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  ”Der Blumengarten des Conte Verdun”  03
 

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Erst, als es dunkelte, wurde der Schlaf Apolls leichter, als sein Körper sich wieder wandelte und sein altes, schlankes Selbst wurde. Der Rothaarige war es gewohnt, daß die Katzen seines Anwesens unter Tags zu ihm kamen, um bei ihm zu schlafen - und so wunderte es ihn auch nicht, daß es noch ein dunkleres, tieferes Schnurren zwischen dem der Hauskatzen gab, während er sich noch immer schlafend zu dem angenehmen Geräusch drehte und leise seufzte.

Der Verursacher des dunklen Schnurrens war schon wach, seit die Katzen ins Bett gekommen waren. Antonio blieb aber still liegen und lächelte, als Apoll sich wandelte und einige Momente später zu ihm drehte. Das Gesicht war ruhig und entspannt und die zarten Lippen luden gerade zu dazu ein, geküsst zu werden. Es kostete Tonio viel Mühe, es nicht zu tun, doch dann lachte er leise, weil eine der Katzen an seiner Fußsohle leckte.

Dieses Geräusch sorgte dafür, daß Apoll schlagartig aufwachte und vor Schreck aus dem Bett fiel, während die dünne Decke noch immer um ihn gewickelt war. Völlig perplex lag der Rothaarige auf dem Boden und brauchte einige Momente, bis er wieder nach oben sah und sich langsam aufrichtete, während er mit einer Hand die Decke an sich preßte. "Was ... was tust du hier ?? Und ... was ....?" Das Letztere war an die Katzen gerichtet, die sich förmlich auf Antonio zu stürzen schienen und aus dem Schnurren, Schmusen und Ablecken gar nicht mehr herauskamen.

Der wand sich unter den Liebkosungen und lachte leise, hin und wieder kicherte er, aber er lachte hauptsächlich. "Nicht doch, Kinder... hört auf." Er war halb Katze, das war der Grund, warum Hauskatzen nur zu gern zu ihm kamen, um zu schmusen. Als er nicht mehr konnte, wandelte er sich in seine Tierform und leckte den Anführer der Katzenbande so ab, daß ihm fast das Fell zu Berge stand.

Der Kater schniefte kurz und maunzte dann protestierend, doch er hüpfte vom Bett und die anderen Katzen folgten nach und nach seinem Beispiel, um ein wenig auf Mäusejagd zu gehen oder ein paar Reste aus der Küche zu ergattern. Apoll hatte sich inzwischen aufgesetzt und sah dem Ganzen ein wenig skeptisch zu - doch dann seufzte er leise, setzte sich auf sein Bett und achtete darauf, daß die Decke so viel seines Körpers wie möglich bedeckte. "Also war dies doch kein Traum ... aber wieso bist du noch immer hier ? Und nochdazu ... in meinem Bett ?"

Tonio hatte den Katzen nachgesehen und weich geknurrt, als Apoll ihn ansprach, robbte er ganz vorsichtig näher und wandelte sich dabei langsam. Als er wieder in Menschform war, sah er Apoll direkt in die Augen und lächelte. "Weil ich dachte, es ist Okay... Du hast mich nicht aus dem Bett geworfen." Daß er splitternackt war, störte das Werwesen im Moment gar nicht und auch nicht, daß Apoll ihn so sah.

Jener schwankte zwischen Wut und Scham ... das kurzzeitige, dunkle Schimmern seiner Haut verging und er errötete tief, senkte den Blick und seufzte schließlich leise. "Ich denke, ich war einfach zu müde .. und ... ich fühlte mich nicht bedroht. Dein Schnurren tat ein Übriges, denke ich - ich bin es gewohnt, daß die Katzen tagsüber zu mir kommen." Es entging Apoll nicht, daß der Andere völlig nackt war und es scheinbar nicht bemerkte - unbewußt zog der Rothaarige die dünne Decke, die fast nicht mehr wie ein Laken war, noch enger um sich und versuchte, die Hitze in seinen Wangen erfolglos wieder loszuwerden. Apoll war es nicht gewohnt, daß man so zu ihm sprach - so natürlich und ohne sichtbaren Hintergedanken .. und nochdazu mit einem ehrlichen Lächeln, etwas, das ihn noch mehr irritierte.

"Süß." wisperte Antonio und sein Lächeln vertiefte sich, als er die geröteten Wangen sah. Die Scham war mehr als deutlich und so rückte er etwas weg, damit er nicht zu aufdringlich wirkte. "Daß die Katzen tags zu dir kommen, sagt mir, daß du ein reines Herz hast... Ich selber fühle mich auch angezogen."

