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 Chester und Jaraunde  12
 

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Jaraunde erwachte am nächsten Morgen, sobald die ersten Lichtstrahlen durch die halbgeschlossenen Vorhänge fielen. Es war ein wenig seltsam, anders – und nach einem Moment bemerkte Jar auch, was so anders war. Er lag mit Chester in einem Bett und der Größere hatte seinen Arm besitzergreifend über die Taille des Schlankeren gelegt, während die große Hand direkt am Hintern Jars auflag. Für einen Moment war der Rotblonde vesucht, so wie eigentlich immer in einer solchen Situation zu handeln – doch dann ließ er es und betrachtete das ruhige und im Schlaf sanftere Gesicht Chesters, während er ein wenig nachdachte. Sie kannten sich erst so kurze Zeit – doch Jar fühlte, daß seine Entscheidung richtig gewesen war. Sie hatten sehr viel gemeinsam und auch ihre Ziele glichen sich – und vor allem respektierte der dunkle Amerikaner, daß Jar sehr viel Freiraum brauchte. Im Gegenzug gab auch Jar ihm Freiraum ... auch wenn es Grenzen gab, die von Beiden eingehalten wurden. Und genau das war es, weshalb der Rotblonde noch immer hier war und auch dieses besitzergreifende Kuscheln zuließ: Chester verstand diese Grenzen und Freiräume, respektierte und erwiderte sie. Etwas, das bisher noch keiner der wenigen Männer - die in den Genuß kamen, Jar ihren Geliebten zu nennen - verstanden hatte. Sie Beide glichen sich in erfreulichen vielen Dingen, auch wenn sie unterschiedlich genug waren, um zu harmonieren ... ein seltener Glücksfall, gerade in ihren Positionen. Und Jaraunde wäre mehr als nur dumm, wenn er diese Chance nicht nutzen würde. Der Gedanke ließ ihn lautlos schmunzeln und so neigte er sich schließlich näher, hauchte einen sanften Kuß auf die Wange Chesters und wisperte ein leises "Es ist Morgen." in dessen Ohr.

Chester war schon bei der Bewegung des Kleineren erwacht und öffnete bei den leisen Worten seine Augen. "Ich weiß." wispernd, löste er auch gleich seinen Griff und er ließ Jaraunde frei. "Ich klammere sonst nicht so." erklärte er leise.

"Das dachte ich mir schon – deshalb habe ich es auch erlaubt, selbst im Schlaf. Mach dir keine Gedanken, Chester." Die Worte des Rotblonden waren ebenso leise und für einen Moment wurde das Amethyst seines Auges ein wenig dunkler und weicher – dann neigte er sich vor und schmuste kurz mit der Wange an dessen, ehe er sich löste, aufstand und ohne ein weiteres Wort ins Bad ging.

Chester sah ihm nach und lächelte, als der Einäugige im Bad verschwunden war. Das eben war eine Art Liebeserklärung gewesen, und die wusste Chester wirklich sehr zu schätzen und er murmelte ein fast lautloses "Ich mag dich auch gern." Dann horchte er auf, weil er Ken hörte, der sich ebenso frisch machte. Von Caleb war noch nichts zu hören, sein Zimmer lag weiter weg, ansonsten hätte man wohl dessen lautes Schnarchen wahrgenommen. An der Schlafzimmertür klopfte es leise und Ken streckte den Kopf herein. "Ich bestelle ein Frühstück ... und soll ich Caleb wecken ?" Chester schüttelte sacht den Kopf und murmelte ein "Lass ihn schlafen, noch darf er." Dann verschwand Ken und Chester erhob sich langsam aus dem Bett.

In diesem Moment kam Jaraunde wieder, legte ihre gebrauchte Kleidung säuberlich gefaltet an einem der Stühle ab und holte aus seiner Reisetasche frische Kleidung für sich, die er zügig anzog. Erst zuletzt nahm Jar seine edlere Augenklappe ab und ersetzte sie durch die alltägliche, schlichte Augenklappe. Doch er zog sie erst über, nachdem er noch einmal durch seine langen Haare gebürstet hatte. "Laß den Jungen nicht zu lange schlafen – es ist schlecht für seinen Kreislauf, er ist sonst den ganzen Tag schlapp. Er sollte lieber trainieren, ehe er frühstückt." Es war ein gutgemeinter Ratschlag – ob Chester sich daran hielt oder nicht, blieb jedoch diesem überlassen.

"Heute noch nicht, er soll das Leben, wie er es kannte, nochmal genießen, denn sowie wir in Japan sind, wird es sich schlagartig ändern." Chester sah es noch recht locker und verschwand nun im Badezimmer. Er war viel zu befriedigt und friedlich heute Morgen.

