”A thousand beautiful things” 03
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Gerade mal zwanzig Minuten nach dem Anruf klopfte es und dann trat ein schlanker, älterer Mann ein, der schon leicht angegraute Schläfen hatte. "Hallo Olliver ... guten Tag, ich bin Daniel McAndrews, sehr erfreut." Daniel stellte sich gleich vor und reichte Keiv die Hand.
"Angenehm, ich bin Keiv Alden. Es ist mir eine Ehre, sie kennenzulernen." Die ruhige Art des Maklers sorgte dafür, daß auch Keiv sich wieder entspannte, denn er hatte schon befürchtet, so einen drängelnden Makler wie sonst zu erwischen. "Ich möchte gerne das Penthouse kaufen – wenn sie einen Laptop mit Internet-Anschluß haben, kann ich es ihnen gleich überweisen."
"Sie haben es aber eilig, Keiv. Aber gut, sie scheinen sich entschieden zu haben ... ich fahre den Computer gleich hoch und mache den Vertrag fertig. Solange können sie sich ja noch mit Oliver unterhalten." Mit den Worten ging der Ältere in ein Nebenzimmer und schmunzelte leise. Da hatte sich wohl wer in Oliver verkuckt.
Keiv bemerkte nicht, daß der Makler durch sein Alter genug Erfahrung hatte, dies zu sehen - er war sich seiner Gefühle ja nicht einmal selbst bewußt, er fühlte sich nur sehr wohl und begann langsam, Interesse an Oliver zu entwickeln. "Er scheint sehr nett und ruhig zu sein ... kennen sie sich schon lange ?" Die Frage war leise genug, daß der Makler sie nicht hören konnte, doch laut genug für den Architekten.
Auch Oliver bemerkte nicht, daß Daniel etwas bemerkte. Er bemerkte ja nicht einmal, daß Keiv Interesse an ihm hatte. "Seit meinem ersten Auftrag, er hat das Haus verkauft. Seither arbeiten wir öfter zusammen, wir sind gute Freunde geworden." Ein, zweimal hatten sie auch eine Nacht zusammen verbracht, doch Daniel hatte jetzt einen jüngeren Freund und somit kam das nicht mehr in Frage.
"Sie verstehen sich wirklich gut, nicht wahr ? Das merkt man gut, es ist eine selbstverständliche Ruhe zwischen ihnen. Sie liegen auf einer Wellenlänge und verstehen sich." Keiv fand es gut, daß sie so gut zusammenarbeiteten – das war wichtig, denn nur auf diese Weise konnte auch sichergestellt werden, daß es keine Mißverständnisse gab. "Haben sie vielleicht auch Bilder von Möbeln oder etwas ähnliches ? Ich würde gerne mehr wissen." Das Letztere begleitete der Braunhaarige mit einem Lächeln, denn er wollte noch ein wenig mehr Zeit mit ihm verbringen.
Oliver holte sogleich einen Ordner mit Bildern hervor und öffnete ihn. " Hier sind einige Möbel ... und zur ersten Frage. Ja, wir verstehen uns sehr gut." Während er sprach, blätterte ein paar Seiten um und zeigte eine Möbelkombination, die zu dem Penthouse passte und für das Wohnzimmer war.
Interessiert betrachtete der Schlankere die einfachen, doch gemütlichen Möbel – auch diese waren vornehmlich in weichem Birkenholz gehalten und der Stoff einerseits hell, doch andererseits nicht hell genug, daß er leicht schmutzen würde. "Das gefällt mir ausnehmend gut, Oliver – ich mag die hellen Möbel, meine Wohnung soll heimelig, einladend und inspirierend für mich sein. Wie ist es eigentlich mit Telefon und Internet ? Gerade das Internet ist für mich äußerst wichtig."
