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”Um Leben und Tod” 02
 

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Manuel war nach einigen Stunden wieder dabei, den Hang hinaufzuklettern. Er dachte darüber nach, was er gesehen hatte ... und selbst ihm war bei dem Anblick ziemlich übel gewesen. Wie erwartet, war das Flugzeug total zerfetzt. Es lagen Leichen und auch Leichenteile herum, und es brannte hier und da sogar noch ein wenig. Das Cockpit hatte er gefunden - zusammen mit den toten Piloten, die noch in ihren Sitzen angeschnallt waren. Nur das Funkgerät funktionierte leider nicht. Er hatte alle Frequenzen ausprobiert, es hatte den Absturz eindeutig nicht überstanden ... und so würde ihnen nichts anderes übrigbleiben, als eine Siedlung zu finden, von der aus sie gerettet werden konnten. Manuel hatte noch einige Dinge gefunden die sie brauchen konnten, und mit einer Tasche auf dem Rücken kehrte er endlich zurück, und setzte sich erstmal erschöpft an den Rand der Klippe.

Die Geräusche weckten Noble aus seinem leichten Schlaf und er blinzelte kurz, ehe er sich wieder fing und kurz mit der Hand über das Gesicht strich. Doch dann riß er sich zusammen und öffnete das Zelt, nickte für einen Moment zu sich selbst und sprach den Blonden dann an. "Und ? Hast du das Funkgerät gefunden ? Gab es Überlebende ?"

“Nein, keine Überlebenden ... und das Funkgerät ist hinüber. Ich konnte nur eine Karte, und noch ein paar andere brauchbare Sachen finden.” Er raffte sich jetzt auf, und ging mit der Tasche zum Zelt. Er brauchte jetzt etwas zwischen die Zähne, und zog gleich seinen Rucksack aus dem Zelt, um darin herumzustöbern.

Währenddessen beobachtete ihn Noble und seufzte leise, als er ihm dabei zusah, wie er den kleinen Campingkocher aufstellte, eine große Metalltasse daraufstellte und einen der Essenspacken hineinschüttete. "Wenigstens hast du etwas zu essen mitnehmen können ... es ist zwar scheußlich, aber besser als die Alternative. Kannst du mir eine der Wasserflaschen geben ? Ich könnte es brauchen." Der CEO hatte sehr großen Durst - doch er wollte nicht jammern und vor allem auch nicht noch mehr als Schwächling dastehen, als er es so oder so schon tat.

“Klar, Moment.” Manuel nahm eine Flasche Wasser aus dem Beutel, gab etwas davon in eine kleinere Tasse, und gab sie dann an Noble weiter. “Ich mach dir auch gleich was warm, ich denke, du hast auch Hunger.”

"Ja. Ich bin es zwar gewohnt, lange Zeit nicht zu essen, da ich oft viel Arbeit habe oder in Konferenzen sitze ... aber das ist auch nicht so anstrengend wie das hier und ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir etwas zu essen machen würdest. Ich wüßte auch nicht, wie das geht - bei dir sieht das so einfach aus." Es frustrierte Noble sichtbar, daß er hier so völlig aus seinem Element gerissen, und vor allem auf Manuel angewiesen war.

“Du mußt nur die Tüte aufmachen und ein Bißchen Wasser dazugeben. Aber ich mach dir auch was.” Manuel fand es wirklich seltsam, der Mann schien wirklich noch nie selbst gekocht zu haben. Als sein Essen heiß war, nahm er eine zweite Tasse, verfuhr so wie mit seinem Essen, und rührte kurz um. Gleich, als das zweite Essen warm war, stellte er den Campingkocher wieder ab, denn die kleine Gasflasche hielt sonst nicht so lange. “Dann guten Hunger. Schmeckt beschissen, aber macht satt.”

Noble nahm ihm die Tasse wortlos ab und stellte sie auf sein Knie, ehe er den Löffel aufnahm und zu essen begann. "Du hast recht - es schmeckt wirklich beschissen. Aber um ehrlich zu sein, es ist mir zumindest im Augenblick völlig egal, es stillt den Hunger. Und weißt du was ? Vieles, das man in einem Edelrestaurant essen kann, ist sogar noch widerlicher ... ich kann mich noch an einen Abend mit Geschäftskollegen erinnern, da mußte ich Insekten essen. Geröstete Ameisen, glasierte Heuschrecken, gedünstete Schnecken und Tausendfüßler in Soße. Ich mußte mich dort sehr beherrschen, um mich nicht zu übergeben ... das war das längste Geschäftsessen, das ich jemals hinter mich bringen mußte." Der CEO wußte nicht, wieso er das Manuel erzählte - doch irgendwie schien es zu passen und er schnaubte leise, da es eigentlich nicht seine Art war, so gesellig zu werden.