Bei dem Kompliment war der schlanke Conte noch ein wenig mehr errötet, doch er beruhigte sich wieder ein wenig und die letzten Worte sorgten dafür, daß die Röte völlig verflog. Fast augenblicklich zeigte sich Mißtrauen in den amethystfarbenen Augen Apolls und ein schwarzer Schimmer rieselte über seinen Körper - doch dann verging es wieder, als er realisierte, daß Antonio auf sein Herz anspielte und nicht sexuell aufdringlich werden wollte. "Ein reines Herz ... vielleicht. Vielleicht auch nicht, wenn ich bedenke, was für schwarze Gefühle in mir wohnen, daß ich ... daß sie mich ein jedes Mal in diese andere Gestalt wandeln. Und bitte komm mir nicht mehr zu nahe, ich ... komm mir einfach nicht mehr zu nahe." Dem Rothaarigen fehlten die Worte, auszudrücken, mit welcher Furcht es ihn erfüllte, daß sein Gast mehr wollen könnte - also ließ er es und stand wieder auf, hielt die Decke an seinem Körper fest und ging zu seinem großen Schrank, um dort einige Kleidungsstücke herauszunehmen.

"Ich tu nichts, was du nicht willst." wisperte Tonio und beobachtete Apoll mit den Augen. "Es ist nichts Dunkles in dir... nur Wut und Angst... Angst, daß du verletzt und Angst, daß du noch mehr verletzt wirst. Ich bin zwar ein Dieb, aber das bemerke ich." Er schwang seine Beine vom Bett, kam nicht näher, sondern ging zum Fenster, wo er sich schnurrend streckte und räkelte, bis seine Knochen wieder da waren, wo sie hingehörten. Hin und wieder knackte es leise, dazu entkam Tonio ein leises wohliges Aufstöhnen.

Es wäre untertrieben, zu sagen, daß der Rothaarige überrascht war - wie konnte dieser Mann so sehr in ihm lesen ? Doch dann kroch wieder eine unangenehme Röte in die Wangen Apolls und er seufzte leise, nahm seine Kleidung und ging mit einem leisen "Du redest Unsinn." - das selbst in seinen Ohren unglaubwürdig klang - in das Bad nebenan, um sich dort zu waschen und anzukleiden.

Tonio lachte ein leises "Wie du meinst." Dann drehte er sich um und sah Apoll nach. Hinten herum hatte er vergessen, sich zu bedecken, und was Antonio da sah, gefiel ihm. ‚Schade... aber vielleicht bezwinge ich seine Angst.' dachte er still und seufzte leise. "Sag, gibt es eine Möglichkeit, mir Kleidung zu besorgen ? Meine Kleidung ist leider nicht hier, sondern in der Stadt."

"Das ist kein Problem, Antonio. Für jetzt kannst du dir etwas von meinen Sachen aussuchen - doch für später lasse ich dir durch die Diener passende Kleidung schicken, wenn du dich für ein Zimmer entschieden hast." Noch während er sprach, säuberte Apoll seinen Körper und kleidete sich an - frisierte seine lange Haarpracht und seufzte leise, ehe er wieder in sein Schlafzimmer kam und zu dem leicht geöffneten Wandschrank an der Seite nickte. "Such dir etwas aus - es paßt mir in meiner anderen Form, also dürfte es auch dir passen."

"Ich danke dir." wispernd, ging Tonio zum Schrank, er musterte jedoch einen Moment den hübschen Mann, dann nahm er eine Hose aus dem Schrank und schmunzelte, denn hinten war eine Öffnung für den Schweif, den Apoll in der anderen Form hatte. Aber es würde nichts preisgeben, und so zog Tonio die schwarze Hose an und schlüpfte noch in eines der schwarzen Hemden. "Passt fast perfekt." Ein klein wenig zu groß waren die Sachen, aber sie erfüllten ihren Zweck.

Mit einem leisen Seufzer nickte Apoll und ging zur Türe, winkte seinem Gast zu folgen und ging zu einem der kleineren Eßsäle, um dort am Eingang an einer Klingelschnur zu ziehen. "Was möchtest du essen ? Mein Leibdiener kommt gleich und ich möchte ihm sagen können, was er dir zu essen bringen soll....."

"Rohes, rotes Fleisch vielleicht." bat Tonio beim Reinkommen und setzte sich dann an den großen Tisch. "Und ein Krug Milch... Ich denke, Blut wird nicht da sein, oder ?" Er hoffte, Apoll wäre nicht zu schockiert, aber hin und wieder brauchte Tonio rohes Fleisch und hier war wahrscheinlich, daß er es bekommen konnte. Hier würde es auch nicht auffallen, der Herr des Hauses war außergewöhnlich und nun auch sein Gast.

