”Der Bücherdieb” 04
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Unten hatte Arthur gleich angefangen und lächelte, weil Akio so interessiert zukuckte. Es war schön, nicht allein zu sein, und er sah nach einigen Minuten die Fragezeichen über dem Kopf des Schwarzhaarigen. „Wenn du Fragen hast, stelle sie ruhig. Du kuckst so interessiert.“
"Weil ich es bin, Großer. Wenn ich das richtig sehe wird das ein Programm, bei dem man eine Art Kartei erstellen kann ? Also zum Beispiel in einem Krankenhaus, daß ich den Patientennamen habe und dann entsprechend Daten eingeben, und sie auch untereinander mit Suchbegriffen vergleichen kann. Die Idee, so etwas so flexibel zu gestalten, daß man es nur mit Drag & Drop in die Maske formt die man braucht, ist obergenial - so kann es ein einfacher Sportverein ebenso nutzen wie ein Krankenhaus, eine Schule oder das Militär. Selbst einer, der nur seine BluRay/DVD-Sammlung eintragen möchte, kann es nutzen. Ganz ehrlich, Großer ? Wenn das auch nur halb so gut und flexibel wird, wie das jetzt für mich aussieht, ist es ein Vermögen wert. Wirst du es auch sicher gegen Viren und Hacker machen ? Denn dann ist es perfekt." Vor allem wäre es auch eine große Erleichterung im Kloster, und der Grundgedanke schwirrte schon seit einigen Minuten durch den Kopf Akios. Und natürlich das familiäre Problem mit dem kleinen Bruder, doch noch sprach er es nicht an, sondern ließ seine Gedanken ein wenig arbeiten.
„Ja, es wird gegen Viren und Hacker sicher sein. Ich weiß als Hacker um jedes Schlupfloch und werde es so sicher machen, daß keiner dort herankommt ... hoffe ich.“ Arthur nutzte die Möglichkeiten, die er hatte, und das sehr erfolgreich. Aber ein richtig guter PC würde seine Arbeit erleichtern.
Etwas, das Akio ahnte, und er fällte nun eine Entscheidung und sendete zu Suchar. ##Boß - ich habe da etwas, das vielleicht interessant sein könnte: Ein junger Mann, der im Moment als Nachtwächter in der Bibliothek arbeitet, und der ein begnadeter Programmeschreiber ist. Gerade das Programm, das er auf dieser Krücke von Computer zusammenzaubert ist genial, und wir könnten es gut in der Garde brauchen ... und er bräuchte auch Hilfe, da er einen kleinen Bruder hat für den er sorgen muß, aber so wie es aussieht, hat der Vater noch das Sorgerecht und scheint eher gewalttätig zu sein. Arthur wäre perfekt geeignet ... und ich mag ihn sehr. Kann es sein, daß Neige und der Schicksalsengel wieder einmal etwas eingefädelt haben, Boß ? Es paßt einfach zu gut, um ein Zufall zu sein ... gerade weil doch bald der kleine Bruder von Amadeo kommt und Arthurs Bruder etwa im gleichen Alter ist, und auch der Rest perfekt paßt.##
Suchar wachte auf, als ihn die Gedanken von Akio erreichten und er blieb ruhig liegen, um seinen Gefährten nicht zu wecken. ##Es kann gut sein, daß Neige damit zu tun hat, genau wie das Schicksal. Gerade, wenn es so gut paßt, könnte es durchaus sein. Aber wir können es nicht erzwingen. Folge einfach deinem Gefühl, und höre auf dein Herz.## Es war das Beste was man tun konnte. ##Willkommen wäre er, ebenso sein Bruder.##
##Dann würde ich ihn gerne fragen, Boß - denn auch die wilde Magie, die ich in den Rubin meines Bildes wirkte mochte ihn, und ich bin mir bei ihm sehr sicher. Hätten wir das Geld, um ihm das Patent für sein Programm zu zahlen und dann eine spezielle Form des Programms für uns abzukaufen ? Er bräuchte es, und es wäre nur fair. Und vielleicht kannst du ja ansprechen, daß du zur Not das Sorgerecht für den kleinen Bruder übernehmen könntest, bis Arthur volljährig ist ? So wie bei Amadeos Bruder ? Ich denke, das wäre dann eine Sorge weniger für Arthur.## Als er sich entschied spürte Akio, wie auch die wilde Magie um ihn herum die Entscheidung begrüßte und er wurde sicherer in seinem Senden, als er es durchklingen ließ. Doch auch die Sorge um die beiden Brüder klang durch, auch wenn er den einen erst so kurz und den Anderen noch gar nicht kannte, da er anfing, sich in den großen Rotblonden zu verlieben.