"Das ist Standart in jeder Wohnung, sie brauchen sich da keine Gedanken zu machen. Fernsehen ebenso ... und nochmal zu den Möbeln. Man könnte auch dunklere Felle drauflegen, zum Einen beschmutzen sie nicht so leicht, und es ist noch gemütlicher. Ähnliche Möbel gibt es auch für das Schlafzimmer." Oliver nahm eine weitere Mappe, in der nur Schlafzimmermöbel waren und schlug die entsprechende Seite auf. "Auch hier wäre ein Fell auf dem Bett sehr nett."
Man sah Keiv mehr als nur deutlich an, wie sehr ihm dieser Vorschlag gefiel und er neigte sich über den Katalog, stützte den Kopf auf die Hand und berührte mit der freien Rechten kurz die Abbildung des wirklich großen, französischen Bettes. "Können sie Gedanken lesen, Oliver ? An das habe ich auch gerade gedacht, ich mag Felle. Sie haben so etwas ursprüngliches und unverfälschtes ... sie werden mich sicherlich für sehr exzentrisch halten, aber ich habe eine Art Doppelschlafsack aus Fell, es gibt nichts schöneres, um darin zu schlafen. Und diese Möbel gefallen mir sehr – ich hoffe, man kann für das Bett auch eine einzelne, große Matratze bekommen ? Ich mag diese Besucherritzen nicht so sehr ..."
Im Nebenraum lauschte Daniel ein wenig, er konnte einfach nicht anders und grinste leicht. Keiv pirschte sich scheinbar an Oliver heran, da gab es wohl tatsächlich Jemanden, der auf ihn flog, und sein Freund bemerkte es nicht einmal. "Sicher gibt es auch eine durchgehende Matratze. Ich persönlich finde es auch unangenehm, wenn man Nachts in diese Ritze rutscht." Oliver bemerkte noch immer nicht, was vorging, aber man konnte ihm ja auch keine Vorwürfe machen. Er war schon so oft abgeblitzt, daß er sich inzwischen keine Hoffnungen mehr machte, je etwas Festes zu finden.
"Ein Glück. Wie gesagt, das Geld spielt eigentlich weniger eine Rolle, was ich eben brauche, ist eine wirklich gemütliche Wohnung. Achja, noch eines ... ich brauche keinen allzu großen Schrank, da ich nicht so viel Kleidung besitze. In den meisten Wohnungen, die ich besichtigt habe, war schon ein begehbarer Kleiderschrank eingelassen, ich hoffe, sie haben noch nicht an so etwas gedacht ?" Dies war Keiv gerade eingefallen, da er noch einmal ganz kurz an den anderen Mieter dachte, der ihnen unten entgegengerauscht war.
"Nun ..." Oliver kratzte sich verlegen am Kopf. "Es ist eigentlich ein Ankleidezimmer geplant gewesen. Das kleine, leere Zimmer mit Anschluss ans Schlafzimmer. Aber es sind noch keine Schränke und Regale darin, man könnte auch etwas anderes daraus machen, oder die Wand wegnehmen und es zum Schlafzimmer zufügen."
Erleichtert atmete Keiv aus und nickte, ehe er ein wenig grübelte und schließlich wieder lächelte. "Ich denke ich werde daraus eine Art Abstellkammer für alten Bürokram machen – dann geht er nicht im Weg um und ist trotzdem erreichbar, falls man etwas braucht. Ja, das wird am Besten sein. Einige günstige Regale vielleicht, die auch ein gewisses Gewicht aushalten – irgendwas in der Art, aber das hat noch am längsten Zeit, die Kartons lassen sich auch einfach nur hinstellen oder stapeln. Wie ist es eigentlich in der Küche ? Kann ich dort einen Gasanschluß haben ? Ich mag das lieber als normale Elektroherde."
Froh, daß es mit dem Zimmer kein Problem war, holte Oliver einen weiteren Ordner und blätterte herum. Er hatte wirklich alles da, was so am Markt war, und schlug die Seiten mit den Gasherden auf. "Gas geht auch. Hier sind einige Modelle." Auch die legte er Keiv vor und er lächelte sacht. Wie es schien, kochte der Braunhaarige gern, denn er strich auch hier gleich verzückt über die Bilder. "Ich zeige ihnen auch gleich, welche Küche ich mir vorstelle." Dann kam der nächste Ordner zum Vorschein und langsam stapelten sich die Dinger auf dem Tisch. Nach der Küche würde Daniel stören, denn es würde sonst auffallen, wenn er sich zuviel Zeit ließ.
