Malcolm und Dew 01
Etwas nervös zog Malcom sich um. Er wollte unbedingt ins Footballteam und jetzt, zwei Monate vor Ferienanfang, wurde schon gesichtet, da Einige dann von der Schule abgingen, die im Team waren. Groß genug war er mit seinen ein Meter neunzig, aber er hatte etwas zuviel auf den Rippen. Aber vielleicht schaffte er es ja. In Sportsachen kam er aus der Umkleide zu den Anderen, die gern ins Team wollten und wartete geduldig auf den Trainer.
Leise summend, kam ein junger, blauer Springer aus einer der anderen Umkleiden und strich sich die rippenlangen, pechschwarzen Haare nach hinten – auch er war auf dem Weg zu den Sportlern, die sich für das Footballteam meldeten, doch aus einem völlig anderem Grund. Mit einem leisen Schmunzeln dachte Dew einen Moment lang darüber nach, daß er sich vielleicht mal einen Freund aus den anderen Kerlen suchen sollte, die so rumliefen – doch dann verwarf er den Gedanken wieder, da die Kräftigsten nun mal genau hier zu finden waren und sein derzeitiger Dauer-One-Night nach den Ferien auf eine Uni wechseln würde. Wie immer kam er ein wenig zu früh, noch bevor der Coach damit begann, die neuen Spieler für nächstes Jahr auszusuchen – er liebte es, sich auf die nahe Tribüne zu setzen, dabei zuzusehen und sich von dem anstrengenden Sprungtraining auszuruhen, das er mit den Anderen der Springertruppe vorher absolviert hatte. Wie immer waren die Footballer die Letzten, die aufs Spielfeld durften – und wie immer hatten sie die meiste Zeit bekommen, nämlich den gesamten Nachmittag. Sich der Blicke der Großen wohlbewußt, die noch immer auf den Coach warteten, der noch die Unterlagen der Neuanwärter durchsah, setzte Dew sich auf eine der Tribünenbänke – legte die Trainingstasche auf die Seite und schlug die langen Beine übereinander, während er sich anlehnte und den Blick über die Wartenden schweifen ließ. Die Meisten kannte er schon und wußte, ob jene Chancen hatten oder es sich lohnte – doch es waren auch einige Gesichter darunter, die er nicht kannte. Dann fiel sein Blick auf einen bekannten Haarschopf und er konnte ein Stirnrunzeln nicht verhindern. 'Was zum Teufel macht Malcom hier ?! Der Coach wird ihn in der Luft zerreißen, Shit ...' Der junge Blauhäutige kannte ihn aus dem Geschichtsunterricht und auch aus Biologie, da sie in den beiden Kursen oft zusammenarbeiten mußten. Sie hatten eigentlich nie viel außerhalb der nötigen Sachen in den Klassen geredet, doch er mochte den freundlichen, eher sanften Großen irgendwie, auch wenn Dew niemals der Gedanke gekommen war, mehr mit ihm anzufangen. Als er vor einigen Wochen bemerkte, daß der Große etwas in diese Richtung andeutete, hatte er ihm eine eindeutige Absage erteilt – aber er war sanft dabei gewesen, denn er hatte Malcolm nicht verletzen wollen. Er schätzte ihn als Bekannten und auch als Partner in den Klassen – aber er sagte ihm so freundlich, wie er es vermochte, daß er zwar auf Größe und Muskeln, jedoch eben nicht auf Pölsterchen stand, auch wenn darunter vielleicht Muskeln lagen. Es hatte ihn selbst geschmerzt, Malcolm das sagen zu müssen – doch er hatte ihm erklärt, daß er ihm keine falschen Hoffnungen machen wollte und ihn eben nicht als guten Bekannten verlieren, nur weil er ihn nicht attraktiv genug fand. Doch dann wurden seine Gedanken wieder zerstreut, denn in diesem Moment bellte der Coach, ein wahrer Riese von einem Roten, der früher selbst Footballprofi gewesen war, los und es kehrte augenblicklich Ruhe in die Wartenden ein. Dew seufzte leise – er ahnte schon, was kam und nickte leicht, als die Stimme des Roten lauthals einen Anwärter nach dem Anderen niederschrie und völlig fertigmachte. Mehr als nur einer ging, sich nur mühsam beherrschend – und dann kam die Reihe an Malcolm und der blaue Springer seufzte leise, als folgte, was er sich schon gedacht hatte. "CLINE ?!! Malcolm Cline ?! Das ist doch wohl ein Witz ?!!!! Verdammt, Junge – das hier ist Football und keine Weightwatchersgruppe !!! Hier geht man nicht erst hin, wenn man abnehmen will, hier kommt man her, wenn man kein überflüssiges Pfund mehr über hat !!! Komm wieder, wenn du fünfzehn Kilo mindestens weniger Speck auf den Rippen hast ! Der Nächste !!"
