Balken01a


”A lifetime in a heartbeat” 03
 

backset3line

}|{

Ein leises "Verdammt ... jetzt wirds wirklich langsam eng !" wispernd, legte Colin sich wieder einmal ein wenig anders hin und schluckte schwer, als er aus Versehen die Beine etwas zu sehr anzog – seine Blase drückte mittlerweile enorm und noch immer war nichts von seinem Entführer zu hören oder zu sehen. Wenn er nicht bald zurückkam und ihn losmachte, würde ein Unglück geschehen – an seinen knurrenden Magen dachte Colin mittlerweile schon lange nicht mehr, denn dieses andere Problem war momentan wesentlich wichtiger. Als er sich jedoch ein wenig anders hinlegte, fühlte er etwas unerwartet Kühles an seiner Haut ... bisher hatte er wegen seinem Shirt nichts gefühlt, doch durch das hin- und herwälzen hatte es sich aus dem Hosenbund gelöst und nun lag ein wenig seines Bauches frei. Ein wenig verwundert, rückte der junge Wachmann noch etwas zur Seite und versuchte, einen Blick auf das offensichtliche Metallstück zu erhaschen – dann erstarrte er und wisperte ein ungläubiges "Das gibts doch nicht ... soviel Glück kann ich doch gar nicht haben !", juchzte schließlich leise und rückte noch mehr an die Bettkante, damit er seinen Fuß besser hinbrachte. Zum Glück kamen ihm nun die Yoga-Stunden, zu der ihn seine letzte Freundin gezerrt hatte, zugute ... er konnte seinen Fuß nach vorne bringen und mit den Zehen das aufnehmen, das ihn gerade eben so kalt begrüßt hatte: Die Handschellenschlüssel, die sein Entführer scheinbar verlor, als er ihn in das Bett pinnte. Die Schlüssel allerdings zu seinen Händen hochzubringen, gestaltete sich schon ein wenig schwieriger ... doch schließlich war auch das geschafft und Colin fummelte den Schlüssel in die rechte Handschelle, lachte leise, als sie sich öffnete und befreite auch schnellstens sein anderes Handgelenk, damit er auf die Toilette rennen und sich dort endlich erleichtern konnte. Erst danach ging er wieder in sein Zimmer zurück und blickte gedankenverloren auf das verstreute Essen – das Meiste konnte man nicht mehr runterwürgen, doch einige Kleinigkeiten waren noch genießbar und die aß er nun schnell auf, damit sein Magen endlich Ruhe gab. Erst dann probierte er die Türe seines Zimmers und wie erwartet, war sie verschlossen – doch das hinderte Colin nicht daran, sich Pläne zu machen und schon zu überlegen, wie er diesen Fremden am Besten überrumpeln konnte, wenn dieser wiederkam.

}|{

Die Tür schien in den Stunden, in denen er ruhelos umhergelaufen war, schwerer geworden zu sein. So kam es zumindest Ian vor, als er den Griff seiner Wohnungstür nach unten drückte und diese lautlos aufschob. Am Liebsten wäre er gar nicht mehr zurückgekommen. Er war durch die Straßen geschlichen, hatte sich in ein Café gesetzt und einen Espresso nach dem anderen heruntergekippt, doch obwohl Koffein seine Denkfähigkeit sonst immer positiv beeinflusste, fühlte er sich Heute beinahe noch schlechter als zuvor.

Erst, als die Sonne schon langsam hinter die grauen Hochhäuser sank und die Straßenbeleuchtung die vielen umherhuschenden Menschen in den Einkaufspassagen und auf den Straßen zu kleinen flimmernden Punkten verschmelzen ließ, hatte er genügend Mut gesammelt, um in seine Wohnung zurückzukehren.

Doch was würde ihn dort erwarten ? Ian wusste es nicht. Irgendetwas war seltsam. Colin benahm sich nicht wie ein normaler Gefangener, er fügte sich zu schnell, und obwohl dies normalerweise nur Ians Misstrauen geschürt hätte, schien es ihm selbst, als würde er nachlässiger werden. Und je mehr er darüber nachdachte, umso weniger glaubte er daran, dass der Andere tatsächlich so durchtrieben war, ihm alles nur vorzuspielen, um die Informationen, die er besaß, zu verbergen.

Was, wenn er wirklich nichts wusste ? Der Braunhaarige schnaufte leise, schlüpfte aus seinem Mantel und hängte diesen an einen Haken an der Tür. Seine Hand fuhr in seine Tasche und griff nach seinem Handy, doch anstatt eine Nummer zu wählen, betrachtete er es nur. Wann bekam er endlich explizite Anweisungen ? Wäre er nicht zum Teil im voraus bezahlt worden, hätte er diesen Job auf der Stelle abgeblasen. Denn langsam bekam er das Gefühl, dass er, wenn er sich weiter mit dem Blonden beschäftigte, in etwas hineingezogen wurde, das er lieber vermeiden würde ... und dies hatte nicht nur damit zu tun, dass er es normalerweise bevorzugte, seine Gefangenen nicht so verdammt attraktiv zu finden.

