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 ”Der Raub des gestreiften Diamanten” oder “Wieso soll ich ein Bonbon klauen ?!!”  02
 

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Alain beobachtete, wie Azura ihm den Beutel zuschob und nahm ihn auf, um hineinzukucken. Als er sah, was darin war verengten sich kurz seine Augen ... dann blickte er zu Azura, hob eine Braue und nahm eines der länglichen Bonbons heraus. Jeder kannte und mochte die Teile - sie waren gelb, hatten orange Streifen und schmeckten einfach großartig. Nicht jeder konnte sie sich leisten, aber jeder kannte sie. „Wieso ... soll ich ein Bonbon klauen ?!“

Natürlich hatte der junge Magier diese Reaktion erwartet, denn sie war immer gleich und auch verständlich. Doch er schnaubte trotzdem und seufzte dann ein wenig lauter. "Ja und nein. Dieser Nekromant ist in fast allem so, wie alle Anderen auch - mit einer extremen Ausnahme. Andere Nekromanten nehmen die gewaltige Energie, die sie für ihre Zauber brauchen, von lebenden Menschen oder Tieren, und töten sie damit ... dieser Nekromant hat leider ein Faible für Süßigkeiten. Er kauft fässerweise Honig auf und stellt überall in seinen Zimmern Schüsseln damit auf, tunkt Insekten rein und ißt sie. Und er liebt diese Bonbons ... die Dörfer um seine Burg herum haben sie entwickelt und leben davon, daß er sie wagenweise aufkauft. Natürlich verkaufen sie die Bonbons auch in die anderen Länder und verdienen viel damit - sie sind ja auch sehr gut, Orangensaft mit Honig ist nunmal sehr gut. Und damit kommen wir zum eigentlichen Punkt: Er fand einen Diamanten, der die gleiche Färbung besitzt und schliff ihn mit einem Zauber in die Form dieser Bonbons. Der Stein liegt direkt auf einer riesigen Schale mit diesen Bonbons ... wie eine Trophäe."

„Ich fasse es nicht.“ Das war fast zuviel an Informationen und Alain strich sich über das Gesicht. „Das heißt, ich muß den Stein zwischen den Bonbons finden ? Und wenn der Kerl nicht riechen kann, wie schmeckt er dann den Honig und die Bonbons ?“ Letzteres war nur Neugierde, denn Alain wußte, daß man kaum noch Geschmackssinn hatte, wenn man nicht riechen konnte.

"Frag mich nicht - vielleicht ein Zauber der Nekromanten, daß sie zwar nicht mehr riechen, aber schmecken können. Ich kann mir so oder so nicht vorstellen, wie man in all der Verwesung und dem Dreck leben kann ... alleine schon der Gestank ! Du müßtest es ja in wesentlich leichterer Version durch die Schlachtfelder kennen ... aber nun stell dir mal vor, du kommst nach einer Woche zu einem Schlachtfeld zurück. Oder nach zwei Wochen - das ist schon schlimm. Und nun stell dir das noch mindestens hundertmal schlimmer vor, dann weißt du, wie es bei ihm aussieht. Und bevor du frägst: Er hat einen Zauber auf seinem Honig, daß kein Insekt oder eine Ratte drangeht." Azura konnte nicht verhindern, daß er vor Ekel schauderte, als er sprach ... denn er selbst legte größten Wert auf Sauberkeit, und das sah man auch an seiner blitzsauberen Hütte.