Zu sagen, der Rothaarige wäre geschockt, wäre noch milde gewesen ... doch er fing sich nach wenigen Momenten und strich nervös eine lose Haarsträhne nach hinten, nickte schließlich und wartete auf den Diener, der auch nach wenigen Minuten kam und respektvoll grüßte. "Auch dir einen guten Morgen, Melanio ... für mich bitte das Übliche, mein Gast ... nun ... bring ihm eine große Platte rohes Fleisch, einen großen Krug Milch und vielleicht, wenn der Koch etwas übrig hat, auch einen Krug Blut ?" Der Diener wurde einen Moment lang bleich wie ein Laken - doch dann fing er sich und wisperte ein leises "Ja, Herr ....", ehe er sich wieder verneigte und in die Küche lief, um den mehr als nur ungewöhnlichen Wunsch darzulegen. Oben in seinem Zimmer setzte sich Apoll ebenso an den Tisch, jedoch gegenüber seines Gastes, damit er mit ihm reden konnte. "Das ... ist sehr ungewöhnlich. Hat das mit deinem tierischen Wesen zu tun, Antonio ?"

Es war amüsant gewesen, wie der Diener blass wurde und selbst jetzt lag ein Schmunzeln auf Antonios Lippen. Langsam lehnte er sich vor und nickte. "Sicher hat es das... Ich bin ein Tier, denk nicht, daß ich ein Mensch bin, nur weil ich hin und wieder so aussehe oder mich so zu benehmen weiß.... Ich bin als Werwesen geboren worden. Nur bestimmte Werwesen werden durch einem Biss zu dem, was sie sind... es ist extrem selten."

"Werwölfe, ja ... ich erinnere mich. Nun dachte ich, daß jedes zumindest halbwegs Erfolg versprechende Buch in meiner Bibliothek sei, doch ich habe nur ein Einziges, in dem kurz etwas von Werwölfen erwähnt wird. Nun, das Essen wird gleich serviert werden - ist es dir Recht, mir ein wenig mehr von deiner Rasse zu erzählen ? Oder möchtest du lieber schweigen ?" Apoll fragte höflich nach, denn es war nicht seine Art, mit Fragen unerlaubt zu löchern, auch wenn ein klein wenig seiner Neugierde erwacht war, von der er geglaubt hatte, daß sie mit dem letzten Mißerfolg begraben worden wäre.

"Ich erzähle dir gern mehr. Möchtest du etwas Bestimmtes wissen ?" So würde das Eis doch noch brechen, das hoffte Antonio jedenfalls. "Vielleicht auch über die Schamanen ?" Bei der Frage lächelte er leicht. Er wollte Apoll noch neugieriger machen. Ein Schamane würde dem Verfluchten sicher etwas helfen können.

Zum Glück unterband die Ankunft der Diener mit ihrem Essen die Notwendigkeit, sofort zu antworten ... erst, nachdem die Diener wieder gegangen waren und die Türe des Eßzimmers sich schloß, seufzte Apoll und zögerte, ehe er der Frage antwortete. "Was du mir erzählen willst, Antonio. Es steht dir frei, zu erzählen oder zu verschweigen, was dir sinnvoll erscheint, da ich nicht weiß, wonach ich überhaupt fragen sollte. Da ist es vielleicht besser, wenn du einfach erzählst ?"

Antonio antwortete auch nicht sofort, er lächelte und schlang erst einmal einige Fleischbrocken herunter. "Hätte ja sein können, du willst was Bestimmtes wissen." murmelte er kauend und trank dann den Krug mit der Milch in einem Zug halb leer. Man sah, daß es ihm schmeckte und er nutzte die Zeit, um zu überlegen, womit er anfangen sollte, zu erzählen. "Wir Werwesen werden leider fälschlicherweise für Bestien gehalten, nicht alle sind so, wie die Menschen es erzählen. Wir leben eins mit der Natur und die Schamanen sorgen dafür, daß die Natur im Gleichgewicht bleibt. Die Magier mögen sie nicht sonderlich gern, sie fühlen sich unterlegen, aber das geben sie nicht gern zu, glaub ich."

"Unterlegen ? Wie kann das sein ? Ich dachte, die weißen und schwarzen Magier sind die Mächtigsten ? Ich habe noch nie von einem Magier gehört, daß die Schamanen so mächtig sind ... um genau zu sein, in keinem Buch steht etwas davon, daß sie überhaupt Magie ausüben können und auch keiner der Magier, mit denen ich sprach, sagte etwas davon ?" Auch der Rothaarige hatte inzwischen damit begonnen, zu essen, doch ein wenig langsamer als sein Gast. Das, was er hörte, verwirrte ihn jedoch und so hob er fragend eine Braue, während er einen kurzen Schluck seines Weines nahm und nun doch ein klein wenig seiner Neugier erwachte.