Er schüttelte den Kopf und legte das Telefon auf seinen Couchtisch, bevor er den Blick auf die Tür richtete, die ihn von Colin trennte. Leise schlich er heran und spähte durch den Türschlitz. Der Andere schien zu schlafen, denn der Schemen auf dem Bett bewegte sich nicht. Neben ihm auf dem Boden lag das umgestoßene Essen und Ian verzog leicht die Nase als er daran dachte, dass dessen Geruch sicher bald alle möglichen Kleintiere anlocken würde, und so wenig es ihn auch störte, wenn sich sein Gefangener mit diesen herumschlagen musste, er wollte keine Krabbeltierinvasion in seiner Wohnung. Besser, er beseitigte es, solange Colin noch schlief.

Schnell griff er nach seiner Maske, zog sie sich über und holte aus dem Bad Wischlappen und Eimer, bevor er die Tür aufsperrte, lautlos hineinschlich und sie hinter sich wieder abschloss. Er war noch nie ein Mensch gewesen, der ein Risiko einging.

Colin hatte überlegt, was er tun konnte ... eine Weile hatte er sogar neben der Türe gewartet, damit er seinen Entführer von hinten überwältigen konnte, doch dann verwarf er diese Idee wieder. Und das aus mehreren Gründen: Zum Ersten gab es diesen Beobachtungsschlitz und sein Entführer würde sofort sehen, daß Colin nicht mehr im Bett war ... zum Zweiten war er auch längst nicht schwer oder trainiert genug, um den doch größeren und schwereren Mann sofort auszuschalten und bei einem Kampf sicherlich unterlegen. Und zum Dritten wurde er nach mehreren Stunden einfach müde, so daß er sich wieder ins Bett legte und die Hände so an die Schellen legte, daß es so aussah, als wäre er noch angekettet. So bekam er einen kleinen Vorteil – und mit diesem Gedanken schlief er wieder ein, um noch ein wenig Kraft zu tanken. Und als er wie erwartet das leichte Geräusch des Guckfensters hörte, wachte Colin auf – er zeigte es jedoch nicht, sondern tat weiterhin so, als ob er schliefe ... und als der Maskierte sich bückte, um den Eimer hinzustellen, drehte sich der junge Wachmann schnell um und schlug zu, darauf hoffend, daß er den Größeren damit erfolgreich überraschte und ausknockte.

Ian keuchte überrascht auf, als ihn ein harter Schlag gegen die Schläfe traf - doch noch bevor er sich überhaupt begreifen konnte, was geschah, spürte er auch schon einen weiteren Schmerz, als Colin erneut zuschlug.

'Verdammt, verdammt' fluchte er innerlich, sich für seine Unachtsamkeit verwünschend, doch es brauchte mehr als einen kleinen Schlag, um ihn auszuschalten.

Reflexartig griff er hinter sich, schnappte nach irgendetwas und erwischte Colins Hosenbein, welcher strauchelte und zu Boden ging, als Ian ihn daran grob zurückriss.

Ein unterdrücktes "Shit !" fluchend, schlug der junge Blonde auf dem Boden auf und keuchte unterdrückt, als ihm durch den Aufprall die Luft aus den Lungen gepreßt wurde. Er hatte es schon geahnt – doch zumindest hatte er es versucht und hoffte, daß er nun vor seinem Entführer wieder auf die Beine kommen konnte. Doch es war so schwer ... Colin ächzte leise, als er wieder Luft in seine Lungen brachte und langsam zur Seite rollte, damit er sich auf die Unterarme stützen und aufstehen konnte. Oder zumindest etwas in der Art, denn die lange Untätigkeit auf dem Bett und das wenige Essen begannen langsam Auswirkungen zu zeigen, als ihm durch das abrupte Aufstehen der Kreislauf wegsackte und er erneut auf dem harten Boden zusammenbrach.

"Denkst du, du kannst einfach so abhauen ?" fluchte Ian, wütend sowohl auf Colin als auch auf sich selbst, und packte ihn am Oberschenkel, bevor er sich auf ihn warf, seine Arme schnappte und ihm diese auf dem Rücken verdrehte. Noch während Colin unterdrückt aufjammerte, drehte ihn Ian auch schon um und pinnte seine Hände über seinem Kopf auf den Boden, während er sein Gewicht auf den Beinen des Blonden ablud und diesen damit vollkomen bewegungsunfähig machte.

Der Schweiß stand ihm unter der Maske auf der Stirn, seine Atmung ging schneller als sonst und er spürte, wie sein Herz unangenehm laut gegen seinen Brustkorb klopfte, als habe er gerade einen Marathon gelaufen. Das war definitiv nicht normal ! Er hatte sich einen Fehler erlaubt, doch normalerweise geriet er selbst dann nicht in so große Panik.

"Mach das nie wieder !" zischte er bedrohlich und seine Stimme bebte vor lauter Aufregung.

