Balken01a


”Ein Dämon, der auszog, sich ein Engelchen zu fangen ... und etwas völlig anderes bekam.” 08
 

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Bei dem Klang der wütenden Stimme zuckte Maximilian sichtlich zusammen – dann straffte er sich wieder, eilte die Gänge des Palastes entlang und fluchte innerlich über seine eigene Ungeschicklichkeit, am falschen Eingang auf den Dämonenfürsten gewartet zu haben. Obwohl dies eigentlich nur noch der letzte Tropfen war, den es gebraucht hatte. Es gab bis jetzt niemals Ärger und der große Blitzdrache war mehr als nur zufrieden mit ihm, bis ... ja, bis der Sohn des Dämonenfürsten hier hereingeschneit kam und alles auf den Kopf stellte. Doch es war müßig, seinen eigenen Fehlern nachzutrauern, auch wenn sie sehr schmerzhafte Folgen gehabt hatten – es war nur der Selbstheilung zu verdanken, die Maximilian von dem Drachen erhalten hatte, daß er die Strafe des Drachen nicht nur überlebte, sondern auch keine Narben zurückbehielt. Allein schon der Gedanke daran ließ ihn erschauern und kurz innehalten – doch dann lief der Verwalter weiter und atmete erleichtert auf, als er den Dämonenfürsten und dessen Gefangenen sah, wurde langsamer und hielt schließlich mit einer äußerst respektvollen Verneigung vor ihm. "Bitte verzeiht, mein Fürst – ich habe euch an dem anderen Eingang erwartet und mußte erst herkommen. Bitte folgt mir doch – ich bringe euch sofort in mein Büro, dort können wir die Angelegenheit regeln und ihr könnt euch ein wenig erfrischen."

"Nichts da !", erklärte der Dämon und ließ seine ledernen Schwingen sich weit öffnen. Er wusste um deren Wirkung. "Wir werden gleich zu meinem Sohn gehen, wir werden ihn austauschen und ich nehme meinen Jungen mit und ihr behaltet den Fah-k'rem." erklärte der Dämon. Es war nicht seine Art, sich von einem Menschen Befehle erteilen zu lassen oder sich vorschreiben zu lassen, was er zu tun hatte. Er war nicht Dal geworden, weil er ein guter Untergebener war, sondern weil er die Regeln machte, nach denen das Spiel lief.

Immer !

"Wenn du also keinen Ärger haben willst, dann wirst du jetzt dafür sorgen, dass ich in Rekordzeit wieder aus dieser Bude hier raus bin. Ansonsten kann ich nämlich ziemlich ungehalten werden." erklärte der Dal und ging an Maximilian vorbei. Dabei zog er den sich interessiert umsehenden Fah-k'rem hinter sich her.

"Wie ihr es wünscht, natürlich, mein Fürst. Bitte folgt mir – ich bringe euch sofort zu dem Gemach, das von eurem Sohn besetzt wird." Noch während er sprach, hastete Maximilian an dem Dämonenfürsten vorbei und wies ihm höflich den Weg – innerlich fluchte er, daß Dämonen immer so ungeduldig waren und seufzte schließlich innerlich auf, denn dieser neue Geflügelte würde dann eben mit ein wenig weniger Papierkram eingestellt und dem Drachen vorgezeigt werden. Schließlich kamen sie an der Kammer an, in dem Thyrock noch immer angekettet war – die Türe in das Gemach öffnete sich sofort, als der Verwalter davortrat und er hielt sie Indigor höflich auf, damit dieser in das Gemach treten konnte.

"Thyrock, du Splitter in meinem Arsch. Was hast du dir dabei gedacht, dich ..." Doch Indigor kam nicht dazu, seinen Wutausbruch zu beenden, denn er konnte nicht glauben, was er dort sah. Sein Sohn lag an der Kette, stand am Fenster und ... küsste hingebungsvoll einen Engel auf der anderen Seite des Gitters !

"Thy !", brüllte der Dal noch lauter und kam wütend auf seinen Sohn zu, der ihn mit Hingabe zu ignorieren schien. Dabei zog er Ilavar hinter sich her, der sich erst einmal etwas umsah und den jungen Dämon interessiert musterte.

"Vater !" erschrocken wandte sich Thyrock um und starrte den Kaiser an. Wo kam der denn her ? Eine Hand hing noch immer durch das Gitter und hielt Avelles Hand, denn der Flattermann hatte seinen ehemaligen Herrn wirklich die Treue gehalten. Er war nicht von seiner Seite gewichen, bis Thyrock einfach nicht mehr konnte und sich erneut in Avelles Hände gegeben hatte.