Doch das würde noch eine Weile dauern – wie es sich Oliver schon gedacht hatte, kochte Keiv mehr als nur gern und ließ sich gerade für die Küche sehr viel Zeit, um sich mit ihm darüber zu unterhalten. Es war einfach nur herrlich für den jungen Schriftsteller, wie sehr sich ihre Geschmäcker glichen ... diese Küche würde zu einem wahren Schmuckstück werden und erst nach einer geraumen Weile, als sie sich für die Fließen entschieden hatten, kam Keiv ein Gedanke, der ihn stutzig werden ließ. "Ich merke gerade, daß wir hier schon so viele Ordner haben und schon so viel beredet haben – ich ... haben sie sich denn Notizen gemacht ? Ich weiß zwar noch, wie die Sachen in etwa aussahen, doch habe mir nicht die Namen und Typennummern notiert."
Doch Oliver lächelte beruhigend und tippte an seine Stirn. "Ich habe alles hier im Kopf, keine Sorge, Keiv. Und was die Geschmäcker angeht, es ist nicht mein Geschmack, ich suche nur, was wirklich zu ihnen passen könnte. Mein Penthouse sieht völlig anders aus als ihres." Dann merkte er auf, denn Daniel kam wieder in den Raum hinein und hatte den Vertrag in den Händen. "So, dann wollen wir mal alles besiegeln, meine Herren." Mit den Worten setzte er sich neben Oliver, der rasch die Ordner vom Tisch räumte und reichte Keiv den Vertrag. "Sie können ihn auch gern noch prüfen lassen."
"Ich denke, das wird nicht nötig sein ... ich lese ihn mir noch kurz durch, ich habe schon so viele Verträge gesehen, daß mir der Kopf vor lauter Klauseln schwirrt." Mit einem kurzen Nicken nahm Keiv den Vertrag und las ihn durch – hier kam ihm sein Talent als Lektor mehr als nur zugute, denn so konnte er ihn schnell und doch mehr als nur gründlich durchlesen und auf eventuelle Klauseln prüfen, die ihm nicht zusagten. Doch je mehr er las, desto verblüffter wurde er und als er nach einigen Minuten durch war, legte er den Vertrag auf den Tisch und sah den Makler sichtlich, doch positiv erschüttert an. "Das ist ihr Ernst ? Das ... ich bin ehrlich, das ist der erste Vertrag, den ich lese, an dem nichts, aber auch wirklich gar nichts auszusetzen ist. Im Gegenteil – er enthält nicht einmal die Hälfte der Klauseln, die in den anderen Kauf- und Mietverträgen standen und den Käufer knebelten. Bitte sagen sie mir jetzt nicht, daß das nur ein Scherz ist und der richtige Vertrag noch kommt ..."
Daniel wie auch Oliver kuckten etwas verdattert, dann lachte Daniel und reichte Keiv einen Kugelschreiber. "Es ist kein Scherz, das kann ich ihnen versichern." dabei wispernd. Sein Lächeln war noch immer vorhanden, dieser Mann war wirklich ganz bezaubernd. Irgendwoher kannte Daniel ihn und nachdem er kurz nachgedacht hatte, fiel es ihm ein. Sagen tat er aber nichts, er ahnte, daß Keiv sehr an seiner Anonymität lag.
Erleichtert nahm dieser den Kuli an und unterschrieb, nahm sein Original und gab den Durchschlag zurück an den Makler, faltete den Seinen und steckte ihn lächelnd in seine Umhängetasche. "Kann ich kurz ihren Laptop benutzen, Mr. McAndrews ? Dann kann ich ihnen das Geld sofort überweisen." Daß dies jetzt so schnell erledigt werden konnte, beruhigte Keiv ungemein – allein schon die Tatsache, daß er nun eine solch schöne Wohnung besaß und schon über das Einrichten redete, erfüllte ihn mit soviel Freude, daß er fühlte, wie die Ideen in ihm nur so sprudelten.
