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“Xavier und Archaion” 12
 

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Mit einem schon fast zärtlichen Lächeln nahm Archaion das feine Goldgeschmeide mit den Rubinen auf, das er von Xavier bekommen hatte, als sie sich das erste Mal trafen ... es war eines der Lieblingsschmuckstücke des weißen Magiers, auch wenn seither viel Zeit vergangen war. Zweiundachzig Jahre, um genau zu sein ... und sie waren noch immer so verliebt und glücklich, wie an diesem ersten Tag. Es erstaunte Archaion noch immer, wie schnell und auch wie tief er sich in den Schwarzmagier verliebt hatte – doch seine Gefühle ließen keinen Zweifel zu und das Lächeln des Weißblonden vertiefte sich noch, als er das feine Geschmeide um seinen Hals legte und dazu passende Ohrringe und Armreifen aussuchte. Heute Abend würden sie auf einen der berühmten, venezianischen Bälle gehen ... sie gastierten schon seit einigen Wochen hier in einem edlen Gasthaus in Venedig, und dieser Ball war etwas Besonderes. Es war der Eröffnungsball für die Zeit des Faschings und der Doge persönlich würde Heute hier sein und ihn eröffnen. Die Gelegenheit war einfach nur einmalig und Archaion freute sich schon darauf, mit seinem Liebsten hinzugehen. Natürlich wußte der Weißblonde, daß Xavier die Gelegenheit nutzen würde, um die Schatzkammer des Dogen zu plündern ... doch dies war dessen Geschäft und Archaion hinderte ihn nicht daran, vor allem, wenn er daran dachte, daß für ihn auf diese Weise ein herrlicher Ball mit inbegriffen war. Und diese Gedanken führten ihn unweigerlich zu der schweren Entscheidung, was er für den Ball tragen sollte, um seinem Liebsten auch das Schmuckstück zu sein, daß dieser verdiente, Nach einigen Minuten, die Archaion vor seinem offenen Schrank verbracht hatte, entschied er sich schließlich und nahm lächelnd ein Ensemble heraus, das wirklich seinesgleichen suchte. Der fast bodenlange Rock hatte die gleiche rubinrote Farbe wie die vereinzelten Haarsträhnen Archaions, fiel ab den Hüften weit und weich wie eine Blüte und an der Seite wurde eine fast unsichtbare Naht durch rubinrot gefärbte Pfauenfedern gesäumt. Das Hemd dazu besaß ein etwas dunkleres Rot und war bis zum Brustbein hin offen – der hohe, offene Kragen betonte das feine Goldgeschmeide und die Ärmel wurden ebenso von roten Pfauenfedern geschmückt. Dazu gehörte ein bodenlanges, leichtes und wallendes Cape, das fast schwarzrot gefärbt war – und auch die Säume und der Kragen dieses Capes war mit roten Pfauenfedern geschmückt, so daß Archaion einem roten, wunderschönen Pfau glich. Das Ensemble wurde von feinen Schuhen aus schwarzem Leder und einer Halbgesichtsmaske abgerundet, die einen sachten Schnabel formte und durch die rote Farbe und die langen, roten Pfauenfedern den Eindruck perfektionierte. Zum Schluß nahm Archaion noch Handschuhe aus hauchdünner, dunkelroter Seide auf, nickte kurz zu sich selbst und ging nach nebenan, um sich dort seinem Liebsten zu zeigen.

Der war schon länger fertig und trug, wie sollte es auch anders sein, schwarze Kleidung. Er trug eine Dämonenmaske und der Fellkragen seiner Kleidung verstärkte das unheimliche Aussehen noch um Längen. Als Archaion eintrat, drehte Xavier sich um und lächelte breit. "Wir sind wie immer ein Gegensatz wie Tag und Nacht, mein Schöner." Mit den Worten kam er zu seinem roten Pfau und zog ihn in seine Arme. "Du wirst dort der Schönste sein, mein Schöner."

Bei den Worten errötete Archaion und lächelte verlegen, während er sich auch sogleich an den Größeren schmiegte. Das Lächeln des Schlankeren wurde allerdings ebenso wie der Ausdruck seiner Augen nach einem Herzschlag weich und zeigte nur zu gut, wie sehr er ihn liebte, als er ihm leise antwortete. "Nur für dich, mein Herz ... nur für dich und Keinen sonst." Noch während er sprach, berührte Archaion zärtlich die Dämonenmaske und die Wange, die darunter sichtbar war, ehe er die schlanken Finger in den Nacken Xaviers legte und sacht mit den langen, dunklen Haaren spielte. "Aber nicht so schön wie du, mein Herz – du bist das Sinnbild purer Härte und Männlichkeit, du wirst alle Herzen auf dem Ball für dich erobern."