"Denkst du, die geben das zu ?... Schamanen sind keine Magier, sie bitten die Urkräfte darum, ihnen zu helfen, und zwingen sie nicht mit dummen Sprüchen dazu. Die Magie der Schamanen ist viel reiner. Magier verachten sie und nehmen sie nicht für voll, aber sie wissen, daß sie mächtiger sind." Tonio wusste es von einem Schamanen, der ihm geholfen hatte, als er eine schwere Verletzung davongetragen hatte, die zu schwer war, um gut abzuheilen... Gift war schon eine widerliche Sache. "Und Schamanen schreiben keine Bücher, sie verraten ihre Geheimnisse nicht... aber sie helfen, wenn man Hilfe braucht und sie ehrlich bittet." Beim Erzählen futterte Tonio langsamer weiter und beobachtete Apoll, wie der sein Frühstück verspeiste.

Ein Frühstück, das eigentlich ein Abendessen war, wenn man die Tageszeit bedachte - doch für ihn ein Frühstück, da er erst jetzt aufgestanden war. Apoll war sichtlich verwirrt und versuchte, das Gesagte zu verarbeiten - es widersprach jedem einzelnen Buch, das er gelesen hatte und auch dem, was ihm die Magier erzählten, doch andererseits ... konnte es möglich sein ? Als er sich die gedankliche Frage stellte, hielt der Rothaarige einen Moment lang inne - seufzte leise und legte sein Besteck zur Seite, ehe er leise fragte. "Das ist alles noch so neu für mich ... seit einer langen Zeit, mehreren Jahrzehnten, habe ich meine Suche aufgehört, da ich keine Möglichkeit gefunden habe, diesen Fluch aufzuheben. Und nun bist du hier - so .... so anders als jeder Andere und sagst mir, daß es Schamanen gibt, die ... vielleicht Hoffnung bedeuten. Weißt du, wie schwer es ist, zu hoffen ? Sich an jeden Strohhalm und jeden Hinweis zu klammern, den man entdeckt, und dann aufs Neue enttäuscht zu werden ? Ich habe Angst, wieder zu hoffen, Antonio ... und wieder enttäuscht zu werden. Ein Herz kann nur ein gewisses Maß an Leid ertragen, ehe es bricht - ich weiß, daß ich nicht mehr viel ertragen kann, es ... es wäre einfach zu schmerzvoll, erneut enttäuscht zu werden."

Tonio schob sein Teller ein Stück weg und lehnte sich vor. "Ich kann es natürlich nicht nachfühlen. Aber ich bin sicher, es gibt Hoffnung für dich... keine Heilung vielleicht, aber Hilfe. Schamanen können Erstaunliches leisten. Aber einen zu finden ist auch nicht leicht, meist finden sie einen, wenn man nur daran glaubt." Er lächelte sacht. Er fühlte mit Apoll, auch wenn er es wirklich nicht nachfühlen konnte. "Ich wurde auch von einem gefunden. Ich lag allein zwischen Felsen und hatte tiefe Wunden, geschlagen mit einer vergifteten Klinge. Die Hoffnung zu überleben hatte ich fast aufgegeben und dann kam er."

Nun doch interessierter werdend, stand Apoll auf und nickte seinem Gast, ihm zu folgen, als er in sein Zimmer zurückging und dort zu einer Wand, um sie einfach aufzuschieben. Es war eine verborgene Türe, die sich nahtlos in die Holzvertäfelung der übrigen Wand einfügte und eine versteckte Bibliothek offenbarte. Mit einem Wink des Conte erwachten die Kerzenflammen und auch die des großen Kamins, so daß recht bald eine angenehme Wärme herrschte und diese Bibliothek noch gemütlicher machte. Neben den hohen Bücherregalen gab es auch mehrere Schreibtische und Buchständer - doch am Einladendsten waren die beiden mit schwarzem Leder bezogenen Sofas, auf denen weiche, schwarze Felle lagen und nur dazu einzuladen schienen, sich auszustrecken und zu lesen. "Erzählst du mir ein wenig mehr ? Du bist scheinbar nicht nur ein Dieb, sondern auch ein Kämpfer ... etwas, das ich niemals meisterte, außer die Kunst des Schießens und des Fechtens." Noch während er sprach, setzte sich Apoll auf eines der Sofas, zog seine leichten Schuhe aus und legte die Füße gemütlich hoch, während er den Rücken an der hohen Seitenlehne anlehnte.

