Balken01a


 Shoga und Bianco Nero  02
 

backset3line

}|{

Shoga hatte recht gut geschlafen, er hatte Abends noch Einiges geklärt und sein Vater hatte seinen Vorschlägen zugestimmt. Sollte Bianco dem zustimmen, so würde schon alles geklärt sein. Zehn vor Halb kam der Page mit dem Frühstück ins Zimmer und baute es auf. Nach einem guten Trinkgeld verschwand er so diskret, wie er gekommen war und so war alles bereit für das Frühstück. Shoga selber trug einen anderen Anzug als den vom Abend zuvor, die Jacke war hochgeschlossen, wirkte trotz fehlender Krawatte elegant. Sein Haar hatte er noch offen, es bestand bei Bianco noch kein Anlass, es zu binden. Da er die Überpünktlichkeit der Azzone kannte, wunderte es ihn auch nicht, daß die Tür fünf Minuten früher als verabredet aufging. "Guten Morgen, Herr Azzone." begrüßte er den blonden Italiener.

"Auch ihnen einen guten Morgen, Herr Asato - wollen wir ? Noch ist der Kaffee heiß ..." Auch Bianco war ein wenig legerer gekommen, er trug nur einen anthrazithfarbenen, dünneren Rollkragenpullover über seiner ebenso anthrazithfarbenen Hose und auch er hatte darauf verzichtet, seine Haare zusammenzubinden. Froh darüber, daß dies nicht unpassend war, setzte er sich mit ihm an den Tisch und nickte - dann huschte ein leises, wärmeres Lächeln über seine Lippen, als er ihm noch einen guten Appetit wünschte und ein Brötchen nahm. Es bestand kein Anlaß, noch dieselbe Kälte wie noch am Abend zuvor im Bankettsaal zu tragen - deshalb war Bianco nurmehr so ernst, wie es dem Anlaß gebührte, doch eben die sonst so gefürchtete Kälte fehlte, etwas, das nur wenige der Geschäftspartner von ihm kannten.

"Auch ihnen einen guten Appetit." wünschte Shoga und schenkte sich den Tee ein, er war kein großer Kaffeetrinker und auch er war froh, daß dies hier lockerer war, als am Abend zuvor, es war anstrengend, sich so beherrschen zu müssen. Er aß nun auch erst ein Brötchen, erst dann setzte er vorsichtig an mit dem Gespräch. "Ich habe mir Gestern noch etwas durch den Kopf gehen lassen... Farfalla und Haku würden sicher sehr gut zusammenarbeiten, meinen sie nicht auch ?" Er tastete sich so heran und lächelte. Er wusste, daß Bianco sicher gleich erkennen würde, was in den Worten zu finden war.

Mit genießend verengten Augen trank dieser von seinem Kaffee und begrüßte die belebende, erholsame Wirkung des Getränks ... stellte die Tasse dann wieder zurück und nickte leicht, ehe er wieder zu Shoga aufsah und ihn einige Momente lang betrachtete. Dann erwachte auch auf seinen Lippen wieder ein Lächeln und er nickte erneut, ehe er sich nach hinten lehnte und leise antwortete. "Wie ich sehe, sind sie zu dem gleichen Schluß wie auch ich gekommen, Herr Asato ... es wäre pure Verschwendung von Zeit und Geld und vor allem Möglichkeiten, wenn wir uns um die Firma streiten würden. Wie sie schon sagten, die Zusammenarbeit wäre mehr als nur produktiv und würde unseren beiden Firmen mehr als nur nutzen. Ich habe deshalb Gestern noch mit meinem Schwager telefoniert und er ist meiner Meinung ... was halten sie von dem Angebot, sich die Firma als gleichwertige Partner zu kaufen, die Kosten zu teilen und sie dafür zu nutzen, unsere firmeneigenen Systeme mit neuester Software auszustatten, die nur uns bekannt ist ? So schützen wir uns wirksam vor Industriespionage und wie sie schon sagten - alles bleibt in der Familie."