"Ich will sie aber gar nicht haben, ich will nur dein Herz, und das gehört mir schon." wisperte Xavier, neigte sich etwas herab und küsste seinen Liebsten hart, aber auch liebevoll. Dann löste er sich von ihm, denn draußen wartete eine Gondel auf sie. "Gehen wir ? Ich möchte sehen, wie du den Männern den Kopf verdrehst."

Ein leises "Schmeichler ..." wispernd, nickte Archaion ... doch es änderte nichts an seinem liebevollen Blick, als er sich an Xaviers Arm einhakte und mit ihm zur Gondel ging. "Aber ich denke, dir ist es ganz Recht, wenn ich alle Aufmerksamkeit auf mich lenke, damit du an die Schatzkammer kommst ... die Schätze des Dogen sollen beachtlich sein, ich denke, es lohnt sich für dich, mein Herz."

"Ich weiß, es lohnt sich garantiert und du bist wirklich die beste Ablenkung. Aber ich schlage erst am Ende zu, ich möchte den Abend schon gern genießen." Xavier setzte sich neben den Weißblonden und lächelte, weil sie nicht alleine auf dem Kanal waren. Viele Maskierte waren auf dem Weg zum Dogenpalast und hier und da sah er schon jetzt wertvollen Schmuck an den Hälsen schöner Frauen.

Auch Archaion bemerkte den wertvollen Schmuck und schmunzelte leise, da er schon die Erwartung in seinem Liebsten fühlen konnte. Doch er machte ihm deshalb keine Vorhaltungen, im Gegenteil – gerade diese Eigenschaften machten das Schwarze in Xavier aus und deshalb mochte der Weißblonde diese Eigenschaften so an ihm. "Erneut schmeichelst du mir, mein Herz ... doch ich mag es, wenn du so galant zu mir bist, es ist ist herrlich, wenn du mir vor anderen Menschen zeigst, daß wir ein Paar sind." Gerade das war etwas, das Archaion immer wieder verwunderte und glücklich machte – denn der Schwarzmagier mußte es nicht tun und das machte es noch wertvoller.

Das tat er aber auch zum Teil aus Eigennutz, er wollte zeigen, daß Archaion ihm gehörte. Und er zeigte es sehr oft und sehr deutlich, und so würde er es auch Heute wieder zeigen. Als sie am Palast eintrafen, half er seinem Liebsten aus der Gondel und fühlte schon die ersten Blicke, die sie beobachteten ... es war ein angenehmer Kick, er liebte es, Menschen zu schockieren.

Und nicht nur er ... auch Archaion mochte es, den Frauen und Männern zu zeigen, daß auch ein Mann schön, begehrenswert und begehrt sein konnte, ohne dabei auf übermäßig viel Parfüm, Schminke und andere Schönheitsmittel zurückgreifen zu müssen. Mit besonderer Freude erfüllte ihn aber immer die Tatsache, daß er und Xavier manchen Zögernden dazu verhalfen, sich ihrer eigenen Sexualität zu stellen und selbst etwas zu wagen ... denn auch wenn es eigentlich bekannt und oftmals erlaubt war, so zögerten doch viele Männer, sich öffentlich dazu zu bekennen, Schwul zu sein. Dann wurde der Weißblonde jedoch abgelenkt, als er sich bei seinem Liebsten einhakte und den Palast des Dogen betrat ... Xavier reichte dem Diener am Eingang ihre Einladungen und sie wurden sofort nach innen geleitet, wo ihnen weitere Diener die Handschuhe und Mäntel abnahmen und wieder andere Diener sie in den prunkvoll geschmückten Festsaal führten.

Und dort fielen sie schon gar nicht mehr auf. Es wimmelte vor bunten und teuren Kostümen, zum Teil erkannte man wirklich nicht, wer Mann oder Frau war. Ohne, daß es Jemand bemerkte, raubte sich Xavier schon mal eine zarte Kette von der Hüfte einer Frau und ließ sich auch gleich unauffällig verschwinden, hier würde es kein Theater geben, die Kette war so dünn, daß sie auch gerissen sein konnte.

Leise schmunzelnd, bewegte Archaion kurz seine Finger und nickte, als ein perfektes Abbild der Kette an der Hüfte der Frau auftauchte. Die Illusion würde genau so lange halten, bis sie aus dem Dogenpalast trat und in eine der Gondeln stieg – und dann konnte Niemand mehr Xavier etwas anlasten. Diesen Zauber wandte der Weißblonde ein jedes Mal an, wenn sein Liebster etwas stahl – auf diese Weise konnte der Schwarzmagier mehr erbeuten und sie würden geschützt sein, da Niemand etwas bemerkte. Und auch wenn sie hier und da in ein Gespräch verwickelt wurden ... Archaion achtete stehts darauf, daß er seinen Liebsten hin und wieder berührte, ihn schmückte und unmißverständlich zeigte, daß er nur Augen für ihn hatte.