Das brachte Manuel unwillkürlich zum Lachen und es dauerte einen Moment, bis er sich wieder fing. “Was glaubst du, wovon wir uns ernähren, wenn unser Essen hier alle ist ?” Er grinste, als er das entsetzte Gesicht sah, und gabelte sein Essen weiter. “Das Zeug ist echt nahrhaft.”

"Das mag ja sein - aber ich esse niemals wieder Insekten, vor allem nicht in Buttersoße oder Ingwercaramel ! Und weißt du was ? Wenn das hier aufgebraucht ist, dann wirst du dich nützlich machen und jagen - schließlich bist du stärker, schneller und erfahrener als ich, und mit deinem Messer und meiner Pistole wirst du schon was erlegen können." Die Stimme Nobles wurde kälter, je länger er redete - doch dann räusperte er sich und nickte nur, denn der leichte Sarkasmus in seiner Stimme war nur eine Maske, um die Abscheu vor seiner eigenen Unzulänglichkeit zu überspielen.

Manuel dachte, er hörte nicht richtig, und sein Blick verfinsterte sich. “Von mir aus kannst du mit deinen Snobs so reden, oder deinen Angestellten, aber verkneif dir das bei mir bitte. Ich könnte dich auch einfach hier hängen lassen !” Er war wirklich angepißt und schaufelte die letzten Bissen in sich hinein. Danach stand er auf und ging vom Lager weg, um sich dort zu erleichtern und auch, um kurz durchzuatmen, damit er sich wieder beruhigte.

Im ersten Moment war Noble zu überrascht, um etwas zu sagen - doch dann verfinsterte sich auch sein Gesicht und er legte den Löffel in die Tasse, um sie auf die Seite zu stellen und ihm wütend nachzurufen. "Du verdammtes, selbstgerechtes Arschloch ! Nur, weil du genug Erfahrung hast, um in diesem verdammten Dschungel zu überleben, brauchst du nicht so überheblich zu sein ! Denkst du vielleicht, es gefällt mir, daß ich hier alleine sofort sterben würde ?! Oder daß ich gerade einmal pissen kann, weil ich nur eine Hand dafür habe - aber ich keine Möglichkeit habe, ohne Hilfe scheißen zu gehen ?! Wir haben ja nicht einmal Klopapier, verdammt nochmal !! Und wenn du denkst, ich komme auf den Knien dahergerutscht, um dich um deine Hilfe anzubetteln, dann hast du dich verdammt noch einmal verrechnet ! Von wegen, dich wie einen Angestellten behandeln ... zu dir war ich höflicher und offener, als ich es je in der Arbeit gewesen bin !" Noch während er wütend zu Manuel hinüberrief, stand der Schwarzhaarige auf und verengte die honigfarbenen Augen, ehe er aus dem Zelt trat und in die andere Richtung stapfte.

“Nimm ein Blatt zum Abwischen, verdammt nochmal !” Manuel brüllte das noch zu dem CEO, und seufzte leise. Das konnte ja noch lustig werden ... dabei brauchte es zum Überleben nur ein wenig Menschenverstand, mehr nicht.

Den hatte Noble auch - nur nicht in diesem Bezug, und so brüllte er zurück, während er über eine Wurzel stolperte. "Bist du verrückt ?! Ich hole mir doch keinen Ausschlag !! Kann ja nicht jeder so ein Genie sein wie du, sei stolz drauf und trommel dir mal auf der Brust herum, dann kannst du dich ja gleich zu den Dschungelaffen hier gesellen und auf den Lianen umherschwingen ! Ich sags dir gleich: Ich bettle nicht, das kannst du vergessen ... und wenn ich hier draufgehe und alle, die in meiner Firma arbeiten, arbeitslos werden ! Soweit kommts noch, daß ich ein Arschloch wie dich darum anbettle, daß er mich gnädigerweise hier rausbringt, nur damit du mich, wenns dir paßt, sitzenläßt oder besser noch, daß du mich als Geisel nimmst und Lösegeld verlangst ! Verdammte Wurzeln - gibts denn hier keinen Fußbreit ebenen Boden ?!"