Das fühlte Suchar durch die Gedanken und er seufzte leise. ##Dann frag ihn, wenn wirklich alles dafür spricht ... und wir würden ihm das Programm abkaufen, wenn es so von Nutzen ist. Aber überfordere ihn nicht - er hat sicher jetzt schon sehr viel erfahren, oder ?##
##Es war notwendig, da er das Graffiti entdeckte. Aber gerade das sagte mir, daß die wilde Magie ihn mag und daß es richtig ist, ihn einzuweihen ... er hätte es sonst niemals gesehen. Ich werde ihn nicht überfordern, keine Sorge ... ich rede zwar eigentlich nicht viel, aber ich mache das schon.## Dann beendete Akio das Senden noch mit einem respektvollen Gruß, ehe er seine Arme auf dem Computertisch verschränkte und den Kopf darauflegte. "Sei ehrlich, Großer ... mit einem besseren Computer wärst du schon lange fertig, nicht wahr ?"
Suchar lächelte nur und schloß wieder seine Augen, da er volles Vertrauen zu Akio hatte. Arthur blickte nun zu Akio und grinste schief. „Klar, aber ich habe nichts anderes. Einen eigenen kann ich mir nicht leisten, und hier hab ich immerhin Zeit neben meinen Rundgängen.“ Auch daß sein Vater den Computer kaputtschlug oder verkaufte, war hier keine Sorge.
"Hmmm ... ich hätte da eine Idee und keine Sorge, das ist nun keine Anmache. Wie wärs, wenn du heute mit Marlon zu mir kommst und dort ein wenig weiterschreibst, während ich mich um deinen Bruder kümmere ? So hat er ein wenig Abwechslung, du kannst an meinem Computer schreiben, und ich mache euch beiden etwas gutes zu essen. Mein Computer ist übrigens völlig neu und bestens eingerichtet - ich habe ihn bei einem Experten zusammenstellen und einrichten lassen, er ist einer der besten Hacker und Experten überhaupt." Es war ein Vorschlag, der allen helfen würde und es wäre auch eine Gelegenheit für die beiden Brüder, einmal ohne die Sorge ihres Vaters sein zu können.
„Hmmm ...“ murmelte Arthur und dachte kurz nach. Es war wirklich eine gute Gelegenheit und es abzuschlagen, wäre irgendwie dumm. Mit einem guten Computer konnte er einiges bewirken und Marlon müßte nicht aufpassen, daß Dad ihn erwischte, oder einer von den versoffenen Bikern. „Also gut - aber ich muß Zuhause trotzdem noch schnell aufräumen und Frühstück für Dad machen ... Mittag müßte von Gestern noch da sein.“ Tat er es nicht, würde es definitiv Stunk geben, wenn er wieder Zuhause war.
"Kein Problem. Ich bleibe in der Nähe und wenn du mit allem fertig ist, dann kommst du einfach mit ihm raus und ich treffe euch später. Sag doch deinem Vater, daß du einige Stunden mit Marlon spazieren gehst, vielleicht in einen Park, damit er mit anderen Kindern spielen kann ... und danach geht ihr einfach irgendwo eine Kleinigkeit essen, dann macht er sich keine Sorgen." Es wäre eine gute Ausrede, wie er mit dem Jungen rauskönnte und Akio hoffte, daß es auch gut lief.
„Ich brauche keine Ausrede. Ich gehe einfach, wenn alles fertig ist ... nach dem Mittag schlafe ich meistens und Marlon ist draußen, wenn er möchte. Oder liest leise bei mir im Zimmer. Wenn ich weg bin, bemerkt Dad es eigentlich nicht, und abends erst recht nicht.“ Weil dann war er zu betrunken, oder lümmelte mit einigen Bikern herum. Arthur war da schon recht nüchtern, was seinen Vater anging und wußte, daß dieser sich niemals sorgen würde.
Als er das hörte, vertiefte sich die Sorge in Akio und er seufzte leise ... doch dann lächelte er wieder und nickte. "Dann so. Wie gesagt, ich warte ein wenig von eurem Haus entfernt, damit dein Vater nicht sieht, daß wir uns treffen. Ist das okay ?" Akio blieb noch so auf den Tisch gestützt, da er gerne nahe bei Arthur war ... und ihn faszinierte auch, wie sicher dieser trotz ihrer Unterhaltung weiter an dem Programm schrieb.
