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”A thousand beautiful things” 02
 

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Ganz in Ruhe führte Oliver den Kleineren zu dem Gebäude. Die Gegend war ruhig und doch lag es eher im Zentrum der Stadt. Das Grundstück war wohlgewählt und langsam kam das Gebäude in Sicht. Es fiel durch die lichte Fassade gleich ins Auge, ebenso wegen den Grünanlagen drumherum. "Die Grünanlagen gehören dann zum Haus und sind nicht für die Öffentlichkeit. Man kann also ungestört dort sitzen." Man sah noch nicht viel, es wurden aber gerade ein paar Bäume geliefert.

Keiv nickte und trat zur Seite, damit die Gärtner ihre Arbeit tun konnten ... man sah schon jetzt, daß es eine sehr schöne Anlage werden würde und der Braunhaarige nickte, als er an der Seite bemerkte, wie ein schlichter, schmiedeeisener Zaun gesetzt wurde, der später scheinbar mit wildem Wein zugewuchert wurde, da man dafür schon die Pflanzlöcher aushob und mit Schildern versah. Auch die Bänke waren schon da und zeigten, daß es einzelne Inseln der Ruhe gab – mit einem innerlichen Aufseufzen entspannte sich Keiv sichtbar und nickte, ehe er wieder zu Oliver lächelte und den Kopf ein wenig schief legte. "Das ist herrlich – ist das Haus denn schon fertig ? Ich sehe keine Gerüste oder Baumaschinen mehr ..."

"Innen werden noch einige Dinge erledigt. Aber zum Teil werden auch die Wohnungen schon nach den Wünschen der Besitzer gestaltet, Fußböden und Fliesen uns so weiter. Jeder wünscht sich halt etwas anderes und ich berate auch nicht jeden der Käufer ... kommen sie, wir gehen hinein." Oliver führte Keiv in die angenehme Empfangshalle. "Hier wird ein Wachmann sitzen. Auf die Sicherheit wird großer Wert gelegt."

Nun doch ein wenig überrascht, blickte Keiv beim Vorbeigehen auf das Pult des Wachmanns und schüttelte nur kurz den Kopf, ehe er Oliver zum Aufzug folgte und bei ihm stehenblieb, als sie warteten. "Wie ist das hier – kann Jeder zu den Penthäusern rauffahren ? Oder geht das nur mit Schlüssel oder Karte ? Bitte verzeihen sie, ich bin neugierig ... die Systeme sind so unterschiedlich wie die Häuser und Wohnungen, sie glauben gar nicht, was ich schon alles besichtigt habe oder was mir schon zugemutet wurde."

"Mit Karten ... solchen hier." Der Schwarzhaarige holte eine Karte aus seiner Geldbörse und zeigte sie Keiv. "Wie gesagt, es geht um die Sicherheit ... sicher kann man Jemanden mit hinaufbringen. Gäste müssen sich allerdings anmelden. Ich hoffe, das schreckt sie nicht ab." Nachdem er die Karte gezeigt hatte, zog er sie durch den Schlitz am Fahrstuhl und einen Moment später öffnete sich die Türe. Die Aufzüge waren sehr großzügig ausgelegt und Oliver drückte auf den obersten Knopf, damit sie zu den Penthäusern kamen.

Keiv ließ dem Größeren den Vortritt und folgte ihm, blieb aber ein wenig näher bei ihm und sah sich die Etagentasten an, die schlicht gehalten waren. Auch der Aufzug war sehr schlicht und besaß nur an der Rückseite einen dunklen spiegel, während der Rest in angenehmen, hellen Birkenholz gehalten war und sanft durch Milchglas von oben beleuchtet wurde. "Der Aufzug ist sehr schön – ebenso wie die Vorhalle, so hell und warm eingerichtet. Sie verstehen wirklich etwas von ihrem Fach, Oliver – meistens ergehen sich die Architekten in Stahl, Spiegeln, Chrom und hartem Licht, doch sie sind anders." Bei dem Letzteren drehte sich der Braunhaarige wieder leicht zu dem Größeren um und lächelte, da sie noch eine kleine Weile bis in den obersten Stock brauchen würden.