"Sicher, wenn sie möchten, aber sie können es auch in aller Ruhe bei ihrer Bank überweisen." Daniel war überrascht, wie schnell Keiv das hinter sich bringen wollte, und daß er das Geld über Online überweisen konnte, überraschte ihn allerdings weniger, der Braunhaarige hatte ja sicher mehr als genug davon.
Dies ließ eine leichte Röte in den Wangen Keivs erwachen, da die Frage ihn etwas verlegen machte. "Ich erledige Überweisungen lieber online, ich mag es nicht, in Banken zu gehen. Es ist immer so unangenehm, wenn man zuerst schief angesehen wird, da man sich nicht so anzieht, wie sie es erwarten. Aber wenn sie dann wissen, wie hoch der Kontostand ist, kommen sie aus dem Schleimen nicht mehr heraus. Und ich habe die Dinge gerne erledigt ... und diese Wohnung möchte ich so schnell wie möglich mein eigen nennen und einrichten können, wissen sie ?"
Daniel wie auch Oliver verstanden es und nickten sacht. "Ich werde Heute noch die Handwerker beauftragen und die Möbel bestellen." Wenn Oliver die Zeiten so überdachte, war die Wohnung in vier Tagen komplett fertig. "In vier Tagen können sie dann einziehen. Und es sich gemütlich machen."
"Schon in vier Tagen ?!" Diese Antwort erstaunte Keiv sichtlich, denn er hatte defintiv nicht mit einer so kurzen Zeit gerechnet und ließ sich an die Lehne des Stuhls zurücksinken. "Sie überraschen mich immer wieder, Oliver – normalerweise brauchen Handwerker die vielfache Zeit. Aber wenn sie es wirklich bewerkstelligen können ? Ich bin auch bereit, den Handwerkern einen Bonus dafür zu zahlen, wenn sie es so schnell schaffen. Da fällt mir noch etwas ein – ist es denn von der Statik her möglich, im Wohnzimmer ein Aquarium aufzustellen, das eingerichtet um die 450-500 Kilo wiegt ? Nicht, daß mir der Boden einbricht, wenn ich es an den falschen Platz stelle." Keiv hatte es völlig vergessen und sagte es gleich dazu, bevor es wirklich Probleme gab.
Lange brauchte Oliver da nicht nachzudenken, er wusste, daß der Fußboden sogar einen Whirlpool aushalten konnte, der bis zum Rand gefüllt war ... Nein, zwei sogar. "Die Statik ist für solche Wünsche ausgelegt. Ich werde einen Sockel mauern lassen und ein Aquarium anfertigen lassen, wenn sie möchten ? Ich nehme an, es soll schön groß sein ?" Einen Platz hatte er schon im Kopf und vielleicht würde er selber beim Mauern helfen.
"Das Aquarium habe ich schon – nur ist es zur Zeit nicht gefüllt. Aber ich kann ihnen die Maße geben, ein gemauerter Sockel wäre herrlich - bisher habe ich immer mit Notlösungen arbeiten müssen." Man sah ihm die Erleichterung deutlich an – alleine schon, daß der Boden es aushielt und auch nichts gegen das Aquarium eingewendet wurde, ließ einen ziemlich großen Felsen von Keivs Herz fallen.
Das war für die beiden Anderen deutlich sichtbar und Beide lächelten sacht, weil es schön war, mit anzusehen, wie sich der junge Mann freute. Obwohl, so jung war Keiv gar nicht, Daniel hatte ihn erkannt und er war ganze drei Jahre älter als Oliver. "Es sind auch andere Tiere erlaubt, also wenn sie welche haben. Und bitte schreiben sie mir rasch die Maße auf ? Dann kann ich alles arrangieren." Oliver schob Keiv einen Zettel und den Kugelschreiber herüber. Auch hier hatte er für den Sockel des Aquariums eine genaue Vorstellung. Er würde die Handwerker Heute noch auf das Penthouse ansetzen, damit auch wirklich alles fertig wurde.
