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”Die weiße Rose des Ostens” 17
 

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Tahir sah schon von weitem, wie es dem Jungen ging, er verzog aber vorerst keine Miene, weil die Söldner immer noch hinter Amal herblickten. Als sein Gefährte bei ihm war, zischte Tahir leise. "Das sieht schlimm aus, hast du ihn deswegen niederschlagen lassen ?" Der Hellhaarige hatte alles gesehen ... auch, wie Amal dem Mann etwas zugewispert hatte, der den jungen Söldner gleich darauf niederschlug.

"Natürlich – es ist gut, Stolz zu zeigen, doch nicht in dem Fall. Ich hätte ihn hinter uns herzerren müssen und irgendwann wäre er gefallen und hätte sich noch mehr verletzt ... so ist es einfacher. Komm, laß uns weiterfahren - ich will so schnell wie möglich zu einem Rastplatz, damit wir uns um ihn kümmern können." Antares hörte das und schluckte schwer ... denn ein Blick zu dem Gefesselten hatte ihm gezeigt, wie schwer dessen Verletzungen waren. Als der Wagen anfuhr und seine Herren wieder vorritten, blickte er immer wieder zurück zu dem älteren Pferd, das den jungen Söldner trug. Amalric hatte es hinten am Wagen festgebunden, doch noch mehr als das interessierte Antares, wie es dem Verletzten ging. Er hatte schon oft gesehen, wie Jemand ausgepeitscht worden war ... und oft genug starben die Gepeitschten an den Wunden, wenn man sie nicht versorgte.

Das wussten auch Amal und Tahir, daher ritten sie zügig weiter und waren deutlich erleichtert, als sie nach einigen Stunden einen Rastplatz an einem kleinen Bach fanden. Er lag nicht zu dicht an dem Weg, auf dem sie ritten, und Tahir sprang gleich von seinem Pferd und wies Antares an, einige Decken hinzulegen, damit sie Juan dort drauflegen konnten.

Der junge Leibdiener war schon vom Kutschbock herabgesprungen und hatte sich die Decken genommen, nickte auf die Worte seines Herrn und legte sie auf einen Platz, der durch Gras ein wenig weicher war. Dann machte er sich daran, noch mehr Gras mit seinem Dolch abzuschneiden und neben die Decken zu legen, holte die kleine Medizintruhe vom Wagen und legte sie schon bereit, da er wußte, daß Tahir sich damit auskannte. Während die beiden Ritter damit beschäftigt waren den Verletzten vom Pferd zu nehmen, holte Antares noch eine Schale, die er mit Wasser füllte und zu der Decke brachte. Dann kam ihm allerdings etwas anderes und nach einem kurzen Moment des Zögerns holte Antares aus einer seitlichen Nische des Wagens seine alte, gewaschene Kleidung und zerriß sie in Streifen, damit er etwas hatte, mit dem er die tiefen Wunden auswaschen konnte.

Antares dachte gut mit und so war alles fertig, als Tahir und Amal den jungen Söldner bäuchlings auf die Decke legten. Einige der Wunden sahen wirklich schlimm aus und der Hellhaarige öffnete gleich die Medizintruhe und füllte Kräuter in einen Stoffbeutel, den er in das Wasser legte, damit die Kräuter ihre Wirkung an das Wasser abgaben. "Wasch erstmal die Wunden aus, ich schaue dann, ob wir zur Not noch nähen müssen."

Noch während Tahir sprach, kniete sich der junge Leibdiener neben den Verletzten und betrachtete dessen Wunden, ehe er nickte und schon einmal den ersten Lappen in das Kräuterwasser tauchte. "Das muß genäht werden, damit die Narben nicht schmerzen ... als ich noch bei den Patern war, habe ich sehr oft Peitschennarben versorgen müssen. Ich kann das für euch erledigen, Herr ? Das ist die Arbeit eines Dieners, nicht die eines Gelehrten." Während er sprach, wusch Antares weiter behutsam und erfahren die Wunden aus, während sein Gesicht nur zu deutlich zeigte, wie nahe es ihm ging.