Eine Weile, die Oliver genießen würde, auch wenn er unsicher war mit Keiv. Es wirkte so, als mochte der Braunhaarige ihn gern, und doch konnte er es nicht ganz glauben. Selbst wenn Keiv Bi oder Schwul war, würde er sich wohl eher mit einem anderen Typ Mann abgeben. So sah es Oliver, denn es war immer so. Oliver selbst war Schwul und seit er zugelegt hatte, war es für ihn schwer geworden, einen Partner, ja sogar einen One-Night zu finden. "Ich arbeite gerne mit Holz, es ist ein lebendiges Material."

"Das stimmt – es ist warm und bringt eine Natürlichkeit in einen Wohnraum, anders als Marmor oder Stahl. Ich bin wirklich froh, daß ich sie getroffen habe, Oliver - ich habe mir schon vier andere Wohnungen angesehen und ein jedes Mal war ich froh, wenn ich wieder raus und mich verabschieden konnte. Hier gefällt mir schon das Haus an sich – ich bin wirklich auf die Wohnung gespannt." Noch während er sprach, rätselte Keiv ein wenig über den Mann, mit dem er sich so wunderbar unterhielt ... er bot so viele Rätsel, die der Schlankere lösen wollte, doch er grübelte noch darüber, wie er das tun konnte, ohne zu aufdringlich zu sein. Auch Keiv war Schwul – doch anders als seine Kollegen schnappte er sich nicht das erstbeste Stück gutaussendes Fleisch, das sich ihm an den Hals warf, sondern versuchte, seine Anonymität zu wahren. Und gerade dies machte ihm die Suche nach einem Partner schwer – denn entweder wollten sie seinen Körper, oder sie wollten seine Persönlichkeit und waren von seiner Berühmtheit schockiert, oder sie wollten nur seinen Ruhm, um sich selbst zu bereichern. Doch noch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, pingte es und die Fahrstuhltüren öffneten sich, um einen angenehm breiten, doch trotzdem schönen, schlichten, lichtdurchfluteten Gang freizugeben, von dem links und rechts nur je eine Türe abgingen.

Und zu einer der Türen ging Oliver und er zog die Karte wieder durch einen Schlitz. "Ich habe eine Universalkarte ... nun, dann hinein in die gute Stube." Er ließ Keiv den Vorrang und trat dann hinter ihm in das leere Penthouse ein. Es war sehr groß und die Räume sehr weitläufig. "Jedes Penthouse geht ein halbes Mal um das Haus herum ... ich habe sie sehr großzügig gestaltet. Beide zusammengelegt würden einen Rundumblick ermöglichen."

"Wow ..." Keiv war regelrecht sprachlos – und das passierte ihm nur selten. Auch wenn die Wände und der Boden noch kahl waren, sah man doch mehr als nur gut, wie wundervoll diese Wohnung gestaltet war. Überall schien Licht – die großen und wohlgesetzten Fenster erleuchteten die ganze Wohnung, die Zimmer waren groß, doch nicht zu groß und alles war miteinander verbunden. Als Erstes fiel Keiv das runde Glasfenster auf, das den Gang erhellte; dann trat er in die eigentliche Wohnung und lächelte, denn das Wohnzimmer war eher quadratisch gehalten und mit einer schönen, großen Wohnküche verbunden, in die er sofort ging. "Eine Wohnküche – ich liebe das. Auch wenn es altmodisch ist, aber es geht nichts über eine schöne, große Wohnküche, in der man sich wohlfühlt. Oh mein Gott – das ist ein Kachelofen, oder ? Herrlich ... einfach nur herrlich." Man sah Keiv regelrecht an, wie sehr er sich freute, als er zu dem verputzten Kachelofen ging, die Fingerspitzen über die weiße Oberfläche streichen ließ und leise lachte. Erst nach einigen Momenten konnte er sich wieder losreißen und kehrte in das Wohnzimmer zurück, musterte als Erstes den großen Kamin und ging dann auf den riesigen Terassenbalkon, der ihn völlig in seinen Bann schlug.