Auch Shoga lehnte sich an und schlug die langen Beine übereinander. Er lächelte bei der Antwort und sah Bianco nun offen an. "Ich habe Gestern auch noch mit Vater gesprochen, er hätte auch keine Einwände. Wir vertrauen ihrer Familie und sie haben ganz recht, es wäre nur Zeitverschwendung, uns über die Firma zu streiten, wenn es doch so viel einfacher geht. Es wäre das erste, gemeinsame Projekt und da sie ebenso darüber denken, sind wir uns wohl einig." Seine ruhigen Augen musterten sein Gegenüber. Erst jetzt bemerkte er, wie gut Bianco aussah. Farfalla hatte die Schönheit und gesamte Art von ihm geerbt, das sah man auf den ersten Blick.

"Sie sagen es ... wir müssen eigentlich nur noch die Formalitäten klären und uns über die bisherigen Angestellten unterhalten, welche wir behalten und welche wir anderweitig beschäftigen. Dies ist die einzige Bitte, die sowohl mein Schwager als auch ich haben: Daß keiner der Angestellten entlassen wird, wir möchten die Firma nicht auf deren Kosten wieder aufbauen. Aber ich denke, sie sind der gleichen Meinung - bisher war ihre Firma immer großzügig zu ihren Angestellten." Der Italiener sprach leise und eigentlich war dies nur eine Feststellung zu seiner Bitte - er wußte gut, daß die Asatos Niemanden grundlos entließen. Doch auch ihn beschäftigten ähnliche Gedanken wie den Asiaten ... mit den offenen Haaren wirkte Shoga ein wenig jünger und weicher, es brachte seine smaragdgrünen Augen zur Geltung und auch der perfekt gebaute und gepflegte Körper war in den anderen Kleidungsstücken gut erkennbar. 'Dio mio ... er ist wunderschön. Ob er das weiß ? Sicherlich, er ist in meinem Alter, er wird wohl um seine Wirkung wissen. Aber er ist so unbefangen und natürlich im Moment - ehrlich und freundlich, völlig offen. So wie du, Bianco, nicht wahr ? Er gefällt dir - mehr als nur gut, paß auf.' Leise ermahnte er sich selbst in Gedanken und für einen Augenblick wurden seine Augen dunkler, ehe die Lider sich darüber senkten - doch dann war dieser Eindruck wieder verschwunden und er sah wieder zu Shoga auf, lächelte und neigte sich dann vor, um seine Kaffeetasse aufzunehmen.

Das kurze Dunklerwerden der Augen wohl bemerkend, folgten die Augen Shogas der Bewegung und haftete einen Moment an den feinen Lippen Biancos, als er am Kaffee nippte. "Auch hier sind wir einer Meinung." wisperte er fast nur und strich sich dann sein Haar hinters linke Ohr zurück. "Ich denke, das klären wir dann alles, wenn wir die Firma gekauft haben. Da wir wohl noch die Einzigen sind, wird das nur noch eine Formalität werden. Ich hörte, das Essen nach dem Geschäftlichen fällt sogar aus, weil Alle das Weite gesucht haben." Er fand es leicht amüsant, daß die anderen Interessenten flohen, doch es zeigte, welchen Respekt sie hatten. Ihm spukten ähnliche Gedanken durch den Kopf, Bianco war Verlockung pur, jedoch verbannte er dies, da sein Gegenüber in Trauer war und schimpfte sich selber allein schon für solch taktlose Gedanken.

Jener war der Bewegung mit den Augen gefolgt, als sich Shoga das Haar hinterstrich – nickte einfach nur auf dessen Worte und trank einen weiteren Schluck, ehe er die Tasse beiseitestellte und sich wieder fing, denn diese Bewegung war mehr als nur anziehend gewesen. "Sie haben recht, Herr Asato ... und ich glaube, der ehemalige Eigentümer wird froh sein, wenn er von unserer Vereinbarung hört. Ich denke, es genügt, wenn wir das bis auf Weiteres mit unserem Wort besiegeln ... der Familie Asato gehören 50 % der Softwarefirma, der Familie Azzone 25 % und der Familie Mermano ebenso 25 %. Wir lassen unsere Sprößlinge Systeme für den jeweiligen Bedarf der Firmen entwickeln, wobei ich denke, daß wir sogar die selbe Software verwenden könnte, es würde uns im Gegenteil sogar sehr viel Arbeit ersparen und die Effizienz verstärken. Unsere Familien sind seit über zwei Generationen ohne irgendwelche Meinungsverschiedenheiten miteinander verbunden und ich würde mich freuen, durch diesen Vertrag ein weiteres Bündnis zu schließen, das diese Freundschaft und geschäftliche Verbundenheit noch verstärkt." Bianco machte dieses Angebot nicht ohne Grund – er wußte, daß die Asatos genauso wie seine Familie und auch die seines Schwagers sehr viel auf ein Ehrenwort gaben und auch oft nur das existierte, Verträge oft genug nicht einmal schriftlich festgelegt wurden, da man Einander vertraute.