Tahir sah, wie erfahren der Junge war und nickte. "Dann überlasse ich seine Behandlung dir." erklärte er leise und ging dann zu Amal, der anfing, das Zelt aufzubauen. "Ich glaube, er mag den Jungen schon jetzt. Was passierte, geht ihm nahe, aber man sieht, daß er fasziniert ist."

"Ja, das stimmt ... ich denke, er wird sich gut um ihn kümmern. Ich bin froh, daß er nicht eifersüchtig ist – es hätte auch anders kommen können, doch wie es aussieht, wird es da keinerlei Probleme geben. Sobald Antares ihn versorgt hat, möchte ich ihn in das Zelt legen ... wir bleiben so lange hier, bis er wieder kräftig genug ist, um im Wagen mitfahren zu können." In der Zwischenzeit wusch der junge Leibdiener weiter die tiefen Wunden aus, die durch die Peitsche gerissen worden waren – er kannte diese besondere Form der Peitschen, sie hatten zwar keine Dornen oder Metallhaken an den Enden, doch sie waren so geflochten, daß sie tiefe Wunden reißen konnten. Es dauerte eine geraume Weile und Antares mußte das Waschwasser mehrfach wechseln, auch wenn er den Kräuterbeutel wieder in das Wasser hängte ... doch da einige der Striemen immer wieder leicht bluteten, griff er auf ein anderes Mittel zurück, das er kannte. Er holte sich von einigen der Baumstämme in der Nähe die einfachen Baumschwämme, die auch als Zundermaterial genommen wurden, brach sie auf und holte das flockige Innere heraus, um es auf die Wunden zu legen. Wie erwartet, hörten die Blutungen sehr schnell auf und der junge Leibdiener lächelte, während er nun einen dünnen Sehnenstrang in die leicht gekrümmte Nadel einfädelte und damit begann, die Wundränder gemäß dem Muskelverlauf zusammenzunähen.

Der Verletzte war schon wieder bei Bewusstsein und hörte alles mit. Und er fühlte, wie behutsam Antares seine Wunden versorgte. Jedoch stellte er sich immer noch bewusstlos und versuchte so, mehr über seine Herren herauszufinden. ‚Herren ? Verdammt, ich glaube es nicht ... verkauft wie ein Stück Vieh !' Innerlich fluchte er und es würde sich noch zeigen, ob er blieb oder flüchtete.

Antares bemerkte das jedoch nicht, denn der Verletzte zuckte nicht ein einziges Mal, wenn er die geübt sicheren und schnellen Stiche setzte. Die Arbeit war zum Glück sehr schnell getan, so daß sich der junge Leibdiener noch einmal der Aufgabe widmete, das restliche Blut abzuwaschen und dabei das Gras zu zerkauen, den Grasbrei auf die Wunden zu legen und schon einmal wirken zu lassen, während er Stoffbahnen als Schutz darüberlegte. Die Verbände würde er ihm noch nicht anlegen können – dazu brauchte er entweder die Hilfe seiner Herren oder die des scheinbar noch Bewußtlosen, da er mit dem Verbandsstoff um dessen Körper herumkommen mußte. Doch noch ehe er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, fühlt er etwas, das ihn kurz verwirrte – und schließlich ein sachtes Lächeln auf seinen Lippen erwachen ließ, als er das Grasbüschel wieder hinlegte und sich zum Ohr des jungen Söldners neigte. "Du bist wirklich gut – du hättest mich beinahe getäuscht. Ich brauche deine Hilfe, ich muß den Verband um dich rumlegen und dafür müßtest du dich ein wenig erheben – keine Sorge, die beiden Herren sind mit dem Zelt beschäftigt, sie sehen dich nicht. Und vor ihnen mußt du dich nicht so zurückhalten, sie tun dir nichts. Ich aber würde dir eher die Kehle aufschlitzen als daß ich zuließe, daß du ihnen etwas tust ... und ich möchte das nicht, ich mag dich." Noch während er wisperte, nahm Antares die Verbandrolle auf – doch er zog auch seinen Dolch und hielt ihn so, daß der junge Söldner ihn sehen konnte, da es dieser Dolch war, den der Verletzte gefühlt hatte und deshalb leicht zusammengezuckt war.