Und so war es auch umgekehrt. Xavier genoss diesen Ball sichtlich, es war eine schöne Abwechslung. "Wir sollten das öfter tun, diese Zeit gefällt mir sehr, sie ist fast so dekadent wie damals in Rom."

"Rom ? Nun ... vielleicht sollten wir auch einmal nach Rom fahren, wenn wir hier in Venedig fertig sind ? Es ist schon sehr lange her, daß ich die Bibliotheken in Rom besuchte, und mit deinem herrlichen Tarnzauber können wir hingehen, ohne daß uns die Anderen bemerken." Allein schon der Gedanke, endlich wieder einmal die großen Bibliotheken Roms besuchen zu können, um neue Zauber zu lernen, ließ Archaions Augen erstrahlen – es war, als hätte diese Flamme lange Zeit geschlummert und erwachte nun in ihrer Glut, denn gerade die Suche nach Wissen war etwas, das sie Beide tief verband.

"Wir können ja dorthin. Ich bin gespannt, was es Neues gibt, obwohl ich denke, daß diesen weißen Stümpern kaum etwas Neues eingefallen ist." Xavier sprach von den weißen Magiern, die das Wissen kaum noch erweiterten, sondern inzwischen fast nur noch hüteten.

Mit einem kurzen Nicken schmiegte sich Archaion noch ein wenig näher, um den herrlichen Körper Xaviers zu genießen. "Das ist wahr ... sie sind zu dumm oder faul, um was Neues zu entwickeln, anders als wir Beide. Hmmm ... denkst du, du kannst mich in eine Bibliothek der Schwarzen bringen ? Dort gibt es immer wieder neue Zauber." Dann verstummte der Weißblonde wieder, als er eine der adeligen Damen mit einem zarten Handkuß begrüßte und ihren Begleiter mit seinem strahlenden Lächeln völlig aus der Fassung brachte.

Xavier nickte Beiden nur zu und als sie weg waren, wisperte er ein leises "Aber natürlich kann ich das. Und du hast Recht, dort gibt es sicher Neues. Schwarzmagier versuchen immer, sich untereinander zu übertrumpfen. Aber mich können sie nicht übertrumpfen. Ich bin einer der Besten." Und er war stolz darauf. Als eine weitere Dame kam, gab er ihr diesmal einen Handkuss und raubte den herrlichen Rubinring.

"Aber natürlich bist du das, mein Herz – ich kenne keinen Schwarzmagier, der besser ist als du." Während der Weißblonde wisperte, schnippte er leise mit den Fingerspitzen und zauberte so eine Duplikatsillusion auf der Hand der Dame, die schon wieder weitergegangen war und schmunzelte, als er den Ring in der Hand seines Liebsten berührte. "Es ist immer wieder erstaunlich, wie geschickt deine Finger sind, mein Herz ... du könntest eine Karriere als Dieb beginnen, wann immer dir das Zaubern langweilig wird."

Xavier lachte leise, neigte sich zum Ohr seines Liebsten und raunte ein "Und du die eines Gigolos.", bevor er ihm einen Kuss auf die Haut hinter dem Ohr hauchte und lächelte, weil ein Jüngling mit offenem Mund dastand. Xavier lachte leise und klappte dem Burschen den Mund wieder zu. "Vorsicht, nicht, daß etwas in deinen hübschen Mund fliegt."

Auch der als rote Pfau verkleidete weiße Magier lachte leise, schauerte wohlig unter den Zärtlichkeiten seines Liebsten und lächelte nun den Jüngling an, der hochrot wurde und nicht wußte, was er sagen konnte. "Du hast Recht, mein Herz ... dieser schöne Mund sollte nach allen Regeln der Kunst verwöhnt werden. Vielleicht solltest du dir einen Gefährten für die Nacht suchen, mein hübscher Junge ? Es wäre zu schade, wenn du alleine in die Decken deines Bettes müßtest ..." Archaion merkte wohl, wie verlegen er den Jungen machte – doch er wollte auch, daß dieser Jüngling sich seiner Gelüste gewahr wurde und vielleicht durch die Worte des weißen Magiers ermuntert wurde, sich einen Bettgefährten zu suchen.