Dies verfolgte Tonio schnurrend, zu gern würde er sich einfach zu Apoll setzen und ihn in seine Arme ziehen, um mit ihm zu kuscheln, aber das würde Jener nicht zulassen. So setzte sich Antonio auf den anderen Sessel und schnurrte wohlig auf. "Es ist sehr gemütlich hier... und wenn du magst, erzähle ich von meinen Abenteuern. ...Magst du wissen, wie es zu den Wunden kam, die der Schamane dann heilte ?"

"Gerne, Antonio. Ich habe nur äußerst selten die Gelegenheit, etwas Anderes als das belanglose Geschnatter der Adeligen oder Kaufleute zu hören, ich sehne mich danach, etwas Anderes zu hören. Möchtest du etwas zu trinken ? Tee oder Wein ?" Der Rothaarige war mehr als nur interessiert und noch während er sprach, ließ er durch einfache, weiße Magie eine Kanne heißen Tee für sich entstehen und wartete darauf, was sein Gast wünschte.

"Vorerst nichts, vielen Dank." lehnte Tonio höflich ab und lehnte sich dann gemütlich in den Sessel. Er schwang eines seiner Beine über die Lehne und lümmelte sich so richtig schön hin. "Also, das Ganze ist genau 30 Jahre her, ich war noch nicht lange von meinem Vater weg... Dark, der Pirat, ist mein Vater musst du wissen." Er lächelte verschwörerisch, erzählte dann aber weiter. Er wusste, daß er Apoll damit noch neugieriger gemacht hatte. "Ich war auf Raubzug und schlich mich in eine kleine Festung ein... Ein großer Fehler, denn ich war an Land noch unerfahrener als auf See. Aber die Beute lockte, ein Edelstein, so rein und schön, daß man ihn einfach haben musste. Ein gelber Diamant, die 'Träne der Sonne' wurde er genannt. Er war ein Geschenk für den Papst, aber warum soll so ein schöner Stein in einer päpstlichen Schatzkammer verrotten ?"

Der Werpanthermisch hatte Recht - Apoll wurde wirklich neugieriger, als er hörte, daß sein Gast ein Sohn des berüchtigsten Piraten war, den die Meere je gesehen hatten. Lediglich bei der Erwähnung des Papstes huschte ein kurzer Schmerz über seine Züge, doch er fing sich fast augenblicklich wieder und lächelte, als er darum bat, daß Antonio fortfahren sollte. Apoll war neugierig, wie diese Geschichte weiterging - von dem Diamanten hatte er schon gehört, er war gestohlen worden und bisher hatte ihn Niemand mehr gesehen. Daß nun der Dieb, der niemals gefaßt wurde, vor ihm in dem Sessel saß, war etwas, von dem der Rothaarige nie geträumt hätte - doch es war wahr und so genoß er es wie nichts zuvor, ihm zuzuhören und dabei ein wenig seines Tees zu trinken.

Tonio erzählte gleich weiter. "Ich kam unbemerkt in die Festung, es wimmelte nur so vor Soldaten und Söldnern... kein Wunder bei dem Schatz, den sie bewachten." Den Stein hatte er noch immer, es hatte ihn fast das Leben gekostet, ihn zu stehlen, und er würde ihn auch nicht wieder hergeben. "Es war schwer, zum Stein zu gelangen, doch es gelang mir. Nur das Hinauskommen war bedeutend schwieriger. Der Diebstahl wurde entdeckt und ich hörte den Ruf an die Söldner, daß Derjenige, der mich fing, eine Belohnung bekam." Man hörte die Spannung in seiner Stimme, er konnte gut erzählen und versetzte sich schon fast wieder in die Zeit zurück. "Ich nahm die Beine in die Hand, zehn Söldner waren hinter mir, ich musste kämpfen. Als ich weit genug weg war, wandelte ich mich, Fünf zerfetzte ich sofort, Einige flohen, aber einer blieb. Der Mann mit den giftigen Klingen. Er war erfahren im Kampf, schneller, als ich dachte, er erwischte mich, doch dann habe ich ihn schlagen können, ich zerfetzte ihm die Kehle und trank sein Blut. Das hat mir noch die Kraft gegeben, um so lange zu überleben, denn ich hörte Weitere kommen, rannte und stürzte dann von den Klippen herab."