„Verdammt ! Wo bin ich da nur reingeraten ... “ Es wurde immer besser und jetzt war sich Alain sicher, daß er diesen Nasenring auch wirklich brauchte. Jetzt war ihm auch der Appetit vergangen, denn er hatte schon zwischen Leichen gelegen, da man dachte er sei tot.  „Noch was wichtiges ? Ich möchte schnell los und das Ganze hinter mich bringen. Und keine Sorge - ich hab’s jetzt vielleicht eilig, aber ich werde da drinnen keine Fehler machen.“

"Das wäre auch sehr dumm von dir und ich denke, du bist nicht dumm. Ich muß noch die beiden Zauber sprechen, nachdem ich dir den Nasenring verpaßte ... und dir noch einige andere Dinge mitgeben, die du brauchen kannst, wie zum Beispiel ein Pferd." Als er endete, stand Azura auf und ging an einen der anderen Tische seiner Hütte, nahm einen schlichten, kleinen Silberring von einem Samttuch und kehrte zu dem noch immer sitzenden Söldner zurück. "Bereit ?"

„Ja, ja ... ich hatte schon schlimmere Schmerzen als so etwas.“ Alain war bereit und er wußte, daß es wehtat. Aber er war kein Weichei, und bereitete sich auf den Schmerz vor. „Und ja, ein Pferd wäre praktisch.“

Ihm antwortete nur ein Nicken - dann kam Azura direkt vor ihn und nahm den Ring, legte ihn an dessen Nasenflügel an und sprach einen kleinen Zauber, der dafür sorgte, daß der Ring durch das Fleisch drang und es danach wieder verheilte. Dann sprach er den Zauber auf den Ring, der den Geruch reduzierte, den Bindezauber, der sie beide verband und seufzte kurz, da er sofort spüren konnte, wie sehr ihn der Söldner haßte. "Wenn du den Zauber aktivieren willst, legst du den Zeigefinger deiner rechten Hand an den Ring, sprichst 'Zauber aktivieren' und er funktioniert. Wenn du wieder riechen willst das gleiche, nur sprichst du 'Zauber deaktivieren', das wirst du dir ja merken können. Und ich denke, du fühlst mich jetzt ? Ich sehe das was du siehst, wenn ich die Kristallkugel aktiviere, und das wirst du auch spüren. Ich kann auch mit dir reden - aber das verbraucht viel Kraft, deshalb werde ich es nicht so oft tun."

„Ja, ich fühle es.“ murmelte Alain und atmete kurz tief durch. Er fühlte jetzt genau, daß dieser Magier ihn nicht mochte, und es beruhte auf Gegenseitigkeit. Aber da war noch unterschwellige Angst, die Alain nicht wirklich verstand - er wußte nur, daß es unbewußt sein mußte. Nebenher testete er kurz den Nasenring und nickte, weil es wirklich funktionierte. „Jetzt noch das Pferd und die Richtung zu der Burg, dann bin ich weg, und du hast erstmal deine Ruhe.“

"Zumindest teilweise, da ich dich ja überwache." Noch während er sprach, trat Azura zurück und ging zu einem anderen Tisch, nahm von dort eine Kartenrolle und gab sie Alain, achtete jedoch, nicht mehr so nahe zu ihm zu kommen. "Im Beutel ist noch ein Kompaß, Reiseproviant und ein Wasserbeutel ... und hier ein Beutel mit Gold-, Silber- und Bronzemünzen, damit du dir unterwegs alles leisten kannst. Es ist genug, wenn du sparsam bist ... und falls du den Auftrag erfolgreich erledigst und mir den Diamant bringst, bekommst du einen solchen Beutel voller Goldstücke zu deiner Seele dazu." Der junge Magier wußte, daß Gold immer ein guter Anreiz für Söldner war und hoffte, daß es auch hier der Fall war.