Das hielt Xavier nicht davon ab, mit den Fingern über die weichen Lippen des Jünglings zu streicheln. Nebenher bemerkte er einen älteren Mann, der zu ihnen blickte und lächelte. "Sieh dort, er verzehrt sich nach dir, mein Hübscher. Er ist stattlich und nicht zu alt." Der junge Mann wurde noch röter auf den Wangen, denn er fing den Blick des älteren Mannes mit seinen Augen und keuchte leise, als Xavier ihn in dessen Richtung schob. Das tat er so kraftvoll, daß der Junge in dessen Arme stolperte. "Bei denen würde ich zu gern Mäuschen spielen." Xavier lachte leise und schnappte sich seinen Liebsten.

Der erschauerte fühlbar in den Armen des Größeren und lachte leise, hauchte einen sehnsüchtigen Kuß an dessen Wange und wisperte sanft in das Ohr des Schwarzhaarigen. "Du bist manchmal gemein, mein Herz ... mich so anzuheizen, wo du doch weißt, daß es noch so lange dauert, bis wir uns den Freuden unserer Körper hingeben können und du mich bald hier zurückläßt, um die Schätze des Dogen zu erbeuten. Und du weißt so gut wie ich, wie sehr das Warten uns Beide heiß werden läßt und damit unsere Nächte entflammen ..."

"Daher mache ich das auch ... eine heiße Nacht ist doch immer wieder viel schöner." Xavier wisperte und raubte Archaion einen heißen Kuss. "Lass uns ein wenig tanzen." bat er gleich darauf und zog seinen Geliebten in die strenge Reihe der tanzenden Paare.

Leise lachend, ließ sich Archaion auf die Tanzfläche ziehen und neigte seinen Kopf, wie es der Tanz erforderte. Es fiel dem Weißblonden nicht schwer, die Rolle der Frau in den Tänzen zu übernehmen ... vor allem nicht, wenn er solch einen dominanten, wunderschönen und maskulinen Partner wie Xavier hatte. Es war eine Freude, mit ihm zu tanzen und sich immer wieder in dessen starken Armen wiederzufinden, ehe die Tanzschritte sie wieder auseinanderbrachten ... so vorgeschrieben die Tänze auch waren, sie boten trotzdem genug Gelegenheit für Nähe und zärtliche Berührungen.

Und Xavier genoss es, die wenigen Gelegenheiten schamlos auszunutzen, denn er berührte Acharion, wo es nur ging, um ihn für die Zeit nach dem Ball weiteres Feuer zu schenken. Als der Tanz vorüber war, verneigte er sich tief vor dem Weißblonden und zog ihn dann aber wieder dicht an sich heran. "Nach dem Ball gehen wir noch etwas spazieren ... wie fändest du das ?" fragte er leise. Er zog es somit noch weiter hinaus, die Energie von Archaion würde so noch stärker werden, wenn sie sich dann endlich vereinigten.

"Gerne, mein Herz ... mehr als nur gerne, das weißt du doch ? Eine jede Minute, die ich mit dir verbringe, ist wie der Himmel, den ich schließlich in deinen Armen finde." Während er sprach, ließ Archaion seine Lippen über den Hals seines Liebsten streichen und kostete genießend die hellere, duftende Haut des Schwarzmagiers. Nur mit Mühe gelang es ihm, sich wieder von Xavier loszureißen, da nun für sie Beide der Höhepunkt des Abends kommen würde und mit einem etwas wehmütigen Lächeln wob der weiße Magier den Zauber, der Xavier unsichtbar werden ließ und an seiner Statt eine Illusion schuf, die nun lebensecht mit Archaion an den Rand des Saales ging, um ein wenig zu plaudern.

Derweil machte Xavier sich auf zu der Schatzkammer, um sie zu plündern. Er reiste zwar nicht mehr als Pirat über die Meere, aber das Stehlen hatte er noch immer nicht aufgeben können. Die Kammer war gut verriegelt, aber durch seinen Schattenzauber kam er wirklich ohne Probleme dort hinein und grinste breit, als er eine kleine Flamme in seiner Hand erscheinen ließ. So sah er die Schätzte und lachte leise. "Na, das lohnt sich wirklich." wispernd, zog er einen kleinen Beutel hervor, sprach einen Zauber und ließ alle Schätze schrumpfen und in dem Beutel verschwinden. Mit diesem kleinen Teufelsding hatte er schon einiges an Schätzen geraubt und unauffällig weggeschafft. Es dauerte also auch keine Stunde, dann war Xavier wieder bei Archaion und nahm die Stelle der Illusion ein.