„Gut, dann machen wir das so. Ich werde nicht allzulange brauchen, das Aufräumen geht schnell.“ Arthur brauchte nur die Dosen und Flaschen einsammeln und alles, was sonst noch herumliegen könnte. Daß Akio ihm so gern zusah, ließ Arthur kurz lächeln. „Du kuckst mir wirklich gerne zu, kann das sein ? Ich hätte gedacht, das Programmieren wirkt auf Andere langweilig.“
"Für viele, ja ... und vor allem deshalb, weil es bei vielen Programmierern sehr, sehr langweilig ist. Du bist anders - du redest gern, du siehst nicht auf Andere, die nicht so klug sind, herab und du kümmerst dich. Alles Dinge, die ich sehr an dir mag ... und daß du nochdazu sehr gut aussiehst, unterstützt das noch. Sorry, daß ich so ehrlich bin, aber ich mag nicht gerne etwas verschweigen." Gerade hier nicht und Akio schmunzelte leise, ehe er sich wieder an den Stuhl anlehnte und den Gummi aus seinen langen Haaren nahm.
„Ich mag, daß du so offen und ehrlich bist ... und du findest, ich sehe gut aus ? Ich bin doch nichts Besonderes. Viele haben Angst weil sie denken, ich bin ein Schläger ... was auch gut ist, weil ich dann meine Ruhe habe. Und ich hab deswegen glaube ich auch erst den Job bekommen.“ Arthur war da auch sehr bescheiden und musterte Akio leicht. „Du siehst auch gut aus. Dir müssen die Mädchen und Jungs doch auch hinterherlaufen.“
"Nicht unbedingt - die Mädchen werden zwar durch meine gefährliche Ader neugierig, doch ein kalter Blick schreckt sie zum Glück ab. Wegen den Jungs ... nun, bis sich Pärchen bildeten, haben meine Freunde in der Garde immer untereinander ein wenig den Druck genommen. Manchmal passiert auch noch ein Dreier, aber eigentlich bleiben die Paare unter sich und wir respektieren das alle. Hin und wieder habe ich mir hier Jemanden aus einem Club geholt, aber ich bin nicht der Typ, der dauernd in den Clubs oder Kneipen hängt und Jemanden aufreißt. Eigentlich bin ich die meiste Zeit hier in meiner Wohnung, oder auf den Dächern und lerne von meinem Meister, oder erledige Aufgaben für die Garde." Es war dem jungen Assassinen ein wenig peinlich, daß er nicht mehr gesellschaftliches Leben vorzuweisen hatte ... doch er war noch nie so gewesen und mochte das Leben, das er nun in der Garde hatte.
Es war immerhin mehr, als Arthur vorzuzeigen hatte. „Mehr Sozialkontakt, als ich bisher hatte ... und die Jungs bei der Garde, sind die nett ? Sie scheinen sehr tolerant zu sein. Es ist schön, daß ihr so zusammenhaltet.“
"Ganz ehrlich ? Sie sind wie eine Bande, doch im guten Sinn. So gut wie alle sind Waisen ... oder stammen aus Familien, in denen sie nichts gelten oder abgeschoben wurden, und ein jeder von ihnen weiß wie es ist, wenn man alleine ist. Und ja, sie sind sogar sehr tolerant ... und mehr als nur nett. Wir alle halten zusammen und sind die besten Freunde - und unsere Aufgabe schweißt uns zusammen. Selbst die Offiziere sind so, sie waren alle auf der Straße und wissen, wie es ist." Gerade das war etwas, das sie alle einte und ihnen den guten Zusammenhalt gab. "Ich bin sicher, du würdest sie mögen ... grundehrliche, einfache Jungs, alle zwischen siebzehn und Anfang zwanzig. Und die Offiziere sind etwa Mitte bis Ende zwanzig, sie haben nur mehr Erfahrung."