So konnte Juan sich gut verstellen, aber wenn er das kühle Metall einer Waffe fühlte, war es damit vorbei und seine Instinkte meldeten sich. Alles, was Antares gesagt hatte, war für den jungen Söldner mehr als nur befremdlich und auch das, was er tat, war so ungewohnt wie es schön war. Der Leibdiener war schlank und ziemlich entschlossen, und Juan grinste kurz. "Du klingst entschlossen, da verkneife ich mir einen Angriff." Langsam hob er seinen Kopf und drehte ihn, er bemerkte aber, daß er immer noch die sanfte Berührung an seinem Ohr fühlen konnte, obwohl die Lippen schon gar nicht mehr da waren. Als er Antares erblickte, wusste er, dass der Junge nicht nur schlank, sondern auch wunderschön war und so hübsch, wie er es nur bei einigen Adligen kannte. Seine Verwunderung zeigte er aber nicht, er stützte sich ein Bisschen ab und erleichterte Antares so das Anlegen des Verbandes. Aufstehen wäre wohl nicht die beste Idee, sein Schädel brummte wie verrückt und er würde sich nicht lange auf den Beinen halten können.

Das ahnte der Schlankere und beeilte sich damit, erfahren den Verband umzulegen und darauf zu achten, daß der restliche Stoff zwischen dem gekauten Gras und dem Verband nicht verrutschte. Schließlich war er fertig und wisperte ein leises "Leg dich wieder hin und ruhe dich noch ein wenig aus – die Herren sind mit dem Zelt noch nicht fertig, du kannst noch nicht rein.", während er ihn behutsam mit der Hand wieder auf die Decke drückte. "Und natürlich bin ich entschlossen ... ich mag die Herren, sie sind das Beste, das mir je passierte. Ich denke, du hast Fragen, Hm ? Stell sie ruhig, ich habe noch Zeit, solange sie am Zelt arbeiten."

"Warum bauen die Herren das Zelt auf, und warum darf ich in das Zelt ? Ich bin doch nur ein Sklave ... jedenfalls, wenn man den Worten deines einen Herren Glauben schenken kann." Das waren die vorrangigsten Fragen und Juan beobachtete mit erschöpften Augen, wie Antares das Wundzeug wieder in der Kiste verstaute. Allerdings berührte der Schlankere ihn immer wieder, als könne er die Finger nicht von ihm lassen. "Ich heiße Juan." fügte Juan an und schloss kurz seine Augen.

Leise seufzend, überlegte Antares einen Moment – dann legte er sich neben ihn und tupfte mit einem kühlen Tuch einige Schweißtropfen von der Stirn des Verletzten, denn inzwischen hatte dieser durch die Wunden ein leichtes Fieber bekommen. "Ich heiße Antares ... und sei ehrlich, hätte dieser schreckliche Hauptmann dich denn für so wenig Geld gehen lassen, wenn der Herr Amalric dich als seinen Junker hätte haben wollen ? Es war die schnellste und glaubwürdigste Möglichkeit, dich lebend rauszuholen. Doch ich denke, das werden die Herren dir erzählen, wenn du im Zelt bist. Weshalb sie es aufbauen, ist sehr einfach: Ich bin zu schwach dazu und die Herren sind sich nicht zu fein, auch Hand anzulegen – einer der Gründe, weshalb ich ihnen loyal bin."

"Ich soll ein Junker werden ?" Das war ihm jetzt wichtig und Juan schloss erneut seine Augen. Er fühlte das Fieber und es schwächte ihn zusätzlich. Daß er Knappe der Ritter werden sollte, war kaum zu glauben. "Das glaube ich erst, wenn es soweit ist." wisperte er und langsam gab er seinem Körper nach und er driftete immer wieder kurz weg.

