er fertig war, das Besteck mitsamt der Serviette auf den Teller zurück und nickte nur zu dem Kellner, der auch gleich wieder mit dem Geschirr verschwand. Dann nahm er den Weinkelch zur Hand und betrachtete eine Weile das herrliche Kristallglas, ehe er wieder zu Shoga aufsah und unmerklich nickte. "Natürlich sind meine Familie und die meines Schwagers an der kleinen Firma interessiert – sie bietet viele Möglichkeiten, die man mehr als nur gut nutzen kann. Sie hatte nur bisher ein mieserables Management und ihnen fehlt ein findiger Kopf, der Ideen bringt, ihnen eine Richtung für die Entwicklungen gibt. Ideal - doch das wissen sie, denke ich, so gut wie ich es weiß."

Shoga schimpfte über sich selber, es war doch taktlos gewesen, das Beilleid nun auszusprechen, er hatte den Blick gesehen und es tat ihm nun leid. Er sprach es nun nicht mehr an und wandte sich dem Thema zu. "Nun, ich habe diesen findigen Kopf in der Familie, daher möchte mein Vater diese Firma sehr gern in die Familie unserer Firmen aufnehmen. Mein kleiner Bruder soll mit der Firma gleich eine gesicherte Zukunft bekommen, gerade weil sie Potential hat." erklärte er leise. Der Wechsel zum Geschäftlichen erleichterte ihm nun das Reden ein wenig.

"Haku, nicht wahr ? Ich habe schon von ihm gehört ... in meinem Fall ist es ähnlich gelegen, wir dachten, daß die kleine Firma ideal wäre für Farfalla, da er zwar kein Programmierer ist, sich aber in der Softwarebranche auskennt und auch schon seit einiger Zeit Programmierer sucht, um unsere Firmensoftware zu optimieren." Bianco sprach eher nebenher und ebenso leise wie Shoga, so daß die anderen Mitbewerber nichts mitbekamen - trank dazwischen immer wieder von seinem Wein und erneut huschte ein kurzes, kühles Lächeln über seine Lippen, als er bemerkte, wie ähnlich sie sich in manchen Dingen waren.

Shoga schmunzelte leicht. Er erinnerte sich mehr als gut an den jungen Farfalla. Schon als Teenager war er so kühl wie sein Vater gewesen und auch sehr an den Geschäften interessiert. "Ja, Haku. Er macht bald seinen Abschluss an der Uni und wird dann als Programmierer arbeiten. Er bringt jetzt schon unsere Firmennetzwerke auf einen sicheren Stand. Er ist unglaublich." erzählte er leise. "Wie geht es Farfalla eigentlich ? Ich hoffe doch gut ?" Er versuchte, etwas privater zu werden, um das Gespräch etwas aufzulockern. Geschäftlich konnten sie Morgen reden. Das Bankett war eh zum Sterben langweilig, jedoch schien es notwendig, um Konkurrenten auszuloten.

Es wurde jedoch schon bald deutlich, daß die anderen Anbieter einen Rückzieher machen würden ... einer nach dem Anderen verabschiedete sich, sobald es der Anstand zuließ und ging wieder in die jeweiligen Zimmer, bis nur noch der Italiener und Shoga in dem Saal saßen. "Ja, ihm geht es sehr gut - er versucht gerade, sich ein wenig selbständig zu machen, er hat die Bewerbung bei einer dieser Sänger-Casting-Shows geschafft und hat bald seinen ersten Auftritt in dieser Show. Ich habe es ihm erlaubt, da er die Anlagen dazu besitzt - und ich weiß, daß er sich nicht in Starallüren verliert, er wird nach mir die Geschäfte in Chicago übernehmen, er ist von meinen drei Söhnen dafür am Besten geeignet und nimmt seine Aufgabe schon jetzt sehr ernst. Die anderen Beiden werde ich woanders einsetzen ... Antonio studiert Jura und wird für die Familie Rechtsanwalt werden und Giaccomo liegt eher der Handel, er kümmert sich um die Waren."

"Ein Casting ? Wie interessant... Daß er weiter seinen Pflichten nachgeht, ist lobenswert." Shoga überdachte alles ein wenig, Fafalla war sicher geeignet, die Firma zu leiten, was wären er und Haku für ein Team. Ein kurzes Lächeln huschte über seine Züge, verschwand allerdings, als er den Besitzer der kleinen Firma erblickte. Der Mann wirkte fast verzweifelt, weil alle gegangen waren. "Armer Mann..." wisperte Shoga. "Solch einem Betrüger von Manager aufgesessen zu sein, ist sicher nicht leicht...Da haben wir es besser, alles bleibt in den Familien und man kann sich dem Vertrauen in seine Mitarbeiter sicher sein."