Etwas, das Jar mit einem kurzen, harten Schmunzeln ebenfalls bemerkte. Dann packte er seine gebrauchte Kleidung wieder ein und räumte auch die Chesters in dessen Koffer, ehe er seinen Laptop nahm, sich auf die Couch im Wohnzimmer setzte und seine Aufmerksamkeit auf die Geschäfte lenkte, um die er sich kümmern mußte. Entweder Ken oder Chester würden sich schon um das Frühstück kümmern – die Geschäfte gingen vor und auch wenn er diese Geschäftsreise mit dem dunklen Geschäftsmann genoß, so war es doch kein Grund für ihn, in den beruflichen Dingen nachlässig zu werden. Sicherlich, sein Tagesablauf hatte sich zwangsweise geändert – doch Jar paßte sich an und so nutzte er jetzt die Zeit, das Notwendige zu erledigen.

Chester ließ sich Zeit und Ken kam leise ins Wohnzimmer. "Das Frühstück ist bestellt. Möchten sie noch etwas Besonderes zum Frühstück ? Dann sage ich noch Bescheid." fragte er leise und höflich. Er wirkte recht frisch, auch wenn er fast die ganze Nacht weggeblieben war.

"Wenn du das normale, französische Frühstück bestellt hast, genügt es, Ken – Croissants, Butter, Honig oder Marmelade. Und natürlich Kaffee." Dies war eines der Dinge, die Jar so an Frankreich liebte – die frischen und unübertroffenen Croissants. Er schätzte, daß Chester und Caleb reichhaltiger aßen, da sie Beide aus Amerika stammten – doch der Rotblonde konnte zu dieser frühen Zeit nichts so schweres essen und erfreute sich an einem leichten, 'kontinentalen' Frühstück.

"Das habe ich." erwiderte Ken leise und verneigte sich kurz, bevor er wieder hinausging und Chester hereinkam. Daß Jaraunde sich so sehr um seine Geschäfte kümmerte, gefiel ihm gut und auch, daß Jar sich umstellen konnte. Und doch wunderte es Chester nicht - der Einäugige war ein Multitalent. "Ich hoffe, deine Geschäfte leiden nicht unter der Reiserei ?"

Die Frage überraschte Jar, doch als er antwortete, huschte ein kurzes, anerkennendes Lächeln über seine Lippen. "Aber Nein – ich reise selbst sehr viel und arbeite eigentlich so gut wie alles über den Laptop. Nur in wenigen Fällen wird meine persönliche Anwesenheit verlangt – und auch das ist gut vereinbar, da meine Bank in jeder großen Hauptstadt eine Filiale hat."

"Na, dann bin ich ja beruhigt, nicht, daß ich dich von deinen Geschäften abhalte." wisperte Chester und lehnte sich in seinem Sessel an. Doch dann kam auch schon Ken herein. "Das Frühstück ist aufgetragen und ich habe Caleb geweckt. Die Ankündigung von Frühstück hat seine Lebensgeister recht schnell erweckt."

In der Zwischenzeit hatte Jar seinen Laptop heruntergefahren und klappte ihn zusammen, steckte ihn in die Laptoptasche und stellte diese auf die Seite, um Chester und Ken zu dem gedeckten Tisch zu folgen. Mit einem unmerklichen Nicken registrierte der Rotblonde wohlwollend, daß Ken den Tisch so gedeckt hatte, daß er zu Chesters Rechten saß. Jar wartete, bis Chester sich gesetzt hatte, ehe er sich neben ihn niederließ und mit einem kurzen Nicken Ken seine Tasse reichte, damit dieser den Kaffee einschenken konnte. Erst, nachdem er sich den Kaffe nach seinem Geschmack gerichtet hatte, nahm Jar ein Croissant und bestrich es, während er die Anderen beim Essen beobachtete. Allein schon durch das Eßverhalten ließ sich viel über einen Menschen lernen – und genau das tat der Rotblonde jetzt, er sammelte Informationen und speicherte sie, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu analysieren.

Und auch Caleb war an den Tisch gekommen und nahm sich reichlich Ei aus der gebrachten Pfanne. "Schling nicht so." mahnte Chester, denn der Junge hatte schon die Backen voller Essen. Chester selbst trank seinen Kaffee und aß ebenso ein Croissant und etwas Ei. Ken setzte sich erst, als er alle bedient hatte, und trank nur einen Tee und aß ein Stück Kuchen.