So langsam schlug die Stimmung bei Manuel um, das ganze wurde langsam eher komisch und als er die letzten Worte hörte, fing er an zu kichern. Sie waren mitten im Urwald, und der Mann hätte am liebsten eine planierte Autobahn, auf der er laufen konnte. “Das kann ja noch was werden.” Manuel verrichtete nun in Ruhe sein Geschäft und nutzte natürlich ein Blatt zum Abwischen. Danach wusch er seine Hände mit dem Tau, der sich auf anderen Blättern gesammelt hatte, und ging schließlich etwas ruhiger zurück zum Zelt, um ein wenig zu schlafen. Wenn Noble ihn ließ.

Jener war nun schon ein wenig weiter weg und fluchte leise vor sich hin, ehe er schmerzhaft aufzischte, als er mit dem Arm einen der mannshohen Farnwedel streifte. Es war mehr als nur frustrierend, und wie es sich der CEO gedacht hatte, war er allein und der Blonde hatte sich damit abgefunden, ein lästiges Übel weniger bei sich zu haben, das ihn aufhielt. "Und wenn er dann zurück ist, wird er der Presse eine rührselige Story darüber erzählen, wie er sich damit abmühte, mir zu helfen, und ich es dann schließlich doch nicht geschafft habe ... und die Geier werden ihm aus den Fingern fressen, er schreibt ein Buch darüber, und es wird auch noch verfilmt. Pah, sie sind doch alle gleich - alle nur darauf aus, mich und mein Geld auszunutzen !" Noble hatte sich gerade eben wieder in Wut geredet, als er etwas berührte, das sein Blut zu Eis gefrieren ließ, und er verstummte noch im gleichen Moment. Seine Hand lag nicht auf der kühlen, mit Moos bewachsenen Rinde eines Baumes, sondern auf etwas, das weich, warm und so dick wie sein Kopf war ... und sich bewegte. Noch im gleichen Moment, in dem die Erkenntnis darüber, was er da gerade berührt hatte in sein Innerstes sickerte, stolperte Noble zurück und fiel auf seinen Rücken, starrte auf den Kopf der riesigen Boa, der sich langsam herabsenkte, und schrie in voller Panik auf.

Ein laut gellender Schrei, der Manuel sofort aufschrecken ließ. Es war keine Schauspielerei, und er nahm sein Messer und rannte in die Richtung, aus der dieser Schrei gekommen war. Als er Noble fand, stürzte er sofort zu ihm, denn die Würgeschlange hatte ihn schon bis zur Hüfte eingewickelt, und würde ihn sonst ersticken. Er packte den Kopf der Boa und stach das Messer in deren Kehle und Kopf, so daß ihr Körper sofort erschlaffte. “Du machst Sachen.” murmelte Manuel und zog an der Schlange, damit der Körper von Noble frei kam. “Geht’s dir gut ?”

Es dauerte einige Momente, bis der Schwarzhaarige begriff, daß er nicht mehr in Lebensgefahr und die Schlange tot war, und daß Manuel hier neben ihm stand und sie ihm vom Leib zog. Ohne weiter nachzudenken, schlang Noble seinen gesunden Arm um dessen Nacken und schluchzte zitternd daran. Die Panik und die Todesangst, die er gerade eben noch ausgestanden hatte, schüttelten seinen schlankeren Körper und er war unendlich froh, daß der Blonde noch rechtzeitig genug gekommen war, um ihn vor diesem schmerzhaften Tod zu retten.

“Ist ja gut, ist alles vorbei.” Manuel blieb ruhig ... er konnte die Emotionen gut verstehen, und sein eigenes Herz schlug auch noch ganz aufgeregt. Er war nicht so leicht zu schocken, aber das hier hatte auch ihn ganz schön mitgenommen. Auch wenn Noble ziemlich arrogant war - er hatte auch diese menschliche Seite und das änderte die Meinung des Blonden wieder ein wenig. “Komm zurück zum Lager.” Er half ihm sehr vorsichtig auf, denn er bemerkte, daß Noble sein Gesicht schmerzverzerrt verzog.