Tapfer hatte Malcom das Gebrüll über sich ergehen lassen, er fasste Mut und trat vor. "Bitte Coach... lassen sie es mich versuchen." Seine Stimme war erstaunlich fest, wenn man bedachte, daß der Coach noch einen Kopf größer und deutlich breiter war und er eine Stimme hatte, die von einem Drillsergeant der Marines sein konnte. Er wollte doch unbedingt in die Mannschaft kommen.
"HAST DU MICH NICHT VERSTANDEN ?!!! VERSCHWINDE !!!!" Man sah die deutliche Wut in den Augen des Trainers – er haßte es, wenn ihm widersprochen wurde und eine Entscheidung, die er einmal getroffen hatte, nahm er nur äußerst selten wieder zurück. Und darunter fiel keineswegs die Auswahl hier. "Und du kannst gleich mit ihm gehen ! Ich kann keine Kerle brauchen, die zu dumm sind, einen einzigen Ball fangen zu können ! Aus meinen Augen !!!" Mit den Worten brüllte er den jungen Mann vor sich zusammen – er wußte, daß der große Blaue Schwierigkeiten hatte, etwas zu fangen und deshalb war er für ihn absolut nutzlos. Dew hingegen seufzte leise – nahm seine Tasche und stand auf, ging die Tribünen runter und einen der anderen Ausgänge entlang, um am Ende bei den Umkleiden zu warten. Er wußte, daß Malcolm trotz seines freundlichen Wesens nicht viele Freunde hatte – und er rechnete es ihm hoch an, daß er den Mut besessen hatte, sich gegen die Entscheidung des Coaches zu stellen und wollte ihm ein wenig Trost als Freund spenden.
Malcoms Hände ballten sich leicht zu Fäusten, er biss verbittert die Zähne zusammen und stapfte dann zur Umkleide zurück. Hinter sich hörte er das Lachen des Teams und das einiger der Anwärter. "Bye bye, Specki !!" Doch Malcom sah sich nicht um, er ging in die Umkleide und fluchte leise. Das verstummte aber, als er Dew sah, der auf ihn zu warten schien. "Willst du mich trösten ?" fragte er leise und öffnete den Spind, um seine Klamotten rauszuholen. "Brauchst du nicht, ich weiß, ich bin zu fett."
Mit einem leisen Seufzer kam Dew näher zu ihm – man mußte kein Meister in Gefühlsdingen sein, um zu sehen, wie sehr es den Roten getroffen hatte, auch wenn er es zu verbergen versuchte. "Das ist aber noch lang kein Grund, es dir so vehement ins Gesicht zu brüllen, auch wenn ich weiß, daß der Coach das mit allen macht." Wohlwissend, daß Worte hier nicht viel helfen konnten, seufzte der junge Blaue – kam dann näher zu dem Anderen und strich ihm sanft über die Wange, ehe er sich auf eine der Bänke setzte, während Malcolm die Trainingskleidung in seine Normale wechselte. "Wieso wolltest du eigentlich überhaupt da rein ? Du bist doch viel zu sanft und klug für diese dummen Hornochsen ..." Er verstand es wirklich nicht – vor allem, da der Rote bisher eigentlich so gut wie kein Interesse an Sport gezeigt hatte, zumindest in seiner Gegenwart.
"Ich....Ich dachte, daß ich dann vielleicht...." fing Malcom an. Er sprach dann aber nicht weiter und schlüpfte in seine Jeans. "Daß ich vielleicht ein Bisschen beliebter werde...." Den wahren Grund verschwieg er , denn der saß hinter ihm auf der Bank und lauschte seinen dummen Worten. "Ich wollte es eben mal ausprobieren....is doch egal jetzt." Er zog sich sein Shirt über und stopfte dann die Sachen in seine Tasche.