„Das macht die ganze Sache schon schmackhafter ... aber so sind wir Söldner, ich denke, das weißt du auch.“ Immerhin hielten sie ihre Köpfe für andere Menschen hin, und kämpften oft um Leben und Tod. Alain nahm alle Sachen an sich, und verließ dann die Hütte. „Das Pferd, dann bin ich weg.“

Azura nickte nur und kam ihm nach, ehe er eine kleine Pferdestatue aus Edelstein auf den Boden legte und einen kurzen Zauber wisperte. Noch im gleichen Moment, in dem die dunklen Worte erklangen, begann der Edelstein zu leuchten und das Pferd schien sich zu strecken, ehe es anwuchs und zu einem normalen Pferd wurde, das kurz verwundert aufwieherte. "Ich habe ihn verzaubert, er wußte nicht, daß er die letzten drei Jahre als Statue existierte. Er gehörte einem der Söldner und ich denke, du wirst mit ihm zurechtkommen. Was er braucht, weiß ich nicht - kaufe es dir einfach im nächsten Dorf. Die Karte hast du, ich erwarte, daß du heute Abend für deinen ersten Bericht bereit bist."

Immerhin war es ein gutes Pferd, und war vernünftig gesattelt. „Ich bin dann bereit ... also bis dann.“ Mit den Worten stieg Arian auf den schönen Rappen, und hängte den Beutel an den Sattelknauf. „Auch wenn ich nicht wüßte, was es dann schon zu berichten gibt.“ Nach diesen Worten trieb er den Rappen an und lenkte ihn gleich in die richtige Richtung.

Azura nickte nur und blickte ihm nach, ehe er leise seufzte und wieder zurück in seine Hütte ging. Er hoffte, daß es diesmal endlich funktionieren würde - denn er brauchte diesen Stein für einen bestimmten Zauber, und gerade für diesen Zauber gab es keinerlei Alternative, da alle anderen Edelsteine nicht so perfekt dafür geeignet waren.

 

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Gegen Abend richtete sich Alain sein Schlaflager ein, und er hatte auf dem Ritt viel Zeit gehabt, über alles nachzudenken. Das Verlustgefühl seiner Seele machte ihm dazu sehr zu schaffen, denn es war natürlich das Schlimmste, was einem Menschen passieren konnte, und dafür haßte er den Magier. Er wollte daher auch den Auftrag so schnell es ging erledigen, auch wenn es ihm davor schon grauste. Wer wollte schon zu einem Nekromanten in die Burg ? Und das alles nur, um einen Edelstein zu stehlen, der wie eines dieser Bonbons aussah. Noch beim Reiten hatte er sich die Karte angesehen, danach in einem der Dörfer noch etwas zu essen und trinken gekauft ... und jetzt wartete er irgendwie darauf, daß ihn dieser Magier kontaktierte.

Azura hatte den Überwachungszauber schon seit einiger Zeit aktiviert, sich jedoch ruhig verhalten und nur beobachtet ... und nickte langsam, denn dieser Söldner war wirklich ein wenig klüger als die Idioten, die er zuvor beauftragt hatte. Auch die Gefühle dieses Mannes waren anders - doch das lag eher daran, daß Alain der Erste war, dem er die Seele entzog. Der junge Magier ärgerte sich ein wenig, daß ihm dieser Trick nicht eher eingefallen war, da es die absolute Loyalität des Söldners sicherte und auch dessen Überleben in der Nekromantenburg ... doch dann riß sich Azura wieder zusammen, denn er trauerte niemals lange Dingen nach, die nicht geändert werden konnten. Also verstärkte er den Zauber mit einem Gedanken, so daß ihn Alain spürte, und sprach schließlich durch den Zauber, der sie verband, mit ihm. "Wie ich sehe, bist du schon ziemlich weit - hast du dir die Dinge, die du brauchst, besorgen können ? Und dem Pferd geht es augenscheinlich auch gut."

Als er die Stimme in seinem Kopf hörte, seufzte Alain und steckte das Fleisch auf den Spieß, um es über dem Feuer zu rösten. „Ja ich hab alles, was ich brauche, und dem Pferd wird es auch weiterhin gut gehen. Es ist ein gutes Tier, ich möchte es auch noch als Lohn haben.“ Der Rappe war ein sehr mutiger Hengst, der gut trainiert worden war, und so ein Tier konnte er gut gebrauchen.