Antares schmunzelte nur und kühlte weiterhin dessen Stirn ... Juan würde es noch früh genug erfahren und als Amalric zu ihnen kam, erhob sich der junge Leibdiener und lächelte seinem Herrn entgegen. "Er war kurz wach, Herr – er heißt Juan und er ist zu recht mißtrauisch, er hat noch mitbekommen, daß er euer Sklave sein soll. Ich habe ihm gesagt, daß ihr ihn als Junker haben wollt, ich hoffe, es war nicht falsch ?" Der junge, spanische Adelige schmunzelte nur und schüttelte den Kopf, ehe er seinem Leibdiener kurz auf die Schulter klopfte. "Nein, das war völlig richtig. Wecke ihn noch einmal auf, ich muß ihn ins Zelt schaffen – und das geht leichter, wenn er mithilft. Tahir hat schon ein Lager für ihn gerichtet, du kannst dich inzwischen um das hier kümmern." Antares nickte und kniete sich wieder neben Juan, drückte ihm kurz die Schulter und wisperte ein leises "Bitte wach auf." zu ihm.

"Hmm ... was ?" Juan erwachte wieder und schaute erneut in das hübsche Gesicht von Antares. Als er aber sah, daß auch Amal bei ihm war, stützte er sich ab und versuchte, aufzustehen.

Amalric kam ihm aber zu Hilfe und stützte ihn, ehe er vorsichtig den Arm des jungen Söldners um seine eigenen, breiten Schultern legte. Sie waren fast gleich groß und gleich breit – doch der junge Adelige hatte mehr Erfahrung und brachte ihn so schnell auf die Beine. "Komm ins Zelt, dort kannst dich ausruhen und heilen ... wir reisen erst weiter, wenn es dir so gut geht, daß du auf dem Wagen liegen kannst. Und mach dir nicht so viele Gedanken, ich erkläre dir alles, wenn du dich ausgeschlafen hast." Hinter ihnen blickte Antares den Beiden nach und lächelte sacht, ehe er sich umdrehte und die blutverschmierten Decken aufnahm, um sie mit den blutigen Lappen in dem kleinen Bach auszuwaschen.

Juan schwieg erstmal und kniff seine Lippen zusammen. Er begriff nicht ganz, was hier passierte, weil Amalric jetzt so freundlich zu ihm war. Etwas entfernt sah er den anderen Herrn, der eine große Raubkatze von der Leine abmachte, damit sich das Tier bewegen konnte. Aber länger kucken konnte Juan nicht, weil er von Amal ins Zelt gebracht wurde und er ihm half, sich hinzulegen. Als er lag, atmete Juan kurz durch und schloss danach seine Augen. "Kann ich etwas Wasser bekommen ?"

"Natürlich. Warte einen Moment." Mit den Worten nahm Amalric von seinem Gefährten einen Becher mit Wasser entgegen und half dem Verletzten, sich etwas aufzurichten, damit dieser trinken konnte. "Schlaf ein wenig – du brauchst es. Und keine Sorge, keiner von uns wird dich im Schlaf angreifen und töten ... ich denke, das ist dir klar oder ?" Noch immer lag keinerlei Schärfe in der Stimme des Adeligen und er schmunzelte, als er sah, daß er Juan ertappt hatte.

"Ja, schon ... sonst wäre ja das gute Geld verschwendet." murmelte Juan und blickte kurz in die violetten Augen seines neuen Herren. Darin lag kein Groll, sie waren eher sanft und das war ungewohnt. Aber er beschäftigte sich nicht länger damit, legte sich auf den Bauch und schloss wieder seine Augen. Schlaf musste sein, damit er schnell wieder bei Kräften war und hier konnte er sicher schlafen.

Amalric schmunzelte nur wieder und schüttelte den Kopf, ehe er aufstand, den Becher wieder zu Tahir brachte und sich mit ihm auf das zweite Lager legte, das sie errichtet hatten. Es tat ihnen allen gut, ein wenig zu ruhen ... und er versuchte gar nicht, Antares dazu zu überreden, es ihm gleichzutun, denn er wußte, daß der junge Leibdiener erst seinen Aufgaben nachkommen würde.