"Ja, einen Moment ... und ich habe keine anderen Tiere, da es zu stressig für sie gewesen wäre mit all den Umzügen." Man hörte sein Bedauern heraus, denn er hätte gerne wieder eine Katze oder einen Kater, doch dann verbannte er den Gedanken wieder und schrieb die Maße des Aquariums auf. "Wichtig ist, daß man zwischen dem Aquarium und der Wand noch Platz hat, vielleicht etwas mehr als einen halben Meter – damit man rangieren kann. Geht das ?" Der Gedanke, daß er schon in einigen Tagen einziehen konnte, ließ Keiv nicht los – das alles schien wie ein Traum, denn dann konnte er sich mit vollem Elan seinem neuen Projekt widmen und das in einer Wohnung, in der er sich wirklich wohlfühlte. Daß auch Oliver dann in seiner Nähe – sogar gegenüber – wohnen würde, unterstützte das noch beträchtlich, denn so hatte er zumindest einen guten Freund als Nachbarn, auch wenn langsam in ihm das Interesse an mehr keimte. Doch er hielt sich zurück – er wußte nicht, ob der Schwarzhaarige schon einen Freund hatte und er sah auch, daß der Makler sehr nahe bei ihm saß und sie sich offensichtlich vertraut waren.
"Das ist kein Problem, ich habe schon einen Platz im Kopf." Der Architekt nahm die Notiz und nickte, denn es war wirklich gut machbar. "Kommen sie dann rüber, dann können sie erledigen, was sie noch erledigen möchten." Daniel spielte auf das Überweisen an, er hatte es zwar nicht eilig damit, aber er musste bald wieder weg, denn eigentlich hatte er sich heute Nachmittag für seinen Liebsten frei genommen. Oliver würde derweil den Vorarbeiter anrufen, damit der die Handwerker losschickte.
Ein kurzes "Gerne." wispernd, stand auch Keiv auf und folgte dem Makler in das Nebenzimmer, setzte sich vor den Laptop und lud gleich die Internetseite seiner Bank. Während sie sich aufbaute, holte er den Vertrag heraus und aus seinem Notizbuch einen kleinen Zettel mit TANs, tippte die Überweisung ein und nickte erfreut, als sie sofort von seinem Konto abging. "Das Geld ist überwiesen, Mr. McAndrews – es dürfte bis spätestens Morgen früh auf ihrem Konto gutgeschrieben sein. Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin, endlich etwas Eigenes zu besitzen." Noch während er sprach, steckte Keiv Vertrag und Zettel wieder in sein Notizbuch zurück und band es mit dem Gummi zu, stopfte es in seine Umhängetasche und lächelte, als er aufstand und dem Makler so die Gelegenheit bot, noch kurz die Überweisungsbestätigung der Bank auf seinem Laptop zu sehen.
"Ich kann es mir denken, sie sind nicht gerade unbekannt." wisperte Daniel und lächelte sacht. Er wirkte aber nicht aufdringlich, er ließ nur durchblicken, daß er ihn erkannt hatte. "Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich aufdringlich, aber vielleicht könnten sie sich hin und wieder mit Oliver unterhalten. Er hat nichts außer seiner Arbeit und damit er Gesellschaft bekommt, habe ich ihm zu seinem letzten Geburtstag einen Kater geschenkt." Es war ein flauschiger, schwarzer, großer Maincoon-Kater, der seinen Job wirklich gut machte.