Shoga stellte sein Bein wieder ab und lehnte sich dann leicht vor. "Solch ein Angebot kann ich unmöglich abschlagen. Die Verbundenheit unserer Familien bringt sehr große Vorteile. Das hat es so schon und ich denke, durch diesen Vertrag stärken wir unsere Firmen beidseitig... Ich bin damit mehr als nur einverstanden." Er reichte Bianco seine Hand, es war eine Geste, um den Plan zu besiegeln. Dabei lag ein warmes Lächeln auf seinen Lippen und in seinen grünen Augen. Ein Lächeln, das er zuvor noch nicht gezeigt hatte, es war eher ein privates und sehr entspanntes Lächeln.

Bianco nahm die Hand des Anderen und drückte sie zur Bekräftigung ihres Vertrages – doch als das Lächeln auf den Lippen Shogas erwachte, war es dem Hellhaarigen, als ob für einige Momente die Zeit stillstehen würde. Er wußte, daß dieses Lächeln eine Seltenheit und eine Ehre war, konnte es fühlen ... und auch auf seinen Lippen erwachte ein solch seltenes Lächeln, das bisher nur sehr, sehr wenige kannten. Doch dann bemerkte er es und senkte den Blick, so wie er auch ihre noch immer verbundenen Hände löste – das Gefühl, das er gerade gehabt hatte, war ihm bis ins Innerste gedrungen und hatte ihn aufgewühlt, es kostete ihn all seine Beherrschung, sich wieder zu beruhigen. Erst nach einigen weiteren Herzschlägen sah er wieder auf und nickte noch einmal – wies mit der Hand einladend auf das kleine Buffet, wisperte ein leises "Essen wir weiter, ehe es kalt wird." und lächelte, doch dieses Lächeln war wieder normaler, nur einen Hauch distanzierter, auch wenn es noch immer eines von den Lächeln war, die bei ihm selten waren. Es war noch zu früh – so sehr er sich auch nach Nähe und nach der Berührung eines liebenden Menschen verzehrte, er konnte sich nicht öffnen und er fürchtete auch, daß Shoga es falsch auffassen könnte.

Shoga hätte für einen Moment gedacht, daß sich Bianco von ihm angezogen fühlte, doch das konnte nicht sein. Der Mann vor ihm war verheiratet gewesen und hat drei Kinder, dessen Frau war verstorben und er trauerte noch immer. Und doch... ihm fiel etwas ein. Einmal hatte ihm sein Vater vorgehalten, daß er ihm keine Stammhalter schenken würde, daß Bianco es doch auch getan hatte, obwohl er Männer mochte. Damals hatte er ihm nicht richtig zugehört, doch je länger er nun drüber nachdachte, ergab es ein wenig Sinn. Doch da er sich unsicher war, tat er, als hätte er nichts bemerkt und nickte zu den Worten. Vielleicht würde er ein wenig testen, ob es wirklich stimmte, auch wenn ihm solche Spiele eigentlich zuwider waren. Er würde auch nur dessen Reaktionen beobachten. Er schmierte sich nun ein Brötchen mit Marmelade, biss davon ab und leckte sich dann die klebrige Süße von den Lippen. Es sah so unbewusst aus, und doch tat er es bewusst.