Und dieser vermeintliche Engel fletschte nun die erstaunlich langen Fänge und knurrte den Fürsten laut und dunkel an. Auch wenn es der Vater seines Liebsten schien, so mußte es Avelle nicht gefallen, daß dieser seinen Liebsten so geringschätzig behandelte. Der Beschützerinstinkt des jungen Geflügelten regte sich vehement bei dem Anblick, den dieser ältere Dämon bot – alleine schon der Anblick des gefangenen Geflügelten ließ Erinnerungen an seine eigene Gefangenschaft hochkochen und Avelles Knurren wurde noch aggressiver, während die langen, goldenen Krallen über das Fenstersims kratzten. Der blauhäutige Gefangene hingegen schnurrte leise vor sich hin ... denn das Testosteron, die Wut und die männliche Aggressivität in diesem Raum waren wie ein lebensspendendes Naß für den Schmetterlingsgeflügelten. "Mein Fürst ? Hättet ihr die Güte, die Ketten eures Gefangenen zu lösen, damit ich ihm die Ketten anlegen kann, die euer Sohn noch trägt ? Es würde vieles vereinfachen ..." Gondors Stimme war ausgesucht höflich und fast schon bettelnd – er fühlte die Wut in dem Dal und seine Befürchtung, daß dieser irgendetwas Dummes in einem Wutausbruch tat, verstärkte sich mit jedem Herzschlag. Nur die Dämonen hier waren feuerfest – und es dürfte auf jeden Fall schlimmste Konsequenzen haben, wenn ein Wutausbruch des Dals dafür sorgte, daß sie alle verletzt oder gar getötet wurden.

Doch der war nicht umsonst der Kaiser aller Feuerdämonen. Er war temperamentvoll und souverän, doch er wusste auch, wie man sich als Höchster Diener seines Volkes zu benehmen hatte und welchen Eindruck er hinterlassen wollte. So griff er sich nur mit einem Knurren den Schlüssel zu den Ketten und zerrte Ilavar hinter sich her. "Los, komm !", forderte er und griff sich seinen Sohn im Genick, zog ihn zu sich und funkelte den Flattermann vor dem Fenster dunkel an. Die Fänge, die Krallen - er war eine Erscheinung, die man einfach nur noch als schön beschreiben konnte. Auch die seltsam anmutenden Augen.

Irgendwie konnte der Dal ja verstehen, dass es ihm der Kerl angetan hatte, aber sich dafür zu verkaufen, war Keiner wert. Nicht für den zukünftigen Führer der Dämonen. Sein Sohn hatte noch eine Menge zu lernen und er würde persönlich dafür sorgen, dass er das auch lernte !

"Vater, lass das !", knurrte Thy und fuhr die Krallen aus. Die Fänge blitzten und die Augen des jungen Dämonen funkelten wütend. Doch das konnte den Kaiser nicht aus der Fassung bringen. "Hier, schließ auf, ehe ich richtig wütend werde !" knurrte er nur und löste währenddessen die Fesseln von Ilavar.

Thyrock sah nur zu Avelle. So viel ging durch seinen Kopf. Er war jetzt frei. Er konnte raus zu Avelle und so, wie das hier aussah, wurde nicht sein Geliebter wieder eingesperrt, sondern der seltsam anmutende Schmetterling, der sich gerade genießend die Lippen leckte. Seine Hand hielt immer noch Avelles, strich beruhigend mit dem Daumen über den Handrücken. Er wollte nicht, dass der Flattermann sich mit seinem Vater in die Haare bekam, das konnte unschön enden und das wollte Thyrock nicht. Er wollte sein Engelchen doch behalten, auch wenn es gar keines war.

Und das sanfte Streicheln sorgte dafür, daß der goldäugige Geflügelte sich beruhigte, so nah wie es nur ging an das Fenster kam und mit einem leisen Schnurren die Hand Thyrocks an seine Wange legte und sich daran schmiegte. Ilavar indes mußte sich mehr als nur beherrschen, die beiden Dämonen nicht sofort zu vernaschen – stattdessen kuschelte er sich an Maximilian, umschnurrte ihn und stöhnte leise, als dieser ihm nur ein leises "Beherrsch dich – später wird Anthar, unser aller Herr, sich um dich kümmern." zuwisperte. Dann nahm Maximilian unauffällig die Kette, an der bis vor wenigen Momenten noch Thy gehangen hatte, den Schlüssel dazu, der auf dem Boden lag und ging zu dem Blauhäutigen zurück, um nun diesen anzuketten. Ilavar wehrte sich nicht – er konnte mehr als nur gut riechen, daß er hier oft genug Sex haben konnte, und das reichte ihm, um freiwillig hierzubleiben.