Bei den ersten Worten war Keiv sichtbar erschrocken, doch der nachfolgende Satz ließ ihn leise aufseufzen, als er sich einige Ponysträhnen nach hinten strich. "Wie haben sie mich erkannt, Mr. McAndrews ? Ich dachte, es würde wirken, wenn ich zu diesen dreimalverwünschten Autogrammstunden so völlig anders komme. Und wenn Oliver es möchte, so würde ich mich gerne öfters mit ihm treffen – ich mag ihn sehr und ich bin froh, daß ich ihn als Nachbarn habe. Wenn ich mir vorstelle, daß Jemand wie Mr. Loreley neben mir wohnen würde ..." Das leicht verlegene Lächeln des Autors zeigte deutlich, daß er zwar nichts gegen den exotischen Mann an sich hatte – doch dessen Begleiter und vor allem sichtbare Neigung zum Auffallen und Aufmerksamkeit auf sich ziehen war etwas, das Keiv sichtlich scheute.
Daniel wurde wegen der Frage etwas verlegen. Er hatte nicht gedacht, daß er Keiv damit so sehr überraschte. "Mein Lebensgefährte liebt ihre Bücher über alles und ich hab einige der wenigen Bilder gesehen, die es von ihnen gibt. Als Makler habe ich eine gute Menschenkenntnis und kann auch hinter Fassaden sehen. Ich versichere ihnen, ich werde es Keinem sagen." Daniel war ehrlich, er sagte jedoch nicht, daß Oliver die Bücher auch las.
"Ihr Gefährte ? Oh ... aber ich danke ihnen, es ist mir sehr wichtig, nicht erkannt zu werden und normal leben zu können." Man sah Keiv die Erleichterung überdeutlich an – doch es war nicht deutlich erkennbar, ob es daran lag, daß er erfuhr, daß der Makler und Oliver kein Paar waren oder ob es an dem versprochenen Stillschweigen Daniels lag. "Zum Glück sind es nicht sehr viele Fotos – und sie zeigen mich nie so, wie ich wirklich bin, ich style mich immer nur für solche Gelegenheiten auf. Wenn sie es möchten – ich kann ihnen ein Buch für ihren Gefährten signieren, als Zeichen meiner Dankbarkeit für ihr Schweigen ?" Es war ein vorsichtiges Angebot, denn er wußte, daß Daniel keinesfalls schweigen mußte, sondern es aus Höflichkeit tat.
"Nur, wenn es keine Umstände macht, dann muss ich vielleicht nicht mit ihm zu der Autogrammstunde, die sie bald geben." Kory sprach seit Wochen von nichts anderem mehr und das nervte ziemlich. "Und man sieht ihnen auf den Fotos an, daß sie es nicht sonderlich mögen, ihre Augen strahlen da nicht so wie jetzt, auch wenn sie lächeln."
Dies ließ Keiv leise aufseufzen, ehe er kurz nickte und sich wieder eine lästige Ponysträhne nach hinten strich. "Das kommt eben daher, daß ich mich so aufgetakelt nicht wohlfühle ... und vor allem nicht, wenn die Leute so um mich herumhimmeln. Bis auf die Fans ist nichts ehrlich – und die mögen auch nur das, was ich schreibe. Deshalb zeige ich ihnen auch nicht, wie ich wirklich aussehe und wirklich bin, das Bißchen Privatsphäre ist das Einzige, das mir eigentlich noch blieb, seit sich die Bücher so gut verkaufen." Doch dann lächelte er leicht und hängte sich die Tasche um, als er noch ein kurzes "Bringen sie mir einfach das Buch vorbei, oder wenn sie möchten, kann ich ihrem Gefährten einen Platz bei der Signierstunde geben ?" nachsetzte.
"Ich überlege, was ich mache ... vielen Dank." Daniel wusste, sein Schatz würde den Autor gerne sehen wollen. Doch das würde er noch klären müssen, denn dann musste er mit hingehen und dazu hatte er nicht unbedingt Lust. "Am Besten, sie loggen sich noch aus und dann gehen wir zu Oliver zurück, Hm ?" Er ging nun nicht weiter darauf ein und nickte auf den Laptop, auf dem noch immer die Bestätigung der Überweisung stand.