Leise aufseufzend, nickte Dew und stand wieder auf – strich sich seine Haare nach hinten und klopfte dem Roten kurz auf die Schulter, während er seine eigene Trainingsasche aufnahm. "Sieh es positiv: Du mußt dich nicht mit den anderen Idioten rumscheuchen und quälen lassen. So hast du mehr Zeit fürs Lernen, das ist wichtiger. So lecker die Kerls auch sind – sie sind allesamt dumm wie Bohnenstroh und man kann mit ihnen nur über Football reden." Mit den leisen Worten versuchte er Malcolm ein wenig aufzumuntern und hoffte, daß es auch wirkte, während er ihm die Türe aufhielt. Einen kurzen Blick über ihn schweifen lassend, seufzte der junge Blaue innerlich – der Große wäre sogar ganz ansehnlich, wenn er nicht den zwar noch kleineren, doch deutlich sichtbaren Bauch, die leichte Schicht um die Muskeln und auch die leichten Fettansätze im Gesicht hätte. Doch er ließ es sich nicht anmerken – er mochte Malcolm wegen seiner Art und nicht wegen seines Aussehens, denn obwohl er selbst kein Fan davon war, so akzeptierte er es einfach als eine Eigenart des Roten.
"Hast vielleicht recht." murmelte Malcom nur und ging durch die offengehaltene Tür. "Ich denk noch mal drüber nach." log er. Sein Entschluss stand fest, er konnte auch Beides tun. Klug sein und Football spielen. Ab heute würde er anfangen. Er würde auf Süßes verzichten und anfangen, zu trainieren. Nach den Ferien war noch eine Sichtung und da würde er es erneut versuchen und da so trainiert ankommen, daß dem Trainer die Spucke wegblieb. Oh, ja, auf das Gesicht freute er sich schon und genau das war einer der Reize, die ihn antreiben würden. Der Andere war Dew, er wollte ihm nicht nur so gefallen, sondern ihm auch ein schöner Anblick sein. "Wir sehen uns dann Morgen."
Von diesen Gedanken ahnte der freilich nichts – und so nickte er auf dessen Gruß und winkte ihm, rief noch ein "Ja, bis Morgen dann, denk dran, Geschichte als Erstes und im Raum 244, nicht in 250 !" zu ihm und trabte die Gänge bis zum Ausgang entlang. Dew hatte keine Probleme mit seiner Kondition, als er den Weg durch die Parks bis zum angrenzenden Intrnat lief und dort ohne groß anzuhalten die Treppen bis in den vierten Stock hinauf – so blieb er in Form und konne die entsprechende Geschwindigkeit für seine langen Sprünge sammeln, die ihn zu einem der besten Leichtathleten des Colleges machten.
Malcom hatte ihm nachgesehen, als er lief. Heute würde er nicht den Bus nehmen, er würde laufen. Das war der erste Schritt auf sein Ziel zu, auch wenn er eine ganze Ecke vom College wegwohnte. Er brauchte fast zwei Stunden, seine Eltern waren daheim und kuckten nicht schlecht, jedoch schmunzelte seine Mutter. Ihr Sohn hatte sich endlich durchgerungen, Sport zu treiben, und sie würde ihn unterstützen.
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Dew hatte in der Zwischenzeit schon seine Hausaufgaben erledigt und gerade eben die Bücher wieder weggelegt – seufzte leise und überlegte, ehe er sich einfach seinen Laptop schnappte und auf das Bett setzte. Ein wenig Ausspannen tat gut und so ging er als erstes seine Emails abholen – loggte sich derweil in das Forum ein, das er sehr gerne besuchte und überflog die neuesten Einträge und die darauf folgenden Antworten. Er mochte Foren ... sie waren ruhiger und auch ein wenig anonymer als Chats und man konnte sich so viel Zeit nehmen, wie man wollte, ebenso wie mit den Emails. Leise schmunzelnd, las er einige der Antworten durch, die geschrieben wurden – dann klickte er sich zu seinem Mailordner und sortierte erst den Spam raus, ehe er sich den wenigen Rest durchguckte, wer ihm was geschrieben hatte. Und wie erhofft, war auch wieder eine Nachricht seines Mailfreundes dabei – es hatte in eben genau diesem Forum begonnen und seither hatten sie sich täglich gemailt, begann eine Freundschaft, da sie sich in so vielen Dingen verstanden, die außerhalb des Internets spielten.