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Irgendwann später schlug Juan seine Augen wieder auf, weil er einen feuchten Lappen an seinem Gesicht fühlte. Im Zelt brannte eine Kerze und scheinbar schliefen die Herren schon. Nur Antares war noch wach, kümmerte sich um ihn und betrachtete ihn scheinbar schon wieder ganz genau. "Warum schaust du mich immer so an ?"

Als der junge Leibdiener sah, daß Juan aufwachte, legte er den kühlen Lappen an die Seite und nahm einen Becher mit Wasser, ehe er ihm half, sich etwas aufzusetzen. "Sei vorsichtig, daß die Wunden nicht wieder aufbrechen ... hier ist etwas Wasser." Erst jetzt kam ihm, daß der Verletzte ihn etwas gefragt hatte und er lächelte ein wenig verlegen, während er ihm half, etwas zu trinken. "Es tut mir leid, ich wollte nicht aufdringlich sein. Du bist nur so anders als die Männer, die ich aus der Stadt kannte ... so stark."

Juan sah den Kleineren ein Bisschen verblüfft an, verzog aber gleich darauf das Gesicht und schnaubte. "In Städten gibt es doch auch starke Kerle und der Herr ist auch ein Brummer." So ganz verstand er es nicht und er schnaufte leise, weil sich ein anderes Bedürfnis breitmachte. "Muss mal pissen, hast du was da, wo ich reinpinkeln kann ?"

"Natürlich." Noch während er antwortete, neigte Antares sich zur Seite und stellte den Becher ab, ehe er einen Nachttopf nahm und Juan half, sich etwas aufzurichten. "Geht es ? Und ja, der Herr Amalric ist sehr stark, noch ein wenig stärker als du. Der Herr Tahir genießt es sehr, siehst du ? Sie sind ein Paar, auch wenn es Niemand außerhalb erfahren darf." Er wollte noch weitersprechen, doch er stockte, als er zusah, wie Juan seine Hose öffnete, die Männlichkeit herausholte und sich in den Topf erleichterte.

"Sie sind ein Paar ? Das ist ungewöhnlich." murmelte Juan und konzentrierte sich auf das, was er tat. Daß Antares auf seinen Penis glotzte, bemerkte erst, als er fertig war und aufblickte. "Na ? Neidisch ?"

Der Schlankere blinzelte einen Moment, ehe er leise schmunzelte und den Kopf schüttelte. "Nein ... aber fasziniert. In all den Jahren, die ich auf der Straße war und mein Essen damit verdiente, die Männer zu befriedigen, habe ich keinen Mann gehabt, der an dich herankam. Lediglich Herr Amalric tut es – und der Herr Tahir ist auch nicht zu verachten, ich habe sie manchmal versteckt beobachtet. Die anderen Söldner waren neidisch auf dich, nicht wahr ? Deshalb haben sie dich so gehaßt."

"Ja ... irgendwie schon. Und du hast deinen Körper verkauft ? Eigentlich nicht zu glauben." Scheu hatte Antares zumindest nicht, denn er nahm einen Lappen, packte gleich zu und säuberte Juan. "Okay, ich glaube es doch ... scheu bist du nicht gerade."

Das ließ den Schlankeren erneut aufschmunzeln, ehe er den Lappen wieder zur Seite legte, aufstand und den doch recht vollen Nachttopf samt dem Lappen nach draußen trug, um ihn auszuleeren und ihn und den Lappen im Bach zu säubern. Dann erleichterte er sich kurz selbst, wusch sich noch einmal und kehrte in das Zelt zurück, um seine Kleidung bis auf einen leichten Slip aus einfachem Stoff auszuziehen, sich neben Juan auf das Lager zu legen und die Decke behutsam über dessen bandagierten Rücken zu breiten. "Du solltest wieder schlafen, Juan ... ich bleibe hier, damit du nicht auskühlst. Aber wenn du irgendetwas brauchst, zögere nicht, mich zu wecken und es zu sagen. Ja ?"