Die Forderung überraschte Azura - doch dann seufzte er und antwortete ihm. "Gut - ich kann das Tier so oder so nicht brauchen, deshalb hatte ich es ja verwandelt und nun ein Stück weniger, das Staub ansetzt. Es ist noch ein Stück Weg vor dir, aber in drei bis vier Wochen dürftest du es geschafft haben, wenn du dich ranhältst. Gibt es etwas zu berichten ?" Alleine schon der Anblick des bratenden Fleisches ließ den Magen Azuras leicht aufknurren, doch er hatte Übung darin, seine Gefühle zu kontrollieren und ließ nichts durch das magische Band dringen.

Alain fühlte den Hunger, aber er dachte, es wäre sein eigener. „Nein, nichts weiter - außer, daß ich jetzt esse und mich dann schlafen lege. Oder willst du noch wissen, ob ich fest oder dünn gekackt habe ?“ Letztes konnte er sich nicht verkneifen, denn es passierte bis zu der Burg so oder so nichts, und bis dahin könnte ihn dieser Magier eigentlich in Ruhe lassen.

Im ersten Moment war Azura zu entsetzt, um zu antworten - doch dann fluchte er leise und knurrte kurz, denn dieser Söldner war einfach viel zu dreist. "Natürlich interessiert mich das NICHT, du ungehobelter Klotz ! Aber auf dem Weg gibt es viele Gegenden, die von Räuberbanden kontrolliert werden, tot nützt du mir nichts. Und es ist auch wichtig, daß du auf das Pferd achtest, ob es Langzeitschäden von der Verwandlung hat, da ich das noch nie bei einem so großen, lebenden Wesen gemacht habe ! Wenn der Gaul dir unter dem Hintern zusammenklappt, brauchst du ein neues Pferd - und das wird teuer, also laß diese dummen Scherze."

Jetzt fühlte Alain, wie entsetzt Azura war und er grinste sacht, weil er nun wußte, wie er den Magier ein wenig aus der Reserve locken konnte. „Ich kenne mich aus mit Pferden - wenn ich merke, daß etwas nicht stimmt, dann achte ich auf den Schwarzen. Mit den Räubern werde ich klarkommen. Söldner lassen sie meistens durch, weil es bei uns nicht viel zu holen gibt. Außerdem legen sie sich ungern mit uns an, zuviele Verluste in den Banden.“ Natürlich mußte der Söldner auch einen Ruf haben, und den hatte Alain. Er war zwar jung, aber hatte schon viele Schlachten geschlagen. Gerade weil er mit Köpfchen kämpfte und nicht nur stumpf zuschlug, war er in einem Schlachtverbund gern gesehen.

Das wußte der junge Magier aber nicht, da er sich mit so etwas in der Abgeschiedenheit seiner Hütte nicht beschäftigte. "Ich wollte nur darauf hinweisen, denn wie ich schon sagte: Tot nützt du mir nichts, also stürze dich nicht in unnötige Risiken. Wenn etwas wichtig ist, konzentriere dich stark auf mich - dann spüre ich das und setze mich mit dir in Verbindung. Aber ansonsten verkneife dir das, ich habe noch genug zu tun und möchte nicht gestört werden." Azura überspielte die ihm lästige Erkenntnis, daß dieser Söldner doch ein wenig klüger als viele andere Söldner war mit der leichten Gereiztheit und Gleichgültigkeit, die er meistens zeigte - dann beendete er die Verbindung und schnaubte kurz, denn dieser Mann ärgerte ihn und Azura war es gewohnt, ruhiger zu sein.

Alain schnaufte erleichtert, als Azura weg war, genoß nun erstmal sein gebratenes Fleisch und würde sich danach auch wirklich hinlegen, denn sein Kopf dröhnte noch immer ein wenig von der letzten Nacht. Aber er würde sich die Tage noch Gedanken machen, wie er Azura noch ein wenig ärgern konnte. Daß er ihn aus der Reserve locken konnte, hatte er ja eben schon bemerkt.

 

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