Mit großen Augen hörte ihm Apoll zu, die Tasse mit dem Tee vergessen in der Hand - einerseits war er geschockt über die Tatsache, daß der Werpanther so leicht darüber redete, daß er die Soldaten getötet hatte. Doch andererseits war der Rothaarige mehr als nur fasziniert, denn Antonio erzählte so spannend und bildreich, man konnte seine Emotionen förmlich fühlen und wurde in dessen Geschichte hereingezogen. Das war das erste Mal, daß er einer so reich geschmückten, lebendigen Erzählung lauschen konnte - seine Tutoren in der Jugend waren ebenso langatmig und einschläfernd gewesen wie die Erzählungen der Adeligen, dies hier war etwas vollkommen Anderes, das Apoll einen leichten Schauer über den Rücken jagte, doch einen Angenehmen.

"Dort lag ich eine Weile, ich weiß nicht, wie lang." erzählte Tonio weiter und die Spannung in seiner Stimme stieg an. "Eingeklemmt zwischen den Felsen, ich spürte, wie das Gift durch meinen Körper kroch, wie ich schwächer wurde wegen dem Blutverlust, und dann ?... Goldene Augen im Dunkel und ein leises Klirren einer Kette." Tonio neigte sich vor. "Da war er... Chain, der Schamane. Ein geborener Werwolf mit Fell, so Schwarz wie die Nacht und goldenen Augen, die wie die Glut der Sonne leuchteten." Seine eigenen Augen glommen ebenso kurz auf. "Ich verlor dann aber das Bewusstsein und wachte in Felle gehüllt wieder auf. Chain lag dicht bei mir und wärmte meinen Körper. Er ist in Menschform etwas kleiner als ich, etwas schmaler und wirklich hübsch." Fast geriet er ins Schwärmen, er würde Chain nie vergessen, das war sicher.

Apoll hatte ihm weiterhin mehr als nur interessiert zugehört. Erst, als der Größere erwähnte, wie der Schamane ihn wärmte und zu schwärmen begann, fing sich er sich wieder und stellte die Tasse an den Tisch, während er bis in die Haarspitzen errötete und den Blick senkte. Es dauerte ein wenig, bis er sich wieder gefangen hatte und die Röte auf seinen Wangen etwas weniger wurde. "Ein ... Werwolf ? Aber wie hat er dich dort weggebracht ? Und wohin ?"

Tonio lachte leise. "Na, er hat mich getragen. Ich war in Menschform, wenn er in Halbform ist, dann ist er etwas größer als ich jetzt bin.... und Werwesen sind stark. Und er brachte mich in eine Höhle, in der die Urmagie stark ist. So war meine Heilung für ihn leichter. Ich weiß nicht, was er gemacht hat, aber er schlief, als ich wach wurde und wärmte mich, wie ich erzählt habe. Meine Wunden waren fast verheilt und das Gift war aus meinem Körper verschwunden."

"Einfach so ... verschwunden ? Es muß ein sehr starkes Gift gewesen sein, wenn es dir schadete, du hast eine sehr große Heilkraft. Das ist alles noch so neu, so ... interessant ? Bitte erzähle weiter, ich ..." Der schlanke Conte unterbrach sich und senkte erneut den Blick - es war passiert, seine Neugier war vollends erwacht und er war schon gespannt darauf, wie es weiterging. Dies war der schönste Abend, seit einer sehr, sehr langen Zeit - und Apoll genoß es, seinem Gast zuzuhören und dessen Enthusiasmus förmlich zu fühlen.

Wenn er weiter erzählte, würde Apoll wieder rot werden und so tat Tonio es mit einem leichten Lächeln. "Als er erwachte, schmiegte er sich an mich, er wollte mich und ich ließ es zu gern zu. Wir wandelten uns in die Halbformen, leckten uns und knabberten. Es liegt auch in unserem Wesen, es gehört einfach zu uns... schlecken und sanfte Bisse als Vorspiel."

Erneut saß Apoll sprachlos und mit hochroten Wangen da - alleine schon die Vorstellung, wie die beiden Werwesen sich vergnügten, ließ ihn vor Scham erröten und den Blick senken. Wie frei Antonio darüber erzählte - und wie sehr er es genossen haben mußte, daß er noch immer mit einem solchen zufriedenen Lächeln daran zurückdachte. Es war beschämend und gerade für den schlanken Conte unvorstellbar, doch irgendwie schlich sich doch ein Bild dieser Erzählung in seine Gedanken und blieb dort hartnäckig hängen. "Das ... du ... wie frei du darüber erzählst, Antonio." Die Stimme des Rothaarigen war fast nicht verständlich - ohne, daß er es recht bemerkte, ließ Apoll ein Glas mit Rotwein erscheinen und trank es sofort leer, atmete erleichtert auf und stellte es wieder auf den Tisch.