"Ja, ist gut." murmelte Juan. Er lag wieder auf dem Bauch und das Gefühl des schlanken Gleichaltrigen, der neben ihm lag, war ungewohnt. Aber er dachte nicht weiter darüber nach und schlief ein. Er wollte alles tun, um so schnell wie möglich wieder zu Kräften zu kommen.

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Am nächsten Morgen wachte Antares mit einem Gefühl der Geborgenheit auf, das er bis jetzt noch nie gehabt hatte – und es dauerte einen Moment, bis er den Grund dafür erkannte. In der Nacht schien sich Juan ein wenig bewegt zu haben und lag nun halb auf der Seite, während er einen Arm um den schlanken Leibdiener geschlungen und ihm das Gesicht zugewandt hatte. Antares ahnte, daß der Verletzte nur leicht schlief ... denn sein Gesicht war nicht wirklich entspannt, auch wenn seine Temperatur wieder normal geworden war. Nach einem Moment des Zögerns entspannte der Schlankere sich wieder und schloß mit einem Lächeln die Augen, um noch ein wenig zu dösen.

Aber gerade dieses an- und wieder entspannen sorgte dafür, daß Juan seine Augen öffnete. Er hatte zwar nur leicht geschlafen, aber erst jetzt bemerkte er, daß er Antares in den Armen hielt. Langsam löste er sich und setzte sich tief durchatmend auf. Sein Kopf dröhnte immer noch, aber der Wundschmerz auf seinem Rücken war schon erträglicher. Jetzt war es schon hell und er sah sich im Zelt um. Auf einigen Fellen lagen die beiden Herren, sie waren eng umschlungen, und die Raubkatze lag erstaunlicherweise genau hinter Antares und hob jetzt ihren Kopf, um Juan anzukucken.

"Du hättest noch nicht aufstehen sollen, Juan – dein Körper braucht Ruhe. Auch wenn es erstaunlich ist, daß du schon kein Fieber mehr hast ..." Die Stimme Antares war sehr leise, da er seine Herren nicht wecken wollte – doch als er sich ebenfalls aufrichtete und Adan sah, lächelte er und streckte die Hand aus, um über das weiche Kopffell zu streicheln. "Du bekommst gleich dein Frühstück, Adan ... geh doch schon einmal raus und erledige dein Geschäft, Hm ? Ich werde hier noch gebraucht." Der Kater schien ihn verstanden zu haben, da er leise maunzte und dann rausging, während der schlanke Leibdiener sich wieder zu Juan umwandte. "Vor ihm brauchst du keine Angst zu haben – sein Herr, der Herr Tahir, hat dich akzeptiert und deshalb mag er dich auch. Ich hole dir etwas Wasser und auch den Nachttopf ... du wirst beides brauchen können."

"Mein Schädel dröhnt, als wäre ich gegen eine Wand gelaufen. Ich glaub nicht, daß ich zwei Schritte geradeaus laufen kann. Den einen Hieb habe ich gut weggesteckt, aber der große Herr musste ja auch noch bezahlen, um mich niederschlagen zu lassen." Das nahm er doch ein wenig übel, auch wenn er wusste, daß es wohl besser gewesen war. "Aber so musste er mich nicht hinterher schleifen."

"Schhh – du weißt, daß es nicht anders ging. Er ist ein Ritter, ein Adeliger ... er durfte dich nicht selbst niederschlagen, das hätte seinem Ansehen bei den Söldnern geschadet. Er versuchte nur, seine Stellung zu bewahren, schließlich waren die Söldner in der Überzahl und wenn er sie verärgert hätte, hättest du auch tot sein können - und wir auch." Antares streichelte behutsam über die Schläfe des Größeren, ehe er sie sacht mit den Fingerspitzen massierte und ihm einen sanften Kuß auf die Wange hauchte.