Leise schmunzelnd, ließ der Weißblonde die Illusion versiegen, sobald sein Liebster an deren Stelle war ... dann schmiegte er sich an ihn und hauchte ihm einen zärtlichen Kuß auf die Lippen, ehe er zärtlich zu ihm wisperte. "Wenn ich nach deinem zufriedenen Lächeln gehe, dann warst du erfolgreich, mein Herz ... etwas, das ich niemals bezweifelt habe. Es ist doch immer wieder erfreulich, wie gut man manche Hauszauber verwenden kann, nicht wahr ? Ich denke, der Weißmagier, der den bodenlosen Reisebeutel erfand, dachte nicht, daß er einmal zu so etwas verwendet werden könnte ..." Es war nur ein einfacher Reisezauber ... doch er konnte für so vieles verwendet werden, Möglichkeiten, die den verstaubten Gedanken der weißen Magier nicht in den Sinn kamen.

"Oh ja, ich denke, er würde sich im Grabe umdrehen." lachte Xavier und küsste seinen Liebsten auch noch mal. "Lass uns gehen, ich habe genug und die Düfte hier gehen mir langsam auf die Nerven." Was das anging, war der Schwarzmagier empfindsam und gerade auf einem Ball vermischten sich die verschiedensten Düfte zu einem grausamen Gemisch zusammen.

Noch im gleichen Moment legte Archaion einen weiteren, simplen Hauszauber über sie, der die Gerüche um sie herum von ihren Nasen fernhielt, während sie langsam und immer wieder einmal mit einigen Gästen redend, aus dem Saal schlenderten und sich von den Dienern am Ausgang ihre Capes und Handschuhe wiedergeben ließen. "Die Nacht ist wirklich herrlich, mein Herz ... die Monde leuchten ebenso wie die Sterne und scheinen uns nur dazu einzuladen, ein wenig Ruhe zu finden. Deine Idee ist wundervoll, es wäre eine Schande, in einer solchen Nacht nicht spazierenzugehen."

"Gerade diese Stadt ist sehr schön, finde ich." murmelte Xavier und lächelte. Es war schon seltsam, er war zwar ein Schwarzmagier, aber er hatte auch ein Auge für solch feine Dinge. "Lass uns Richtung Meer gehen, am Hafen ist es schön." Irgendwie steckte doch noch der Pirat ihn ihm, es zog ihn oft zum Meer.

Ein leises "Gerne." antwortend, hakte sich Archaion wieder bei seinem Liebsten unter. Zu seiner Freude hatten sie ihre Masken abgelegt, so daß er einen ungehinderten Blick auf das markante Gesicht Xaviers erhaschen konnte und der noch immer jung aussehende Weißmagier lächelte verliebt, als sie langsam die Straßen entlanggingen. Das Meer war schon zu hören ... das ewig gleiche Rauschen der Wellen, das doch immer wieder einladend und vielseitig erklang, die hohen Rufe vereinzelter Möwen und auch manchesmal das sachte Schlagen eines Segels, das den Wind fing. "Das Meer lockt dich noch immer, mein Herz ... und ich kann es verstehen, es gibt wenig, das so faszinierend ist."

"Ich glaube, das werde ich nie los." wisperte der Schwarzhaarige und lächelte, als man das Meer sehen konnte und ihnen die steife Meeresbriese entgegenwehte. Sie würden ein wenig hier verweilen, es schien schon seltsam, daß Xavier so eine Sehnsucht nach dem Meer hatte, wo er doch in den Wäldern geboren worden war.

Doch vielleicht war gerade das der Grund – vielleicht war es die schier endlose, verheißende Weite, die einen solchen Gegensatz zu den eher begrenzenden Wäldern und Ländern bildete. Archaion war es egal ... er genoß es nur, sich mit seinem Liebsten auf eine Bank zu setzen und sich an ihn zu kuscheln, seine Nähe zu fühlen und dem sachten Rauschen der Wellen zu lauschen, die an die steinerne Kaimauer brandeten. "Du bist zufrieden, mein Herz ... verlief der Raub nach deinen Wünschen ? War die Schatzkammer so gut gefüllt, wie es die Gerüchte verhießen, mein Herz ?"

"Ja, sogar fast noch besser." Xavier zog den Beutel hervor und griff hinein, um etwas herauszuziehen. Es war eine goldene Kette mit kleinen Rubintropfen und einem etwas größeren Rubinanhänger. "Die ist für dich, ich dachte, sie steht dir sicher ganz ausgezeichnet." Er reichte sie seinem Liebsten und hoffte, daß er richtig gelegen hatte.