Der Architekt blieb einen Moment in der Terrassentür stehen und lächelte. Keiv war ein toller Anblick, der Zopf wehte leicht im Wind und er reckte sein Gesicht ein wenig in die Sonne. Kurzentschlossen kam der Schwarzhaarige näher und er berührte ihn sacht an der Schulter. "Warten sie ab, bis sie das Bad sehen, Keiv." Darauf, wie er dort reagierte, war Oliver sehr gespannt. Es war ebenso hell wie die anderen Räume, und ebenso geräumig.

Der Schlankere zuckte bei der sachten Berührung nicht zurück, im Gegenteil – er genoß sie und kostete sie aus, solange es ging. Erst nach einigen Momenten wandte er den Kopf zu Oliver und lächelte ihn an, als er ihm antwortete. "Ich bin schon darauf gespannt – wenn es auch nur halb so schön ist wie das, was ich bisher gesehen habe, dann kann es mir nur gefallen." Keiv haderte mit sich selbst, ob er etwas sagen sollte – er wollte ehrlich sein, doch er wollte verhindern, daß Oliver sich von ihm abwandte. "Vielleicht sollte ich ihnen noch sagen, daß ich auf Männer stehe, Oliver ... ich bin gerne ehrlich zu Menschen, die ich mag, und ich mag sie sehr gerne." Mit diesen Worten hatte Keiv sich ins kalte Wasser geworfen – und nun gab es eigentlich nur drei Möglichkeiten: Erstens, daß der Architekt sofort die Hand wegzog und kühler wurde, weil er Hetero war und Angst bekam. Zweitens, daß er selbst Schwul oder Bi war und weiterhin Interesse zeigte, auch wenn dies eher unwahrscheinlich schien - und Drittens, daß er Verständnis hatte und vielleicht weiterhin so ungezwungen mit ihm redete, auch wenn er an nicht mehr als vielleicht einer Freundschaft interessiert war.

Oliver zuckte nicht weg, jedoch war er überrascht, doch dann lächelte er und nickte leicht. "Ich habe da keine Vorurteile, ich bin selber am anderen Ufer. Ich vermute, daher bin ich ein annehmlicher Innenarchitekt." Er lobte sich selbst nicht hoch und lächelte sacht. Er hoffte aber, daß Keiv nicht dachte, er würde sich an ihn ranmachen wollen, und so nahm er die Hand nur langsam wieder weg, damit es nicht auch noch aussah, als würde er flüchten wollen.

Ein leises 'Schade.' denkend, seufzte der Schlankere innerlich, doch äußerlich merkte man ihm nichts an, als er wieder zu Oliver sah und ihn ein weiteres Mal anlächelte. "Annehmlich ? Ich finde, das ist eine übertriebene Untertreibung. Wie ich schon sagte, ich habe mir schon viele Wohnungen angesehen und auch schon in vielen gewohnt, und nicht eine gefiel mir so gut wie diese hier. Zum Glück habe ich bei den anderen nur Miete bezahlt, allein schon der Gedanke, eine der Wohnungen gekauft zu haben, ist wie ein Stück Eis, das den Nacken runterläuft. Nein, dies hier ist eine herrliche Wohnung – und ich denke nicht, daß es daher kommt, daß sie auch Schwul sind ... es kommt daher, daß sie einen einfach nur wunderbaren Geschmack und ein Verständnis für Wärme und Natürlichkeit haben." Gerade, daß dieser Mann – obwohl er sicherlich Geld genug und ein offensichtliches Talent hatte – so bescheiden und einfach geblieben war, beeindruckte Keiv außerordentlich ... doch er bemerkte auch, daß Oliver sicher sehr zurückhaltend gab und so nickte er nur, ging dann wieder hinein und betrachtete sich die anderen Zimmer. Es gab noch ein großes Gästezimmer mit einem kleinem Bad, ein Arbeitszimmer und ein schönes, großes Schlafzimmer, das ebenso wie das Wohnzimmer mit einem Kamin ausgestattet war. Das eigentliche Bad hob sich Keiv für den Schluß auf und als er es schließlich betrat, blieb er abrupt und sprachlos direkt nach der Türe stehen.