Erneut blieb der Blick Biancos an den Lippen des Anderen hängen und erneut wandte er sich nach einem kurzen Moment ab ... nahm die Kaffeetasse und trank einen Schluck, um sich darin zu flüchten und haderte innerlich mit sich selbst. Er ahnte nicht, daß er ausgelotet wurde – reagierte nur und es brauchte seine gesamte Beherrschung, um ruhig zu bleiben und dieses gerade so unpassende Gefühl, die Sehnsucht nach Nähe, zu unterbinden. Dies war ein Geschäftspartner, ein Angehöriger einer Familie, mit der die Seine mehr als nur gut befreundet war – er durfte sich gerade jetzt, da die Zukunft zweier ihrer Sprößlinge auf dem Spiel stand, keine Blößen oder Affronts erlauben und es war mit Sicherheit nicht förderlich, wenn er Shoga nun ein diesmal andersartiges, eindeutiges Angebot machen würde. Bianco wußte, daß sein Gegenüber nur Männer mochte – doch das war für ihn weder ein Grund, noch ein Anlaß, auf die Reize einzugehen und seinem eigenen Verlangen nachzugeben, damit vielleicht den Asiaten zu beleidigen.

Von den Gedankengängen ahnte Shoga nicht wirklich etwas. Die Flucht in die Kaffeetasse hatte ihm auch genügt, um seine Ahnung bestätigt zu wissen und so stellte er die reizenden Bewegungen und Gesten vorsichtig ein. Er durchbrach nun die Stille mit seiner ruhigen Stimme. "Wir sollten uns dann noch hinsetzen und einen Termin für die übrigen Besprechungen machen. Ich werde mir dann ein Penthouse mieten, da ich wohl länger als erwartet hier in Amerika verbleiben werde...Können sie mir eines empfehlen ?"

Fast sofort zeigte sich die Wirkung und Bianco wurde ruhiger, auch wenn er es nicht direkt merkte - bei der Frage nickte er kurz und lächelte wieder, lehnte sich zurück und antwortete leise, da dies vertrauteres Terrain war. "Aber natürlich, Herr Asato - wenn sie es möchten, wäre es mir eine Ehre, ihnen eines der Penthäuser meiner Familie anzubieten, bis sie ein geeignetes, eigenes Objekt gefunden haben. Allerdings wäre das in Chicago - wenn ihnen New York lieber ist, dann kann ich sie wärmstens meinem Schwager empfehlen, auch er besitzt viele Gebäude und wird sie selbstverständlich unterbringen, bis sie etwas gefunden haben. Sehen sie sich als Gast meiner Familie oder der meines Schwagers an - unabhängig von diesem Geschäft, es wäre uns eine Ehre."

"Chicago wäre mir deutlich lieber, als New York, ich finde, es ähnelt Tokio zu sehr... Und ich bin ihnen sehr dankbar für dieses Angebot, es ist mir eine Ehre, es annehmen zu dürfen." Shoga lächelte wieder leicht. Man sah, daß er froh darüber war. New York war durchaus verlockend, jedoch war es ihm zu voll, um dort dauerhaft zu wohnen. "Für Weiteres könnten sie mir dann vielleicht einen guten Markler empfehlen ?" fragte er nun noch nach, er vertraute auf Bianco.

Der Hellhaarige nickte und ein weiteres Lächeln erhellte seine Züge. Ein großes Gewicht schien von seinen Schultern genommen worden zu sein, als sich Shoga für Chigaco entschied - doch gleichzeitig bedeutete es auch eine enorme Last, da der Asiate nun immer wieder in seiner Nähe sein würde. "Wenn es ihnen recht ist, werde ich meinen Cousin dafür einschalten, er ist Makler - ich brauche lediglich ihre Wünsche, dann wird er passende Objekte für sie heraussuchen. Ich begleite sie, wenn es ihnen recht ist - so kann ich ihnen ein wenig meine Geburtsstadt zeigen und sie können sich sicher sein, daß sie von den Eigentümern nicht übervorteilt werden."

"Wunderbar...Ich habe ein wenig auf ihre Gesellschaft gehofft. Amerika ist noch etwas fremd. Eine Schande eigentlich, daß ich so selten hier bin. Meist nur ein paar Stunden und dann bin ich wieder in Japan." Shoga freute sich, zeigte es jedoch nicht zu offen, um Bianco nicht wieder zu verwirren mit seinem Lächeln. Er widmete sich nun jedoch wieder seinem Tee. Gegessen hatte er genug. Zwei Brötchen reichten ihm am Morgen.