Mit vor Überraschung großen Augen nahm Archaion sie an und betrachtete die herrlich fein gearbeitete Kette in seinen Fingern ... die blutroten Tropfen und der große, fein gefaßte Rubin in der Mitte boten einen einfach nur wunderschönen Anblick und der Weißblonde konnte nicht verhindern, daß sich glitzernde Tränen reinster Freude von seinen langen Wimpern lösten. Einen Moment lang betrachtete er noch das herrliche Geschmeide – doch dann warf er sich an Xavier, umarmte ihn und küßte ihn stürmisch, lachte an dessen Lippen und ließ seiner Freude sichtbaren Lauf. "Das ... sie ist so wunderschön, mein Herz ... so wunderschön ! Ich werde sie für dich tragen, sobald wir aus Venedig abgereist sind ... so oft du es möchtest und wann du es möchtest, mein Herz. Ich danke dir ..." Dies war eine der wenigen Schwächen des weißen Magiers – seine Vorliebe für Rubine, die in Gold gefaßt waren. Doch er mochte den Schmuck nicht aus Eitelkeit, sondern weil ihn die Steine und das weiche Metall faszinierten ... und weil er auch ein Schmuckstück für Xavier sein wollte.

Daher hatte Xavier die Kette auch sofort abgesondert, so konnte er sie schneller finden und seinem Liebsten schenken. "Ich dachte mir schon, daß sie dir gefällt und ich freue mich, wenn du sie trägst ... und ich hoffe, du wirst dann beim ersten Mal nichts außer dieser Kette tragen."

Die leisen Worte ließen den Schlankeren fühlbar erschauern und er schmiegte sich noch näher, hauchte zarte Küsse auf die weiche Haut am Hals Xaviers und es dauerte eine Weile, ehe er ihm schließlich antworten konnte. "Wie du es wünscht, mein Herz ... es gibt nur wenig, das schöner ist als mit dir die Felle zu teilen, wenn du dabei auch den Schmuck liebkost, den ich für dich trage. Valvard hatte Recht – die Magie, die durch die Edelsteine entsteht, mit der Sexmagie zu vermengen, erhöht den Reiz noch um ein Vielfaches." Etwas, das man schon jetzt fühlen konnte, denn allein der Gedanke an das, was Xavier gerade vorgeschlagen hatte, ließ die Lust in Archaion in weichem Weiß erwachen.

Und sorgte dafür, daß Xavier die Magie, die schon davon entstand, in sich aufnahm. "Lass uns gehen, ja ? Ich werde uns eine Gondel besorgen, es ist dann schöner." Er mochte die Gondeln, damit zu fahren war angenehm und vor allem ging es schneller als laufen, weil die verschlungenen Wege der Stadt den Weg lang machten.

"Gerne, mein Herz ... laß uns noch ein wenig in die Stadt hineingehen, dort bekommen wir eher eine Gondel." Es hatte auch den Vorteil, daß sie so noch ein wenig miteinander spazieren gehen und einander nahe sein konnten ... und als Xavier ihm zustimmte, küßte Archaion ihn stürmisch und lachte leise, zog ihn auf und hakte sich wieder bei ihm unter, damit sie noch ein wenig an den Wegen entlangflanieren konnten. Schließlich entdeckte der Weißblonde eine herrlich geschwungene Brücke, die im Mondlicht schimmerte ... sie war besonders reich verziert und so wandte sich Archaion mit einem liebevollen Lächeln an seinen Liebsten. "Diese Brücke ist wunderschön ... ich würde gerne ein wenig darauf das Mondlicht genießen, könntest du schon nach einer Gondel sehen ? Hier gibt es gewiß welche ..."

Xavier sah bei der Brücke einen Maler und so konnte er sich schon denken, daß Archaion neugierig war und dorthin wollte. "Natürlich, geh nur, ich suche dann eine Gondel und wenn uns Keiner fährt, dann stehle ich eine." Er küsste seinen Liebsten und ging dann los. Er würde sich ein klein wenig Zeit lassen, damit sein Liebster etwas Zeit hatte.

Der hatte den Schwarzhaarigen noch einmal stürmisch geküßt und machte sich nun auf den Weg zu der nahegelegenen Brücke, an der er den Maler gesehen hatte. Diese Kunst war etwas, das Archaion sehr faszinierte – gerade auch deshalb, weil er es selbst nicht konnte. Beim Näherkommen erwachte nur ein etwas seltsames Gefühl in ihm, es war ähnlich wie bei anderen Magiern, doch nicht das gleiche. Aber es war nichts Böses und so kam er näher und lächelte, als er den Künstler leise ansprach. "Eine wunderschöne Nacht, nicht wahr ? Sie sind Künstler ?"