Das Frühstück verlief ruhig und sehr angenehm, und als sie schließlich fertig waren, trank auch Jar seinen letzten Schluck und stellte die Tasse auf die Seite, um zu Chester zu blicken. "Was hast du für heute Vormittag geplant ? Wann möchtest du zu Axel sehen ?" Es war ihm wichtig, den Tagesplan des Dunklen zu erfahren, da er sich ihm schließlich anpassen mußte.

"Möglichst bald." erklärte Chester leise und trank noch einen Schluck Kaffee. Caleb stand mit seiner Erlaubnis auf und Ken räumte leise das gebrauchte Geschirr auf den Speisewagen zurück. "Wann hat Axel Zeit ?" hakte Chester leise nach. Er wollte es so bald wie möglich erledigt und das Kind in trocknen Tüchern haben.

Leise schmunzelnd, drehte Jarunde sich zu dem Größeren und schlug die Beine übereinander, als er sich ein wenig zu ihm neigte und ihm antwortete. "Er erwartet uns schon. Wir können kommen, wann immer du möchtest – er ist schon neugierig auf dich." Es entsprach der Wahrheit – die Mail seines Schützlings war sehr enthusiastisch gewesen, der junge Hacker freute sich für Jar und war äußerst neugierig auf Chester.

"Oh, na dann wollen wir ihn doch nicht länger auf die Folter spannen, Hm ?" Chester schmunzelte leise und erhob sich von Tisch. "Ken ? Du und Caleb werdet einkaufen gehen, ich möchte, daß er noch ein paar Anziehsachen bekommt." Ken wusste, welche er meinte, das brauchte Chester nicht mehr zu sagen und er legte dem Japaner etwas Geld für die Einkäufe hin. "Du kannst dir auch ein paar Sachen besorgen. Such etwas Reizvolles aus, wir werden Meister Shagen bald besuchen." Ken lächelte und verneigte sich. "Wie du wünscht." Chester selbst würde später noch ein Geschenk für Shagen besorgen. Und natürlich für jedes seiner Schätzchen.

Jaraunde nickte nur und stand auf, legte seine Laptoptasche wieder zu seiner Reisetasche und nachdem er seinen Geldbeutel und das Handy eingesteckt hatte, kam er wieder in das Wohnzimmer zu Chester zurück. Inzwischen waren Ken und Caleb schon gegangen und außer ihnen keiner mehr in dem Penthouse ... etwas, das Jar sofort nutzte, er kam zu dem Größeren und berührte dessen breite Brust, die nun durch feine Kleidung verhüllt wurde. "Wie möchtest du hin ? Mit dem Taxi oder fahren wir mit der Metro ?"

Chester wollte auf dem Rückweg noch etwas besorgen und so. "Mit der Metro, ich will noch etwas besorgen ... ein paar kleine Geschenke." Der Größere war auch schon fertig und so konnten sie auch gleich losgehen. "Ich möchte Shagen und seinen Schätzchen ein wenig was mitbringen. Wir machen nachher also noch einen Shoppingtrip." Da jeder von ihnen anders war, würde es etwas länger dauern.

Jar nickte nur und folgte ihm aus dem Penthouse, überlegte ein wenig und als sie in die Metrostation runtergingen, kaufte er ihnen noch immer ein wenig in Gedanken zwei Tageskarten, die sie dann durch den Entwerter schoben, um durch die Sperranlagen zu kommen. Erst auf der Rolltreppe wandte sich der Rotblonde wieder seinem Begleiter zu und musterte ihn kurz, ehe er leise in Japanisch zu ihm redete, damit sie nicht unbedingt von den anderen Leuten verstanden werden konnten. "Ich denke, ich weiß, wo wir dann hinfahren können – es ist zwar etwas schwer, für sie alle etwas zu finden, aber wir werden das schon hinbekommen. Ich hoffe, du hast Geduld – zwischen den einzelnen Geschäften, die wir für die unterschiedlichen Interessen brauchen, ist immer ein wenig Weg." Und das war sogar noch untertrieben, sie würden noch eine geraume Weile mit der Metro fahren.

Darauf hatte sich Chester eh schon gefasst gemacht. "Damit habe ich schon gerechnet, wir haben ja den ganzen Tag Zeit. Und so sehe ich gleich noch was von Paris." Auch wenn sie viel in der Metro fahren würden. Unten am Bahnhof angekommen, ließ Chester sich gleich in die nächste Metro ziehen und zwei junge Kerle, die er nur anblicken musste, machten zwei Sitzplätze frei.