Und das sorgte dafür, daß Oliver in ihn reinlief und ihn rammte. Daß Keiv so abrupt stehenblieb, hatte er wirklich nicht erwartet, und so schlang er rasch einen Arm um dessen Brust, weil der Kleinere sonst nach vorne stolpern würde. "Entschuldigung." Die Stimme klang sanft an das Ohr des Braunhaarigen, dann ließ Oliver ihn wieder los und ging ein Schrittchen zur Seite. "Herrlich, nicht wahr ? Ich konnte es kaum erwarten, bis es fertig gebaut war."

Den Größeren für einen Moment lang so nahe zu fühlen, hatte Keiv noch den letzten Atem genommen, und er brauchte einen Moment, um sich zu fangen, als diese Eindrücke wieder vergingen. "Herrlich ist kein Ausdruck – es ist einfach nur wunderschön. Und das noch ohne Fließen, Badeteppiche, Möbel und Pflanzen !" Keiv war ehrlich begeistert – er liebte schöne, geräumige und helle Bäder, und dieses hier war es defintiv. Das große, runde Fenster mit den milchigen Bleiglas/Tiffany-Motiven war ein Traum und die große, quadratische Wanne darunter war so groß, daß sie locker für zwei Männer reichte und eigentlich schon fast einem kleinen Pool glich. Als er näherkam, schmunzelte Keiv leise, denn es waren sogar Düsen für einen Whirlpool eingelassen – einfach nur perfekt. Ein wenig weiter stand eine große Duschkabine für Zwei und auch zwei Toiletten, sowie zwei schöne Waschbecken, die nur darauf warteten, daß über sie ein großer Spiegel kam. "Das Bad ist ein Traum, Oliver – hier haben sie sich wirklich übertroffen. Sie sind ein Genie, wissen sie das überhaupt ?"

Oliver wurde etwas Rot auf den Wangen und kratzte sich verlegen am Nacken. "Genie würde ich mich nicht nennen ... ich verwirkliche eher meine Träume und hier fehlen ja noch Fliesen." Er hatte auch schon eine Vorstellung, weißer Marmor mit bräunlichen Einschlüssen. Das war nicht so kalt und passte zu dem Holzboden, der schon verlegt war.

"Doch das sind sie. Vor allem, wenn das auch noch ihre eigenen Träume sind." Während er sprach, kam Keiv wieder zurück und betrachtete noch einmal alles mit seinen Händen, nickte dann und wann und als er wieder bei Oliver war, sah er zu ihm hoch und hob eine Braue. "Was würden sie hier für Fließen nehmen ? Überraschen sie mich ..."

Der Größere hatte ihn beobachtet und lächelte bei der Frage. "Weißen Marmor mit bräunlichen Einschlüssen. Ich zeige ihnen nachher eine Probe davon, es passt gut zu der Holzfarbe und wirkt nicht zu kalt. Und über das Waschbecken könnte ein Spiegel kommen, der dem Fenster ähnelt. Ich habe eine Skizze, die ich mal vorbereitet hatte." Er hatte viele Skizzen und wusste daher, was er für Keiv machen konnte.

"Das klingt herrlich – ich wußte doch, daß ich bei ihnen gut aufgehoben bin. Und eins weiß ich genau – ich möchte diese Wohnung, und ich möchte, daß sie sie mir einrichten, sie haben den gleichen Geschmack wie ich." Der Braunhaarige war mehr als nur froh, daß er Oliver damals angesprochen hatte – nun konnte er sich endlich eine Wohnung kaufen und einrichten lassen, die ihm auch gefiel, und wenn er es richtig anstellte, konnte er vielleicht mit diesem netten Architekten eine Freundschaft schließen. Daß es mehr werden könnte, daran wagte Keiv nicht zu denken – er nahm lieber, was er bekam, und ließ es von alleine wachsen. "Wir müssen in ihr Büro zurück, um die Skizzen zu sehen, nicht wahr ?"