"Okay. Sagen sie mir einfach Bescheid, sie wissen ja jetzt, wie sie mich erreichen können." Noch während er sprach, klickte sich Keiv raus und klappte den Lap dann zusammen, lächelte und ließ dem Makler höflich den Vortritt. Er war noch immer ein klein wenig durch den Wind – doch sobald er unbeobachtet war, würde es wohl rausbrechen und alleine schon der Gedanke daran ließ ihn leise schmunzeln.
Als sie ins andere Zimmer kamen, legte Oliver gerade das Handy weg und holte eine Schlüsselkarte aus einem Etui hervor, in dem die Schlüsselkarte für das Penthouse lag. "Bitte sehr, in vier Tagen können sie einziehen." Er überreichte Keiv das Etui und lächelte, denn er sah dem Braunhaarigen an, wie glücklich er war. "Die Handwerker werden Heute noch mit den Fliesen und dem Tapezieren anfangen. Morgen kann dann schon verfugt und gestrichen werden." Die Möbel hatte er auch schon bestellt, sie würden dann Übermorgen geliefert werden. Oliver selbst hatte nachher noch den Termin mit Mr. Loreley, allein das grauste ihn, er wusste nie, was auf ihn zukam. Ein Gutes war, daß er von ihm nie im Penthouse gestört werden würde, denn Loreley hatte Höhenangst und konnte angeblich nicht mal auf einem Hocker stehen. Was allerdings absurd war, denn bei den Absätzen, die das pinke Monster trug, war unverständlich, warum er Höhenangst hatte. Allein schon, wenn man ihn damit laufen sah, wurde einem Angst und Bange.
Davon ahnte Keiv jedoch nichts, als er das Etui entgegennahm und ein wenig befremdlich darauf blickte. "Ich glaube, das wird noch eine Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe, daß ich keinen Schlüssel sondern eine Karte besitze - doch die Wohnung ist es defintiv wert. Ich danke ihnen, daß sie das alles so schnell organisiert haben, Oliver – sie glauben gar nicht, was das für eine Erleichterung ist. Eine Frage habe ich noch, das habe ich ganz vergessen – können sie mir noch zeigen, wo mein Platz in der Tiefgarage ist ? Und verzeihen sie ... äh ... habe ich auch einen Keller ?" Der schlanke Autor war ein wenig verlegen, daß er daran nicht mehr gedacht hatte – bei all den anderen Dingen, die sie beredet hatten, waren ihm diese beiden Dinge völlig entschlüpft.
Bei der Kellerfrage hob Oliver eine Braue und wunderte sich. Keiv war wirklich einfach gestrickt und scheinbar hatte er bisher in anderen Wohnungen gelebt. "Einen Keller kann ich leider nicht anbieten. In solch exklusiven Häusern ist es eher unüblich, verzeihen sie. Aber einen Autostellplatz gibt es." Man sah Oliver an, daß er es bedauerte, den Wunsch mit dem Keller nicht erfüllen zu können.
"Das macht nichts – ich dachte nur, ich frage mal nach. Dafür habe ich ja den einen Raum, der als Ankleidezimmer gedacht war – er eignet sich herrlich als Abstellkammer. Ich brauche nicht viel Platz, es gibt halt immer wieder Dinge, die man zwar nicht mehr dringend braucht, aber eben nicht wegwerfen will. Fährt der Aufzug denn auch in die Garage ? Das wäre praktischer ..." Keiv war ihm nicht böse – er hatte es sich schon fast gedacht, die Reichen brauchten keine Keller und die Wohnungen waren ja wirklich groß genug, daß man ein Zimmer als Abstellkammer umfunktionieren konnte.
"Ich habe auch Regale bestellt, die in den Raum passen und viele Möglichkeiten bieten." Oliver hatte sich die Information nämlich noch von vorhin gemerkt und ein schönes Regalsystem bestellt. "Ich werde dann gehen ... wir sehen uns sicher noch." Daniel lächelte kurz und verabschiedete sich mit einem Händedruck, bevor er ging und die Beiden wieder alleine ließ. "Ich zeige ihnen noch ihren Stellplatz und danach muss ich mich leider um Mr. Loreley kümmern." Die vier Stunden waren rasend schnell vergangen, es war wirklich verblüffend.