Malcom hockte auch an seinem Computer, er war nebenher bei seinen Hausarbeiten und futterte das Gemüse, das ihm seine Mutter gebraten hatte. Heute Morgen hatte er noch eine Mail an seinen Mailfreund geschrieben und leider war bis jetzt noch keine Antwort da. Aber er konnte ihn im Forum sehen, ging dort die Einträge durch und schrieb eine Kleinigkeit. Es war ein kleines Gay-Forum, in dem Schwule reden konnten, ihre Erfahrungen austauschen und ein kleines RPG spielen konnten. Er setzte einen neuen Thread und tippte. >> Footballspieler: Dumm und Lecker. Lohnen sie sich nur zum Anschmachten oder taugen sie auch für mehr ?<< Er war schon jetzt auf Antworten neugierig und aß seinen Teller leer.
Dew war gerade eben damit fertig geworden, eine andere Mail zu beantworten und schickte sie ab – summte leise und akualisierte gewohnheitsmäßig das Forum, als sein Blick auf den neuen Thread fiel. Etwas verdutzt blickte er darauf, dann lachte er leise und schüttelte unmerklich den Kopf. Inzwischen kannte er den freundlichen Humor des Verfassers recht gut, denn es war derselbe, mit dem er auch die Mailfreundschaft hatte – er kannte ihn zwar nicht persönlich, doch ein wenig durch die Mails. Einen Moment lang zögerte er noch – doch dann antwortete er auf den Thread und schrieb darin, daß er bisher nicht einen Footballer mit genug Verstand getroffen hatte, um mit ihm was anderes als Football und Sex zu bereden, wobei sich Letzteres auch nur auf das Nötigste beschränkte. Erst dann antwortete er auf die Mail – und ergänzte sie noch um die leise Frage, ob seine gestrige Mail, in der er ihm über die Footballerauswahl geschrieben hatte, der Auslöser für den Thread gewesen wäre. Dann schickte er sie ab – schüttelte schmunzelnd den Kopf, als er das Forum aktualisierte und schon jetzt sieben Antworten auf sein Posting gekommen waren.
Gerade bei den letzten Bissen hörte Malcom die Mailbox pingen und öffnete sie. Er las die Mail durch und grinste. Dann antwortete er auch sofort, bei der ergänzten Frage bejahte er, denn er wollte so herausfinden, welche Erfahrungen die Anderen mit Footballspielern gesammelt hatten und daß es doch auch Andere, Klügere geben müsste. Er pausierte, aktualisierte das Forum und las sich die Antworten durch. Irgendwie schienen alle die gleichen Erfahrungen gesammelt zu haben. Er antwortete dann in der Mail weiter, daß Kluge wohl selten zu finden seien. Er wusste, wer sein Mailpartner war. Es war Dew, er hatte es aus Zufall herausgefunden und nun nutzte er die Sache ein wenig für sich aus, aber er würde es nicht zu sehr ausreizen. Dann schickte er sie ab und antwortete im Forum etwas Ähnliches. Intelliegente Footballspieler schienen rar zu sein, so wie es sich hier anhörte. Und dann fragte er, wie man wohl auf ein solch seltenes Wesen reagieren würde.
Der junge Blaue seufzte leise, als er die Anworten im Forum las und auch die Frage des Verfassers ... er ahnte, daß ihm dieser auch per Mail geantwortet hatte und wartete diese erst einmal ab, las sie durch und seufzte schließlich wieder auf. "Das wäre ein Traum ...." Nach einem kurzen Moment der Überlegung schrieb er genau dies in die Mail und setzte noch dazu, daß sie ja nicht superintelligent seien müßten, denn das wäre wiederum ein Alptraum ... aber zumindest ein wenig mehr als das, was man so vortraf, so daß man auch über andere Themen reden konnte und es nicht langweilig wäre, mit ihnen zusammenzusein. Dann schickte er die Mail los, wohlwissend, daß der Empfänger darüber schmunzeln würde – im Forum jedoch antwortete er nicht, denn das war zu persönlich, um es in das öffentliche Forum zu schreiben.
Malcoms Herz hüpfte bei der Antwort und er antwortete. "Träume können sich immer mal erfüllen, man muss nur lang genug warten." Er wisperte es und schrieb noch hinzu, daß er heute nicht mehr zum Mailen kommen würde. Jedoch tat er etwas, das ihm selber ein wenig wehtat. Er schickte ein Foto von sich mit. Oder eher das eines anderen, jungen Mannes, der etwas besser aussah, als er selber. Das Bild eines Blauen, denn er hatte immer gesagt, er sei Blauhäutig. Dann schickte er die Mail ab und loggte sich auch aus den Forum aus. "Warte bis nach den Ferien, ich bitte dich, Dew."