"Ich ... au, verdammt ... meine Beine, ich ..." Noble zitterte unkontrolliert und klammerte sich an dem Blonden fest, als er mit einem leisen Schrei in die Knie brach und erneut leise aufschrie. Seine Beine schmerzten wie noch niemals zuvor in seinem Leben und er befürchtete schon, sie wären gebrochen. "Meine Beine schmerzen fast so sehr wie mein Arm ... diese verdammte Schlange war so stark, ich dachte schon, sie zermalmt mich, bevor ich von ihr verschlungen werde."

“Warte ...” Manuel ging mit Noble auf die Knie, und öffnete vorsichtig dessen Hose. “Keine Angst, ich tu dir nichts.” murmelte er dabei, und zog die Hose leicht herab. Wie erwartet, wurde die Haut schon blau und Manuel seufzte leise. “Beinknochen sind stabil ... du hast Quetschungen unter der Haut, das wird ne ganze Weile wehtun.” Das würde das Weiterkommen auch erschweren, und der Blonde zog die Hose wieder hoch. “Du bist echt ein Pechvogel.”

Bei den Worten schnaubte Noble und schüttelte kurz den Kopf. "Laß sie gleich herunten - so sehr es mich auch ankotzt, ich muß mich erleichtern und brauche dazu deine Hilfe, denn ich möchte mich nicht selbst beschmutzen und mit einer Hand und den wackeligen Beinen geht es nicht anders. Bitte ?" Man hörte noch immer an seiner zittrigen Stimme, wie sehr ihn das Erlebnis gerade geschockt und durchgerüttelt hatte ... und man fühlte es auch an dem festen Griff seiner Hand an dem Arm des Blonden.

“Sicher.” murmelte Manuel und half dem Schlankeren dabei, sich zu erleichtern. Es tat ihm jetzt schon leid, daß er ihn so angefahren hatte und als sie fertig waren, führte er ihn vorsichtig zurück zum Lager. “Ich denke, wir sollten Morgen nochmal in Ruhe sprechen. Aber erst schlafen wir uns aus.”

Noble folgte langsam und zischte immer wieder auf, da ihn seine Beine schmerzten ... doch der starke Arm Manuels war ihm eine große Hilfe und schließlich kamen sie wieder am Zelt an und er seufzte erleichtert, als er sich im Zelt schließlich hinsetzen konnte. "Verdammt ... mir tut alles weh. Du ... du hast mir das Leben gerettet, Manuel. Ich kann das noch immer nicht glauben, aber ... danke."

“Ich lass dich bestimmt nicht hängen. Und ich denke, wir sollten uns zusammenraufen und Morgen mal aussprechen. Leg dich hin, ich bin gleich wieder da.” Manuel wollte noch die tote Schlange holen, es war nämlich ein ziemlich gutes Essen.

Bei den Worten hob der CEO kurz seine Braue - doch dann nickte er und begann vorsichtig damit, sein Sakko auszuziehen. "Ist gut - aber komm auch wieder zurück, verstanden ? Du weißt genau, daß ich ohne dich verloren bin." Auch wenn es etwas säuerlich gesprochen war - es entsprach der Wahrheit und es kostete ihn viel Kraft, dies auch zuzugeben.

Das ahnte der Blonde und er lächelte kurz. “Keine Sorge.” Dann verschwand er mit der Taschenlampe, da es dunkel wurde, und ging zu der Schlange Er nahm sie zügig aus, und zog die Haut ab, dann schnitt er das Fleisch etwas kleiner, und steckte es in einem Beutel. Morgen würde es das Fleisch zum Frühstück geben, damit sie gestärkt weiterreisen konnten. Es dauerte nur eine gute halbe Stunde, dann war er wieder da und kam zurück ins Zelt, um sich dort bis auf die Boxershort zu entkleiden, und sich dann schlafen zu legen.

Noble hatte sich auch bis auf den Slip und sein Unterhemd ausgezogen und lag schon unter der Decke ... doch er hatte noch nicht geschlafen und entspannte sich erst, als Manuel zurückgekehrt war. "Gute Nacht ... ich bin froh, daß dir nichts passiert ist." Dann drehte er sich um und schloß die Augen - doch er wußte schon jetzt, daß er nur schwer schlafen konnte, da sein Körper ein einziger Schmerz war und es auch nicht verging, obwohl er schon eine Schmerztablette genommen hatte. 

 

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