"Ich weiß, ich weiß ... ich kenne dieses Stellungsgedönse." murrte Juan und atmete kurz durch. "Ich muss mich nur umgewöhnen, daß ich es jetzt besser habe. Kann ich was zu essen haben ? Ich hab das Essen leider verpasst, weil die mich auspeitschen mussten." Und danach war er zu groggi gewesen.

Der Schlankere nickte und lächelte, als er aufstand, sich anzog und nach draußen ging. Seine Morgentoilette war schnell erledigt und danach machte sich Antares daran, ein Feuer anzufachen und darauf einen Kessel mit Wasser anzuheizen. Als Frühstück für Juan holte er Brot, Käse und eine geräucherte Wurst, legte noch einen Apfel in die Schale und kam damit zu ihm zurück, um sich neben ihn zu setzen. "Hier – iß dich satt, aber sei bitte leise, damit die Herren noch ein wenig schlafen können. Sie sind immer so früh auf und trainieren, doch ich möchte, daß sie sich ein wenig erholen." Dann nahm er den inzwischen vollen Nachttopf und brachte ihn raus, um ihn auszuleeren und zu säubern.

Derweil stopfte Juan sich das Brot, die Wurst und den Käse hinein. Er hatte ziemlichen Kohldampf, und zuletzt verdrückte er auch noch den Apfel. So war er schon fertig, als Antares zurückkam, und der Schlanke konnte noch das leise Rülpsen des Söldnerjungen hören.

Leise schmunzelnd, nahm Antares die Schale auf und brachte sie nach draußen, säuberte auch sie und legte sie zum Trocknen in die Sonne, ehe er mit einem weiteren Becher Wasser zu Juan zurückkam. "Geht es dir ein wenig besser ? Wenn ja, wäre es gut, wenn wir rausgehen, dann kann ich noch einmal nach deinen Wunden sehen. Hier im Zelt ist es zu dunkel, aber es kann noch warten, wenn du lieber noch ein wenig schlafen willst."

"Ne, bloß nicht, ich mag raus." erwiderte Juan sofort und machte auch gleich Anstalten, aufzustehen. Er wusste, daß der Kleine ihm sicher helfen würde und wie erwartet, fühlte er dessen Hände, die ihn beim Aufstehen und danach beim Gehen stützten. Auch die wackligen Beine waren wie erwartet, aber sein Tritt wurde draußen ein klein wenig sicherer. Dort blieb er aber kurz stehen, als er das helle kleine Pferd sah, und er legte den Kopf ein Bisschen schief. "Was ist denn das da für ein Pony ?"

Währenddessen nahm Antares die Zeltklappe wieder runter, so daß seine Herren noch ein wenig ungestört waren. "Laß das ja nicht den Herrn Tahir hören – das ist ein arabischer Hengst und er ist sehr wertvoll. Du glaubst gar nicht, wie schnell er ist ... und wie hoch er springen kann ! Ich habe gesehen, wie sie geritten sind, Gott weiß, wie herrliches dieses Pferd ist. Der Herr Amalric möchte ihn mit den schwarzen, großen Pferden seiner Familie kreuzen, so daß ein wenig edlere, schnellere Pferde dabei herauskommen – ich verstehe davon nichts, doch die beiden Herren reden sehr oft davon." Während er erzählte, nahm der schlankere Leibdiener die tiefe Wasserschale und einige Lappen vom Wagen, legte sie mit der Decke an den Platz am Bach und nickte darauf, als er wieder zu Juan zurückkam. "Setz dich auf die Decke, dann nehme ich dir den Verband und die Kräuter ab, wasche die Wunden aus und verbinde sie dir neu. Hm ?"

"Das mit dem Pferd glaube ich erst, wenn ich es sehe." murmelte Juan nur wieder und setzte sich mit einem leisen Stöhnen hin. "Aber wenn es so ist, dann werden es tatsächlich edle Pferde ... Pferde für den Adel." Er hob nebenher seine Arme und machte Antares so das Abnehmen der Verbände etwas einfacher. So sehr hatte sich noch Keiner um ihn gekümmert, es war irgendwie ganz schön, aber trotzdem noch so ungewohnt.

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