Und nicht nur diese – die Leute machten ihnen bereitwillig Platz, so daß sie bequem durchkommen konnten, und der Musikant verzog sich sofort weiter nach hinten, da ihm diese beiden kühlen, gefährlichen Männer zu unheimlich waren. "Es dauert nicht lange, bis wir da sind – wir müssen zum Glück auch nur einmal umsteigen, diese Linie fährt fast genau dorthin, wo wir hinwollen. Von der Metrostation sind es nur wenige Minuten bis zur Wohnung, sie ist sehr günstig gelegen. Und wenn du möchtest, können wir die Shopping-Tour ein wenig ausdehnen und dabei auch zum Eiffelturm und zum Louvre sehen ? Notre Dame ist eigentlich nur von außen einen Blick wert, das Innere lohnt sich nicht. Da könnte ich dir die Sacre Coeur empfehlen, sie ist unvergleichlich schön."

"Sei einfach mein Führer, ich werde gespannt folgen und mir gern alles ansehen." Chester sah das recht einfach und er klammerte sich kurz an eine Stange an der Seite, weil es ziemlich geruckelt hatte. "Auf jeden Fall werde ich fit bleiben bei all den Treppen. Ich bin gespannt, was Caleb davon hält." Ken und er waren auch mit der Metro unterwegs.

Dies ließ Jar kurz schmunzeln, auch wenn die Kühle seiner Gesichtszüge dabei blieb. Er selbst hatte keine Schwierigkeiten, das dauernde Ruckeln des Waggons auszugleichen, als er Chester antwortete. "Er muß sich damit abfinden – es ist ein gutes Training für seine Kondition. Es wird lediglich für dich ein wenig schwierig, da du dich ducken mußt – die Tunnel sind nicht für so herrlich große Männer wie dich ausgelegt." Das Letztere war leise und leicht neckend, auch wenn man es ihm nicht im Geringsten ansah. Daß die anderen Passagiere sie nicht verstanden, war Jar nur recht, deshalb sprach er auch Japanisch und trainierte auf diese Weise seine Spracherfahrung.

Mit Japanisch hatte Chester keine Probleme, er beherrschte es wie seine Muttersprache. "Dann muss ich mich wohl etwas ducken." lächelte er, denn er hatte auch schon von den niedrigen Tunneln gehört. "Immer noch besser als die U-Bahn in Toki, da gibt es Angestellte, die die Menschen in die U-Bahn schieben."

"Ja, ich weiß – das muß grauenhaft sein. Andererseits steht man dort auf den Straßen nur im Stau. Ich hoffe, daß wir zu dir mit dem Hubschrauber fliegen können, wenn wir in Japan sind ? Auf diese Weise ist man eigentlich am Schnellsten in solch großen Städten ..." Gerade die Aussicht, wie eine Sardine in die U-Bahn gequetscht zu werden oder alternativ stundenlang im Stau zu stehen, war Jaraunde ein wenig zuwider – außer, die Staufahrt konnte mit etwas Angenehmen verquickt werden, das einen die Wartezeit vergessen ließ. Doch noch ehe Chester antworten konnte, kamen sie schon mit einem Ruck und Quietschen an ihrer Station aus und Jar schlüpfte behende raus, ehe er auf dem Bahnsteig auf den großen Dunklen wartete.

Der kam sogleich nach und neben den Rotblonden. "Ich bin in Tokio fast nur mit meinem Hubschrauber unterwegs. Anders geht es da als Geschäftsmann kaum noch ... oder man nimmt ein Motorrad." Mit einem Bike konnte man sich besser durch den Verkehr schlängeln, aber wenn es wirklich extrem war, kam man damit auch nicht mehr wirklich weiter.

Mit einem kurzen Nicken ging ihm Jaraunde vor – wie schon von ihm angekündigt, war der Tunnel recht niedrig, selbst er mußte sich ein klein wenig ducken, um nicht öfters anzustoßen. Der Weg zu der anderen U-Bahnlinie war fast so lang wie die Strecke, die sie schon zurückgelegt hatten – doch das war normal in Paris und schließlich kamen sie nach vielen Treppen, Obstläden, Straßenmusikern und geschäftig redenden Menschen an den anderen Bahnsteig an, um auf eine U-Bahn zu warten. "Wir sind bald da – nicht mehr weit. Um ehrlich zu sein, ich bin froh, wenn wir in Tokio in einen Hubschrauber umsteigen können ... ich bin das Treiben fast nicht mehr gewohnt."

"Frag mal." murmelte Chester, denn er musste fast gebückt gehen und stützte sich ein wenig mit der Hand an der Wand ab, um sich die Tortur zu erleichtern. "Zurück nehmen wir ein Taxi, ich bekomme sonst einen Hexenschuss."