"Eigentlich nicht, es liegt alles in der einen Wohnung im Erdgeschoss. Die Kunden möchten meist gern sehen, was man machen kann, wenn sie schon hier sind." Außerdem wollte er nicht immer hin und herlaufen, unten hatte er einen Schreibtisch und Holz, Tapeten, Fliesen und sonstige Proben liegen.

Überrascht nickte Keiv und schalt sich insgeheim einen Narren, denn er hätte sich ja denken können, daß nicht Jeder so viel Zeit und Geduld hatte, immer hin und herzulaufen. "Sie haben dann sicherlich auch Proben, nicht wahr ? Also von den Belägen und Fließen und den anderen Dingen, die man so braucht ? Tapetentechnisch bin ich sehr einfach, eine schlichte Rauhfasertapete in weichem Weiß genügt mir vollkommen, daran sieht man sich wenigstens nicht ab." Er folgte dem Größeren wieder zurück in den Gang und sah noch einmal hinter sich ... diese Wohnung würde bald ihm gehören und er konnte sich endlich so entfalten, wie er es mochte – ganz in Ruhe und völlig ungestört.

"Ja, ich habe alles da ... und Raufaser würde ich nicht nehmen, ein weißer Zierputz wäre besser. Da kann ich ihnen auch Proben zeigen." Putz war schöner als Tapete und passte deutlich besser zu dem Penthouse. "Aber Tapete können sie natürlich auch haben." Noch bei den Worten stieg er in den Aufzug und lächelte Keiv an, als er nachkam.

Der Schlankere blieb wieder nah an Oliver, doch nicht so nah, daß es aufdringlich wäre, während er nachdachte und schließlich antwortete. "Mir wäre eine Tapete lieber – an diesem Zierputz reißt man sich sehr schnell auf und wenn man ein Bohrloch wieder zumachen möchte, ist das extrem schwer und man sieht es gleich. Ich hoffe, es macht nicht zuviele Umstände, tapezieren zu lassen ?" Es war Keiv ein wenig unangenehm, daß er diesen Sonderwunsch hatte, doch in einer seiner früheren Wohnungen war solcher Rauhputz gewesen und er mußte damals ein Heidengeld dafür bezahlen, daß die Bohrlöcher von Profis wieder zugemacht wurden.

Oliver nickte und lächelte erneut. "Wenn sie es wünschen, ist das kein Problem. Ich richte mich nach den Wünschen der Kunden und stehe ihnen beratend zur Seite. Und es gibt Kunden, die viel ausgefallenere Sachen wünschen." Wenn er dran dachte, wie er letztens die eine Wohnung gestaltet hatte, wurde ihm ganz übel. Sie gehörte einem schwulen Sänger, der in der Dragqueen-Szene sehr bekannt war. Zum Glück stand er nicht auf Typen wie Oliver, er hatte auch seine Liebchen. Zwei blonde Sexgötter, die nur so vor Muskeln strotzten und seine Schoßhündchen waren.

Gerade, als Keiv nach diesen Extrawünschen fragen wollte, hielt der Aufzug und die Türen gingen auf, so daß sie raus- und in die Eingangshalle traten. Doch ein weiteres Mal wurde der junge Braunhaarige daran gehindert, etwas zu Oliver zu sagen, denn von der Eingangstüre kam ein lautes Quietschen, dem ein ebnso lautes "Maxie !!!" folgte.