Colin konnte nicht mehr tun als voller Schmerzen aufzuschreien – der Griff des Größeren war mehr als nur schmerzhaft und er dachte, daß seine Arme ausgerissen werden würden. Als sein Entführer bei den letzten Worten den Griff noch verstärkte, löste sich ein weiterer, schmerzlicher Schrei aus der Kehle des jungen Wachmanns, ehe er leise schluchzend den Kopf senkte und versuchte, sich zu entspannen. Es schmerzte höllisch ... und er fühlte die Wut seines Entführers, eine Wut, die groß genug sein konnte, daß er ihn nicht nur verletzen sondern auch verstümmeln konnte. "Bitte ... bitte hören sie auf, sie tun mir weh ... ich mußte es doch versuchen, verstehen sie mich doch, bitte ! Lassen sie mich doch endlich gehen, ich habe doch nichts getan ..."

Ian spürte, wie alles in ihm bebte, wie er die Kontrolle vollkommen zu verlieren schien. Alles brach mit einem Mal über ihn herein - die Wut auf sich, seinen Gefangenen, seine Auftraggeber, die ihn vollkommen im Stich gelassen hatten ... und als er in Colins verängstigte Augen sah, brach etwas in ihm. Ohne weiter zu überlegen, holte er mit der Faust aus und schlug zu.

Erst, als er wieder klar denken konnte und den Anderen bewusstlos unter sich liegen sah, wurde ihm bewusst, was er gerade getan hatte. Er schluckte trocken, als er mit zitternden Händen den Puls des Blonden fühlte, und atmete erleichtert auf, als er spürte, dass er noch am Leben war.

Einen Moment lang blieb Colin ganz ruhig, saß nur wie paralysiert auf dem Boden und starrte in die Luft, bevor er seine Maske abzog und auf den Boden fallen ließ. Er packte den Anderen, warf ihn sich über die Schulter und versicherte sich, dass dieser auch bewusstlos bleiben würde, bevor er vorsichtig die Tür des Gefängnisses und dann die seiner Wohnung öffnete, erleichtert, als er draußen keine Menschenseele erspähte.

Er brauchte nicht lang, bis er in die Garage geschlichen war, wo sein Auto stand. Mit kühlem Blick lud er Colin auf den Rücksitz, griff nach einer Rolle Paketklebeband, die er immer dabei hatte, und umwickelte sowohl dessen Hände als auch Füße, bevor er einen breiten Streifen über seinen Mund klebte und ihn schließlich unter einer Decke verbarg.

Und erst, als er endlich den belebten Freeway hinter sich gelassen hatte und den bewusstlosen Mann in einer kleinen Seitenstraße etwas entfernt vom Stadtzentrum ablud, wurde ihm klar, warum er dies alles tat. Ohne den jungen Wachmann anzublicken, löste er das Klebeband, wickelte ihn in die Decke und steckte ein paar Scheine in seine Tasche, bevor er sich abwandte und ging.

Der Grund, warum er dies tat, war einfach: Er wollte Colin nicht länger weh tun.

}|{

Es dauerte noch einige Stunden, bis der junge Wachmann endlich aufwachte. Das Erste, das ihm auffiel, war sein dröhnender Schädel – erst dann kam ihm, daß es kalt war und er richtete sich langsam auf, stöhnte leise und griff sich an die Stirn, um das Schädelbrummen ein wenig zu lindern. Im ersten Moment bemerkte Colin noch nichts – doch dann kam ihm schlagartig, daß er sich bewegen konnte, nicht mehr in dem Raum gefangen war und er keuchte erschrocken auf. "Was ? Wie ...? Oh Gott ... ich bin frei, aber wie ... wieso hat er mich freigelassen ...?" Eine Frage, die ihm Niemand beantworten konnte ... doch Colin war Niemand, der einem geschenktem Gaul ins Maul sah und stand vorsichtig auf, stutzte, als er neben seinen Schlüsseln und dem Geldbeutel auch die Geldscheine in der Hosentasche bemerkte und lächelte ein wenig wehmütig, als er an das Letzte dachte, an das er sich erinnern konnte. "Seltsam ... es ist fast so, als ob es ihm leid tut, daß er mir fast die Arme ausgekugelt und mich dann niedergeschlagen hat. Nun – egal, erst einmal heim und duschen und was essen, ich hab Kohldampf. Und ein Aspirin, mir brummt der Schädel ..." Noch während er leise zu sich murmelte, ließ der junge Blonde die Decke fallen, ging langsam zur Straße und winkte einem Taxi, stieg dann ein und gab dem Fahrer seine Adresse. All das war mehr als nur seltsam ... doch Colin würde später darüber nachdenken, zuerst mußte er sich erholen und seine alte Stelle kündigen, erst dann hatte er Zeit genug, sich wegen der letzten Tage einen Kopf zu machen.

~~~}}|{{~~~

 

Website Design Software NetObjects Fusion
Sommerblume03a
Sommerblume03d