Filippo sah auf, er hatte den Mann gar nicht bemerkt und was er jetzt sah, raubte ihm fast den Atem. Seine dunkelgrünen Augen schimmerten fasziniert, der Mann vor ihm war wirklich wunderschön und irgendwie beruhigend. "Ich ... ja, ich bin Künstler, mein Herr. Und ja, diese Nacht ist sehr schön."

Mit einem Lächeln, das nur zu deutlich die Begeisterung Archaions zeigte, nickte dieser und neigte sich ein wenig näher, um das Bild des Malers zu betrachten. Es zeigte die Sicht von der Brücke aus über den Kanal zum Meer und fing die herrlichen Blautöne des Lichts der Vollmonde einfach nur einzigartig ein. "Das ist wunderschön ... einfach nur wunderschön. Haben sie noch mehr dieser Bilder ? Und malen sie vielleicht auch Portraits ? Es gibt nur wenige Künstler, die schon so jung soviel Talent besitzen, wie sie ..."

Filippo bemerkte das weiche Glitzern in den Augen des Mannes und er nickte sacht. "Ja, ich male auch Portraits. Landschaften und Stilleben male ich nur für mich selbst, diese Bilder sind nicht sehr beliebt. Portraits werden lieber genommen." Während er sprach, fühlte er seinen Schatten in der Nähe. Adelmo verfolgte ihn regelrecht, seit er ihm eine Absage erteilt hatte, ihn zu malen.

Der junge Vampir verengte die eigentlich weichbraunen Augen, als er sah, wie sich der Weißblonde seinem Schwarm näherte ... Filippo war ebenfalls ein geborener Vampir, doch um einige Jahrzehnte jünger und auch unerfahrener. Adelmo fühlte, daß dieser Mensch nicht nur ungewöhnlich aussah, sondern auch eine besondere Aura hatte – er hatte sie schon öfter gefühlt, manchesmal mit einem bösen, dunklen, doch oft auch mit einem hellen und reinen Einschlag. Dieser hier war aber anders – er war hell, doch selbst aus dieser Entfernung konnte Adelmo riechen und fühlen, daß dieser Weißblonde erregt war, etwas, das die Eifersucht in ihm fühlbar hochkochen ließ. Archaion hingegen bemerkte ihn nicht, da er sich völlig auf den jungen Maler konzentrierte, sich neben ihn setzte und mit einem freudigen Lächeln weitersprach. "Es wäre mir eine Ehre, wenn sie mich malen könnten ... und wenn es ihnen nichts ausmacht, dann würde ich auch gerne ihre anderen Arbeiten sehen, ich interessiere mich sehr für Landschaften, wenn sie so schön wie die ihren sind."

Filippo war freudig überrascht und lächelte etwas schüchtern. "Wenn sie sich so sehr dafür interessieren, würde ich sie ihnen gern zeigen, mein Herr." Er fühlte, daß der Mann es ernst meinte und irgendwie bemerkte er auch diese helle Aura, jedoch nicht bewusst. "Und ich würde sie gerne malen." Dieser Mann war sehr nett und zeigte ein offenes und ehrliches Interesse, daher sagte Filippo auch zu. Er fühlte aber im selben Moment, daß Adelmo wütend wurde und sein Blick schweifte dorthin, wo er ihn zuletzt gefühlt hatte, doch der Schwarzhaarige war nicht mehr dort.

Vor Wut kochend, hatte sich dieser in die Gasse herabfallen lassen und knurrte leise – dann tarnte er sich ein wenig mit den Schatten um sich herum, lief näher und fletschte die langen Fänge, als er sah, wie Archaion nickte und sich unbewußt eine der hellen Haarsträhnen nach hinten strich und damit förmlich im Mondlicht leuchtete. Es war erniedrigend für den jungen Vampir, daß Filippo diesem Menschen zusagte, ihn zu malen – und auch sichtliches Interesse an ihm hatte. Allein schon der Gedanke, was dabei passieren konnte, ließ ihn weiß vor Wut sehen und schließlich hielt er es nicht mehr aus, stürzte aus der Gasse und griff nun den erschrocken aufschreienden Weißmagier an.

Filippo war ebenso überrascht und sprang auf, dann sah er aber etwas in der Hand des hellhaarigen Mannes leuchten und er sprang instinktiv zwischen Archaion und Adelmo. Xavier kam nur Momente später und sah gerade noch, wie der Maler zu einer Karte wurde und der andere Vampir überrascht innehielt. Xavier hatte nach einer Gondel Ausschau gehalten, doch dann fühlte er etwas, das ihn beunruhigte. Wie es aussah, hatte ihn dieses Gefühl nicht betrogen und er kam gerade noch rechtzeitig und schleuderte seinen Kartenzauber auf den braunäugigen Vampir, der gerade aus seiner Starre erwachte und erneut auf Archaion zustürmen wollte. Mit einem wütenden Schrei wurde auch er in eine Karte gebannt und Xavier eilte das letzte Stück zu seinem Liebsten und zog ihn eng in seine Arme.