"Oh Nein." hauchte Oliver fast lautlos, dann stürmte das pinke Ungetüm schon auf ihn zu und nahm ihn in Beschlag. Dessen Schoßhündchen waren dicht hinter ihm. "Ich hab da noch ein paar Dinge, die ich gerne haben möchte, Maxie !" Oliver lächelte höflich. "Natürlich, jedoch muss ich mich erst um meinen anderen Kunden kümmern, wie wäre es in vier Stunden ? Dann haben sie mich ganz für sich alleine." Wie immer war er zuvorkommend und es tat auch seine Wirkung. "Ich hoffe, sie halten ihr Versprechen, Maxie ? ... Ach, sie sind so süß." Und schon schmatzte er ihm einen Kuss auf die Wange und rauschte so schnell wieder davon, wie er gekommen war. Zurück blieben Keiv und Oliver, der einen pinken Lippenstiftabdruck auf der Wange kleben hatte.

Froh darum, daß die Drei endlich weg waren, kam Keiv wieder aus dem Schatten der Säule hervor, atmete erleichtert aus und lächelte ein wenig schief, als er den fetten Lippenabdruck sah. "Warten sie ..." Noch während er sprach, zog Keiv ein Papiertaschentuch heraus, kam zu Oliver und wischte ihm den Lippenstift von der Wange, ehe er leise schmunzelte. "Er wohnt hier, nicht wahr ? Sehr ... exzentrisch ?" Es lag kein Vorwurf darin, lediglich leichte Verwunderung ... Drag-Queens machten Keiv nichts, da sie sich zumeist eh nicht für ihn interessierten, lediglich dessen beide Begleiter hatten ihm leichte Angst eingejagt, da sie nicht nur sehr muskulös, sondern auch aggressiv wirkten.

"Ähm ja, sehr, sehr exzentrisch." murmelte Oliver verlegen. "Und genau so sieht die Wohnung von ihm aus." fügte er leise an und strich Keiv zärtlich über die Wange. "Sie waren so schnell verschwunden, ist alles in Ordnung ?" Er klang ein wenig besorgt, denn es war ja doch sehr auffällig gewesen.

Diese sachte Berührung überraschte den Schlankeren, doch er war froh darüber und schloß einen Moment lang die Augen, genoß es und seufzte leise, ehe er zu Oliver sah, als dieser die Hand wieder wegnahm. "Ja, jetzt wieder. Es ist ... ich weiß nicht, wie ich es am Besten ausdrücken soll. Die zwei Kerle, die er bei sich gehabt hat – sie waren mir zu muskulös und zu aggressiv. Ich habe keine Angst, aber ... ich gehe solchen Männern lieber aus dem Weg, so ist es einfacher." Eigentlich war es ja peinlich, doch Keiv hatte sich damit schon lange abgefunden und schämte sich auch nicht dafür. "Können wir vielleicht in das Zimmer mit den Mustern ? Dann komme ich auf andere Gedanken ..."

Das verstand Oliver und er nickte. "Natürlich, wie sie möchten." wispernd, wandte er sich zum Gehen und lief dann langsam neben Keiv her. Als sie bei der Tür der Wohnung waren, zog er wieder die Karte durch den Schlitz und ließ Keiv den Vortritt. "Im Wohnzimmer ist mein Büro. Möchten sie einen Tee oder Kaffee ? Sie können sich dann schon mal die Muster ansehen."

"Ich trinke, was auch sie trinken, sie müssen wegen mir nicht extra etwas machen. Und vielen Dank – etwas Warmes ist jetzt genau richtig." Keiv schenkte ihm noch ein ehrliches Lächeln und nickte, ehe er in das Wohnzimmer ging und sich auf das Sofa setzte, um die verschiedenen Musterkarten zu betrachten. Schließlich nahm er eine der Karten auf und befühlte die Parkettbodenmuster darauf, lächelte bei dem Gefühl des warmen Holzes und lehnte sich an, um die Muster in Ruhe zu betrachten.

Nach einigen Momenten kam Oliver mit zwei Tassen Früchtetee zurück und stellte sie auf den Wohnzimmertisch. "Sie mögen Holz, nicht wahr ?" fragte er leise und suchte nebenher die Fliese raus, die er sich vorgestellt hatte. "Das ist sie ... und hier ist der Holzboden, der schon verlegt worden ist." Das Holzmuster legte er neben die Fliese und so sah man, wie perfekt die Farben harmonierten.