Die stille Bitte bekam dieser jedoch nicht mit – er freute sich, als die Mail kam und blieb derweil noch im Forum, seufzte nur leise, als sein Mailfreund sich ausloggte und nickte, als die Mail nun endlich ankam. Ein wenig verwundert wegen der Anlage, las er zuerst den Text und schluckte ... scrollte erst dann nach unten und vergaß einen Moment lang zu atmen, denn was er sah, war atemberaubend. "Verdammt ... wenn du wirklich so aussiehst, wundert mich, daß du nicht schon längst gefangen und angekettet worden bist, Großer." Fast sofort speicherte er das Bild ab, doch er zögerte noch – widerstand dem Impuls, es sich auszudrucken und seufzte leise, während auch er sich ausloggte und dann den Laptop zusammenklappte. Noch immer in Gedanken, legte er ihn beiseite und nahm wieder seine Bücher raus – jetzt am Ende des Jahres, standen noch die letzten Prüfungen an und er wollte sie nicht versauen, auch wenn seine Gedanken immer wieder abschweiften.
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Etwas erschöpft stieg Malcom bei der Schule vom Fahrrad. Er war lange nicht gefahren, doch jetzt würde er jeden Morgen damit hin und wieder zurückfahren von der Schule, um etwas fitter zu werden. Er fragte sich, wie Dew wohl das Bild gefallen hatte. Er hatte schon fast ein schlechtes Gewissen, weil er ihn so dermaßen belog, aber er würde rechtzeitig Schluss machen. Etwas abwesend schloss er sein Fahrrad ab, drehte sich herum und etwas Blaues rumste in ihn hinein und prallte an seinem Bäuchlein ab. Er fing Dew gerade noch ab. "Sorry, Dew, ich hab nicht aufgepasst."
Dieser war ganz in Gedanken gewesen und hatte nicht aufgepaßt – dankbar, daß ihn der Rote auffing, hielt er sich an dessen Armen fest und seufzte leise, als er wieder gerade stand und schüttelte kurz den Kopf, um ihn zu klären. "Danke dir, Großer – ich war ganz in Gedanken und hab dich glatt übersehen." Dew löste sich langsam und lächelte freundlich – klopfte dem Großen auf die breite Schulter und nickte zur Schule. "Komm – Geschichte wartet, da können wir gleich zusammen rein."
"Dann waren wir bei deinen Gedanken." stellte Malcom fest. Innerlich überlegte er, ob Dew an das Bild dachte. Er ging mit dem Blauen hinein und schlängelte sich durch die anderen Schüler hindurch. "Hast du alles kapiert von der Geschichte-Hausarbeit ? War gar nicht so leicht diesmal."
"Ehrlich ? Gerade mal die Hälfte. Ich habs zwar geschafft, alle Fragen von ihm zu beantworten, aber auch nur, weil ich nach den Schlüsselwörtern gesucht habe. So richtig kapiert, was das war, hab ich nicht." Mit den Worten folgte ihm der junge Blaue, denn es war leichter, hinter dem Großen durchzukommen, der ihm Platz schuf – erst im Klassenraum ging Dew wieder vor und setzte sich an die Fensterseite ihres Zweiersitzes, legte den Rucksack auf die Seite und wisperte leise zu dem Roten, solange die Stunde noch nicht anfing. "Hab dir doch von dem Kerl erzählt, mit dem ich dauernd maile ... Gestern hat er mir ein Foto beigehängt. Und jetzt weiß ich nicht, was ich davon halten soll – ist er das wirklich ? Viele nehmen einfach irgendwelche Fotos, deshalb hab ich auch nie eins von mir ins Netz. Aber fragen will ich auch nicht, das klingt dann so, als ob ich ihm nicht vertraue. Ich bin völlig im Eimer, Malcolm, hast du ne Ahnung, was ich tun soll ?" Dew war deutlich ratlos – und außerhalb von dem großen Roten hatte er eigentlich Niemanden, mit dem er über so etwas reden konnte, denn die Meisten, die dafür Verständnis und Hirn genug hätten, um ihm zuzuhören, waren im Netz.
Jetzt schämte sich Malcolm fast noch mehr als eh schon, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. "Hmmm... Lass dich davon am Besten nicht ablenken...also von dem Bild. Selbst wenn's kein Echtes sein sollte. Hat er denn mal erwähnt, wie er aussieht, daß du es abgleichen könntest ?" Er hakte interessiert nach. "Ich mein, wenn er zu perfekt aussieht, ich weiß nicht."