Das ließ Tonio leise lachen. Es war ein wirklich niedlicher Anblick, wie geschockt Apoll war. "Es gehört zu den größten Freuden, natürlich erzähle ich es frei von der Seele weg." Sein Lachen verklang und er schnurrte wieder leise, als er Apoll weiterhin beobachtete. "Du scheinst andere Erfahrungen zu haben."

Eine Frage, die den Rothaarigen langsam wieder ernüchterte. Mit einem leisen Seufzen nickte er und nahm die Teetasse auf, schenkte sich nach und nahm daraus einen Schluck, ehe er wieder zu dem Werpanther sah und seine zuvor noch so lebendig wirkenden Augen an Glanz verloren. "Du hast Recht, Antonio ... meine Erfahrungen unterscheiden sich sehr von den Deinen. Diese Freude, von der du sprichst, kenne ich nicht. Der Mann, der mich verfluchte ... er .... ich wies ihn nicht nur deshalb zurück, weil er mir nur die Stellung eines von allem Menschen verachteten Liebhabers anbot. Er ... es fällt mir schwer, es zu sagen ... er dachte, er könne mich zwingen, indem er mir Gewalt antat. Zu meinem Glück entdeckte uns einer der Arbeiter und so konnte ich ihn von unserem Land schicken, doch was er mir in seiner Wut danach antat, hast du ja schon gesehen. Es ist so seltsam für mich, daß es für dich anders erscheint ... so wie in den alten Sagen, in denen man von der Liebe zwischen Männern lesen kann."

"Nun, für Werwesen ist es anders. Es gibt fast keine Pärchen... Mann und Frau. Die Weibchen kommen zu den Männchen, wenn sie fruchtbar sind... Meist bleiben wir Männchen unter uns oder bleiben alleine... Wenn die Weibchen einen Jungen bekommen, dann bringen sie ihn zum Vater, die Mädchen behalten sie bei sich... aber egal." Er winkte ab und setzte sich wieder vernünftig in den Sessel. "Liebe zwischen Männern ist etwas, daß es schon immer gibt und geben wird, es ist nichts dabei finde ich."

Das war nun wieder etwas, das Apoll nicht erwartet hätte. "Das ist seltsam ... gibt es denn bei euch Werwesen keine Heirat ? Es ist so seltsam ... was du sagst, klingt so einfach und fast schon friedlich. Ohne den Zwang der Gesellschaft, den Zwang, Nachfolger für den Namen zeugen zu müssen. Auch das war etwas, das ich schon immer fürchtete, und mein Vater hatte ein Einsehen mit mir. Er lehnte die Heiratsgesuche angesehener Familien ab, damit ich mir selbst eine Frau suchen konnte, denn er wollte, daß ich ebenso glücklich werde wie er mit meiner Mutter. Doch keine dieser Frauen weckte mein Interesse - sie sind schon vor meiner Wandlung dumm und dekadent gewesen, doch jetzt kennt es fast keine Grenzen mehr." Es schauderte den Rothaarigen allein schon bei dem Gedanken daran - doch dann lächelte er wehmütig und stellte die Tasse wieder auf den Tisch, als er leise fortfuhr. "Ich erfreute mich lieber aus der Ferne am Anblick von Männern ... auch wenn ich es verbarg. Daß ich ebenso ein Objekt der Begierde war, wußte ich allerdings, denn es war mehr als nur offensichtlich. Wie ich es dir schon sagte, Antonio ... Schönheit ist ein Fluch, vor allem, wenn sie nicht gewollt ist."

"Das bestimmt das Schicksal, für mich zählt die innere Schönheit, auch wenn ich diesen Körper sehr ansprechend finde.. aber ebenso ansprechend finde ich deinen anderen Körper." Tonio lief Gefahr, daß Apoll wütend wurde, so hielt er jetzt doch seine Klappe.

Hatte ihn das zuvor schon geschockt, so war der Rothaarige jetzt mehr als nur das. Ohne, daß er es bemerkte, ließ er die Tasse fallen und starrte den Werpanther einfach nur an. Nichts an dessen Augen oder Lächeln ließ erkennen, daß er nur einen bösen Scherz trieb - selbst, als für einen Moment die wildere Seite des Contes erwachte, fühlte er instinktiv, daß Antonio noch immer ruhig war und es scheinbar wirklich so meinte. Dieser Gedanke sorgte dafür, daß Apoll sich wieder beruhigte und nur zurücksank, die Augen schloß und versuchte, sein heftig schlagendes Herz wieder zu beruhigen. "Ich verstehe dich nicht, Antonio. Wie kannst du so etwas nur sagen ? Und es sogar noch so meinen. Ekelt es dich nicht, zu wissen, daß ich jederzeit so werden kann und unter Tags nur so bin ?! Oder findest du es nur interessant ?" Ohne, daß er es bemerkte, sammelten sich an seinen langen Wimpern schimmernde Tränen, die langsam über seine Wangen rannen und nur zu deutlich zeigten, wie zerrissen Apoll wirklich war ... wie sehr er sich selbst davor zurückhielt, auch nur ein Wort zu glauben, daß der Werpanther ihm sagte.