„So jung ? Also die Offiziere. Ich hätte gedacht, sie sind älter.“ Das überraschte Arthur doch sehr, und er speicherte nebenher seine Fortschritte ab. „Die Jungs klingen gut und ich hab das Gefühl, ich würde gut dahin passen. Aber ich muß auf Marlon aufpassen.“
Das war ein sehr heikler Punkt ... und einer, den Akio verstand, und er hatte dafür auch eine Lösung und wurde ein wenig ernster, als er Arthur antwortete. "Das ... wäre auch kein Problem. Einer bei der Garde - ein junger Titan - hat auch einen Bruder, den sie bei den Blauen Jägern als Geisel hielten um ihn dazu zu bringen, Menschen und besondere Wesen zu töten. Doch Shel und die Jungs haben den Bruder befreit und er kommt nächste Woche in das Kloster, um dort in Sicherheit zu sein. Er ist etwa zehn Jahre alt, und Suchar hat das Sorgerecht für ihn bekommen, bis Amadeo einundzwanzig ist. Afar wird sich tagsüber um ihn kümmern, du weißt ja, daß er dafür bestens geeignet ist - und wenn du möchtest, könnte Suchar das auch für dich und Marlon tun. Du hättest ein Zuhause und eine Umgebung, in der du dich nicht sorgen mußt, kannst dich um deine Programme und deinen Bruder kümmern und endlich alle Sorgen hinter dir lassen ... und Marlon hätte einen Jungen, mit dem er spielen könnte und so viel Freiheit, wie er bei deinem Vater leider nicht hat. Und auch wegen Geld müßtest du dir keine Sorgen machen - Suchar hätte Interesse an deinem Programm und würde dir eine für uns zugeschneiderte Version abkaufen. Und dir auch dabei helfen, dein eigentliches Programm patentieren und sichern zu lassen, damit du es gewinnbringend verkaufen kannst." Es war ein sehr gewagter Vorstoß - aber Akio hoffte, daß Arthur zustimmte, und war deshalb erneut von Anfang an ehrlich mit ihm.
Arthur schwieg und starrte Akio im ersten Moment nur noch an. In seinem Kopf ratterte es aber ziemlich, und er lehnte sich in dem Stuhl zurück. „Das klingt wie ein Traum ... Dad empfindet absolut keine Liebe zu Marlon. Er sagt, Marlon hat Mom bei der Geburt umgebracht ... ich hab mich seitdem um ihn gekümmert. Dad hat angefangen zu trinken und es wurde noch schlimmer, als er einen Unfall hatte und seitdem nicht mehr Motorrad fahren kann. Dort bei euch wäre Marlon wirklich sicher, und könnte unbeschwert weiter aufwachsen. Wenn das wirklich geht, was du erzählt hast ... es wäre wirklich ein Traum.“ Erst jetzt erzählte Arthur, was bei ihm los war - denn er ahnte nun, daß er Akio wirklich vertrauen konnte.
"Was ...?" Im ersten Moment dachte der junge Mischling, daß er sich verhört hätte ... doch dann schüttelte er den Kopf und seufzte leise. "Ehrlich ? Das ist das Mieseste, was ein Vater seinem Sohn sagen kann. Selbst wenn eure Mutter bei der Geburt starb, so kann doch Marlon nichts dafür ... absolut nichts. Und ja, bei uns seit ihr absolut sicher, dort kann er euch nichts mehr tun." Alleine schon das mit diesem Vorwurf zu hören, schmerzte Akio und er neigte sich vor, um seine Hand auf den Unterarm Arthurs zu legen. "Du mußt dich ja nicht sofort entscheiden ... aber vielleicht hilft es dir, wenn du eben später ein wenig Zeit bei mir verbringst ?"
Daß Akio so reagierte zeigte, wie mitfühlend er war, und Arthur nickte sacht. „Ich denke, ich komme auf jeden Fall. Meine Schicht ist bald zu Ende, und dann geht’s ab nach Hause. Ich werde alles so schnell es geht erledigen und noch duschen.“ Er steckte nun auch schon die Festplatte ab und packte sie ein, weil er sich jetzt eh nicht mehr auf das Programm konzentrieren konnte. „Laß uns noch eine Runde drehen, okay ?“
"Gern. Und wenn du magst, du kannst bei mir auch noch einmal und in Ruhe duschen, mein Bad ist sehr groß und mehr als nur gemütlich." Und das war noch sehr untertrieben - denn auch wenn die Wohnung des jungen Assassinen nicht allzu groß war, das Bad hatte nicht nur eine wirklich große Dusche, sondern auch eine riesige Badewanne. Denn es war eine der Wohnungen, die Neige sich im Laufe der Jahre, die er hier in New York war einrichtete, und nun seinem Schüler überließ.
„Das klingt sehr verlockend, vielleicht komme ich darauf zurück.“ Arthur ließ es noch offen, denn er wollte den Besuch bei Akio nicht zu sehr ausnutzen. Aber jetzt fing er wieder seine Runde an und genoß es, daß Akio mit ihm ging, weil die Runden dann doch nicht ganz so langweilig waren.
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