Dies ließ den Einäugigen leise schmunzeln und er stieg in die gerade eingefahrene Bahn ein, besetzte sich und Chester einen Platz und nickte, als der Große sich wieder neben ihn setzte. Zum Glück war diese Bahn fast leer und sie würden bald ankommen, so daß Jar sich damit begnügte, den Größeren zu betrachten. Er war gespannt, wie Chester auf Axel reagieren würde ... und würde in Ruhe das genießen, was sich daraus entwickelte. "Die nächste Station müssen wir aussteigen – dann ist es nur noch ein kurzer Weg, bis wir da sind. Und keine Sorge – es ist nur ein kurzer Weg, dein Rücken wird nicht ganz so belastet werden."

Chester streckte sich ein wenig aus, er war zwar sportlich, aber das war wirklich nicht sehr angenehm für seinen Rücken. "Da bin ich ja froh." knurrte er, während er sich streckte und seufzte wohlig, als ein paar seiner Wirbel knackten. Dann aber mussten sie schon wieder aussteigen und Chester folgte dem Kleineren durch die Gänge hindurch. Erst als sie oben and er frischen Luft waren, schnaufte er durch und streckte sich erneut. "Du musst mich für eine Mimose halten ?"

Nun doch ein wenig überrascht, hob der Rotblonde eine seiner feingeschnittenen Brauen, ehe er kurz hart schmunzelte und ihm leise beim Überqueren einer Straße antwortete. "Aber Nein, Chester. Zumindest, solange du nicht dauernd jammerst und mir die Ohren zuheulst, geht es." Als er endete, hielt Jar vor der Türe eines alten Hauses, das sichtlich schönere Tage gesehen hatte, drückte auf einen verschmutzten Klingelknopf und wartete, bis der Türsummer erklang und die Türe aufgedrückt werden konnte.

Dann summte es und Chester trat nach Jaraunde in das Haus ein. Die Treppen, die sie gleich darauf hinaufstiegen, waren aus Holz und ziemlich ausgetreten, es war ein wunderbar altes Haus, es gefiel dem großen Dunkelhäutigen. Daß sie in den dritten Stock mussten, war ihm lieber als das Laufen durch den Tunnel, und es war für ihn doch deutlich weniger anstrengend.

Vor der schlichten Holztüre klopfte Jar kurz an das Holz und wartete – als ein leises Surren erklang, seufzte er nur, sah ein wenig mißbilligend auf das Eck oben am Türrahmen und zischte ein leises "Er ist in Ordnung !", das dafür sorgte, daß auch bei der Türe ein kurzes Summen erklang. Noch im gleichen Moment drückte der Rotblonde sie auf und trat ein, hielt die innen um zwei Zentimeter Stahl dickere Türe auf und seufzte, als innen in der mit High-Tech vollgestopften Wohnung die Geräusche eines Computerspiels erklangen und zeigten, mit was Axel sich gerade beschäftigte. "Axel ! Verdammt noch eins, du wußtest doch, daß wir kommen ?!" Vom Wohnzimmer erklang ein lautes Lachen und schließlich verstummte die Computermusik, das Rollen eines Stuhles war zu hören und dann kam ein großer Schatten klirrend in den Gang gestürmt, um Jar in die breiten Arme zu reißen und ihn noch immer lachend hochzunehmen.

Chester hob eine Braue, denn Axel war fast so groß und breit wie er selber und sah eher aus wie ein Rapper. Er trug die Haare kurz geschoren und war behängt mit Goldkettchen. Hinter ihm in dem Zimmer summten Computer und die Monitore vor sich hin und abgesehen von den Stapeln an CD Hüllen und anderem Computerschnickschnack war es erstaunlich ordentlich.

Der Rotblonde ergab sich schließlich in die heftige Begrüßung und ließ dem Jüngeren die Freude, ehe es ihm zuviel wurde und er ihm kurz auf die kräftige, in einem einfachen, zu großen T-Shirt steckende Schulter klopfte. Noch im gleichen Moment ließ ihn Axel runter und betrachtete sich dann Chester, den er bis jetzt nicht beachtet hatte – ließ den Blick von oben bis unten über ihn gleiten und pfiff kurz durch die Zähne, ehe er breit grinste und ihm auf die Schulter klopfte. "Glückwunsch, Großer – du mußt schon was Besonderes sein, wenn der Rotschopf dich herbringt und bei dir bleibt. Hätte nicht gedacht, daß es Jemand gibt, der seine meilenweiten Standards erreicht."