Es hätte der Kette nicht bedurft, ihn hier zu halten. Doch wenn es hier so üblich war, dann fügte Ilavar sich eben in dieses Schicksal. Er würde sein Schaden gewiss nicht sein.

Stattdessen löste Thyrock sich vom Fenster und sah Avelle lächelnd an. "Geh nicht weg, ich komm gleich raus - ich bin gleich bei dir." erklärte er und war schon auf dem Sprung, doch sein leidgeplagter Vater griff sich den Spross wieder im Genick und hielt in mit einer Hand hoch wie eine junge Katze. Thyrock fauchte. Er war frei, er wollte zu Avelle. Er wollte ihn in den Arm nehmen, ihn spüren, ihn küssen, sich an ihm reiben und ihn besitzen. Was dachte sich sein Vater ? "Lass den Mist !" zischte er, doch alles, was er dafür bekam, war eine Ohrfeige und Thy sah ihn wütend an.

"Du bist von edlem Geblüt. Führe dich nicht auf wie ein läufiger Köter !" zischte der Dal und hielt seinen Sohn weiter im Genick. Sollte der bissige Engel fauchen und knurren. Mit seinem missratenen Sohn konnte er noch immer tun und lassen, was er wollte - und wer so blöd war, sich einsperren zu lassen, der musste auch die Bedingungen unterschreiben, die der Preis für eine Befreiung waren.

Als der ältere Dämon Thy ohrfeigte, erstarrte Avelle – doch dann brüllte er auf und seine Krallen kratzten kreischend über den Stein, der das Gitter hielt, das ihn von seinem Geliebten trennte. Keine weitere Sekunde zögernd, sprang der Geflügelte ab und schlug mit den Schwingen, flog zum Eingang des Palastes und geradewegs hinein in die langen Gänge, durch sie hindurch und schließlich landete er vor der offenen Türe seines ehemaligen Zimmers. Erst jetzt legte er die Schwingen halb an und stürzte ins Zimmer, verbiß sich in den Arm des Dals und schlug mit einer Schwinge nach ihm, um Thy wieder loszubekommen.

Doch die Antwort darauf war nur ein schwerer Schlag mitten ins Gesicht, so dass Avelle gar nicht anders konnte, als loszulassen. Allerdings hatte er sein Ziel erreicht, denn der Kaiser war viel zu überrascht gewesen. Er hatte den Griff um Thyrocks Genick gelockert und so konnte der sofort zu seinem Flattermann springen und ihn an sich ziehen, als der taumelnd zurückwich.

"Was soll das, Vater ! Lass ihn !" zischte er seinen Vater an, doch der Kaiser interessierte sich nicht mehr dafür. Mit seinem Sohn würde er Zuhause reden, unter vier Augen. Langsam schloss sich die Wunde an seinem Arm und er sah sich noch einmal in dem Zimmer um, während Thy seinen Geliebten durch die Haare strich und ihn zart küsste. "Danke." flüsterte er nur, denn er wusste, kein Anderer hätte das jemals für ihn getan.

Indigor jedenfalls wusste nun, dass dies kein Engel war. Nicht bei der Kraft, die das Wesen hatte, und nicht bei der Aggressivität, die es an den Tag legte. Kein Wunder, dass einer wie er im Palast des Blitzdrachen gelandet war. Er schien wirklich etwas Besonderes.

"Los, Thy. Wir fliegen ... oder gibt es noch etwas ?" wollte er von Maximilian wissen, während Thy nur nickte. Für ihn stand fest, er würde Avelle mit sich nehmen. Er hatte gefunden, was er suchte, und den gab er nicht mehr her.

Gondor schüttelte nur den Kopf und antwortete ein respektvolles "Nein, mein Fürst – es ist alles erledigt und ich möchte mich noch einmal für dieses Mißverständnis entschuldigen.". Avelle hingegen zeigte ein völlig anderes Verhalten als zuvor – er schnurrte sich regelrecht an seinen Liebsten heran und genoß dessen Nähe, kümmerte sich nicht weiter um die verheilenden Kiefer- und Wangenknochen und schloß vor Wohlbehagen seine Augen. Auch die weichen Schwingen legte er ein wenig um Thy herum – einerseits, um ihm nahe zu sein, und andererseits auch deshalb, weil dieser nur die Palastkleidung trug.