Bianco hatte sich mit einem Brötchen begnügt und trank nun seine zweite Tasse Kaffee - er ließ sich absichtlich ein wenig Zeit mit der Antwort, ehe er die Tasse wieder abstellte und unmerklich nickte. "Japan ist ihre Heimat, Herr Asato - es ist verständlich, daß sie bisher nur auf Stippvisite in Amerika waren. Ich hoffe, daß sie sich schnell eingewöhnen, auch wenn es so anders ist, als ihr Geburtsland - obwohl es anders herum denke ich schwerer wäre. Und natürlich stehe ich ihnen zur Verfügung, wenn ich nicht gerade Termine habe - es wird mir eine Freude sein, ihnen Gesellschaft zu leisten, Herr Asato." Der Italiener verschwieg, daß es für ihn auch eine süße Qual werden würde - doch es abzulehnen, wäre ein größerer Fehler und so stimmte er zu, beherzigte den Ratschlag seines Schwagers, sich nicht vom Gram zerfressen zu lassen, wohlwissend, daß dieser darin schon Erfahrung hatte, ein geliebtes Wesen zu verlieren.

Ein Nicken begleitete die Worte des Blonden. "Ja, andersherum wäre es wohl wirklich schwieriger." Er lehnte sich nun wieder an, dann jedoch klingelte sein Handy und er erhob sich. "Verzeihen sie bitte." Mit den leisen Worten ging er zu dem kleinen Tisch und nahm sein Handy auf. Er sprach leise in Japanisch und wurde dann etwas lauter. Daß er sauer war, hörte man deutlich heraus, dann legte er seufzend auf. "Verzeihen sie. Das war einer meiner Brüder. Er hat ein schlechtes Timing."

Leise schmunzelnd, schenkte sich Bianco noch eine Tasse Kaffee ein - süßte ihn und nahm dann einen Schluck, ehe er ihm antwortete. "Machen sie sich darüber keine Gedanken - ich kenne das, wenn man von Verwandten Anrufe bekommt, manchmal zu den unmöglichsten Zeiten. Da wir allerdings ein ungezwungenes Frühstück haben und den Vertrag schon ausgehandelt hatten, brauchen sie sich keineswegs zu entschuldigen, Herr Asato. Sie klangen recht erzürnt, ich hoffe, es waren keine schlechten Nachrichten ?"

Ein leicht rosiger Schatten kroch in Shogas Wangen, wenn er nur dran dachte, was Shagen da gerade abgelassen hatte. "Hat man ihnen schon einmal von Shagen erzählt ?" fragte er leise, er wollte es gern wissen, um sich auf eine Antwort einzustellen.

"Shagen ? Ja, es heißt allgemein, er wäre das schwarze Schaf ihrer Familie, er wäre zügellos und das in jeder Hinsicht. Allerdings heißt es auch, daß sein Etablissement sehr gut gänge und ebenso berühmt wie berüchtigt sei, wie auch ihr Bruder. Doch ich selbst bilde mir eigentlich erst eine Meinung, wenn ich Jemanden persönlich getroffen habe, bitte verzeihen sie mir diese Neigung." Bianco antwortete ihm höflich und lächelte am Schluß, um die Worte ein wenig weicher klingen zu lassen - er hoffte, daß er Shoga nicht verärgert hatte, doch er hielt es für besser, ehrlich zu ihm zu sein und dies traf auch darauf zu, sich eine Meinung über Jemanden zu bilden.

"Eine löbliche Art, ihre Haltung über das Bilden einer Meinung....und Shagen, die Leute haben durchaus recht, er ist das schwarze Schaf der Familie....Und ein sehr Unverschämtes dazu noch....vielleicht können sie sich dann denken, was er mich fragte." Er war selten verlegen, doch jetzt war er es so ziemlich.

Bei den Worten hob sich eine der hellen Brauen Biancos - ein wenig verwundert sah er auf sein noch röter werdendes Gegenüber, strich sich dann selbst verlegen werdend eine Haarsträhne nach hinten und nickte zögernd. "Es ging bestimmt um Sex, nicht wahr ? Etwas, das zu ihm passen würde - und sie verlegen machen, Herr Asato."