Die sichtliche Empörung Jars erstaunte Chester ein wenig, doch es verschwand rasendschnell wieder und wäre auch beinahe unbemerkt geblieben. "Nun, ich bemühe mich jedenfalls." wisperte Chester und reichte Axel die Hand. "Ich bin Chester, freut mich, dich kennenzulernen." Axel war ihm sehr sympathisch und er war sicher, daß sich eine Zusammenarbeit lohnen würde.

Der junge Rapper lachte nur laut auf, schüttelte die Hand des ein wenig Größeren und ging wieder zurück in das riesige Wohnzimmer, räumte die Zeitschriften- und CD-Stapel von den beiden Sesseln und zog sie an die Computer heran, ehe er sich wieder auf seinen bequemen Chefsessel lümmelte. Jar war ihm nachgekommen und nahm von der Seite eine frische Flasche Wasser, setzte sich und sprach nur ein leises "Bedien dich, Chester." zu diesem, ehe er sich wieder seinem Schützling zuwandte. "Ich möchte, daß du die Daten Chesters so schützt wie die meinen – und dann gibt es noch etwas, das ich mit dir besprechen möchte. Wir Beide möchten eine kleine Convention für die Top-Hacker organisieren, damit sich Chester umsehen und auch einen vertrauten Hacker holen kann. Außerdem denke ich, daß es auch euch gefällt, daß ihr euch einmal bezahlt treffen und persönlich austauschen könnt ?" Axel guckte nur völlig verdattert, ehe er laut aufjohlte und breit grinsend eine Colaflasche von der Seite nahm, um seinem Mäzen zuzuprosten.

Chester sah sich um, griff eine der Colaflaschen und öffnete sie, um den Prost zu erwidern. "Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit ... ich denke, mit deiner Hilfe können wir die anderen Hacker informieren, ihr habt ja alle irgendwie Kontakt zueinander." Er ging erstmal auf das Hackertreffen ein, denn das schien Axel wichtig zu sein.

"Hell, yeah ... klar haben wir ? Jedenfalls die, die es auch wert sind. Wir sind ein eingeschworener Haufen und Newbies habens schwer, da reinzukommen. Sone Con wär schon was feines, Großer – scheiterte bisher immer daran, daß wir keinen Veranstalter fanden, der sicher genug war. Denke aber, daß es mit dir klappt – du hast nicht nur Geld, sondern auch mehr als nur gute Beziehungen, die du spielen lassen kannst. Wo und wann hast du denn gedacht ? Rück die Infos raus, Großer ..." Man sah Axel mehr als nur gut an, wie aufgeregt er war – seine schwarzen Augen strahlten regelrecht und das breite Grinsen ließ die makellos weißen Zähne noch mehr aufleuchten, als es normalerweise der Fall war.

"In HongKong, dort sind die Polizei und auch die Behörden leichter zu bestechen und ich finde, es liegt sehr günstig. Ich habe da ein Geschäftshaus, wo ihr euch austoben könnt." Chester hatte schon ein wenig geplant und das schien ihm die allerbeste Lösung zu sein. "Ihr könnt dort unauffällig mit dem Hubschrauber landen."

Im ersten Moment war Axel sprachlos – doch dann schlug er sich auf den Oberschenkel und lachte wieder auf, nickte heftig und grinste erneut megabreit. "Klasse Idee, Großer – und einfach nur perfekt. Wie siehts denn aus – zahlst du die Flüge ? Und wie siehts mit Extrakohle aus ?" Das brachte Jaraunde wiederum zum Schmunzeln, denn er kannte den jungen Rapper mehr als nur gut. "Ehrlich, Axel – du denkst immer nur ans Geld, Hm ? Dein Geschäftssinn übertrifft deine 19 Jahre bei weitem. Natürlich gibt es ein Startgeld, wie bei den High-Class-Kämpfen der Elitekämpfer. Wie hoch es ausfällt, werde ich noch mit Chester besprechen." Dies ließ Axels Grinsen nun zu einem mehr als nur genießenden Lächeln werden, das allerdings auch ein wenig berechnend war und man sah in dem Glitzern seiner Augen, daß er sich schon sehr auf das Geld freute.

"Das wird sich, denk ich, alles regeln." erklärte Chester und grinste sacht, weil er dieses Leuchten sehr gut kannte. Der Junge gefiel ihm und das sah man Chester deutlichst an. "Was möchtest du für deine Dienste haben ?" Somit ging er nun auf das Geschäftliche ein und er lehnte sich leicht vor.