"Das ist herrlich ... so warm, aber trotzdem hell und unaufdringlich. Sie haben wirklich ein Verständnis für Farben, Oliver – das muß man ihnen lassen." Keiv nahm die beiden Muster auf und lächelte, als er dem marmorartigen Muster der Fließe mit seinem Finger folgte. Doch dann legte er sie wieder auf den Tisch und nahm seine Teetasse, verzichtete auf Zucker und trank einen genießenden Schluck, der ihn sichtlich ruhiger werden ließ. "Sogar, was Tee betrifft, haben sie den gleichen Geschmack wie ich, Oliver." Das Letztere ließ den Braunhaarigen wieder schmunzeln, denn bisher hatte er nur sehr wenige Männer kennengelernt, die Früchtetee mochten.

"Außer, daß ich ihn mit Zucker trinke." grinste Oliver und gab sich zwei Löffelchen davon hinein, bevor er umrührte. Seinen ließ er noch ein wenig stehen, damit er etwas abkühlte. "Hier ist dann die Skizze für den Spiegel." Er nahm sie hervor und schob das eingeschweißte Blatt Papier zu Keiv. "Er ist an das Fenster angelehnt. Ich hab es ehrlich gesagt schon versucht, Mr. Loreley anzudrehen, doch er wollte lieber einen Spiegel mit pinken Plastikrahmen haben."

Keiv hatte gerade die Skizze genommen, als er den Namen hörte und ein wenig das Gesicht verzog. "Loreley ? Das ist aber sein Künstlername, oder ? Und das Pink ... nun, ich denke, es paßt zu ihm, zumindest hatte er vorhin so gut wie nur Pink an. Und Weiß ...." Alleine schon die Vorstellung an einen pinken Spiegelrahmen ließ Keiv bis ins Mark erschauern, so daß er sich schnellstens der Skizze widmete und leise durch die Zähne pfiff. "Das ist wunderschön – also wenn es geht, möchte ich genau einen solchen Spiegel. Ich liebe buntes Glas und gerade, wenn es mit Blei eingefaßt ist, finde ich es besonders schön."

Das sorgte dafür, daß Oliver erfreut lächelte. "Dann notiere ich es mir gleich. Und ich Dummerchen sollte ihnen vielleicht noch die Telefonnummer von dem Makler geben, sonst wird nichts aus dem Kauf." Was brachte es, alles zu bereden, wenn nicht vorher ein Vertrag unterschrieben war. Vom Tisch nahm er eine Karte und reichte sie Keiv. "Er ist sehr nett und wir haben bisher immer gut zusammengearbeitet."

"Ein Makler ? Oh ... ich dachte, ich könnte das alles mit ihnen bereden. Könnten sie vielleicht mit mir zu ihm hin ? Ich denke, das ist am sinnvollsten, denn er kennt sie. Ich bin nicht sehr gut im Umgang mit Maklern – bins noch nie gewesen." Ein scheues Lächeln begleitete die Frage des jungen Autoren, denn er meinte, was er sagte – er hatte zwar Geld und jetzt wußte er auch, was er wollte, doch es war ihm lieber, wenn sein Gegenüber ihn zu dem Makler begleiten konnte.

Für einen Moment dachte der Schwarzhaarige nach, dann nahm er sein Handy von Tisch und rief den Makler an. Nach wenigen Minuten war alles geklärt und Oliver legte wieder auf. "So, er kommt gleich vorbei, dann können wir alles besprechen ... und vorher können wir die Muster durchgehen, Hm ?" Er lächelte sonnig und nahm dann seine Tasse, denn der Tee war für ihn ab jetzt genau richtig.

Mit einem Nicken erwiderte Keiv das Lächeln, nahm sich dabei ein anderes Musterblatt und betrachtete es. Es waren ja noch die anderen Zimmer übrig, die einen Bodenbelag und auch diverse andere Kleinigkeiten benötigten – und so konnten sie die Zeit, bis der Makler kam, mit einem angenehmen Gespräch verbringen, dessen war er sich sicher.

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