Shoga nickte verlegen, er sah Bianco nicht an. "Nun, er kennt meine Neigung und fragte, wie die Amerikaner sind und ob ich ihm etwas mitbringe. Er schafft es immer wieder, mich in Verlegenheit zu bringen, als wenn er ein Gespür dafür hätte." Nun verkroch er sich in seiner Tasse und trank ein Schluck Tee. "Wir sollten das Thema vielleicht wechseln." murmelt.

"Aber gerne doch, Herr Asato. Wie wäre es, wenn wir uns überlegten, zu welcher Uhrzeit wir Herrn Miller über unsere Übereinkunft in Kenntnis setzen ? Der alte Herr dürfte inzwischen tausend Tode durchgestanden haben, ob wir uns einigen konnten ...." Man sah auch dem Italiener an, daß es ihm guttat, das Thema zu wechseln - dann trank er seinen Kaffee aus und nickte, stellte gewohnheitsgemäß sein Geschirr zusammen und wartete auf die Anwort seines Gegenübers.

"So bald wie möglich, so können wir alles rasch hinter uns bringen, ohne zuviel Zeit zu verschwenden. ...Ich bin wahrlich froh, daß wir die Einzigen sind und uns so einigen konnten. Es hätte Heute sicher lange gedauert, bis mit den Anderen zusammen etwas zustande gekommen wäre." Daß er froh über den Themawechsel war, sah man auch Shoga an, die Röte war verflogen. "Wenn sie möchten, unterrichte ich Herr Miller. Dann können wir uns fertigmachen und alles Weitere mit ihm besprechen. ...Vielleicht in einer halben Stunde im kleinen Konferenzraum ?"

Mit einem leisen "Sehr gerne, Herr Asato - und ich danke ihnen, daß sie mir die Arbeit abnehmen, ihm Bescheid zu geben, so kann ich meinen Schwager davon unterrichten, daß wir den Vertrag geschlossen haben. Bis in einer halben Stunde - ich werde in den Konferenzraum kommen und dort bringen wir das Geschäft zu Ende." verabschiedete sich Bianco und reichte seinem Gegenüber die Hand - wie auch schon zuvor, war das Gefühl, als ihre Haut sich berührte, einfach atemberaubend, doch diesmal beherrschte sich der Hellhaarige und ließ los, nickte noch einmal und verließ dann das Penthouse, um in das Seine zurückzukehren und sich zu beruhigen, ehe er das zuvor schon angekündigte Telefonat führte.

Derweil telefonierte Shoga mit Herr Miller. Dem Mann schien ein Fels vom Herzen gefallen zu sein, so, wie er sich angehört hatte. Als Shoga auflegte, seufzte er leise und trottete in Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen, dann machte er sich fertig für die Besprechungen. Mit dem Wechseln seine Anzuges wechselte er auch sein Verhalten. Er band sein Haar wieder in einen Zopf und wirkte schlagartig kühl, wie man ihn bei seiner Arbeit eben kannte. Er beschäftigte sich in Gedanken noch ein wenig mit Biancos Verhalten. Es war offensichtlich gewesen, wie er auf ihn reagierte, wenn er versteckte, erotische Gesten machte. Shoga fand, er war fast zu weit gegangen, die Reaktionen waren Flucht gewesen. Wenn er weitergemacht hätte, dann hätte sich Bianco sicher unwohl gefühlt und das wollte Shoga nun wirklich nicht. Er wollte den Italiener nicht vergraulen. Er konnte jedoch nicht anders, als ihn sich kurz ins Gedächtnis zurück zu rufen. Am Abend zuvor, nackt am Whirlpool. Shoga wurde warm und so unterdrückte er die Gedanken. Wenn das alles hier vorbei war, würde er sich vielleicht mal bei Shagen schlau machen, ob er nicht in Amerika ein guten Gigolo-Service kannte, damit er endlich ein wenig Luft ablassen konnte. Shoga verbarg diese Gedanken wieder, als er seine Aktentasche ergriff und dann hinausging und den schnellsten Weg zum kleinen Konferenzraum nahm. Er wollte nicht zu spät erscheinen. Er war eher zu früh mal wieder und so legte er seine Tasche auf den Tisch und ging zum Fenster des Raumes, um ein wenig hinauszusehen, während er wartete.