Noch nie hatte Indigor seinen Jungen so zufrieden gesehen. Er kannte Thyrock so nicht. Vielleicht hätte er dem seltsamen Engel dankbar sein sollen, doch er war der Kaiser. Wenn er eines nicht gebrauchen konnte, dann einen Thronfolger, der sich mit Schmusereien herumschlug. Das stand ihnen nicht zu Gesicht.

"Thy, lass diesen Kerl und komm. Ich habe Weißgott noch anderes zu tun, als dich aus einem Bordell freizukaufen !" knurrte er und war aus dem Zimmer, während Thyrock blieb, wo er war. Er scherte sich nicht darum, dass ein Vater tobte und wütete. Er spürte im Moment eine solche Zufriedenheit, dass er sicher war, nichts und Niemand könnte ihn da herausreißen.

Der Dal wurde langsam ungeduldig, als sein Sohn nicht reagierte. "Komm !" knurrte er, doch Thy erklärte nur, dass er nicht ohne Avelle folgen würde. Er hatte seinen Gefährten gefunden und dabei würde es auch bleiben.

"Hör auf mit diesem kindischen Mist. Du kommst jetzt nach Hause, ehe ich deinen verwöhnten Arsch bis nach Hause trete, ist das klar !" Indigors Laune lag am Boden, sie war auf dem Nullpunkt.

"Nicht ohne Avelle !" Thy funkelte ihn von unten herauf an und strich seinem Geliebten immer wieder über die Schläfe und den Hals, strich über die Schulter und die Brust.

Man sah Indigors Schläfenader deutlich pulsieren, ein jeder Feind wusste, was das bedeutete, und schwieg. Nicht so Thyrock. "Ohne ihn gehe ich nirgendwo hin. Ich habe ihn erwählt !"

Die Worte ließen den Geflügelten fühlbar erschauern und er legte seine Schwingen schützend um seinen Liebsten ... er sah, daß der Fürst zornig war und auf diese Weise konnte er Thy zumindest ein wenig schützen. Das Streicheln des jungen Dämons sorgte dafür, daß Avelle nicht mehr knurrte und sich beruhigte - und nach einem Moment des Überlegens vergrub er den Kopf in der Halsbeuge Thys, damit er dessen Vater nicht noch mehr reizte. Der Goldhaarige hätte nie erwartet, daß der junge Dämon sich sogar gegen seinen Vater stellen würde, um ihn nicht aufzugeben ... und so wisperte er ein leises "Ich liebe dich, Herr." zu ihm, da er es nicht zurückhalten konnte.

So zauberte er ein Lächeln auf die Züge seines Herrn, der eigentlich gar nicht mehr sein Herr war. "Ich dich auch." murmelte Thyrock nur leise und bot seinem Vater wieder offen die Stirn. Um einen Eklat zu vermeiden und hier nicht noch mehr offen zu legen, als schon an den Tag gekommen war, wandte sich Indigor ab. Einen offenen Streit vor Anderen und einen Sohn, der widersprach, konnte sich der Dal nicht leisten. Doch er schwor, er würde Thyrock dafür noch zur Rechenschaft ziehen und Thy wusste das auch.

"Nimm ihn mit, aber er wenn er mit den Engeln von deinem Brüdern rauft und was dabei kaputt geht, besorgst du Neue, klar ?" erklärte der Kaiser nur und ging. Einmal wandte er sich noch um, sah aber nicht seinen Sohn an, sondern den Sklaven, der sich hier aber ziemlich heimisch zu fühlen schien. Er grinste sogar. "Mach's gut, Ilavar ... und du, Thyrock, schwing deinen Arsch und bring deinen Engel mit, ehe ich es mir noch anders überlege."

Kurz durchdachte der junge Dämon, ob er seinem Vater nicht erklären sollte, dass Avelle kein Engel wäre, doch er ließ es. Er wusste genau, dass der Kaiser über seinen Schatten sprang und Thyrock seine Geduld fast überspannt hatte. Also nahm er Avelle bei der Hand und folgte seinem Vater aus diesem Zimmer.

Dies war das erste Mal, daß der Goldgeflügelte aus seinem Zimmer geführt wurde, um in ein neues Leben zu folgen ... für ihn zählte das vorige Mal, als Thy an seine Stelle treten mußte, nicht – nur das hier zählte für ihn, daß er mit seinem Liebsten mitgehen konnte, auch wenn es hieß, daß er dort auch unter den wütenden Augen des Fürsten leben mußte. Für Avelle zählte nur Thy – alles andere würde sich ergeben. Und so erwachte auf seinen Zügen auch ein zärtliches Lächeln, als sie durch das Tor traten und die Winde durch seine Federn spielten.

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