Mit einem Nicken bestätigte Bianco die Worte des Anderen - dann trank er aus und beauftragte einen seiner Bodyguards mit einem Wink, den Besitzer zu ihnen zu holen. Als dieser zum Tisch kam, sah der Italiener hoch und ein kurzes, hartes Lächeln erwachte auf seinen Zügen, als er zu ihm sprach. "Machen sie sich keine Sorgen, Herr Miller - ihre Firma wird einen Käufer finden und es ist gut so, daß die Verhandlungen nur noch über Herrn Asato und mich laufen. Sie können sich sicher sein, daß ihre Firma in guten Händen landet und sie auch einen angemessenen Preis erhalten, der ihre Verbindlichkeiten mehr als nur decken wird. Sie können uns jetzt allein lassen und sich um die Absagen der anderen Mitbewerber kümmern, ich denke, sie lassen nicht lange auf sich warten."

Der Mann war wirklich fast den Tränen nahe, sein Leben lang hatte er geschuftet und nun war er pleite. "Ich bin ihnen sehr dankbar und ich bin froh, daß sie Beide noch geblieben sind, das heißt, daß noch Interesse an der Firma besteht. Ich hatte gefürchtet, daß sie Keiner möchte und dann so versteigert würde." Das hieß, daß er kaum etwas bekam dafür und die Arbeitsplätze ebenso verlorengingen. "Machen sie sich keine Gedanken, wir Beide haben großes Interesse an ihrer Firma, einer von uns Beiden wird sie mit Sicherheit kaufen, Herr Miller." versicherte auch Shoga noch einmal, bevor der Mann erleichtert schnaufte und sich dann verabschiedete. "So bleibt es wohl wirklich unter uns, das zu entscheiden, wer sie bekommt."

Mit einem Nicken bestätigte Bianco die leisen Worte und sah dann dem Besitzer nach, der sich noch vielmals bedankte und dann ebenso ging, um sich den anderen, abgesprungenen Käufern zu widmen. Erst dann hob er den Blick wieder zu Shoga und erneut erwachte ein unmerkliches Lächeln auf seinen Lippen, als ihm antwortete. "Würde es ihnen passen, wenn wir uns Morgen zu einem ausführlichen Gespräch treffen ? Ich überlasse ihnen die Wahl des Ortes und auch die Uhrzeit ... es ist wesentlich angenehmer, dies privat zu führen, als in einem großen Verhandlungszimmer mit dem ängstlichen Besitzer im Hintergrund, der vielleicht etwas mithören könnte, das nicht für seine Ohren bestimmt ist."

"Sie haben ganz recht, Herr Azzone. .. Ich würde sie dann gern um halb Acht zum Frühstück einladen. So können wir vor der Konferenz noch Einiges besprechen. Vielleicht einigen wir uns davor dann noch." schlug Shoga vor, er hatte da etwas im Hinterkopf und musste das auch noch mit seinem Vater abklären. "Ich habe schon eine Idee, ich werde sie ihnen dann Morgen unterbreiten, wenn es ihnen recht ist."

Ein leises "Aber natürlich, Herr Asato." antwortend, nickte Bianco kurz - setzte noch ein "Die Uhrzeit ist gut, soll ich in ihr Penthouse kommen ?" nach, ehe er wieder verstummte und auf eine Antwort wartete. Auch er dachte schon nach - hier boten sich einfach viel zu viele Möglichkeiten, um sie ungenutzt verrinnen zu lassen.

"Wenn es ihnen nichts ausmacht, Herr Azzone, dann wäre es mir sehr lieb wenn sie zu mir kommen würden. So wären wir ungestört." Shoga erhob sich nun. "Ich wünsche ihnen dann eine geruhsame Nacht, Herr Azzone." Er verabschiedete sich somit für Heute und verneigte sich kurz, bevor er mit seinen Bodyguards den Saal verließ. Er wollte gleich seinen Vater informieren und hier und da noch ein paar Dinge ausforschen.

Bianco hatte sich noch verabschiedet und sah ihm nun nach - dann nickte er nur und stand ebenso auf, kehrte in sein Penthouse zurück und auch er erledigte noch einige Anrufe, um einige Dinge zu klären. Danach kümmerte er sich noch ein wenig um die Geschäfte und schloß erst spät in der Nacht seinen Laptop - er hatte absichtlich länger gearbeitet, da er die Nacht fürchtete und die Träume, die sie brachte. Doch dann fügte er sich mit einem leisen Seufzer in sein Schicksal und zog seine Kleidung aus, legte sich in sein Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf, der ihm nicht sehr viel Erholung schenkte.

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