Einen Moment lang wurde der Blick Axels abschätzend – dann erwachte ein berechnendes Lächeln auf seinen Lippen, als er sich ein wenig vorneigte und mit seinen dunklen Augen die blauen Chesters fixierte. "Ich hab ein wenig in deinen Konten gewühlt und mir deine Umsätze angesehen ... du verdienst satt, Großer. Die Daten zu schützen, ist eigentlich schnell erledigt, aber sie geschützt zu halten, das ist harte Arbeit. Was hältst du davon – sie werden absolut sicher, aber das kostet dich fünfzehnzausend Euro im Monat. Du kannst das locker aus der Portokasse zahlen, also dürfte das kein Problem sein. Aber dazu möchte ich noch etwas anderes: Die neueste Technologie, die rausgebracht wird, damit ich sie für meine Kumpels testen kann."

Chester hob kurz eine Braue, doch dann nickte er ernst. "Gut, abgemacht, und ich habe Beziehungen, die dir die neuste Technologie sichern." Die hatte er in der Tat, denn Beziehungen zu den Asatos brachten auch Beziehungen zu weiteren Firmen.

Kurz nickend, drehte sich Axel um und kramte kurz in den Zettelhaufen auf seinem Schreibtisch – dann hellte sich sein Gesicht auf und er reichte Chester einen der Zettel, ehe er sich wieder in seinen Chefsessel lehnte. "Hier ist die Bankverbindung – ich denke mal, ein mündlicher Vertrag genügt ? Wär mir lieber, ich halte viel davon, wenn die Leute ihr Wort auch halten. Und daß du kein Betrüger bist, sagt mir allein schon, daß Jar dich noch nicht gekickt hat. Und wann wollt ihr die Con machen, und wieviel ist das Startgeld ? Dann kann ich den Anderen schon Bescheid sagen, es sind sechzehn mich eingeschlossen, wenn ihr nur die Elite kommen lassen wollt."

Chester nahm den Zettel und lachte leise bei dem Übermut. "Ich denke, in zwei Monaten wird die Con stattfinden, bis dahin habe ich alles organisiert. Zum Startgeld gibt es dann auch noch die allerneusten Laptops mit dem neuen Betriebssystem der Asato dazu." Er wusste, wie sehr dieses System erwartet wurde, aber es würde offiziell erst in einem dreiviertel Jahr auf den Markt kommen und die Hacker hatten sich bisher die Zähne daran ausgebissen, es illegal zu bekommen. "Es ist das Sicherste, was es auf dem Markt geben wird ... über das genaue Startgeld bin ich noch nicht ganz im Klaren."

"Wie wäre es mit fünfundzwanzigtausend Euro, Chester ? Ich würde mich zur Hälfte beteiligen. Es ist nicht zu hoch, aber hoch genug, um mit deinem Angebot mehr als nur verlockend zu sein." Axel nickte heftig, als er sich wieder vorlehnte und kurz mit den dicken Goldketten um seinen Hals spielte. "Mehr als nur genug. Achja, wegen den Hackern und dem System – nur die jungen Idioten haben sich daran versucht. Wir nicht – wir wissen, daß Haku da mitgemacht hat, es ist eine Ehrensache, sein Programm nicht zu hacken. Schließlich gibt er uns dafür auch Insiderwissen ..." Bei dem Letzten wurde das Grinsen auf den Zügen des jungen Schwarzen wieder ein wenig berechnender, so daß die feingeschnittenen Züge, die zeigten, daß seine Mutter eine Asiatin gewesen war, kühler wurden.

"Fünfundzwanzigtausend sind angemessen." wisperte Chester und lächelte bei den kühler werdenden Zügen des jungen Hackers. "Daß die großen Hacker ihn nicht angreifen, konnte ich mir schon denken, er hat die Kleinen aufgespürt und vernichtet." Was das anging, war der eigentlich niedliche und liebe Haku knallhart und kein Hacker der Welt, der etwas Verstand hatte, legte sich mit ihm an. "Ich denke, für euch rückt er das System liebend gern heraus."

Das mit den kleinen Hackern ließ Axel lauthals auflachen und er schlug sich kurz auf den kräftigen Schenkel, ehe er heftig nickte und sich ein paar Lachtränen aus den Augen wischte. "Jep – wir haben mitgucken dürfen, wie er diese Idioten zerquetscht hat. Oh Mann, was haben wir gelacht – hatten ne Konferenz geschalten und uns königlich amüsiert. Fast so gut wie zoffende Politiker ! Und es sind ein paar lästige Fliegen weniger. Denke, Haku wird sich freuen – er überlegt schon seit zwei Monaten, wie er uns an das System lassen kann, ohne daß er Ärger mit seinen Verwandten bekommt. Die Con jetzt von euch dürfte genau das sein, was er suchte."