Der zitterte am ganzen Leib und klammerte sich an den großen Schwarzmagier, schluchzte leise und brauchte eine für ihn uncharakterisch lange Zeit, um sich zu beruhigen. Archaion ahnte, was ihm hier begegnet war – doch er hatte noch nie einen Vampir so nahe und dazu so voller Mordlust gesehen und war sichtlich schockiert. Erst nach einer Weile beruhigte er sich soweit, daß er tief einatmen und sich entspannen konnte, lehnte an die kräftige Brust seines Liebsten und betrachtete schon fast entsetzt die Karte in seiner Hand. "Er ... er ist auch ein Vampir, mein Herz. Ich danke dir, daß du so schnell gekommen bist – ich war zu geschockt, um mich gegen den zweiten Vampir zu wehren. Du hast ihn ebenso in eine Karte gebannt, nicht wahr ?"

"Ja, habe ich. Er war zum Glück zu sehr erschrocken, sonst wäre ich zu spät gewesen." Xavier hielt Archaion weiterhin fester an sich und rief die Karte des schwarzhaarigen Vampirs in seine Hand. Auf dem Bild zeigte sich ein schönes und doch furcheinflößendes Bild. Die schwarzen Federschwingen und der Vampir waren wunderschön, aber die Augen glommen verhasst und die gefletschten Fänge waren auch deutlich zu sehen. "Das erste Mal, daß ich es so gemacht habe ... ich denke, weil ich dich nicht verlieren wollte."

Die leisen Worte rührten tief in Archaion an dessen Gefühle und er küßte seinen Liebsten voller Zärtlichkeit ... doch dann löste er den Kuß wieder und strich eine der langen Haarsträhnen hinter das Ohr des Grauäugigen, als er ihn anlächelte und leise zu ihm wisperte. "Es bedeutet mir so viel, daß du das sagst ... aber ich denke, daß noch mehr mitspielte, sonst hätte der Zauber bei dir nicht funktioniert. Ich denke, unbewußt wolltest du diesen Vampir in deiner Sammlung – und vielleicht wolltest du ihn auch dafür bestrafen, daß er mich angegriffen hat. Doch aus welchem Grunde auch immer, ich danke dir, mein Herz ... ich danke dir."

"Du weißt, daß ich dich liebe und ich will dich nie wieder hergeben. Mag sein, daß ich diesen Vampir wollte. Und jetzt, wo ich ihn sehe, will ich ihn auch behalten." Xavier küsste den Weißblonden zärtlich und nahm ihm dann die Karte mit dem anderen Vampir aus der Hand, weil er neugierig war. "Er ist doch deutlich friedlicher, schau." Das Bild zeigte Filippo, ebenso die schwarzen Schwingen, aber er wirkte nicht aggressiv und bösartig wie der Andere. "Ich glaube, ihn kann man ohne Bedenken aus der Karte lassen."

Auch Archaion betrachtete die Karte und nickte schließlich zögerlich, als er mit der Fingerspitze über das sanfte Gesicht streichelte. "Ich glaube, du hast Recht, mein Herz ... wie immer. Wir sollten nach Hause, Hm ? Dort können wir ihn rufen und er kann uns erzählen, was dies alles zu bedeuten hat. Er kannte diesen anderen Vampir und wollte ihn beschützen ... und der Andere griff mich an, weil er scheinbar dachte, daß ich etwas von diesem Maler wollte. Seltsam ..." Doch dann hob der Kleinere seinen Kopf und küßte Xavier voller Liebe, lächelte an dessen Lippen und wisperte noch ein leises "Ich liebe dich so sehr, mein Herz.", das nur der Schwarzmagier hören konnte.

"Ich liebe dich auch." erwiderte Xavier und ging zu der Staffelei herüber. "Wir sollten die Sachen mitnehmen." Er legte einen Zauber und ließ auch diese Sachen in seinem Beutel verschwinden. Die Karte mit Adelmo steckte er ein und kam dann wieder zu seinem Liebsten. "Ich habe keine Gondel bekommen, ich denke, wir nehmen einen Schatten, Hm ? Halt dich an mir fest."

"Gerne, mein Herz." Noch während er sprach, kam der Weißmagier zu ihm, schmiegte sich in die so vertrauten, starken Arme und schloß die Augen, als Xavier mit ihm durch einen Schatten in ihre Wohnung ging.

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