Keiv blickte dem Makler noch kurz nach, ehe er sich wieder Oliver zuwandte und lächelte. "Sie brauchen sich doch nicht dafür entschuldigen, daß sie ihre Arbeit erledigen. Ich danke ihnen, daß sie sich so viel Zeit für mich genommen haben, es ist selten geworden, daß man sich so um seine Kunden kümmert." Und in einigen Tagen würden sie Nachbarn werden ... ein Gedanke, der Keiv noch immer ein angenehmes Bauchflattern verschaffte.
Für Olver war es normal, daß er sich so gut kümmerte, in der Klasse, in der er arbeitete, wurde es sogar verlangt. Einige taten es gern, andere weniger und Oliver war Jemand der es gerne tat. Gerade bei Keiv tat er es besonders gern, denn der war nett, bescheiden und zuvorkommend. "Es gehört zu meinem Standard, man kommt weit, wenn man höflich ist und ich bin gerne höflich ... also sie verstehen schon ? Also nicht, daß ich nur so tue, ich bin's gern. Also ..." Er kam etwas ins Stottern, denn das Ganze konnte man auch falsch verstehen und denken, er tat nur so, als ob er höflich sei, damit er Kunden fing.
"Das hätte ich niemals angenommen – ich merke, wenn Jemand nur aufgesetztes Verhalten zeigt oder ob es natürlich ist. Und sie machen ihre Arbeit gerne und das sieht man auch, Oliver." Der Schlankere schmunzelte leise, denn er bemerkte sehr wohl, wieviel Oliver daran lag, daß man ihn für ehrlich hielt. Nun doch ein wenig neugierig, folgte Keiv ihm wieder in den Aufzug und fuhr mit ihm nach unten, damit sie den Tiefgaragenplatz besichtigen konnten.
Dort kamen sie auch rasch an, er lag gleich neben der Aufzugtür und Oliver nickte auf die zwei Stellplätze. "Zwei Plätze sind Standard. Es können auch noch mehr hinzugenommen werden ... aber ich vermute, das ist nicht nötig." Etwas weiter weg stand ein pinker Cadillac, der eindeutig Mr. Loreley gehörte, daneben standen noch zwei andere Wagen, die pinkfarbene Plüschpolster hatten. Ein Beetle und ein schwarzer Mercedes.
Allein schon der Anblick ließ Keiv sichtbar erschauern und er schüttelte sich kurz, ehe er sich seine beiden Plätze ansah und kurz nickte. "Nein, ich brauche defintiv nicht mehr. Ich habe nur einen Wagen und ich denke mal, damit werde ich sowieso ein wenig auffallen – es ist ein einfacher, schwarzer Kombi. Ich halte sie dann auch nicht weiter auf, sonst wird Mr. Loreley noch ungeduldiger, als er denke ich eh schon ist – nicht, daß er noch mehr kreischt als so schon." Bei dem Letzten huschte ein leicht schiefes Lächeln über die Züge Keivs, denn er konnte sich vorstellen, daß Oliver schon sehnsüchtigst erwartet wurde.
"Er ist immer so, er kann nicht leiser." flüsterte Oliver und ging mit Keiv zurück zum Aufzug. Daß er sehnsüchtig erwartet wurde stimmte, denn Mr. Loreley war in der Einganshalle, als die Beiden oben angekommen waren und sich der Aufzug geöffnet hatte. Seine Hündchen hatte er wieder bei sich, doch er blieb noch etwas entfernt, bis Oliver sich von Keiv verabschiedet hatte. Erst dann stürmte er auf den Schwarzhaarigen los und sie verschwanden in der Wohnung von Loreley, damit er zeigen konnte, was noch so zu verändern war.
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