"Das wusste ich nicht, aber dann passt es ja ganz ausgezeichnet." Es war ein wunderbarer Zufall, der sehr nützlich war. "Wie wäre es, wenn wir ihm gleich Bescheid sagen ?" Er hatte die Nummer des Jungen auf seinem Handy und Haku und Axel hatten sich bestimmt noch nicht persönlich gesprochen.

Der dachte allerdings nicht an die Möglichkeit, anzurufen – stattdessen grinste er nur ein freudiges "Jap, er wird begeistert sein !" und drehte sich um, klickte eines der Messangerfenster an, die er offen hatte, und begann sofort zu schreiben, ohne auch nur im Mindesten durch seine Ringe behindert zu werden. Dies geschah so schnell und effizient, daß man ohne Mühe sehen konnte, daß Axel das die ganze Zeit machte und als die Antwort kam, lachte er laut auf und grinste megabreit, als er sich wieder zu den beiden Älteren umsah. "Sieht so aus, als wäre er das erste Mal sprachlos."

Chester lehnte sich zu dem Monitor und sah auf das Schreibfeld des Messangers. Dort stand nach dem langen Text von Axel nur ein >> Oo << das von Haku kam, und Chester lachte leise. "Sieht so aus. Dann aber kam ein ganzer Block an Text, in dem viele Smileys steckten, es war immer wieder erstaunlich, wie fix diese Jungs mit den Tasten umgehen konnten.

Und das bewies Axel nun ein weiteres Mal, als er breit grinsend antwortete und nun seinerseits auf eine Antwort wartete. "Ich liebe Messanger ... schön privat, schnell und billig. Und vor allem kann man damit mehr ausdrücken als wenn man phont, Smileys sind schon klasse." Während er sprach, lehnte sich Axel wieder an und fiddelte ein wenig mit den Daumen, ehe die Antwort kam und er sie geübt schnell durchlas. "Tjoa – sieht so aus, als hätte Haku sich wieder von dem Schreck erholt – er freut sich schon. Hat scheints auch schon von dir gehört, Chester ..."

"Nun, das hoffe ich doch, schließlich mache ich Geschäfte mit seinem Vater." lachte Chester. "Grüß ihn doch bitte von mir, ich werde die nächsten Tage einmal bei ihm vorbeischauern, wenn er Zeit hat." Chester hoffte es, er hatte Haku noch nicht direkt kennengelernt, der Junge war etwas seltsam und eigentlich recht menschenscheu. "Ich hoffe, er kommt auch, ich kenne ihn als sehr menschenscheu, er umgibt sich lieber mit seinen Robotern und seinen kleinen Androiden."

"Jap, ich weiß – ist nicht jeder Hacker so wie ich. Ich frag ihn mal – mich würden seine Roboschätze auch interessieren, aber das weiß er." Noch während er sprach, tippte Axel schon – er war es gewohnt, mehrere Sachen gleichzeitig zu tun, multitasken war für Hacker seiner Klasse ein Leichtes. Und er tippte dazu auch ein, daß die Anderen bestimmt auch sehr an seinen Robos und Androiden interessiert wären, auch wenn er wußte, daß er Haku deshalb eigentlich nicht erinnern mußte.

Chester sah in etwa, was getippt wurde, und Haku antwortete sofort, daß er vielleicht, aber nur vielleicht, ein oder zwei seiner kleinen Lieblinge mitbringen würde. Chester wusste, daß er seine Schätze nicht gerne zeigte, selbst er hatte nur ein oder zwei kleinere Modelle gesehen, die im Stammsitz der Asatos ausgestellt waren und die waren noch aus der Kindheit des Jungen.

Mit einem kurzen Nicken las Axel die Antwort und tippte sofort die Seine, ehe er sich verabschiedete, den Messenger offline klickte und sich langsam zu Chester umdrehte. "Okay, die wichtigsten Sachen sind geklärt – kommen wir zu dem Angenehmen ? Der Rotschopf hat dir doch sicher erzählt, was noch im Handel mit uns Beiden mit drin ist, oder ?" Die dunklen Augen des jungen Schwarzen verengten sich bei den leisen Worten und sein Grinsen wurde ein wenig schelmisch, denn er konnte sich denken, daß Jar seinem neuen Gefährten von ihm erzählt hatte.

Auch Chesters Lächeln veränderte sich ein wenig, es wurde etwas weicher und ein leises Glimmen erschien in seinen blauen Augen. Das Bett stand ja gleich hier im Raum und wie es aussah, war es gut benutzt. "Das ist der Teil, der mir am Liebsten ist." Er wusste, Jaraunde würde ihnen wieder zusehen, und so erhob er sich langsam, um den angenehmen Teil zu erfüllen.

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