Tonio kam zu Apoll und hockte sich vor dessen Sessel. "Ich meine, was ich sage, ob du es mir glaubst oder nicht. Ich bin nicht so oberflächlich wie Andere... Ich wünschte, du könntest Gedankensprechen, damit du mir glaubst." Tonio wagte es, hob langsam seine Hand und wischte die Tränen von Apolls Wange. "Gedanken können nämlich nicht lügen." Tonio war selber überrascht über sich. Er fühlte sich zu Apoll hingezogen, anfangs fand er es wirklich nur interessant, aber es hatte sich rasch zu Anderem geändert. Er wollte helfen.

Als der Werpanther ihm so nahe kam, wollte Apoll schon zurückweichen und sein Herz begann, schneller zu schlagen - doch er fühlte noch immer keine Gefahr von diesem Mann ausgehen und so blieb er, eine Entscheidung, die er sofort bereute, als die warmen Finger Antonios über seine Wange kosten. Tief erschauernd schloß der Rothaarige die Augen und atmete zitternd ein - diese Berührung war so unglaublich sanft .... weckte lang vergrabene, angenehme Erinnerungen und ließ Apoll noch ein wenig tiefer beben, als seine Angst fast Überhand nehmen wollte.

Erst wollte Tonio sich zurückziehen, aber er entschied sich anders und nahm Apoll einfach in die Arme. Er zog ihn eng an sich und schnurrte beruhigend. "Ich tu dir nichts, Bitte hab keine Angst." Er gab ihm all die Sicherheit, nach der Apoll sich so sehnte, Nähe und Wärme.

Etwas, das den schlanken Conte ängstigte wie nichts zuvor - auch wenn es das war, nach dem er sich am Meisten sehnte. Es dauerte einige Momente, bis die Spannung langsam von seinem Körper wich ... das so beruhigende Schnurren tat sehr viel dazu, denn Apoll wußte, daß Katzen nur schnurrten, wenn sie friedlich waren und sich wohlfühlten. So unerfaßbar es für ihn auch war, aber dieser Mann schien ihn wirklich zu mögen - und so entspannte sich der Rothaarige schließlich völlig, ließ sich in diese so herrliche Umarmung fallen und genoß einfach nur den starken Herzschlag, den er nicht nur hören, sondern auch fühlen konnte.

Es war ein Gefühl der Erleichterung, das Tonio überschwemmte. Apoll entspannte sich deutlich fühlbar und ließ sich fallen. Noch würde er ihn nicht loslassen, er zog ihn sanft von dem Sessel zu sich auf das Fell davor und behielt ihn in den Armen. Sagen tat Antonio nichts, er schnurrte sacht weiter und kostete es aus, solange es anhalten würde.

Ein wenig war Apoll doch überrascht, als er fühlte, wie ihn der Werpanther auf das Fell und an sich zog ... doch er ließ es zu und entspannte sich wieder, denn so neu es für ihn auch war, Apoll genoß die Nähe Antonios. Es war schon so lange her, daß er es zugelassen hatte, von Jemandem berührt zu werden ... viel zu lange, aber der Rothaarige hatte bisher immer einen Grund dafür gehabt. Doch dies hier war anders - Antonio war stark und konnte sich sogar gegen die ihm so verhaßte Form wehren, lief keine Gefahr, von ihm getötet zu werden. Und es war schön, einfach nur gehalten zu werden ... dieses weiche Schnurren zu fühlen, die Ruhe, die von dem jungen Dieb ausging. Die Tränen Apolls versickerten nur langsam, da es viel Mühe kostete, den Schutzwall um sein Inneres wieder zu errichten - doch nach einer Weile war es geschafft und Apoll kuschelte sich an den jetzt Größeren heran, entspannte sich noch mehr und hoffte, daß dies nur ein Traum war und er ihn noch eine Weile genießen konnte, ehe er wieder in die harsche Realität aufwachte.

Aus dem Traum, der keiner war, würde Antonio den Kleineren nicht rausreißen. Er hielt ihn weiter an sich, kostete es aus, daß Apoll ihm so vertraute. Keiner würde sie stören, das war sehr sicher, denn die Angestellten legten großen Wert darauf, so hatten sie Ruhe und Zeit, um ein wenig zu schmusen.

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