Mit einem kurzen Nicken stimmte ihm Dew zu – dann lehnte er sich wieder an und begann damit, seine Sachen auszupacken, um nicht weiter aufzufallen. "Genau das isses ja – er hat mir erzählt, daß er Sport treibt, wenn auch nicht, was für einen ... und daß er Blauhäutig ist, rote Augen hat und einen etwas verwegeneren Kurzhaarschnitt. Weißt du – das Bild ... es paßt dazu, ist aber nicht zu perfekt, also daß man gleich merken würde, daß das ein Model ist. Aber ich denk mir halt, wenn wirklich ein Kerl rumlaufen würde, der SO aussieht und dazu noch so nett ist, dann ist der doch schon längst an ein Bett gekettet oder verheiratet oder hat zumindest ne Tuss oder nen Kerl dranhängen. Andererseits, wenn ers wirklich ist und noch niemanden hat, dann stimmt was nicht mit ihm. Und ich bin paranoid, rege mich grundlos über ein Foto auf und völlig konfus. Ich hätte die Lernerei doch lassen sollen, wäre besser gewesen." Bei den letzten Worten schmunzelte Dew – lachte dann leise und schüttelte den Kopf, lächelte zu Malcolm und nickte unmerklich. "Ehrlich ? Ich bin froh, daß ich dich kenne, Großer."
"Mach dir nicht son Kopf um den Blauen, Hm ?... Vielleicht trefft ihr euch ja mal, kannst ja fragen. Wenn er sich nicht treffen mag, obwohl du das Foto hast, dann stimmt was nicht. Schicke ihm doch eins von dir und frag ihn.....und ich bin auch froh, daß ich dich kenne, Dew." antwortete er leise und seufzte, da der Pauker hereinkam. "Überraschungstest Leute !"
Nur ein kurzes "Wäh..." wispernd, packte der junge Blaue alles bis auf seinen Kuli wieder ein – nahm den Test entgegen und seufzte leise, warf noch einen kurzen zu Malcolm, ehe er den Text aufschlug und damit begann, die Kästchen anzukreuzen. Nach exakt dreißig Minuten klatschte der Lehrer in seine Hände und Dew legte den Kuli weg – gab den Test dem wartenden Lehrer und sah ihm noch nach, als dieser die restlichen Tests einsammelte, sich dann verabschiedete und ihnen die restlichen Minuten einfach erließ. "Oh Mann – das war das Letzte, was ich brauchen konnte. Wenn ich ein wenig Glück hab, dann krieg ich noch ne Drei ...." Leise, ein wenig abwesende Worte des jungen Blauen, da er noch immer etwas gestreßt war ....
"Wird schon... Wenn du magst, können wir für die anderen Prüfungen zusammen lernen...also wenn es dir recht ist ?" Er fragte eher vorsichtig, er hatte das Gefühl, schon jetzt schrecklich aufdringlich zu sein. Jedoch hatte er es in Geschichte leichter, in der halben Stunde hatte er alle Kästchen angekreuzt und war sicher, daß er eine Eins bekommen würde.
Nun doch ein wenig verdutzt, sah Dew zu ihm auf – das war das erste Mal, daß ihn der Große so etwas fragte und er brauchte ein wenig, um zu reagieren. Doch dann lächelte er und nickte – wisperte ein leises "Gerne – du bist besser als ich. Wo und Wann ?", strich sich die Haare nach hinten und wartete darauf, daß der Rote ihm antwortete.
Etwas erstaunt schwieg Malcom. Er hatte wirklich nicht damit gerechnet, daß Dew zusagte, doch er löste sich aus seiner Starre. "Vielleicht bei dir oder bei mir ?" Man merkte, daß er etwas unsicherer wurde.
"Bei mir ist näher, Hm ? Wenn es dir nichts ausmacht ...." Doch bevor er weitersprechen konnte, kam schon der nächste Lehrer herein und sie konnten nicht mehr weitersprechen, da dieser gleich mit dem Stoff begann.
"Okay." antwortete Malcom und konzentrierte sich dann auf den Unterricht. Er war ein wenig aufgeregt, nachher würde er mit Dew zusammen lernen und dann noch bei ihm, etwas, das er nie zu hoffen gewagt hatte.
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