Gerade einmal zwei Minuten später – und ebenso vor der vereinbarten Zeit – kam auch Bianco herein und nickte nur kurz zur Begrüßung, ehe er seine Ledermappe auf den Tisch legte und sich setzte. Auch er hatte sich umgezogen und auch bei ihm zeigte sich nichts Anderes als die kalte Maske, die er grundsätzlich trug. Als dann auch Herr Miller hinzukam, nickte der Italiener nur und nahm die Verträge heraus, die er oben noch ausgedruckt hatte und legte sie sowohl Shoga wie auch Herrn Miller vor, damit sie die noch fehlenden Daten nachtragen konnten. Nachdem dies schließlich geschehen war und der ehemalige Eigentümer vor Freude strahlend gegangen war, seufzte Bianco leise – nickte dann noch einmal und sah zu dem Asiaten, ehe wieder ein etwas weniger kühles Lächeln auf seinen Zügen erwachte. "Nun ist nur noch diese Seite hier übrig – die Vereinbarung, wie mit den alten Mitarbeitern zu verfahren ist. Möchten sie ...?"

"Sehr gern, so haben wir diesen Punkt auch hinter uns gebracht." erwiderte Shoga und lächelte auch noch mal, bevor sie alles Wichtige besprachen. Gerade, welche Arbeiter sie behielten. Es mussten loyale Männer und Frauen sein, keine Vorstrafen auf jeden Fall. Nicht nur junge Angestellte, sondern auch die Älteren. Beide schienen am Ende ihrer Besprechung zufrieden zu wirken. "Dann hätten wir alles geklärt, Haku wird sich freuen. ...Wir haben genug Zeit, die Firma neu zu organisieren, bis er seinen Abschluss in der Tasche hat."

"Ja - und ich denke, daß Farfalla sich gerne in diese Arbeit stürzen wird, er mag es, frischen Wind in angestaubte Organisationen zu bringen. Wobei ich zu einem anderen Gedanken komme, Herr Asato - da die Verhandlungen ja so erfreulich schnell gingen, brauchen wir eigentlich nicht mehr hierzubleiben. Darf ich ihnen und ihren Mitarbeitern anbieten, im Privatjet meiner Familie nach Chicago zu fliegen ? So sparen sie sich Kosten und Mühe ...." Bei den ersten Worten war Bianco ebenso wie der Asiate aufgestanden und hatte Shoga seine Hand gereicht - doch bei den Letzten lächelte er wieder, denn es wäre pure Verschwendung, wenn Shoga sich einen Linienflug buchen müßte, bei dem er nicht einmal wußte, ob dieser pünktlich wäre oder mit wem er reisen müßte.

Shoga lächelte dankbar. "Das wäre mir wirklich eine Erleichterung, Herr Azzone. Der Flug hierher steckt mir noch in den Knochen. Die erste Klasse war zwar vorzüglich, trotz allem sehr anstrengend. ..Es wäre mir also eine Ehre, dieses Angebot anzunehmen." Sein Lächeln wurde wärmer für einen Moment.

'Wieder dieses Lächeln ... wie eine Sonne, die plötzlich durchschimmert.' Leise Gedanken, die Bianco durch den Kopf huschten - doch er verbannte sie wieder und verfluchte sich selbst, da sein Lächeln für einen Moment lang ebenso weich geworden war, nickte und löste ihre Hände, um seine Mappe aufzunehmen und Shoga die Türe aufzuhalten. "Wir werden in zwei Stunden fahren - so bleibt uns noch genug Zeit, die Koffer zu richten, ich werde dann bei ihnen klopfen, wenn es soweit ist." Mit den Worten waren sie schon am Aufzug angelangt und schnell nach oben gefahren - dort angekommen, verabschiedete sich der Hellhaarige noch und ging in sein eigenes Zimmer, verschloß die Türe hinter sich und brach fast sofort danach in die Knie und schlang die Arme um seinen Oberkörper. Diese Gefühle ... er hatte gedacht, sie wären mit Rosa gestorben und doch ... ein jedes ehrliche Lächeln des Asiaten trieb unzählige Dolche durch Biancos Adern, ließ ihn wieder fühlen - etwas, das er sowohl ersehnte, als auch fürchtete, wie nichts zuvor in seinem Leben.

}|{

 

Website Design Software NetObjects Fusion
Bar08
Bar08b